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BAG, Ur­teil vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09

   
Schlagworte: Urlaub: Krankheit, Krankheit: Urlaub
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 128/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.03.2010
   
Leitsätze:

1. Der Schwerbehindertenzusatzurlaub aus § 125 Abs 1 Satz 1 SGB IX ist ebenso wie der Mindesturlaub nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden konnte, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war.

2. Die deutschen Gerichte sind nach Art. 20 Abs. 3 GG gehalten, den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten. Die langjährige Rechtsprechung der Urlaubssenate des Bundesarbeitsgerichts, die seit 1982 vom Verfall von Urlaubs(-abgeltungs)ansprüchen bei bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortdauernder Arbeitsunfähigkeit ausging, war geeignet, Vertrauen der Arbeitgeberseite auf den Fortbestand dieser Rechtsprechung zu begründen. Mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die erste Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG am 23. November 1996 trat eine wesentliche Änderung ein. Danach entfiel die Vertrauensgrundlage. Seit dem 24. November 1996 war das Vertrauen von Arbeitgebern auf die Fortdauer der bisherigen, zum nationalen Recht ergangenen Rechtsprechung nicht länger schutzwürdig.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, 7.03.2006, 3 Ca 7906/05
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 2.02.2009, 12 Sa 486/06
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

9 AZR 128/09

12 Sa 486/06

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Düssel­dorf

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 23. März 2010

UR­TEIL

Brüne, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te, Re­vi­si­onskläge­rin und An­schluss-re­vi­si­ons­be­klag­te,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger, Re­vi­si­ons­be­klag­ter und An­schluss­re­vi­si­ons-kläger,

hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 23. März 2010 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des-


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ar­beits­ge­richt Düwell, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krasshöfer, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Lang und Preuß für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 2. Fe­bru­ar 2009 - 12 Sa 486/06 - teil­wei­se auf­ge­ho­ben.

Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 7. März 2006 - 3 Ca 7906/05 - un­ter Zurück­wei­sung der Be­ru­fung im Übri­gen teil­wei­se ab­geändert und im Haupt­aus­spruch zur Klar­stel­lung ins­ge­samt wie folgt neu ge­fasst:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger Ur­laubs­ab­gel­tung von 8.054,00 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 1. Ok­to­ber 2005 und Zu­satz­ur­laubs­ab­gel­tung von 2.013,54 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 4. Ok­to­ber 2005 zu zah­len. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die wei­ter­ge­hen­de Re­vi­si­on der Be­klag­ten und die An­schluss­re­vi­si­on des Klägers wer­den zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger hat 29,49 % der Kos­ten ers­ter In­stanz zu tra­gen, die Be­klag­te 70,51 %.

Der Kläger hat 28,57 % der Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens zu tra­gen, die Be­klag­te 71,43 %.

Der Kläger hat 66,67 % der Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen, die Be­klag­te 33,33 %.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten noch über die Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr

ur­laubs und des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs für die Jah­re 2004 und 2005.


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Der 1949 ge­bo­re­ne Kläger war seit 1971 - zu­letzt im Außen­dienst - in

der Fünf­ta­ge­wo­che für die be­klag­te Ren­ten­ver­si­che­rung und ih­re Rechts­vorgänge­rin tätig. Der Kläger er­ziel­te in Vergütungs­grup­pe II ein mo­nat­li­ches Ge­halt von 4.362,67 Eu­ro. Die Be­klag­te ist als bun­des­un­mit­tel­ba­re Ver­si­che­rungs­träge­rin ei­ne rechtsfähi­ge Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts.

Die Par­tei­en ver­wie­sen im Ar­beits­ver­trag auf den Man­tel­ta­rif­ver­trag für

die An­ge­stell­ten der Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te vom 24. Ok­to­ber 1961 und die die­sen ergänzen­den oder ändern­den Ta­rif­verträge (MTAng-BfA). Der MTAng-BfA vom 24. Ok­to­ber 1961 idF des 64. Ände­rungs­ta­rif­ver­trags vom 31. Ja­nu­ar 2003 lau­tet aus­zugs­wei­se:

„§ 47

Er­ho­lungs­ur­laub

(1) Der An­ge­stell­te erhält in je­dem Ur­laubs­jahr Er­ho­lungs­ur­laub un­ter Zah­lung der Ur­laubs­vergütung. Ur­laubs­jahr ist das Ka­len­der­jahr.

(2) Als Ur­laubs­vergütung wer­den die Vergütung (§ 26) und die Zu­la­gen, die in Mo­nats­beträgen fest­ge­legt sind, wei­ter­ge­zahlt. ...

(3) Der Ur­laubs­an­spruch kann erst nach Ab­lauf von sechs Mo­na­ten ... nach der Ein­stel­lung gel­tend ge­macht wer­den, es sei denn, dass der An­ge­stell­te vor­her aus­schei­det.

...

(7) Der Ur­laub ist spätes­tens bis zum En­de des Ur­laubs­jah­res an­zu­tre­ten.

Kann der Ur­laub bis zum En­de des Ur­laubs­jah­res nicht an­ge­tre­ten wer­den, ist er bis zum 30. April des fol­gen­den Ur­laubs­jah­res an­zu­tre­ten. Kann der Ur­laub aus dienst­li­chen Gründen oder we­gen Ar­beits­unfähig­keit nicht bis zum 30. April an­ge­tre­ten wer­den, ist er bis zum 30. Ju­ni an­zu­tre­ten. War ein in­ner­halb des Ur­laubs­jah­res für die­ses Ur­laubs­jahr fest­ge­leg­ter Ur­laub auf Ver­an­las­sung der Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te in die Zeit nach dem 31. De­zem­ber des Ur­laubs­jah­res ver­legt wor­den und konn­te er we­gen Ar­beits­unfähig­keit nicht nach Satz 2 bis zum 30. Ju­ni an­ge­tre­ten wer­den, ist er bis zum 30. Sep­tem­ber an­zu­tre­ten.

...


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Ur­laub, der nicht in­ner­halb der ge­nann­ten Fris­ten an­ge­tre­ten ist, verfällt.

...

§ 48

Dau­er des Er­ho­lungs­ur­laubs

(1) Der Er­ho­lungs­ur­laubs­an­spruch des An­ge­stell­ten, des­sen durch­schnitt­li­che re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit auf fünf Ar­beits­ta­ge in der Ka­len­der­wo­che ver­teilt ist (Fünf­ta­ge­wo­che), beträgt in der Vergütungs­grup­pe ... I b bis X Kr. IX bis Kr. I ... nach voll­ende­tem 40. Le­bens­jahr 30 Ar­beits­ta­ge.

...

(3) Die Dau­er des Er­ho­lungs­ur­laubs ein­sch­ließlich ei­nes et­wai­gen Zu­satz­ur­laubs mit Aus­nah­me des Zu­satz­ur­laubs nach dem SGB IX ver­min­dert sich für je­den vol­len Ka­len­der­mo­nat ei­nes Son­der­ur­laubs nach § 50 oder ei­nes Ru­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses nach § 59 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 5 um ein Zwölf­tel. ...

...

(6) Be­ginnt oder en­det das Ar­beits­verhält­nis im Lau­fe des Ur­laubs­jah­res, so beträgt der Ur­laubs­an­spruch ein Zwölf­tel für je­den vol­len Beschäfti­gungs­mo­nat. Schei­det der An­ge­stell­te we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit (§ 59) oder Er­rei­chens der Al­ters­gren­ze (§ 60) aus dem Ar­beits­verhält­nis aus, so beträgt der Ur­laubs­an­spruch sechs Zwölf­tel, wenn das Ar­beits­verhält­nis in der ers­ten Hälf­te, und zwölf Zwölf­tel, wenn es in der zwei­ten Hälf­te des Ur­laubs­jah­res en­det. ...

...

§ 51

Ur­laubs­ab­gel­tung

(1) Ist im Zeit­punkt der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Ur­laubs­an­spruch noch nicht erfüllt, ist der Ur­laub, so­weit dies dienst­lich oder be­trieb­lich möglich ist, während der Kündi­gungs­frist zu gewähren und zu neh­men. So­weit der Ur­laub nicht gewährt wer­den kann oder die Kündi­gungs­frist nicht aus­reicht, ist der Ur­laub ab­zu­gel­ten. Ent­spre­chen­des


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gilt, wenn das Ar­beits­verhält­nis durch Auflösungs­ver­trag (§ 58) oder we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit (§ 59) en­det oder wenn das Ar­beits­verhält­nis nach § 59 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 5 zum Ru­hen kommt.

Ist dem An­ge­stell­ten we­gen ei­nes vorsätz­lich schuld­haf­ten Ver­hal­tens außer­or­dent­lich gekündigt wor­den oder hat der An­ge­stell­te das Ar­beits­verhält­nis un­be­rech­tig­ter­wei­se gelöst, wird le­dig­lich der­je­ni­ge Ur­laubs­an­spruch ab­ge­gol­ten, der dem An­ge­stell­ten nach ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten bei An­wen­dung des § 48 Abs. 6 Satz 1 noch zu­ste­hen würde.

(2) Für je­den ab­zu­gel­ten­den Ur­laubs­tag wer­den bei der Fünf­ta­ge­wo­che 3/65, bei der Sechs­ta­ge­wo­che 1/26 der Ur­laubs­vergütung ge­zahlt, die dem An­ge­stell­ten zu­ge­stan­den hätte, wenn er während des gan­zen Ka­len­der­mo­nats, in dem er aus­ge­schie­den ist, Er­ho­lungs­ur­laub ge­habt hätte. ...

...

§ 59

Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen ver-
min­der­ter Er­werbsfähig­keit

(1) Wird durch den Be­scheid ei­nes Ren­ten­ver-si­che­rungs­trägers fest­ge­stellt, dass der An­ge­stell­te er­werbs­ge­min­dert ist, so en­det das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf des Mo­nats, in dem der Be­scheid zu­ge­stellt wird, so­fern der An­ge­stell­te ei­ne außer­halb der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung be­ste­hen­de Ver­sor­gung durch die Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te oder durch ei­ne Ver­sor­gungs­ein­rich­tung erhält, zu der die Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te Mit­tel bei­ge­steu­ert hat. ... Das Ar­beits­verhält­nis en­det nicht, wenn nach dem Be­scheid des Ren­ten­ver­si­che­rungs­trägers ei­ne be­fris­te­te Ren­te we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit gewährt wird. In die­sem Fal­le ruht das Ar­beits­verhält­nis mit al­len Rech­ten und Pflich­ten von dem Ta­ge an, der auf den nach Satz 1 oder 3 maßge­ben­den Zeit­punkt folgt, bis zum Ab­lauf des Ta­ges, bis zu dem die be­fris­te­te Ren­te be­wil­ligt ist, längs­tens je­doch bis zum Ab­lauf des Ta­ges, an dem das


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Ar­beits­verhält­nis en­det. ...“

Der mit ei­nem Grad von 60 schwer­be­hin­der­te Kläger muss­te sich seit

1995 we­gen ei­nes schwe­ren Band­schei­ben­lei­dens ei­ner Viel­zahl von Ope­ra­tio­nen un­ter­zie­hen. Er war mehr­fach ar­beits­unfähig krank. Vom 8. Sep­tem­ber 2004 bis 30. Sep­tem­ber 2005 war er durch­ge­hend ar­beits­unfähig er­krankt.

Der Kläger be­an­trag­te im Mai 2005, ihm ab 1. Ju­ni 2005 den Ur­laub

aus dem Jahr 2004 zu gewähren. Die Be­klag­te lehn­te den An­trag mit der Be­gründung ab, der Per­so­nalärzt­li­che Dienst müsse fest­stel­len, dass der Kläger ar­beitsfähig sei.

Die Be­klag­te stell­te als Ren­ten­ver­si­che­rungs­träge­rin durch im Sep­tem

ber 2005 zu­ge­stell­ten Be­scheid fest, dass der Kläger er­werbs­ge­min­dert sei. Sie be­wil­lig­te ihm rück­wir­kend ab 1. März 2005 ei­ne un­be­fris­te­te Ren­te we­gen vol­ler Er­werbs­min­de­rung. Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te auf­grund die­ser Fest­stel­lung am 30. Sep­tem­ber 2005 nach § 59 MTAng-BfA.

