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Auskunftsanspruch für abgelehnte Stellenbewerber?
- Diskriminierung und Indiztatsachen
- Der Fall des Bundesarbeitsgerichts: Fünfzigjährige in Russland geborene Softwarentwicklerin bewirbt sich erfolglos und vermutet Diskriminierung
- Bundesarbeitsgericht: Vorlage an Europäischen Gerichtshof, ob Bewerberin Auskunftsanspruch gegen Arbeitgeber hat
Diskriminierung und Indiztatsachen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dient dem Schutz vor ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen wegen bestimmter Merkmale. Verboten sind die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§§ 7 Abs.1, 1 AGG).
Der Nachweis einer solchen Diskriminierung würde dem Betroffenen normalerweise sehr schwer fallen, da er beispielsweise bei einer Bewerbung naturgemäß keinen Einblick in die Entscheidungsprozesse bekommt. Abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für sie vorteilhaften Tatsachen beweisen muss, sieht das AGG daher in § 22 vor, dass es ausreicht, wenn der Benachteiligte Indizien beweisen kann, die einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vermuten lassen. Der Prozessgegner trägt dann das Risiko, diese Vermutung nicht widerlegen zu können.
Ein klassisches Beispiel für ein taugliches Indiz ist die nicht geschlechts- oder altersneutral formulierte Stellenausschreibung. Auch Randbemerkungen in Bewerbungsunterlagen können ein Anzeichen beinhalten, wie beispielsweise der kürzlich entschiedene "Minus-Ossi"-Fall zeigt (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/093 Minus-Ossi-Fall: Diskriminierung als "Ossi"?).
Sind die Kriterien für die Stellenvergabe dem Stellenbewerber nicht bekannt, stellt sich die Frage, ob er einen Auskunftsanspruch gegen den ausschreibenden Arbeitgeber hat, d.h. Informationen über dessen Maßstäbe und Entscheidung verlangen kann. Das deutsche Recht enthält hierfür keine Anhaltspunkte, aber im europäischen Recht gibt es gewisse Regelungen, die einen solchen Anspruch möglich erscheinen lassen. Überwiegend wird er jedoch abgelehnt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich die Gelegenheit, sich näher mit dem Problemkreis auseinanderzusetzen (Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A)).
Der Fall des Bundesarbeitsgerichts: Fünfzigjährige in Russland geborene Softwarentwicklerin bewirbt sich erfolglos und vermutet Diskriminierung
Eine knapp fünfzig Jahre alte, in Russland geborene Softwareentwicklerin bewarb sich auf die (AGG-konform formulierte) Stellenausschreibung der späteren Beklagten und wurde abgelehnt. Das Unternehmen teilte ihr nicht mit, ob sie sich für einen Bewerber entschieden hatte. Auch ihre Kriterien erläuterte sie nicht.
Daraufhin erhob die Bewerberin Klage und machte eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts und ihres Alters geltend. Die ihr zustehende Entschädigung bezifferte sie sehr sportlich mit sechs Monatsgehältern zu je 3.000 Euro. Da ihr als Außenstehender die näheren Umstände des Bewerbungsverfahrens völlig unbekannt waren, verlangte sie zudem von dem Unternehmen Einsicht in die Bewerbungsunterlagen des erfolgreichen Bewerbers zwecks Vergleich der Qualifikationen. Damit hatte sie weder vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 11.04.2007, 12 Ca 512/06) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg Erfolgt (LAG Hamburg, Urteil vom 09.11.2007, H 3 Sa 102/07).
Bundesarbeitsgericht: Vorlage an Europäischen Gerichtshof, ob Bewerberin Auskunftsanspruch gegen Arbeitgeber hat
Das BAG entschloss sich, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Gebietet es das Gemeinschaftsrecht, einem Bewerber, der darlegt, dass er die Voraussetzungen für eine von einem Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle erfüllt, dessen Bewerbung jedoch nicht berücksichtigt wurde, gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft einzuräumen, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat und wenn ja, aufgrund welcher Kriterien diese Einstellung erfolgt ist?
Über diese Frage kann und darf nur der EuGH entscheiden, da ihre Beantwortung von der Auslegung der einschlägigen Antidiskriminierungs-Richtlinien abhängt. Der Europäische Gerichtshof hat hier ein Prüfungsmonopol.
Die Antwort ist für die Klage der Softwareentwicklerin entscheidend: Sie hatte nicht genug Indizien vorgetragen, um die Vermutung einer Diskriminierung zu rechtfertigen. Ihre Herkunft, ihr Geschlecht und ihr Alter sind dafür erst einmal unerheblich. Damit ist ausschlaggebend, ob der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, ihr mit einer Auskunft über die Einzelheiten des Auswahlverfahrens die nötige Munition zu liefern. Die Frage dürfte angesichts des klaren Wortlautes der Richtlinien zu verneinen sein, da diese eben nur eine Beweiserleichterung, keine völlige Beweislastumkehr vorsehen. Auf eine solche liefe es aber hinaus, würde ein Auskunftsanspruch bejaht.
Im Ergebnis wird der EuGH die Frage des BAG daher wahrscheinlich verneinen. Arbeitgeber müssen daher nicht befürchten, künftig verstärkt in Anspruch genommen zu werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A)
- Pressemitteilung Nr.40/10: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Arbeitsrecht aktuell: 14/153 AGG-Entschädigungsklage kann Rechtsmissbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 13/152 Diskriminierung von Schwulen bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/119 Beweislast für Diskriminierung bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/290 Diskriminierung bei der Bewerbung wegen des Alters
- Arbeitsrecht aktuell: 12/243 Falschauskunft als Indiz für Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/160 Auskunftsanspruch des abgelehnten Stellenbewerbers?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/024 Diskriminierung bei der Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/236 Diskriminierung bei der Bewerbung, wenn sehr gute Deutschkenntnisse gefordert werden?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/199 Diskriminierung bei der Bewerbung: Kein Anspruch auf Auskunft über Mitbewerber bei Ablehnung einer Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/142 Diskriminierung bei Vertragsverlängerung wegen der ethnischen Herkunft
- Arbeitsrecht aktuell: 11/132 Keine Diskriminierung bei Onlinebewerbung durch Abfrage von Geschlecht und Geburtsdatum
- Arbeitsrecht aktuell: 11/076 Diskriminierung durch falsche Anrede in Bewerbungsabsage?
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 18. Dezember 2014
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