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Urlaubsabgeltung für Beamte
11.03.2013. Lange Zeit haben sich die für das Beamtenrecht zuständigen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte dagegen gesträubt, die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofts (EuGH) zum Thema "Sicherung des Urlaubs bei langer Krankheit" in deutsches Beamtenrecht umzusetzen.
Denn obwohl der EuGH seit Anfang 2009 mehrfach deutlich gemacht hat, dass ein ersatzloser Verfall des (vom Europarecht vorgeschriebenen) vierwöchigen Mindesturlaubs infolge langer Erkrankung weder Arbeitnehmer noch Beamte belasten darf, mussten langzeitig erkrankte Beamte genau diesen Rechtsnachteil bis vor kurzem immer noch hinnehmen.
Diese europarechtlich unzulässige Schlechterstellung von langzeitig erkrankten Beamten gegenüber ihren nicht erkrankten Beamtenkollegen hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einer Grundsatzentscheidung vom 31.01.2013 beendet: BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, 2 C 10.12.
- Urlaubsabgeltung für lange erkrankte Beamte bei Eintritt in den Ruhestand?
- Der Fall des BVerwG: Polizeibeamter tritt nach mehr als einjähriger krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand
- BVerwG: Auch Beamte können bei Eintritt in den Ruhestand Abgeltung des Urlaubs verlangen, den sie infolge langer Krankheit nicht nehmen konnten
Urlaubsabgeltung für lange erkrankte Beamte bei Eintritt in den Ruhestand?
Artikel 7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) schreibt vor, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Jahresurlaub von mindestens vier Wochen haben muss.
Anfang 2009 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar, dass der Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge längerer Krankheit mit dem Europarecht unvereinbar ist, da sonst der von der Richtlinie 2003/88/EG bezweckte Erholungszweck nicht erreicht würde (EuGH, Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 - Schultz-Hoff - zu den Auswirkungen dieses Urteils siehe Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit).
Krankheitsbedingt nicht genommener Urlaub darf daher nicht verfallen, sondern muss ohne zeitliche Begrenzung auf die Folgejahre übertragen werden. Endet das Arbeitsverhältnis nach jahrelanger Krankheit, ist daher ein im Laufe der Zeit immer größer gewordener Resturlaubsanspruch abzugelten.
Die deutschen Arbeitsgerichte setzen das Schultz-Hoff-Urteil des EuGH rasch um, allen voran das Bundesarbeitsgericht (BAG) Anfang 2009 (BAG, Urteil vom 24.03.2009, 9 AZR 983/07, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 09/057: Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH und in: Arbeitsrecht aktuell 09/126: Kein Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge von Krankheit seit dem 02.08.2006).
Anders als die Arbeitsgerichte hielten die meisten deutschen Verwaltungsgerichte aber trotz des Schultz-Hoff-Urteils lange Zeit daran fest, dass es für langjährig erkrankte Beamte keine Urlaubsabgeltung bei Eintritt in den Ruhestand geben könne. Dabei beriefen sie sich auf die deutschen Beamtengesetze, denen zufolge das Beamtenverhältnis mit dem Eintritt in den Ruhestand nicht endet, sowie auf die gute soziale Gesamt-Absicherung von Beamten. Diese Auffassung steht aber auf wackligen Füßen, da die Richtlinie 2003/88/EG unzweifelhaft auch Beamte erfasst.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main war hier im Jahre 2010 anderer Meinung und fragte daher den EuGH, ob ein pensionierter Beamter Urlaubsabgeltung auf der Grundlage von Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG verlangen kann, wenn er wegen langer Krankheit nicht in der Lage war, seinen Urlaub zu nehmen (Beschluss vom 25.06.2010, 9 K 836/10.F). Der EuGH entschied, dass Beamte bei ihrer Pensionierung Urlaubsabgeltung verlangen können, wenn sie zuvor aus Krankheitsgründen ihren vierwöchigen Mindesturlaub nicht nehmen konnten (EuGH, Urteil vom 03.05.2012, C-337/10 (Neidel gg. Frankfurt) - wir berichteten darüber in: Arbeitsrecht aktuell: 12/180 Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit auch für Beamte).
Ende Januar 2013 nun hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) endlich mitgezogen und bestätigt, dass die Verwaltungsgerichte den Vorgaben des EuGH zugunsten von langzeitig erkrankten Beamten folgen müssen: BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, 2 C 10.12. Dabei hat das Gericht aber deutlich gemacht, dass diese Ansprüche von sehr begrenztem Wert sind.