Mit sei­ner der Be­klag­ten im No­vem­ber 2005 zu­ge­stell­ten Kla­ge hat der

Kläger ver­langt, je­weils 35 Ur­laubs­ta­ge aus den Jah­ren 2004 und 2005 ab­zu­gel­ten.

Der Kläger meint, sei­ne Ansprüche auf Ab­gel­tung des über­ge­setz­li­chen

ta­rif­li­chen Ur­laubs und des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs für die Jah­re 2004 und 2005 bestünden we­gen sei­ner Ar­beits­unfähig­keit - eben­so wie die Ansprüche auf Ab­gel­tung des Min­des­t­ur­laubs - fort.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 14.094,78 Eu­ro brut­to

nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 1. Ok­to­ber 2005 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie ist der An­sicht,

die Ansprüche auf Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs von zehn Ta­gen


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jähr­lich und des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs von fünf Ta­gen pro Jahr sei­en ver­fal­len.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Ge

mein­schaf­ten (heu­te: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on) um Vor­abent-schei­dung er­sucht. Der EuGH hat mit Ur­teil vom 20. Ja­nu­ar 2009 ua. er­kannt, dass „Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne Vergütung ge­zahlt wird, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder Über­tra­gungs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben bzw. im Krank­heits­ur­laub war und des­halb sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te“ (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff], AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1). Die Ent­schei­dung des EuGH be­han­delt nur den von Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88/EG (sog. Ar­beits­zeit­richt­li­nie, ABl. EG Nr. L 299 vom 18. No­vem­ber 2003 S. 9) gewähr­leis­te­ten Min­dest­ur­laubs­an­spruch.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil in der Fol­ge

teil­wei­se ab­geändert. Es hat die Be­klag­te ver­ur­teilt, 12.081,00 Eu­ro brut­to nebst Ver­zugs­zin­sen seit 1. Ok­to­ber 2005 zu zah­len. Sie schul­de Ab­gel­tung von je­weils 20 Ta­gen Min­des­t­ur­laub und je­weils fünf Ta­gen Schwer­be­hin­der­ten-zu­satz­ur­laub für die Jah­re 2004 und 2005 so­wie von zehn Ta­gen Ta­rif­mehr-ur­laub für 2005. Die wei­ter­ge­hen­de Be­ru­fung des Klägers hin­sicht­lich des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für das Jahr 2004 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ge­wie­sen. Die Be­klag­te hat ih­re vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on auf die Ver­ur­tei­lung zur Ab­gel­tung des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs für 2004 und 2005 so­wie des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für 2005 nebst Zin­sen be­schränkt. Die Ver­ur­tei­lung zur Ab­gel­tung des Min­des­t­ur­laubs nebst Zin­sen hat sie hin­ge­nom­men. Der Kläger ver­folgt mit sei­ner An­schluss­re­vi­si­on das Ziel der zusätz­li­chen Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für 2004.


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Ent­schei­dungs­gründe

A. Die auf den ta­rif­li­chen Mehr­ur­laub für 2005 und den Schwer-

be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub für 2004 und 2005 be­schränk­te Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist nur hin­sicht­lich des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für das Jahr 2005 be­gründet. Die An­schluss­re­vi­si­on des Klägers (§ 554 ZPO), die den An­spruch auf Ab­gel­tung des über­ge­setz­li­chen Ta­ri­fur­laubs für 2004 zum Ge­gen­stand hat, ist in der Sa­che er­folg­los. Ansprüche des Klägers auf Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs be­ste­hen nicht. Der An­spruch auf Ab­gel­tung des Mehr­ur­laubs aus dem Jahr 2004 ist nicht ent­stan­den. Der Ab­gel­tungs­an­spruch für den Mehr­ur­laub aus 2005 ist ver­fal­len, weil er am 30. Ju­ni 2006 nicht erfüll­bar war. Die 2004 und 2005 nicht erfüll­ten Ansprüche auf Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub sind nach § 7 Abs. 4 BUrlG ab­zu­gel­ten.

I. Die Ansprüche des Klägers auf vol­len ta­rif­li­chen Mehr­ur­laub von je­weils

zehn Ta­gen für die Jah­re 2004 und 2005 ent­stan­den je­weils mit Jah­res­be­ginn (§ 47 Abs. 1, Abs. 3, § 48 Abs. 1 MTAng-BfA). Der Mehr­ur­laubs­an­spruch für 2005, in dem das Ar­beits­verhält­nis vor dem En­de des Ur­laubs­jah­res am 30. Sep­tem­ber 2005 en­de­te, un­ter­lag nicht der an­tei­li­gen Kürzung des § 48 Abs. 6 Satz 1 MTAng-BfA. Der ta­rif­li­che Voll­ur­laubs­an­spruch bleibt nach § 48 Abs. 6 Satz 2 MTAng-BfA un­berührt, wenn der Ar­beit­neh­mer - wie hier - in der zwei­ten Jah­reshälf­te we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit aus­schei­det. Die ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs­ansprüche ver­fal­len im Un­ter­schied zu den Ansprüchen auf Min­des­t­ur­laub auch bei Ar­beits­unfähig­keit, wenn der Ur­laub nicht bis zum 30. Ju­ni des Fol­ge­jah­res an­ge­tre­ten wer­den kann (§ 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 Satz 2, Abs. 7 Un­terabs. 4 MTAng-BfA). Bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­stan­den des­we­gen kei­ne erfüll­ba­ren Mehr­ur­laubs­ansprüche, die nach § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 MTAng-BfA hätten ab­ge­gol­ten wer­den können.


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1. Nach § 47 Abs. 7 Un­terabs. 4 MTAng-BfA verfällt Ur­laub, der nicht
in­ner­halb der in § 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 MTAng-BfA ge­nann­ten Fris­ten an­ge­tre­ten ist. § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3 MTAng-BfA sieht vor, dass Ur­laub, der vor Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen be­stimm­ter Be­en-di­gungs- oder Ru­hen­stat­bestände nicht gewährt wer­den kann, ab­zu­gel­ten ist.

2. Der Kläger konn­te den Ur­laub für das Jahr 2004 nicht bis 30. Ju­ni 2005
und den Ur­laub für 2005 nicht bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber 2005 an­tre­ten. Er war vom 8. Sep­tem­ber 2004 bis 30. Sep­tem­ber 2005 durch­ge­hend ar­beits­unfähig er­krankt und in die­ser Zeit nicht im­stan­de, sei­ne ver­trags­gemäße Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen. Der Kläger hat hin­sicht­lich des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für 2005 auch nicht be­haup­tet, er sei bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums am 30. Ju­ni 2006 (§ 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 Satz 2 2. Alt. MTAng-BfA) wie­der ar­beitsfähig ge­wor­den. Hierfür ist er dar­le-gungs- und be­weis­be­las­tet (vgl. Se­nat 27. Mai 1997 - 9 AZR 337/95 - zu I 2 d der Gründe, BA­GE 86, 30). Der An­spruch auf Mehr­ur­laub für 2005 wäre bis zum En­de des ta­rif­li­chen Über­tra­gungs­zeit­raums nicht erfüll­bar ge­we­sen (vgl. für die st. Rspr. des Bun­des­ar­beits­ge­richts vor EuGH Schultz-Hoff, die dar­aus schloss, auch der Ab­gel­tungs­an­spruch sei nicht erfüll­bar, Se­nat 7. Sep­tem­ber 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 12).

3. Für das Jahr 2004 ent­stand be­reits kein An­spruch auf Ab­gel­tung des
ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs, weil der Kläger am 30. Ju­ni 2005 ar­beits­unfähig war und den Ur­laub des­halb nicht an­tre­ten konn­te. Der Mehr­ur­laubs­an­spruch aus 2004 ver­fiel mit dem 30. Ju­ni 2005 und konn­te sich mit Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber 2005 nicht mehr in ei­nen Ab­gel­tungs­an­spruch um­wan­deln. Der mit dem En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber 2005 ent­stan­de­ne Ab­gel­tungs­an­spruch für das Jahr 2005 ver­fiel mit dem 30. Ju­ni 2006, weil der Kläger an die­sem Tag nach wie vor ar­beit­sun­fähig war.

4. Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en können Ur­laubs- und Ur­laubs­ab­gel­tungs-
ansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie gewähr­leis­te­ten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG be­gründe­ten An­spruch auf Min­dest­jah­res­ur­laub


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von vier Wo­chen über­stei­gen, frei re­geln (vgl. zu ver­trag­li­chen Mehr­ur­laubs­ansprüchen Se­nat 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 81 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15; eben­so Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 3; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 532; Liebs­cher öAT 2010, 11, 13; Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 35; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98; Su­bat­zus DB 2009, 510, 512; wohl auch Ge­nen­ger Anm. LA­GE BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 22 zu IV 1 d; aA mit Blick auf die im Uni­ons­recht gewähr­leis­te­ten Grund­rechts­po­si­tio­nen der Pri­vat­au­to­no­mie und der Ver­trags­frei­heit Abe­le RdA 2009, 312, 316 f.). Die Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­part­ner ist nicht durch die für ge­setz­li­che Ur­laubs­ansprüche ge­genüber öffent­li­chen Ar­beit­ge­bern ein­tre­ten­de un­mit­tel­ba­re Wir­kung von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie oder die im Pri­vat­rechts­ver­kehr er­for­der­li­che richt­li­ni­en­kon­for­me Fort­bil­dung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG be­schränkt (zu die­ser richt­li­ni­en­kon­for­men Rechts­fort­bil­dung ausführ­lich Se­nat 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., aaO; me­tho­disch ab­leh­nend und für ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 236). Ei­nem ta­rif­lich an­ge­ord­ne­ten Ver­fall des über­ge­setz­li­chen Ur­laubs­an­spruchs und sei­ner Ab­gel­tung steht nach dem kla­ren Richt­li­ni­en­recht und der ge­si­cher­ten Recht­spre­chung des EuGH kein Uni­ons­recht ent­ge­gen (vgl. zu den Er­for­der­nis­sen ei­ner ei­ge­nen Aus­le­gung des Uni­ons­rechts durch das na­tio­na­le Ge­richt, des­sen Ent­schei­dun­gen nicht mehr mit Rechts­mit­teln des in­ner­staat­li­chen Rechts an­ge­foch­ten wer­den können, EuGH 6. De­zem­ber 2005 - C-461/03 - [Gas­ton Schul Doua­ne-Expédi­teur] Rn. 15 ff., Slg. 2005, I-10513; 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 33 ff., Slg. 2005, I-8151; 6. Ok­to­ber 1982 - Rechts­sa­che 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Rn. 13 ff., Slg. 1982, 3415). Ei­ne Vor­la­ge­pflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV be­steht nach An­sicht des Se­nats nicht.

a) Der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on ist ge­setz­li­cher Rich­ter iSv.

Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts. Den Par­tei­en wird des­we­gen der ge­setz­li­che Rich­ter ent­zo­gen, wenn ein na­tio­na­les Ge­richt sei­ner Pflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV, den EuGH zur Vor­ab­ent­schei­dung an­zu­ru­fen, nicht nach­kommt (vgl. für die st. Rspr. des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 25. Fe­bru­ar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 15 mwN, NZA 2010, 439).


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aa) Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat für die Ver­let­zung von Art. 101

Abs. 1 Satz 2 GG im Zu­sam­men­hang mit der Vor­la­ge­pflicht aus Art. 234 Abs. 3 EG (jetzt: Art. 267 Abs. 3 AEUV) bei­spiel­haft Fall­grup­pen ent­wi­ckelt. Die Vor­la­ge­pflicht wird in ver­fas­sungs­wid­ri­ger Wei­se ge­hand­habt, wenn ein letzt-in­stanz­li­ches ein­zel­staat­li­ches Ge­richt ei­ne Vor­la­ge an den EuGH über­haupt nicht in Erwägung zieht, ob­wohl die uni­ons­recht­li­che Fra­ge nach sei­ner Auf­fas­sung ent­schei­dungs­er­heb­lich ist und es selbst Zwei­fel dar­an hat, wie die Fra­ge rich­tig zu be­ant­wor­ten ist (sog. grundsätz­li­che Ver­ken­nung der Vor­la­ge­pflicht). Glei­ches gilt, wenn das letzt­in­stanz­li­che Ge­richt be­wusst von der Rspr. des EuGH zu ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­gen ab­weicht und den­noch nicht oder nicht er­neut vor­legt (sog. be­wuss­tes Ab­wei­chen von der Rspr. des Ge­richts­hofs oh­ne Vor­la­ge­be­reit­schaft). Gibt es zu ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­ge des Uni­ons­rechts noch kei­ne ein­schlägi­ge Rspr. des EuGH, hat der Ge­richts­hof die Fra­ge mögli­cher­wei­se noch nicht erschöpfend be­ant­wor­tet oder er­scheint ei­ne Fort­ent­wick­lung der Rspr. des EuGH nicht nur als ent­fern­te Möglich­keit (sog. Un­vollständig­keit der Rspr.), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ver­letzt, wenn das letzt­in­stanz­li­che Haupt­sa­che­ge­richt den ihm zu­kom­men­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raum in un­ver­tret­ba­rer Wei­se über­schrit­ten hat. In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu prüfen, ob sich das in­ner­staat­li­che Ge­richt des Uni­ons­rechts aus­rei­chend kun­dig ge­macht hat. Sonst ver­kennt es re­gelmäßig die Be­din­gun­gen der Vor­la­ge­pflicht. Das Ge­richt hat zu­dem Gründe an­zu­ge­ben, die dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ei­ne Kon­trol­le am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ermögli­chen (vgl. BVerfG 25. Fe­bru­ar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 18 f. mwN, NZA 2010, 439).

bb) Die dem EuGH durch Art. 267 AEUV zu­er­kann­ten Be­fug­nis­se ha­ben im

We­sent­li­chen zum Ziel, ei­ne ein­heit­li­che An­wen­dung des Uni­ons­rechts durch die na­tio­na­len Ge­rich­te zu gewähr­leis­ten (vgl. noch zu Art. 234 Abs. 3 EG EuGH 6. De­zem­ber 2005 - C-461/03 - [Gas­ton Schul Doua­ne-Expédi­teur] Rn. 21 f., Slg. 2005, I-10513). Art. 267 Abs. 3 AEUV soll ver­hin­dern, dass sich in ei­nem Mit­glied­staat ei­ne na­tio­na­le Rspr. her­aus­bil­det, die mit den Nor­men des Uni­ons­rechts nicht in Ein­klang steht. Durch die Zu­sam­men­ar­beit der mit der An­wen­dung des Uni­ons­rechts be­trau­ten in­ner­staat­li­chen Ge­rich­te mit dem


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Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on soll die ord­nungs­gemäße An­wen­dung und die ein­heit­li­che Aus­le­gung des Uni­ons­rechts in al­len Mit­glied­staa­ten si­cher­ge­stellt wer­den (vgl. zu Art. 234 Abs. 3 EG EuGH 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 29 und 38, Slg. 2005, I-8151; noch zu Art. 177 Abs. 3 EWG-Ver­trag 6. Ok­to­ber 1982 - Rechts­sa­che 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Rn. 7, Slg. 1982, 3415).

b) Der Zweck der Vor­la­ge­pflicht aus Art. 267 AEUV zeigt zu­gleich ih­re

Gren­zen.

aa) Ei­ne Vor­la­ge ist sinn­los, wenn es ei­ne ge­si­cher­te Rspr. des EuGH gibt,

durch die die be­tref­fen­de Rechts­fra­ge gelöst ist (sog. ac­te éclairé). Das gilt selbst dann, wenn die strit­ti­gen Fra­gen nicht voll­kom­men iden­tisch sind (vgl. grund­le­gend EuGH 6. Ok­to­ber 1982 - Rechts­sa­che 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Rn. 14, Slg. 1982, 3415; fort­geführt von EuGH 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 33, Slg. 2005, I-8151; 6. De­zem­ber 2005 - C-461/03 - [Gas­ton Schul Doua­ne-Expédi­teur] Rn. 16, Slg. 2005, I-10513; sie­he auch BVerfG 25. Fe­bru­ar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 20, NZA 2010, 439).

bb) Die rich­ti­ge An­wen­dung des Uni­ons­rechts kann fer­ner of­fen­kun­dig sein,

wenn kei­ner­lei Raum für ei­nen vernünf­ti­gen Zwei­fel an der Be­ant­wor­tung der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­ge ist (sog. ac­te clair). Das in­ner­staat­li­che Ge­richt darf je­doch nur dann von ei­ner of­fen­kun­di­gen Be­ant­wor­tung aus­ge­hen, wenn es da­von über­zeugt ist, dass auch für die Ge­rich­te der übri­gen Mit­glied­staa­ten und den EuGH die glei­che Ge­wiss­heit bestünde (vgl. EuGH 6. De­zem­ber 2005 - C-461/03 - [Gas­ton Schul Doua­ne-Expédi­teur] Rn. 16, Slg. 2005, I-10513; 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 33, Slg. 2005, I-8151; 6. Ok­to­ber 1982 - Rechts­sa­che 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Rn. 16, Slg. 1982, 3415; BVerfG 25. Fe­bru­ar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 20, NZA 2010, 439). Ob ein sol­cher Fall ge­ge­ben ist, muss un­ter Berück­sich­ti­gung der Ei­gen­hei­ten des Uni­ons­rechts, der be­son­de­ren Schwie­rig­kei­ten sei­ner Aus­le­gung und der Ge­fahr von­ein­an­der ab­wei­chen­der Ge­richts­ent­schei­dun­gen in­ner­halb der Eu­ropäischen Uni­on be­ur­teilt wer­den. Nimmt das letzt­in­stanz­lich ent-

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schei­den­de in­ner­staat­li­che Ge­richt ei­ne of­fen­kun­di­ge Aus­le­gung des Uni­ons­rechts an, braucht es den EuGH nicht um Vor­ab­ent­schei­dung zu er­su­chen. Das na­tio­na­le Ge­richt darf die Fra­ge in ei­ge­ner Ver­ant­wor­tung be­ant­wor­ten (vgl. EuGH 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 33 und 35, aaO).

c) Aus Sicht des Se­nats ist Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88/EG da­hin aus­zu

le­gen, dass die­se Re­ge­lung ta­rif­li­che Ansprüche auf Ab­gel­tung des Mehr­ur­laubs of­fen­kun­dig nicht er­fasst. Je­den­falls ist der be­ste­hen­den Recht­spre­chung des EuGH zu ent­neh­men, dass das Uni­ons­recht ei­nem ta­rif­lich an­ge­ord­ne­ten Ver­fall des Ur­laubs(-ab­gel­tungs)an­spruchs, der den von Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie gewähr­leis­te­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen über­steigt, nicht ent­ge­gen­steht.

aa) Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie be­stimmt, dass die Mit­glied­staa­ten

die er­for­der­li­chen Maßnah­men tref­fen, da­mit je­der Ar­beit­neh­mer ei­nen be­zahl­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen nach Maßga­be der Be­din­gun­gen für die In­an­spruch­nah­me und die Gewährung erhält, die in den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder nach den ein­zel­staat­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten vor­ge­se­hen sind. Die Richt­li­nie bin­det aus­drück­lich nur den von ihr gewähr­leis­te­ten Min­dest­jah­res­ur­laubs­an­spruch von vier Wo­chen an die von den na­tio­na­len Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten vor­ge­se­he­nen Mo­da­litäten.

bb) Nach Art. 15 der Richt­li­nie 2003/88/EG berührt die­se nicht das Recht

der Mit­glied­staa­ten, für die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz güns­ti­ge­re Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten an­zu­wen­den oder zu er­las­sen oder die An­wen­dung von für die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz der Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­ren Ta­rif­verträgen oder Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den So­zi­al­part­nern zu fördern oder zu ge­stat­ten. Adres­sat der Re­ge­lung sind nach Art. 29 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie die Mit­glied­staa­ten. Art. 15 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie lässt die Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en aus­drück­lich un­berührt.


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cc) Die Ar­beits­zeit­richt­li­nie enthält im Un­ter­schied zur sog. Mut­ter­schutz-

richt­li­nie 92/85/EWG (ABl. EG Nr. L 348 vom 28. No­vem­ber 1992 S. 1) auch kei­ne Re­ge­lung, die Mehr­ur­laubs­ansprüche er­fasst (Se­nat 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 81 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15; eben­so Su­bat­zus DB 2009, 510, 512; aA Abe­le RdA 2009, 312, 316 f., der die Ver­trags­frei­heit und die Pri­vat­au­to­no­mie als Uni­ons­grund­rech­te ver­steht und sie für den ver­trag­li­chen Mehr­ur­laub her­an­zieht).

(1) Nach Art. 8 Abs. 1 der Mut­ter­schutz­richt­li­nie tref­fen die Mit­glied­staa­ten
„die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um si­cher­zu­stel­len, dass den Ar­beit­neh­me­rin­nen ... ein Mut­ter­schafts­ur­laub von min­des­tens 14 Wo­chen oh­ne Un­ter­bre­chung gewährt wird“. Art. 11 Nr. 2 Buchst. a der Mut­ter­schutz­richt­li­nie ver­langt, dass „die mit dem Ar­beits­ver­trag der Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 ver­bun­de­nen an­de­ren Rech­te als die un­ter dem nach­ste­hen­den Buch­sta­ben b) ge­nann­ten“ gewähr­leis­tet sein müssen. Art. 11 Nr. 2 Buchst. b der Mut­ter­schutz­richt­li­nie be­stimmt, dass „die Fort­zah­lung ei­nes Ar­beits­ent­gelts und/oder der An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne So­zi­al­leis­tung für die Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne des Ar­ti­kels 2“ gewähr­leis­tet sein müssen.

(2) Der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on hat sich in der Ent­schei­dung 31
Me­ri­no Gómez zum Verhält­nis der Ur­laubs­re­ge­lung in Art. 7 Abs. 1, Art. 15 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie und der Be­stim­mung in Art. 11 Nr. 2 Buchst. a der Mut­ter-schutz­richt­li­nie 92/85/EWG geäußert (vgl. EuGH 18. März 2004 - C-342/01 - Rn. 42 bis 45, Slg. 2004, I-2605).

(a) Der EuGH hat sei­ne Auf­fas­sung, wo­nach ein An­spruch auf länge­ren

Jah­res­ur­laub von der Mut­ter­schutz­richt­li­nie er­fasst wer­de, wenn sich ein Mit­glied­staat für ei­ne länge­re als die von Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie verbürg­te Dau­er des Min­dest­jah­res­ur­laubs ent­schie­den ha­be, aus­drück­lich auf Art. 11 Nr. 2 Buchst. a der Mut­ter­schutz­richt­li­nie gestützt. Vor­aus­set­zung ist, dass sich die Frau­en während der Zeit des Jah­res­ur­laubs der ge­sam­ten Be­leg­schaft im Mut­ter­schafts­ur­laub be­fan­den (vgl. EuGH 18. März 2004 - C-342/01 - [Me­ri­no Gómez] Rn. 44, Slg. 2004, I-2605).


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(b) Die Ar­beits­zeit­richt­li­nie enthält ab­wei­chend von der Mut­ter­schutz­richt-

li­nie kei­ne sol­che Re­ge­lung, die ver­trag­lich be­gründe­te an­de­re Rech­te als die von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie gewähr­leis­te­ten Rech­te verbürgt. Die bis­he­ri­ge Rspr. des EuGH ist dem­nach nicht un­vollständig. Die vom Ge­richts­hof in der Sa­che Me­ri­no Gómez ent­schie­de­ne Aus­le­gungs­fra­ge braucht nicht völlig iden­tisch mit der nun zu be­ant­wor­ten­den Rechts­fra­ge zu sein, um ei­ne ge­si­cher­te Rspr. des EuGH an­neh­men zu können (vgl. EuGH 6. De­zem­ber 2005 - C-461/03 - [Gas­ton Schul Doua­ne-Expédi­teur] Rn. 16, Slg. 2005, I-10513; 15. Sep­tem­ber 2005 - C-495/03 - [In­ter­mo­dal Trans­ports] Rn. 33, Slg. 2005, I-8151; 6. Ok­to­ber 1982 - Rechts­sa­che 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Rn. 14, Slg. 1982, 3415; sie­he auch BVerfG 25. Fe­bru­ar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 20, NZA 2010, 439).