Der Fall des BVerwG: Polizeibeamter tritt nach mehr als einjähriger krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand
Der Kläger, ein Polizeibeamter, war Mitte 2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten, nachdem er zuvor etwa ein Jahr lang dienstunfähig erkrankt war. Er verlangte von seinem Dienstherrn, dem Land Rheinland-Pfalz, finanzielle Abgeltung seines Erholungsurlaubs, des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und des Arbeitszeitverkürzungstags für die Jahre 2007 und 2008. Mit dieser Klage hatte er vor dem Verwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 21.07.2009, 6 K 1253/08.KO) und vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 30.03.2010, 2 A 11321/09) keinen Erfolg, d.h. beide Gerichte wiesen seine Klage ab.
Dabei berief sich das Oberverwaltungsgericht Koblenz darauf, dass Beamte beim Thema Krankheit ohnehin besser gestellt seien als es die Mindeststandards des Europarechts vorsähen. Daher dürfte man die Vorgaben des Europarechts nicht „punktuell“ mit einzelnen Regelungen des Beamtenrechts vergleichen. Würden lange erkrankte Beamte zu ihrer ohnehin schon gegenüber dem Arbeitsrecht besseren Absicherung im Krankheitsfall gleichsam noch „oben drauf“ eine Urlaubsabgeltung beim Eintritt in den Ruhestand erhalten, würde dies auf eine europarechtlich nicht gebotene zusätzliche Besserstellung hinauslaufen.
BVerwG: Auch Beamte können bei Eintritt in den Ruhestand Abgeltung des Urlaubs verlangen, den sie infolge langer Krankheit nicht nehmen konnten
Das BVerwG hat hier angesichts des oben genannten EuGH-Urteils vom 03.05.2012 nicht mitgemacht und entschieden, dass Beamte „nach den Maßgaben der Rechtsprechung des EuGH“ Abgeltung des europarechtlich garantierten Mindesturlaubs verlangen können, wenn sie diesen krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten.
Allerdings ist dieser Anspruch, so das BVerwG auf den von der Richtlinie gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr beschränkt. Daher erfasst er weder einen über 20 Tage im Jahr hinaus reichenden Erholungsurlaub noch Arbeitszeitverkürzungstage. Auch der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 SGB IX ist nicht abzugelten, so das BVerwG in Abweichung von der Rechtsprechung des BAG. Denn nach der Rechtsprechung des BAG ist auch der Zusatzurlaub vor einem Verfall im Folgejahr geschützt (BAG, Urteil vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09 - wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell 10/065 Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX).
Außerdem begrenzt das BVerwG diesen Abgeltungsanspruch noch in einigen weiteren Hinsichten:
Erstens, so das BVerwG, ist der 20tägige Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt, wenn der Beamte zwar seinen Urlaub für das laufende Jahr krankheitsbedingt nicht hat nehmen können, wohl aber den aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub.
Zweitens steht dem Beamten für das Jahr seiner Pensionierung eine Urlaubsabgeltung nur zeitanteilig zu, d.h. für die Zeit bis zum Ausscheiden. Wer also zum 31. März in den Ruhestand tritt, kann für dieses Jahr nur Urlaubsabgeltung für drei Monate verlangen.
Drittens verfällt der Jahresurlaub in Fällen langjähriger Erkrankung jeweils 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres. Wer also z.B. von Anfang 2009 bis zu seiner Pensionierung Anfang Oktober 2012 durchgehend dienstunfähig erkrankt war, erhält Urlaubsabgeltung nur für 2011 und die ersten neun Monate des Jahres 2012, da der Urlaubsanspruch für 2009 bereits am 30.06.2011 verfallen ist und der Urlaubsanspruch für 2010 am 30.06.2012.
An dieser Stelle weicht das BVerwG zugunsten des Beamten von der Rechtsprechung des BAG ab, das im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 22.11.2011 (C-214/10 - KHS gg. Schulte) die Ansicht vertritt, dass der Urlaubsanspruch generell bereits 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, d.h. jeweils zum 31. März des übernächsten Kalenderjahres (BAG, Urteil vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10).
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung muss nicht formell beantragt werden, so das BVerwG. Es verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.
Fazit: Die Gründe für das Urteil des BVerwG liegen derzeit noch nicht vor. Immerhin steht jetzt auch höchstrichterlich fest, dass Beamte, die nach längerer Erkrankung in den Ruhestand treten, in der Regel eine mehr oder minder große Urlaubsabgeltung erhalten müssen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.01.2013, 2 C 10.12 (Pressemeldung)
- Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.03.2010, 2 A 11321/09
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 03.05.2012, C-337/10 (Neidel gg. Frankfurt)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.11.2011, C-214/10 (KHS gg. Schulte)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 (Schultz-Hoff)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2009, 9 AZR 983/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 12/180 Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit auch für Beamte
- Arbeitsrecht aktuell 10/065 Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX
- Arbeitsrecht aktuell 09/126: Kein Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge von Krankheit seit dem 02.08.2006
- Arbeitsrecht aktuell 09/057: Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BVerwG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BVerwG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 7. Dezember 2016
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