5. Der Se­nat hat die hier zu be­ur­tei­len­den ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten des­halb

an­hand des in­ner­staat­li­chen Rechts aus­zu­le­gen. Die­se Aus­le­gung er­gibt, dass der An­spruch des Klägers auf Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für 2004 schon nicht ent­stan­den ist. Der An­spruch auf Ab­gel­tung des Ta­rif­mehr­ur­laubs für 2005 ist ver­fal­len.

a) Der Se­nat hat in st. Rspr. die Aus­le­gungs­re­gel auf­ge­stellt, für ei­nen
Re­ge­lungs­wil­len, der zwi­schen ge­setz­li­chen und über­ge­setz­li­chen ver­trag­li­chen Ansprüchen un­ter­schei­de, müss­ten deut­li­che An­halts­punk­te be­ste­hen (vgl. für die Aus­le­gung ei­ner kirch­li­chen Ar­beits- und Vergütungs­ord­nung nach §§ 133, 157 BGB zu­letzt 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84 f., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15; aA ArbG Ber­lin 22. April 2009 - 56 Ca 21280/08 - zu I 2.1.2 der Gründe, NZA-RR 2009, 411; Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 3; Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 237; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 532; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98). Der Se­nat hält an die­sem Aus­le­gungs­an­satz fest.

b) Die Kri­tik an der Se­nats­recht­spre­chung zum ein­zel­ver­trag­li­chen Mehr
ur­laub entzündet sich dar­an, dass das Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis um­ge­kehrt zu be­stim­men sei.

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aa) Der Se­nat hat das Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis von un­ter­blei­ben­dem

Ver­fall oder Un­ter­gang der ver­trag­li­chen Mehr­ur­laubs­ansprüche da­hin aus­ta­riert, dass die Ver­trags­par­tei­en nur aus­nahms­wei­se vom Ge­set­zes­recht ab­wei­chen wol­len. Für ei­nen ab­wei­chen­den, durch Aus­le­gung nach §§ 133, 157 BGB zu er­mit­teln­den übe­rein­stim­men­den Wil­len müssen deut­li­che An­halts­punk­te be­ste­hen (24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84, AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15; eben­so Koh­te/Beetz ju­ris­PR-ArbR 25/2009 Anm. 1 zu C 3; Mest­werdt ju­ris­PR-ArbR 27/2009 Anm. 2 zu C; Rum­mel AuR 2009, 217; wohl auch Reh­wald AiB 2010, 59, 60; dif­fe­ren­zie­rend Gaul/Jos­ten/Strauf BB 2009, 497, 498 f.; aA Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 3; Dorn­busch/Ah­ner NZA 2009, 180, 183; Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 237; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 532; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98). Re­gel ist der „Gleich­lauf“ der Ansprüche. Aus­nah­me ist ihr un­ter­schied­li­ches recht­li­ches Schick­sal.

bb) Die­ser Aus­le­gungs­re­gel ist ein Teil der Rspr. ent­ge­gen­ge­tre­ten (vgl.

ArbG Ber­lin 22. April 2009 - 56 Ca 21280/08 - zu I 2.1.2 der Gründe, NZA-RR 2009, 411).

(1) Die­se Auf­fas­sung nimmt an, das Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis sei - auch
für Ta­rif­verträge - an­ders zu be­stim­men. Es sei nicht nach An­halts­punk­ten dafür zu su­chen, dass sich die Un­ver­fall­bar­keit des Min­des­t­ur­laubs­an­spruchs nicht auch auf den Mehr­ur­laub er­stre­cke. Viel­mehr sei da­nach zu fra­gen, ob es An­halts­punk­te dafür ge­be, dass ar­beits­unfähi­ge Ar­beit­neh­mer über das ge­setz­lich zwin­gen­de Maß hin­aus bes­ser­ge­stellt wer­den soll­ten als an­de­re Ar­beit­neh­mer.

(2) Die­se An­sicht dürf­te im Hin­blick auf die zi­tier­te Se­nats­recht­spre­chung 40
ei­nem Miss­verständ­nis un­ter­lie­gen (vgl. das Zi­tat in ArbG Ber­lin 22. April 2009

- 56 Ca 21280/08 - zu I 2.1.2 der Gründe, NZA-RR 2009, 411).

(a) Der Se­nat hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 7. Sep­tem­ber 2004 in

Fortführung sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung an­ge­nom­men, § 7 Abs. 4 BUrlG sei auch für ta­rif­li­che Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche maßgeb­lich, so­weit die


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Ta­rif­ver­trags­par­tei­en kei­ne zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer wir­ken­den, da­von ab­wei­chen­den Son­der­re­ge­lun­gen ge­trof­fen hätten (- 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 12).

(b) Der Se­nat hat die­se Aus­sa­ge nur ge­trof­fen, um die Sur­ro­gats­theo­rie für

den Ab­gel­tungs­an­spruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG zu stützen. Ar­beits­unfähi­ge, aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­schei­den­de Ar­beit­neh­mer soll­ten durch ei­ne ta­rif­li­che Ab­fin­dung nicht bes­ser­ge­stellt wer­den als im Ar­beits­verhält­nis ver­blei­ben­de ar­beits­unfähi­ge Ar­beit­neh­mer. Die Sur­ro­gats­theo­rie konn­te für Ab­gel­tungs­ansprüche bei bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums fort­dau­ern­der Ar­beits­unfähig­keit in der Fol­ge der Ent­schei­dung Schultz-Hoff des EuGH vom 20. Ja­nu­ar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1) nicht auf­recht­er­hal­ten wer­den. Für die Fra­ge, wel­che Aus­le­gungs­re­geln seit­dem für den Ver­fall von Min­dest-und Mehr­ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen an­zu­wen­den sind, hat die zi­tier­te frühe­re Erwägung des Se­nats kei­ne Be­deu­tung.

(3) Der Se­nat stimmt der The­se auch in­halt­lich nicht zu, es sei nach An-

halts­punk­ten dafür zu su­chen, ob ar­beits­unfähi­ge Ar­beit­neh­mer bes­ser­ge­stellt wer­den soll­ten als ar­beitsfähi­ge Ar­beit­neh­mer (vgl. ArbG Ber­lin 22. April 2009 - 56 Ca 21280/08 - zu I 2.1.2 der Gründe, NZA-RR 2009, 411). Für die Un­gleich­be­hand­lung ar­beitsfähi­ger und ar­beits­unfähi­ger Ar­beit­neh­mer be­steht ein sach­li­cher Grund. Ur­laubs­ansprüche ar­beitsfähi­ger Ar­beit­neh­mer sind im Un­ter­schied zu Ur­laubs­ansprüchen ar­beits­unfähi­ger Ar­beit­neh­mer erfüll­bar. Der mit Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ent­ste­hen­de An­spruch auf Ab­gel­tung des Min­des­t­ur­laubs gleicht den Nach­teil der feh­len­den Erfüll­bar­keit des Ur­laubs­an­spruchs aus und ka­pi­ta­li­siert den nicht zu ver­wirk­li­chen­den Frei­stel­lungs­an­spruch (ähn­lich Mest­werdt ju­ris­PR-ArbR 27/2009 Anm. 2 zu C).

cc) Die wei­te­re Kri­tik an der Se­nats­recht­spre­chung zum ein­zel­ver­trag­li­chen

Mehr­ur­laub be­steht dar­in, dass das an­ge­nom­me­ne Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis im Fall sog. Alt­verträge un­rich­tig sei (vgl. nur Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 3; Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 237; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 532; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98).


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(1) Die Kri­ti­ker im Schrift­tum mei­nen, vor der Ent­schei­dung des EuGH in 45
der Sa­che Schultz-Hoff vom 20. Ja­nu­ar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1) sei­en die Ar­beits­ver­trags- und Ta­rif­ver­trags­par­tei­en da­von aus­ge­gan­gen, dass für (ta­rif-)ver­trag­lich ein­geräum­ten Mehr­ur­laub die da­ma­li­gen höchst­rich­ter­li­chen Grundsätze zum Erlöschen von Ur­laubs- und Ur­laubs­ab­gel­tungs-ansprüchen an­zu­wen­den sei­en. Man­gels an­der­wei­ti­ger An­halts­punk­te sei der übe­rein­stim­men­de Par­tei­wil­le in Alt­verträgen da­hin ge­gan­gen, dass sich über­ge­setz­li­che Ur­laubs­ansprüche und ih­re Ab­gel­tung nach den bis­he­ri­gen Grundsätzen der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts rich­te­ten (vgl. nur Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 3; in Rich­tung ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 237).

(2) Der Se­nat hält auch für ta­rif­li­che Ansprüche auf Ab­gel­tung von Mehr
ur­laub an sei­nen Aus­le­gungsüber­le­gun­gen fest (vgl. zu ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­tem Mehr­ur­laub 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84 f., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15).

(a) Für ei­nen Re­ge­lungs­wil­len, der zwi­schen Ansprüchen auf Ab­gel­tung
von Min­dest- und Mehr­ur­laub un­ter­schei­det, müssen auch bei Ta­rif­verträgen, die vor der Ent­schei­dung des EuGH in der Sa­che Schultz-Hoff (20. Ja­nu­ar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1) ge­schlos­sen wur­den, deut­li­che An­halts­punk­te be­ste­hen. Die­se deut­li­chen An­halts­punk­te müssen sich aus Ta­rif­wort­laut, -zu­sam­men­hang und -zweck so­wie ggf. aus der Ta­rif­ge­schich­te er­ge­ben.

(b) Die an der Se­nats­recht­spre­chung geäußer­te Kri­tik un­ter­nimmt den
Ver­such, im Be­reich (ta­rif-)ver­trag­li­chen Mehr­ur­laubs ei­ne Art Ver­trau­ens­schutz durch ei­ne nach Alt- und Neu­verträgen dif­fe­ren­zie­ren­de Ver­trags- oder Ta­rif­ver-trags­aus­le­gung zu be­gründen. Sie will nicht an die ob­jek­ti­ve Rechts­la­ge, son­dern an den „irr­tums­anfälli­gen Akt der Rechts­er­kennt­nis“ durch die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung an­knüpfen.


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(aa) Ge­gen ei­nen sol­chen Aus­le­gungs­an­satz spricht, dass ei­ne Recht-

spre­chungsände­rung als sol­che nicht ge­gen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt. Höchst­rich­ter­li­che Ur­tei­le sind kein Ge­set­zes­recht und er­zeu­gen kei­ne ver­gleich­ba­re Rechts­bin­dung (vgl. für die st. Rspr. des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 15. Ja­nu­ar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; 26. Ju­ni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 2 b und c der Gründe, BVerfGE 84, 212; sie­he auch BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 33, BA­GE 117, 281). Den Ver­trags­oder Ta­rif­ver­trags­par­tei­en kann da­her we­der re­gelmäßig noch oh­ne kon­kre­te An­halts­punk­te der Wil­le un­ter­stellt wer­den, sie leg­ten ih­ren Ver­ein­ba­run­gen nicht die ob­jek­ti­ve Rechts­la­ge, son­dern die höchst­rich­ter­li­che Rechts­an­wen­dung zu­grun­de. So­wohl der Sechs­te als auch der Ach­te Se­nat ha­ben nach der ers­ten Recht­spre­chungs­wen­de im Jahr 1982, als der Sechs­te Se­nat ab­wei­chend von der vor­an­ge­gan­ge­nen Rspr. des Fünf­ten Se­nats den Ver­fall des Ur­laubs(-ab­gel­tungs)an­spruchs bei Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums an­ge­nom­men hat­te, kei­ne An­knüpfung der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en an die auf­ge­ge­be­ne Rspr. dis­ku­tiert (vgl. bei­spiel­haft BAG 31. Ok­to­ber 1986 - 8 AZR 244/84 - zu I 2 und II der Gründe mwN, BA­GE 53, 304; zu der durch das Ur­teil des Sechs­ten Se­nats vom 13. Mai 1982 [- 6 AZR 360/80 - zu II 2 bis 4 der Gründe, BA­GE 39, 53] auf­ge­ge­be­nen Rspr. des Fünf­ten Se­nats für den ge­setz­li­chen Ur­laub grund­le­gend 13. No­vem­ber 1969 - 5 AZR 82/69 - zu 2 der Gründe, BA­GE 22, 211; fort­geführt von der Ent­schei­dung vom 21. Ju­li 1973 - 5 AZR 105/73 - AP BUrlG § 7 Über­tra­gung Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Nr. 15, die den Ver­fall über­ge­setz­li­chen ta­rif­li­chen Ur­laubs auch bei Ar­beits­unfähig­keit für un­be­denk­lich hielt).

(bb) Das von den Kri­ti­kern der Se­nats­recht­spre­chung ge­for­der­te um-

ge­kehr­te Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis für Alt­verträge ist zu­dem nicht er­for­der­lich, um die In­ter­es­sen bei­der Sei­ten im Rah­men der Aus­le­gung an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen. Deut­li­che An­halts­punk­te für ei­nen Re­ge­lungs­wil­len der Ver­trags- oder Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, der zwi­schen ge­setz­li­chen und über­ge­setz­li­chen Ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen un­ter­schei­det, sind schon dann an­zu­neh­men, wenn sich die (Ta­rif-)Ver­trags­par­tei­en in wei­ten Tei­len vom ge­setz­li­chen Ur­laubs­re­gime lösen und statt­des­sen ei­ge­ne Re­geln auf­stel­len. Im


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Fall ei­ner sol­chen ei­genständi­gen, zu­sam­menhängen­den und in sich kon­sis­ten­ten Re­ge­lung ist oh­ne ent­ge­gen­ste­hen­de An­halts­punk­te idR da­von aus­zu­ge­hen, dass die (Ta­rif-)Ver­trags­par­tei­en Ansprüche nur be­gründen und fort­be­ste­hen las­sen wol­len, so­weit ei­ne ge­setz­li­che Ver­pflich­tung be­steht (für ei­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen kon­sti­tu­ti­ven und de­kla­ra­to­ri­schen Re­ge­lun­gen Reh­wald AiB 2010, 59, 60). Ei­ne aus­drück­li­che Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen ge­setz­li­chen und über­ge­setz­li­chen Ansprüchen ist dann nicht not­wen­dig.

c) Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Ab­wei­chung der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en vom

Ge­set­zes­recht sind hier nach Ta­rif­wort­laut, -zu­sam­men­hang, -zweck und -ge-schich­te erfüllt. Der An­spruch des Klägers auf Ab­gel­tung des ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs für das Jahr 2004 ist nicht ent­stan­den, sein An­spruch auf Ab­gel­tung des Ta­rif­mehr­ur­laubs für 2005 ist ver­fal­len (§ 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 Satz 2 2. Alt., Abs. 7 Un­terabs. 4 MTAng-BfA).

aa) Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ha­ben in § 47 MTAng-BfA ein weit­ge­hend

vom Ge­set­zes­recht gelöstes Ur­laubs­re­gime ge­schaf­fen. Das hebt die Be­klag­te zu Recht her­vor. § 47 MTAng-BfA re­gelt so­wohl die An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen als auch die Rechts­fol­ge des Ver­falls bei Frist­versäum­nis. § 48 MTAng-BfA trifft Aus­sa­gen über die Dau­er des Ur­laubs­an­spruchs. Im Un­ter­schied zu § 7 Abs. 3 Satz 1 und 3 BUrlG stellt § 47 Abs. 7 MTAng-BfA nicht dar­auf ab, dass der Ur­laub im Ur­laubs­jahr oder Über­tra­gungs­zeit­raum gewährt und ge­nom­men wird. Ein An­spruchs­un­ter­gang wird be­reits durch ei­nen An­tritt des Ur­laubs im Ur­laubs­jahr oder Über­tra­gungs­zeit­raum ver­mie­den. § 47 Abs. 7 Un­terabs. 4 MTAng-BfA ord­net über die Re­ge­lung in § 7 BUrlG hin­aus aus­drück­lich den Ver­fall des Ur­laubs­an­spruchs an. In §§ 48a, 49 und 50 MTAng-BfA fin­den sich Re­ge­lun­gen über den Zu­satz­ur­laub für Wech­sel­schicht­ar­beit, Schicht­ar­beit und Nacht­ar­beit, Zu­satz- und Son­der­ur­laub.

bb) Die Ta­rif­ge­schich­te ist seit Lan­gem durch ein ei­genständi­ges Ur­laubs-

re­gime ge­kenn­zeich­net.

(1) Mit dem 35. Ände­rungs­ta­rif­ver­trag zum MTAng-BfA vom 3. De­zem­ber

1979 wur­de in § 47 Abs. 7 Un­terabs. 4 MTAng-BfA aus­drück­lich der Ver­fall des


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nicht recht­zei­tig an­ge­tre­te­nen Ur­laubs an­ge­ord­net. Die­ser Ver­fall be­zog sich auch auf Fälle der Ar­beits­unfähig­keit. Da­mit mach­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en von ih­rem Ge­stal­tungs­spiel­raum Ge­brauch, den ih­nen die Rspr. des Fünf­ten Se­nats 1973 auch in Fällen der Ar­beits­unfähig­keit für über­ge­setz­li­che ta­rif­li­che Ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüche eröff­net hat­te (vgl. zu § 47 Abs. 7 BAT 21. Ju­li 1973 - 5 AZR 105/73 - AP BUrlG § 7 Über­tra­gung Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Nr. 15).

(2) § 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 Satz 2 MTAng-BfA idF vom 3. De­zem­ber 1979

ent­hielt außer­dem ei­ne auf die Be­son­der­hei­ten des ta­rif­li­chen Sys­tems zu­ge­schnit­te­ne Lösung: Konn­te der An­ge­stell­te den Ur­laub we­gen Ar­beits­unfähig­keit nicht bis zum 30. April an­tre­ten, hat­te er ihn in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Wie­der­her­stel­lung der Ar­beitsfähig­keit an­zu­tre­ten, spätes­tens je­doch bis zum Ab­lauf des zwei­ten auf die Ent­ste­hung des An­spruchs fol­gen­den Ur­laubs­jah­res.

cc) § 48 Abs. 6 Satz 2 und § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3

MTAng-BfA idF vom 31. Ja­nu­ar 2003 deu­ten nicht auf ei­nen von den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en be­zweck­ten „Gleich­lauf“ der ge­setz­li­chen so­wie der über­ge­setz­li­chen Ur­laubs- und Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche bei Ar­beits­unfähig­keit hin.

(1) Nach § 48 Abs. 6 Satz 2 MTAng-BfA bleibt es beim vol­len Ur­laubs-
an­spruch, wenn das Ar­beits­verhält­nis in der zwei­ten Hälf­te des Ur­laubs­jah­res we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit (§ 59 MTAng-BfA) en­det. § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3 MTAng-BfA sieht vor, dass der Ur­laub ab­zu­gel­ten ist, wenn das Ar­beits­verhält­nis durch Auflösungs­ver­trag (§ 58 MTAng-BfA) oder we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit (§ 59 MTAng-BfA) en­det oder wenn das Ar­beits­verhält­nis nach § 59 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 5 MTAng-BfA zum Ru­hen kommt.

(2) § 48 Abs. 6 Satz 2 MTAng-BfA enthält für be­stimm­te Be­en­di­gungs­tat-
bestände ei­ne Zwölf­te­lungs­re­ge­lung. § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3 MTAng-BfA knüpft den Ab­gel­tungs­an­spruch an aus­gewähl­te Be­en­di­gungs­tat­bestände und - über die Re­ge­lung in § 7 Abs. 4 BUrlG hin­aus - an ei­nen Ru-


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hen­stat­be­stand (zu ei­ner ähn­li­chen Ta­rif­vor­schrift Se­nat 7. Sep­tem­ber 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 b bb der Gründe, EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 12). Bei­de Ta­rif­nor­men re­geln nicht den ab­so­lu­ten Um­fang des Ur­laubs­ab­gel­tungs-an­spruchs. § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2 und 3 MTAng-BfA legt viel­mehr be­stimm­te Ab­gel­tungs­tat­bestände fest. Der Fall der Ar­beits­unfähig­keit ist nicht ge­re­gelt. Die Be­grif­fe der Ar­beits­unfähig­keit und der ver­min­der­ten Er­werbsfähig­keit iSv. § 59 MTAng-BfA de­cken sich nicht (vgl. zu ähn­li­chen Ta­rif­be­stim­mun­gen Se­nat 10. Mai 2005 - 9 AZR 253/04 - zu III 2 b der Gründe, EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 13; 7. Sep­tem­ber 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 b bb der Gründe, aaO). § 48 Abs. 6 Satz 2 1. Alt. MTAng-BfA zwölf­telt den Ab­gel­tungs­an­spruch, oh­ne sei­nen Ge­samt­um­fang zu be­stim­men.

dd) Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en un­ter­schei­den in § 51 Abs. 1 Un­terabs. 2

MTAng-BfA aus­drück­lich zwi­schen der Ab­gel­tung des ge­setz­li­chen und des über­ge­setz­li­chen Ur­laubs­an­spruchs.

(1) Da­nach wird le­dig­lich der­je­ni­ge Ur­laubs­an­spruch ab­ge­gol­ten, der dem 60
An­ge­stell­ten nach ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten bei An­wen­dung des § 48 Abs. 6 Satz 1 MTAng-BfA noch zustünde, wenn dem An­ge­stell­ten we­gen ei­nes vor­sätz­lich schuld­haf­ten Ver­hal­tens außer­or­dent­lich gekündigt wor­den ist oder der An­ge­stell­te das Ar­beits­verhält­nis un­be­rech­tig­ter­wei­se gelöst hat.

(2) Die Ta­rif­norm lässt den ta­rif­li­chen Mehr­ur­laubs­an­spruch aus­drück­lich
nur bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Ar­beit­ge­berkündi­gung auf­grund vorsätz­lich schuld­haf­ten Ver­hal­tens des An­ge­stell­ten oder ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Ei­genkündi­gung des Ar­beit­neh­mers ent­fal­len. Dar­aus kann nicht der Um­kehr­schluss ge­zo­gen wer­den, die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en hätten in al­len an­de­ren Fällen den „Gleich­lauf“ von ge­setz­li­chen und über­ge­setz­li­chen Ab­gel­tungs­ansprüchen be­ab­sich­tigt. Für ei­ne Un­ter­schei­dung der bei­den Ansprüche spre­chen ent­schei­dend das in § 47 MTAng-BfA ge­schaf­fe­ne ei­genständi­ge Ur­laubs-, ins­be­son­de­re Fris­ten­re­gime und die dort an­ge­ord­ne­te Rechts­fol­ge des Ver­falls bei Frist­versäum­nis.


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ee) Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en stel­len in § 51 Abs. 1 Un­terabs. 1 Satz 2

und 3 MTAng-BfA auf die Ab­gel­tung noch nicht erfüll­ter Ur­laubs­ansprüche ab. In Ver­bin­dung mit dem für die Über­tra­gung be­gründe­ten be­son­de­ren Fris­ten­re­gime des § 47 Abs. 7 Un­terabs. 2 MTAng-BfA folgt dar­aus, dass sie für die Ab­gel­tung des über­ge­setz­li­chen Ur­laubs von der Vor­aus­set­zung ei­nes erfüll­ba­ren Ur­laubs­an­spruchs aus­ge­hen.

II. Der Kläger hat An­spruch auf Ab­gel­tung des 2004 und 2005 ent-

stan­de­nen Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs von je­weils fünf Ar­beits­ta­gen (§ 125 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 SGB IX iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG). Die Zu­satz­ur­laubs­ansprüche wa­ren bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber 2005 noch nicht ver­fal­len. § 7 Abs. 4 BUrlG setzt für Ansprüche auf Ab­gel­tung des Zu­satz­ur­laubs nicht vor­aus, dass die Frei­stel­lungs­ansprüche erfüll­bar wa­ren.

1. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ha­ben schwer­be­hin­der­te Ar­beit-
neh­mer, die in der Fünf­ta­ge­wo­che beschäftigt wer­den, An­spruch auf ei­nen be­zahl­ten zusätz­li­chen Ur­laub von fünf Ar­beits­ta­gen im Ur­laubs­jahr.

2. Der schwer­be­hin­der­ten­recht­li­che Zu­satz­ur­laub be­stimmt sich nach den
Re­geln des Min­des­t­ur­laubs der §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG.

a) Die­se sog. ur­laubs­recht­li­che Ak­zess­orietät ist schon we­gen der Be­grif­fe
des „zusätz­li­chen Ur­laubs“ in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und des „Zu­satz­ur­laubs“ in § 125 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ge­bo­ten. § 125 Abs. 3 SGB IX ord­net „auch“ für den Fall der rück­wir­ken­den Fest­stel­lung der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft die An­wen­dung der „ur­laubs­recht­li­chen Re­ge­lun­gen“ an.

b) Hin­zu kommt, dass so­wohl der Min­des­t­ur­laub aus §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG 67
als auch der Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub aus § 125 SGB IX ge­setz­li­che, nicht dis­po­ni­ble Ur­laubs­ansprüche sind. Sie un­ter­schei­den sich durch ih­re strik­te Un­ab­ding­bar­keit von über­ge­setz­li­chen ein­zel- oder ta­rif­ver­trag­li­chen Ansprüchen (vgl. Grie­se ju­risPK-SGB IX § 125 Rn. 30).


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c) Die ta­rif­li­che Re­ge­lung des § 48 Abs. 3 Satz 1 MTAng-BfA, die den
Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub von der Ver­rin­ge­rung der Dau­er des Er­ho­lungs­ur­laubs und des ta­rif­li­chen Zu­satz­ur­laubs bei Son­der­ur­laub aus­nimmt, greift das Prin­zip der Ak­zess­orietät des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs auf.

d) Auf den Zu­satz­ur­laub sind die Vor­schrif­ten über die Ent­ste­hung, Über-
tra­gung, Kürzung und Ab­gel­tung des ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laubs an­zu­wen­den (für die st. Rspr. Se­nat 24. Ok­to­ber 2006 - 9 AZR 669/05 - Rn. 12, BA­GE 120, 50; 21. Fe­bru­ar 1995 - 9 AZR 166/94 - zu I 1 der Gründe noch zu § 47 SchwbG, BA­GE 79, 211; eben­so Koh­te/Beetz ju­ris­PR-ArbR 25/2009 Anm. 1 zu C 2; aA Su­bat­zus DB 2009, 510, 512).

aa) Nach der neue­ren Se­nats­recht­spre­chung in der Fol­ge der Ent-

schei­dung Schultz-Hoff des EuGH ist der ge­setz­li­che Min­des­t­ur­laubs­an­spruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG be­fris­tet, wenn der Ar­beit­neh­mer dau­ernd ar­beits­unfähig ist. Der Min­des­t­ur­laub ist bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses - un­abhängig von der Erfüll­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs in ei­nem ge­dach­ten fort­be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis - nach § 7 Abs. 4 BUrlG ab­zu­gel­ten (vgl. das nach der Vor­ab­ent­schei­dung vom 20. Ja­nu­ar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 42 ff., AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1 er­gan­ge­ne Se­nats­ur­teil vom 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15). Die­se Er­kennt­nis­se hat der Se­nat für Ar­beits­verhält­nis­se mit pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­ge­bern aus ei­ner Rechts­fort­bil­dung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG an­hand der Vor­ga­ben in Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ge­won­nen.

bb) Auch der Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub ist ab­zu­gel­ten, wenn der

Ar­beit­neh­mer bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums ar­beits­unfähig ist. Der Zu­satz­ur­laubs­an­spruch aus § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist an das recht­li­che Schick­sal des Min­des­t­ur­laubs­an­spruchs ge­bun­den (eben­so Grie­se ju­risPK-SGB IX § 125 Rn. 30 ff.; Koh­te/Beetz ju­ris­PR-ArbR 25/2009 Anm. 1 zu C 2; Liebs­cher öAT 2010, 11, 14; Mest­werdt ju­ris­PR-ArbR 27/2009 Anm. 2 zu C; Pulz ju­ris­PR-ArbR 12/2010 Anm. 5 zu C; Rum­mel AuR 2009, 217; aA LAG


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Ber­lin-Bran­den­burg 2. Ok­to­ber 2009 - 6 Sa 1215/09 und 6 Sa 1536/09 - zu 2.2 der Gründe; ArbG Ber­lin 22. April 2009 - 56 Ca 21280/08 - zu I 3 der Gründe, NZA-RR 2009, 411; Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 4; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98 f.; im Er­geb­nis of­fen­ge­las­sen von Ge­nen­ger Anm. LA­GE BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 22 zu IV 1 c und Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 35).

3. Der nach deut­schem Recht für Ar­beit­ge­ber aus Art. 12, 20 Abs. 3 GG

ab­ge­lei­te­te Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes steht den Ansprüchen des Klägers auf Ab­gel­tung des Zu­satz­ur­laubs aus § 125 SGB IX nicht ent­ge­gen (aA LAG Ber­lin-Bran­den­burg 2. Ok­to­ber 2009 - 6 Sa 1215/09 und 6 Sa 1536/09 - zu 2.2 der Gründe; wie hier Pulz ju­ris­PR-ArbR 12/2010 Anm. 5 zu C).

a) Die Ent­schei­dung über die Fra­ge in­ner­staat­li­chen Ver­trau­ens­schut­zes

ist dem Se­nat nicht ent­zo­gen. Sie fällt nicht in die Kom­pe­tenz des EuGH. Der Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub und sei­ne Ab­gel­tung sind uni­ons­recht­lich nicht verbürgt. Bei­de Ansprüche wer­den nur we­gen ih­rer in­ner­staat­li­chen ak­zes­s­o­ri-schen Bin­dung an den Min­des­t­ur­laub von der Wir­kung des Uni­ons­rechts berührt. Der feh­len­de uni­ons­recht­li­che Ver­trau­ens­schutz ge­genüber Min­dest-ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen be­trifft Ansprüche auf Zu­satz­ur­laub und ih­re Ab­gel­tung da­her nur mit­tel­bar.

aa) Ur­tei­le des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on, die wie das Ur­teil

Schultz-Hoff in Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren er­ge­hen, wir­ken im Grund­satz zeit­lich un­be­grenzt. Die Aus­le­gung ei­ner Be­stim­mung des Uni­ons­rechts durch den EuGH be­schränkt sich dar­auf zu erläutern und zu ver­deut­li­chen, wie die Re­ge­lung seit ih­rem In­kraft­tre­ten zu ver­ste­hen und an­zu­wen­den ist. Dar­aus folgt, dass die in­ner­staat­li­chen Ge­rich­te die Vor­schrift in die­ser Aus­le­gung auch auf Rechts­verhält­nis­se, die vor der Vor­ab­ent­schei­dung ent­stan­den sind, an­wen­den müssen (vgl. EuGH 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 66, Slg. 2005, I-2119; 20. Sep­tem­ber 2001 - C-184/99 - [Grzelc­zyk] Rn. 50, Slg. 2001, I-6193). Vor­ab­ent­schei­dun­gen sind des­we­gen re­gelmäßig auch bei der Be­ur­tei­lung von Hand­lun­gen und recht­li­chen Be­zie­hun­gen in der Zeit vor ih­rem Er­lass zu berück­sich­ti­gen. Der EuGH kann die Möglich­keit, sich auf die Aus-


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le­gung zu be­ru­fen, die er ei­ner uni­ons­recht­li­chen Be­stim­mung durch Vor­abent-schei­dung ge­ge­ben hat, nur (ganz) aus­nahms­wei­se mit Wir­kung für al­le Be­trof­fe­nen zeit­lich be­schränken (für die st. Rspr. 12. Fe­bru­ar 2009 - C-138/07 - [Co­bel­fret] Rn. 68, EuZW 2009, 329; 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 67, aao).

(1) Grund­la­ge ei­ner sol­chen Be­schränkung der Rück­wir­kung ist der all-
ge­mei­ne uni­ons­recht­li­che Grund­satz der Rechts­si­cher­heit (EuGH 12. Fe­bru­ar 2009 - C-138/07 - [Co­bel­fret] Rn. 68, EuZW 2009, 329; 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 67, Slg. 2005, I-2119). Ei­ne zeit­li­che Be­schränkung sei­ner Ant­wort kann mit Blick auf den An­wen­dungs­vor­rang des Uni­ons­rechts und die nöti­ge ein­heit­li­che An­wen­dung in den Mit­glied­staa­ten nur der EuGH selbst in dem Ur­teil vor­neh­men, das über die er­be­te­ne Aus­le­gung ent­schei­det (vgl. zB EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Ma­ru­ko] Rn. 77, Slg. 2008, I-1757; 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 64 ff., aaO).

(2) Uni­ons­recht­li­cher Ver­trau­ens­schutz setzt die Ge­fahr schwer­wie­gen­der
wirt­schaft­li­cher Störun­gen bei An­wen­dung der vom EuGH vor­ge­nom­me­nen Aus­le­gung des Uni­ons­rechts auf ver­gan­ge­ne Vorgänge vor­aus (vgl. nur 1. April 2008 - C-267/06 - [Ma­ru­ko] Rn. 77 mwN, Slg. 2008, I-1757; 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 68 f., Slg. 2005, I-2119). Schwer­wie­gen­de wirt­schaft­li­che Kon­se­quen­zen können ins­be­son­de­re aus ei­ner großen Zahl von Rechts­verhält­nis­sen herrühren, die „gutgläubig“ auf der Grund­la­ge der als gültig be­trach­te­ten Re­ge­lung ein­ge­gan­gen wor­den wa­ren. Vor der Vor­abent-schei­dung muss darüber hin­aus ei­ne ob­jek­ti­ve und be­deu­ten­de Un­si­cher­heit hin­sicht­lich der Trag­wei­te der frag­li­chen Be­stim­mung des Uni­ons­rechts be­stan­den ha­ben, die ein­zel­ne Uni­onsbürger und an­de­re na­tio­na­le Rechts­persönlich­kei­ten zu ei­nem mit der Uni­ons­re­ge­lung un­ver­ein­ba­ren Ver­hal­ten ver­an­lass­te (vgl. EuGH 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 69, aaO; 20. Sep­tem­ber 2001 - C-184/99 - [Grzelc­zyk] Rn. 53, Slg. 2001, I-6193; zu den Vor­aus­set­zun­gen uni­ons­recht­li­chen Ver­trau­ens­schut­zes Abe­le RdA 2009, 312, 317; Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21; Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 35; Wißmann FS Bau­er S. 1161, 1163).


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(3) Äußert sich der EuGH nicht zu der Fra­ge der Rück­wir­kung oder zeit
li­chen Be­gren­zung sei­ner Ant­wort, schließt er da­mit in­zi­dent uni­ons­recht­li­chen Ver­trau­ens­schutz aus. An­de­res gilt nur, wenn das vor­le­gen­de Ge­richt den Ge­richts­hof aus­drück­lich nach ei­ner mögli­chen zeit­li­chen Be­gren­zung sei­ner Ant­wort ge­fragt hat (vgl. Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21; Wißmann FS Bau­er S. 1161, 1164; zu aus­drück­lich an­ge­frag­ten zeit­li­chen Be­gren­zun­gen zB EuGH 12. Fe­bru­ar 2009 - C-138/07 - [Co­bel­fret] Rn. 66 ff., EuZW 2009, 329; 15. März 2005 - C-209/03 - [Bi­dar] Rn. 64 ff., Slg. 2005, I-2119).

bb) Die Fra­ge, ob das in­ner­staat­li­che Ge­richt oh­ne ei­ne sol­che Be-

schränkung des EuGH auf der Grund­la­ge na­tio­na­len Rechts Ver­trau­ens­schutz an­neh­men darf, ist noch nicht ab­sch­ließend geklärt.

(1) Der EuGH hebt her­vor, die Pflicht des na­tio­na­len Ge­richts zur uni­ons-
rechts­kon­for­men Aus­le­gung wer­de durch die all­ge­mei­nen Rechts­grundsätze, ins­be­son­de­re den Grund­satz der Rechts­si­cher­heit und das Rück­wir­kungs­ver­bot be­grenzt (vgl. 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 61, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 98/59 Nr. 2; 4. Ju­li 2006 - C-212/04 - [Aden­eler] Rn. 110, Slg. 2006, I-6057; 8. Ok­to­ber 1987 - Rechts­sa­che 80/86 - [Kol­ping­huis Ni­j­me­gen] Rn. 13, Slg. 1987, 3969). Er sei nicht be­fugt, über die Aus­le­gung in­ner­staat­li­cher Rechts­vor­schrif­ten zu ent­schei­den (26. Ok­to­ber 2006 - C-4/05 - [Güze­li] Rn. 36, Slg. 2006, I-10279).

(2) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt un­ter­schei­det in der Fra­ge na­tio­na­len Ver-
trau­ens­schut­zes zwi­schen Primär- und Se­kundärrecht (vgl. da­zu Wißmann FS

Bau­er S. 1161, 1164 ff.).

(a) Der Sieb­te Se­nat nimmt an, für die zeit­li­che Be­gren­zung der Un-

an­wend­bar­keit ei­ner ge­gen das Primärrecht der Ge­mein­schaft (heu­te: Uni­on) ver­s­toßen­den na­tio­na­len Norm sei al­lein der EuGH zuständig (vgl. die Ent­schei­dung vom 26. April 2006 - 7 AZR 500/04 - Rn. 21, 24, 28 und 40 ff., BA­GE 118, 76, die na­tio­na­len Ver­trau­ens­schutz den­noch ab­si­chernd in ei­nem zwei­ten Be­gründungs­strang in Rn. 48 ff. prüft und das Ur­teil Man­gold des EuGH vom


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22. No­vem­ber 2005 [- C-144/04 - Rn. 55 ff., 74 ff. Slg. 2005, I-9981] re­zi­piert; sie­he auch EuGH 19. Ja­nu­ar 2010 - C-555/07 - [Kücükde­ve­ci] Rn. 18 ff., 44 ff., EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2000/78 Nr. 14).

(b) Der Zwei­te, der Sechs­te und der Ach­te Se­nat be­ja­hen die Möglich­keit,

na­tio­na­len Ver­trau­ens­schutz an­neh­men zu können, für Se­kundärrecht auch dann, wenn der EuGH die Wir­kung ei­ner Vor­ab­ent­schei­dung nicht zeit­lich be­grenzt hat (vgl. in der Fol­ge der Ent­schei­dung Junk des EuGH vom 27. Ja-nu­ar 2005 [- C-188/03 - Rn. 31 ff., 40 ff., Slg. 2005, I-885] grund­le­gend BAG

23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 32 ff., vor al­lem Rn. 42, BA­GE 117, 281; bestätigt zB von 12. Ju­li 2007 - 2 AZR 619/05 - Rn. 20 ff., AP KSchG 1969 § 17 Nr. 33; 8. No­vem­ber 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 27 ff., AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 156; dem zu­stim­mend 22. März 2007 - 6 AZR 499/05 - Rn. 16 ff., EzA KSchG § 17 Nr. 19; 26. Ju­li 2007 - 8 AZR 769/06 - Rn. 66 f., AP BGB § 613a Nr. 324).

(3) Das deut­sche Schrift­tum be­jaht im Fall se­kundären Uni­ons­rechts wohl
über­wie­gend die Möglich­keit na­tio­na­len Ver­trau­ens­schut­zes in den Fort­be­stand ei­ner in­ner­staat­li­chen Rspr. oh­ne (wei­te­re) An­ru­fung des EuGH, auch wenn der Ge­richts­hof die Rück­wir­kung sei­ner Aus­le­gung des Uni­ons­rechts nicht be­grenzt hat (vgl. zB Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 2; Höpfner RdA 2006, 156, 164 f.; Ka­man­ab­rou SAE 2009, 233, 236 f.; Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 35 f.; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 97 f.; Till­manns FS Buch­ner S. 885, 894 ff.; Wißmann FS Bau­er S. 1161, 1164 ff., der als Kor­rek­tiv in­ner­staat­li­chen Ver­trau­ens­schut­zes ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen den Mit­glied­staat Bun­des­re­pu­blik in Be­tracht zieht; na­tio­na­len Ver­trau­ens­schutz nur in en­gen Gren­zen be­ja­hend Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21; ge­gen in­ner­staat­li­chen Ver­trau­ens­schutz oh­ne An­ru­fung des EuGH et­wa Abe­le RdA 2009, 312, 317; Schiek AuR 2006, 41, 43 f.).

(4) Der von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie verbürg­te Min­dest­jah­res­ur­laubs- 84
an­spruch be­ruht nicht auf Primärrecht. Der EuGH hat stets her­vor­ge­ho­ben, dass der An­spruch je­des Ar­beit­neh­mers auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub ein be­son­ders be­deut­sa­mer Grund­satz des So­zi­al­rechts der Ge­mein­schaft (heu­te:


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Uni­on) sei (vgl. nur 10. Sep­tem­ber 2009 - C-277/08 - [Vicen­te Pe­re­da] Rn. 18, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 3). Der Ge­richts­hof hat die­sen Grund­satz je­doch nicht auf die Verträge, son­dern auf das se­kundäre Uni­ons­recht des Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie gestützt (näher Se­nat 17. No­vem­ber 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 18 f., DB 2010, 850; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 51, AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15, je­weils mwN). Ein Grund­satz des Uni­ons­rechts ist nicht gleich­zu­set­zen mit ei­nem Uni­ons­grund­recht (vgl. Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 32).

cc) Der Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub und sei­ne Ab­gel­tung sind nicht

uni­ons­recht­lich gewähr­leis­tet.

(1) Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88/EG verbürgt nur den Min­des­t­ur­laubs
an­spruch von vier Wo­chen und sei­ne Ab­gel­tung (eben­so LAG Ber­lin-Bran­den­burg 2. Ok­to­ber 2009 - 6 Sa 1215/09 und 6 Sa 1536/09 - zu 2.2 der Gründe; Bau­er/Ar­nold Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 4; Gaul/Jos­ten/Strauf BB 2009, 497, 498 f.; Rid AuA 2010, 178; Rum­mel AuR 2009, 217; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 98 f.; Su­bat­zus DB 2009, 510, 512; wohl auch Ge­nen­ger Anm. LA­GE BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 22 zu IV 1 c; zu der Reich­wei­te von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ausführ­lich oben zu A I 4). § 125 SGB IX soll auch kein an­de­res Uni­ons­recht um­set­zen (ArbG Ber­lin 22. April 2009 - 56 Ca 21280/08 - zu I 3 der Gründe, NZA-RR 2009, 411).

(2) Ansprüche auf Ab­gel­tung des Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs wer­den
nur we­gen ih­rer ak­zes­s­o­ri­schen Bin­dung an den na­tio­na­len ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub von der un­mit­tel­ba­ren Wir­kung des Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ge­genüber öffent­li­chen Ar­beit­ge­bern und der uni­ons­rechts­kon­for­men Fort­bil­dung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG im Verhält­nis zu pri­va­ten Ar­beit­ge­bern berührt (vgl. zu der für den Min­des­t­ur­laub im Pri­vat­rechts­ver­kehr vor­ge­nom­me­nen Rechts­fort­bil­dung Se­nat 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 57 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15). Der Se­nat kann we­gen die­ser Ak­zess­orietät of­fen­las­sen, ob im Streit­fall durch die rechts­kräfti­ge Ent­schei­dung über die Ab­gel­tung des Min­des­t­ur­laubs darüber hin­aus ei­ne aus § 322 Abs. 1 ZPO ab­zu­lei­ten­de sog. Präklu­si­ons­wir­kung ein­tritt.


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(3) Die Be­klag­te ist ei­ne rechtsfähi­ge Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts,

die un­ter staat­li­cher Auf­sicht steht und Dienst­herrnfähig­keit iSv. § 2 BBG be­sitzt (§ 29 Abs. 1, § 90 Abs. 2a SGB IV, § 143 Abs. 1 SGB VI). Für sie wirkt Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie un­mit­tel­bar. Der vom Min­des­t­ur­laub nach in­ner­staat­li­chem Recht abhängi­ge An­spruch auf Zu­satz­ur­laub aus § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist des­halb bei fort­dau­ern­der Ar­beits­unfähig­keit nicht nur bis zum 31. März des Fol­ge­jah­res über­trag­bar. Die zeit­li­che Be­gren­zung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG gilt für den Zu­satz­ur­laubs­an­spruch eben­so we­nig wie für den Min­des­t­ur­laub. Die man­geln­de Erfüll­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs ist auch kein Erfüllungs­hin­der­nis für die als fi­nan­zi­el­le „Entschädi­gung“ zu gewähren­de Ab­gel­tung (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Das folgt aus der na­tio­na­len Bin­dung des Zu­satz­ur­laubs­an­spruchs aus § 125 SGB IX an die un­mit­tel­ba­re Wir­kung von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ge­genüber der öffent­lich-recht­lich or­ga­ni­sier­ten Be­klag­ten im Be­reich des Min­des­t­ur­laubs.

(a) Nach der st. Rspr. des EuGH kann sich der Ein­zel­ne in Fällen, in de­nen
die Be­stim­mun­gen ei­ner Richt­li­nie in­halt­lich un­be­dingt und hin­rei­chend ge­nau sind, vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten ge­genüber dem Staat (und sei­nen Un­ter­glie­de­run­gen) auf die­se Be­stim­mun­gen be­ru­fen, wenn der Mit­glied­staat die Richt­li­nie nicht frist­gemäß oder nur un­zuläng­lich in das na­tio­na­le Recht um­ge­setzt hat (vgl. zB 12. Fe­bru­ar 2009 - C-138/07 - [Co­bel­fret] Rn. 58 mwN, EuZW 2009, 329; Rie­sen­hu­ber Eu­ropäisches Ar­beits­recht § 1 Rn. 70).

(b) In Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen Pri­va­ten können Richt­li­ni­en da­ge­gen
nicht selbst Ver­pflich­tun­gen für ei­nen Ein­zel­nen be­gründen. Ei­ner Pri­vat­per­son ge­genüber kann sich nie­mand auf die Richt­li­nie als sol­che be­ru­fen (vgl. für die st. Rspr. EuGH 19. Ja­nu­ar 2010 - C-555/07 - [Kücükde­ve­ci] Rn. 46, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2000/78 Nr. 14). Richt­li­ni­en sind an die Mit­glied­staa­ten und nicht an pri­va­te Rechts­sub­jek­te ge­rich­tet. Die Mit­glied­staa­ten ha­ben die Richt­li­ni­en­zie­le nach Art. 288 Abs. 3 AEUV um­zu­set­zen. So­gar ei­ne kla­re, ge­naue und un­be­ding­te Richt­li­ni­en­be­stim­mung, mit der dem Ein­zel­nen Rech­te gewährt oder Ver­pflich­tun­gen auf­er­legt wer­den sol­len, ist zwi­schen Pri­va­ten


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nicht an­wend­bar (vgl. nur EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 59 mwN, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 98/59 Nr. 2).

(c) Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ist hin­rei­chend klar, ge­nau und un­be­dingt

und wirkt da­mit un­mit­tel­bar ge­genüber der öffent­lich-recht­lich or­ga­ni­sier­ten Be­klag­ten.

(aa) Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88/EG gibt den Mit­glied­staa­ten ei­nen

Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen vor. Der zwei­te Ab­satz der Be­stim­mung si­chert den Ur­laubs­an­spruch für den Fall der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Der Ur­laub darf nur dann durch ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung er­setzt wer­den.

(bb) Der EuGH ver­deut­licht die Klar­heit und Ex­akt­heit der Re­ge­lun­gen,

in­dem er den Ur­laubs­an­spruch in der Sa­che Schultz-Hoff nicht nur als vom Uni­ons­recht gewähr­leis­te­ten An­spruch, son­dern als „von der Richt­li­nie un­mit­tel­bar gewähr­tes so­zia­les Recht“ und sich „un­mit­tel­bar aus der Richt­li­nie er­ge­ben­den An­spruch“ be­zeich­net (20. Ja­nu­ar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Rn. 45 f., AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1). So weit gin­gen frühe­re Ent­schei­dun­gen nicht. Der Ge­richts­hof be­ton­te je­doch schon im ers­ten zu Art. 7 der ursprüng­li­chen Ar­beits­zeit­richt­li­nie 93/104/EG er­gan­ge­nen Ur­teil BEC­TU die „kla­re und be­stimm­te Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten“, die er­for­der­li­chen Maßnah­men zu tref­fen, da­mit je­der Ar­beit­neh­mer ei­nen be­zahl­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen er­hal­te (26. Ju­ni 2001 - C-173/99 - Rn. 34, Slg. 2002, I-4881). In der Ent­schei­dung Ro­bin­son-Stee­le hob er den zwin­gen­den Cha­rak­ter des An­spruchs auf Jah­res­ur­laub und das Er­for­der­nis her­vor, die prak­ti­sche Wirk­sam­keit von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie zu gewähr­leis­ten (16. März 2006 - C-131/04 und C-257/04 - Rn. 68, Slg. 2006, I-2531).

(cc) Der un­mit­tel­ba­ren Wir­kung von Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie

ge­genüber der öffent­lich-recht­lich struk­tu­rier­ten Be­klag­ten steht nicht ent­ge­gen, dass der An­spruch an die „Be­din­gun­gen für die In­an­spruch­nah­me und die Gewährung“ ge­bun­den wird, „die in den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten


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und/oder nach den ein­zel­staat­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten vor­ge­se­hen sind“. Die Be­stim­mung wird da­mit nicht in­halt­lich be­dingt iSd. Rspr. des EuGH. Sie wirkt ge­genüber der Un­ter­glie­de­rung ei­nes Mit­glied­staats gleich­wohl un­mit­tel­bar. Die Mit­glied­staa­ten dürfen nach der ver­bind­li­chen Aus­le­gung des Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie durch den EuGH nicht vor­se­hen, dass der Min­dest­jah­res-ur­laubs­an­spruch er­lischt, wenn der Ar­beit­neh­mer bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums er­krankt und des­halb ar­beits­unfähig ist (vgl. 20. Ja­nu­ar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 48, AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1).

(d) Der Zu­satz­ur­laubs­an­spruch nimmt durch sei­ne na­tio­na­le Ak­zess­orietät

an der un­mit­tel­ba­ren Wir­kung von Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ge­genüber der öffent­lich-recht­lich or­ga­ni­sier­ten Be­klag­ten teil.

b) Selbst wenn die Be­klag­te ent­ge­gen der An­sicht des Se­nats nicht als

Un­ter­glie­de­rung des Mit­glied­staats Bun­des­re­pu­blik ein­ge­ord­net oder Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie für un­be­stimmt oder be­dingt ge­hal­ten wird, kann sich die Be­klag­te nicht auf Ver­trau­ens­schutz be­ru­fen. Für pri­va­te Ar­beit­ge­ber wirkt Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie zwar nicht un­mit­tel­bar. Ihr mögli­ches Ver­trau­en auf den Fort­be­stand der frühe­ren st. Rspr. ist seit dem 24. No­vem­ber 1996 aber nicht länger schutzwürdig. Die Grund­la­ge des Ver­trau­ens auf die Fort­dau­er der frühe­ren Se­nats­recht­spre­chung, die den Ver­fall von Ur­laubs(-ab­gel­tungs)an-sprüchen bei Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums an­nahm, war nach Ab­lauf der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie 93/104/EG (ABl. EG 1993 Nr. L 307 vom 13. De­zem­ber 1993 S.18) am 23. No­vem­ber 1996 zerstört. Das gilt auch für den nach in­ner­staat­li­chem Recht an den Min­des­t­ur­laub ge­bun­de­nen An­spruch auf Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub und sei­ne Ab­gel­tung.

aa) Die Bun­des­re­pu­blik nutz­te die Möglich­keit ei­ner Über­g­angs­zeit über die

Um­set­zungs­frist hin­aus nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b i ii der Richt­li­nie 93/104/EG nicht. Sie setz­te die Vor­ga­be ei­nes vierwöchi­gen Min­dest­jah­res­ur­laubs durch Art. 7 der ers­ten Ar­beits­zeit­richt­li­nie mit Art. 2 des Ar­beits­zeit-rechts­ge­set­zes vom 6. Ju­ni 1994 um (Arb­ZRG, BGBl. I S. 1170). Art. 2 Arb­ZRG


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trat am 1. Ja­nu­ar 1995 in Kraft (vgl. zur Ge­set­zes­ge­schich­te ErfK/Dörner 10. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 1; AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 1).

bb) Der Se­nat geht da­von aus, dass na­tio­na­ler Ver­trau­ens­schutz vor

Ansprüchen, die das se­kundäre Uni­ons­recht gewähr­leis­tet, im Pri­vat­rechts­ver­kehr auch oh­ne wei­te­re Vor­la­ge nach Art. 267 Abs. 3 AEUV an­ge­nom­men wer­den darf, ob­wohl der EuGH die Wir­kung der Vor­ab­ent­schei­dung Schultz-Hoff auf der Grund­la­ge des Uni­ons­rechts nicht zeit­lich be­grenzt hat (20. Ja­nu­ar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1). Die in­ner­staat­li­chen Ge­rich­te sind als Teil der Staats­ge­walt an das Rechts­staats­prin­zip des Art. 20 Abs. 3 GG ge­bun­den. Sie ha­ben den Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes zu be­ach­ten. Der EuGH berück­sich­tigt sol­che na­tio­na­len recht­li­chen Bin­dun­gen selbst. Er be­tont, die Pflicht der ein­zel­staat­li­chen Ge­rich­te zur uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung wer­de durch die all­ge­mei­nen Rechts­grundsätze, ins­be­son­de­re den Grund­satz der Rechts­si­cher­heit und das Rück­wir­kungs­ver­bot be­grenzt (vgl. 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 61, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 98/59 Nr. 2; 4. Ju­li 2006 - C-212/04 - [Aden­eler] Rn. 110, Slg. 2006, I-6057; 8. Ok­to­ber 1987 - Rechts­sa­che 80/86 - [Kol­ping­huis Ni­j­me­gen] Rn. 13, Slg. 1987, 3969; zu der aus­sch­ließli­chen Aus­le­gungs­kom­pe­tenz der na­tio­na­len Ge­rich­te für ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten 26. Ok­to­ber 2006 - C-4/05 - [Güze­li] Rn. 36, Slg. 2006, I-10279).

cc) Die Fra­ge des Ver­trau­ens­schut­zes ist da­her an­hand der in­ner­staat-

li­chen ver­fas­sungs­recht­li­chen Vor­ga­ben zu be­ant­wor­ten.

(1) Es verstößt nicht als sol­ches ge­gen Art. 20 Abs. 3 GG, ei­ne in der

Recht­spre­chung bis­lang ver­tre­te­ne Ge­set­zes­aus­le­gung auf­zu­ge­ben. Höchst­rich­ter­li­che Ur­tei­le sind kein Ge­set­zes­recht und er­zeu­gen kei­ne ver­gleich­ba­re Rechts­bin­dung. Die über den Ein­zel­fall hin­aus­rei­chen­de Wir­kung fach­ge­richt­li­cher Ge­set­zes­aus­le­gung be­ruht nur auf der Über­zeu­gungs­kraft ih­rer Gründe so­wie der Au­to­rität und den Kom­pe­ten­zen des Ge­richts. Ein Ge­richt kann des­halb von sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ab­wei­chen, auch wenn kei­ne we­sent­li­chen Ände­run­gen der Verhält­nis­se oder der all­ge­mei­nen An-


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schau­un­gen ein­tre­ten. Es muss je­doch den im Rechts­staats­prin­zip ver­an­ker­ten Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes be­ach­ten und ihm er­for­der­li­chen­falls durch Bil­lig­keits­erwägun­gen Rech­nung tra­gen. Ei­ne Ände­rung der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ist grundsätz­lich un­be­denk­lich, wenn sie hin­rei­chend be­gründet ist und sich im Rah­men ei­ner vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lung hält (vgl. für die st. Rspr. BVerfG 15. Ja­nu­ar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; 26. Ju­ni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 2 b und c der Gründe, BVerfGE 84, 212; 14. Ja­nu­ar 1987 - 1 BvR 1052/79 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 74, 129; sie­he auch BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 33, BA­GE 117, 281; kri­tisch ge­genüber ei­nem nur de­duk­ti­ven Recht­spre­chungs­verständ­nis iS rei­ner Rechts­er­kennt­nis Buch­ner Gedächt­nis­schrift R. Dietz S. 175, 184 ff., der die de­zi­sio­nis­ti­schen und da­mit recht­set­zen­den Züge von Rspr. ins­be­son­de­re bei Ge­set­zeslücken und Ge­ne­ral­klau­seln her­vor­hebt; ihm zu­stim­mend Till­manns FS Buch­ner S. 885, 886 f.; für höchst­rich­ter­li­che Rspr. ähn­lich Höpfner RdA 2006, 156, 158, 161 ff.; der­sel­be NZA 2008, 91, 92; der­sel­be NZA 2009, 420, 421).

(2) Die langjähri­ge Rspr. der Ur­laubs­se­na­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts, die

seit 1982 vom Ver­fall von Ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen bei fort­dau­ern­der Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums aus­ging, war zwar ge­eig­net, Ver­trau­en der Ar­beit­ge­ber­sei­te auf die Fort­dau­er die­ser Rspr. zu be­gründen (vgl. zu der Auf­ga­be der frühe­ren Rspr., die kei­nen Ver­fall an­ge­nom­men hat­te, grund­le­gend 13. Mai 1982 - 6 AZR 360/80 - zu II 2 bis 4 der Gründe, BA­GE 39, 53). Die Ver­trau­ens­grund­la­ge ent­fiel aber mit Ab­lauf der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie 93/104/EG am 23. No­vem­ber 1996. Seit dem 24. No­vem­ber 1996 war das Ver­trau­en von Ar­beit­ge­bern auf den Fort­be­stand der bis­he­ri­gen Rspr. nicht länger schutzwürdig (zu der nöti­gen zwei­stu­fi­gen Prüfung nach Ver­trau­ens­grund­la­ge und Schutzwürdig­keit des Ver­trau­ens zB Höpfner RdA 2006, 156, 157 ff.; Löwisch FS Ar­beits­ge­richts­bar­keit S. 601, 607 ff.; Till­manns FS Buch­ner S. 885, 894 ff.).

(a) Das Uni­ons­recht bin­det die na­tio­na­le Rechts­an­wen­dung grundsätz­lich

mit sei­nem In­kraft­tre­ten. Für Richt­li­ni­en gilt das (spätes­tens) mit Ab­lauf der


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Um­set­zungs­frist. Die ein­zel­staat­li­chen Ge­rich­te sind ab die­sem Zeit­punkt ver­pflich­tet, das in­ner­staat­li­che Recht richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen oder fort­zu­bil­den, um das in der Richt­li­nie fest­ge­leg­te Ziel zu er­rei­chen und da­mit Art. 288 Abs. 3 AEUV zu genügen (vgl. zB EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 60, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 98/59 Nr. 2). Ei­ne Rechts­fort­bil­dung ist uni­ons­recht­lich ge­bo­ten, wenn die na­tio­na­le Me­tho­den­leh­re die­ses In­stru­ment kennt.

(b) Na­tio­na­ler Ver­trau­ens­schutz in ei­ne be­ste­hen­de, vom Richt­li­ni­en­recht
ab­wei­chen­de na­tio­na­le Rspr. ist im Pri­vat­rechts­ver­kehr aus­nahms­wei­se an­zu­er­ken­nen, wenn das ein­zel­staat­li­che Recht der richt­li­ni­en­kon­for­men Rechts­fin­dung Gren­zen setzt. In die­sem Fall kann sich der na­tio­na­le Ver­trau­ens­schutz durch­set­zen (vgl. Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21). Die­ses sel­te­ne und nur aus­nahms­wei­se an­zu­neh­men­de Er­geb­nis wird von der Rspr. des EuGH an­er­kannt (vgl. 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 61, EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 98/59 Nr. 2; 26. Ok­to­ber 2006 - C-4/05 - [Güze-li] Rn. 36, Slg. 2006, I-10279; 4. Ju­li 2006 - C-212/04 - [Aden­eler] Rn. 110, Slg. 2006, I-6057; 8. Ok­to­ber 1987 - Rechts­sa­che 80/86 - [Kol­ping­huis Ni­j­me­gen] Rn. 13, Slg. 1987, 3969; sie­he auch die Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin Stix-Hackl vom 14. März 2006 in der Sa­che - C-475/03 - [Ban­ca Po­po­la­re di Cre­mo­na] Rn. 147).

(c) Die Er­mitt­lung na­tio­na­len Ver­trau­ens­schut­zes muss eben­so wie die
richt­li­ni­en­kon­for­me Rechts­fin­dung den grundsätz­li­chen Durch­set­zungs­an­spruch des Uni­ons­rechts be­ach­ten. Das Sys­tem meh­re­rer recht­li­cher Ebe­nen, die von Uni­ons­recht und na­tio­na­lem Recht ge­bil­det wer­den, ist dem Grund­ge­setz nicht fremd. Zu Ge­setz und Recht, die die in­ner­staat­li­che Rspr. nach Art. 20 Abs. 3 GG bin­den, gehören die uni­ons­recht­li­chen Richt­li­ni­en­vor­ga­ben. Auch das In­kraft­tre­ten ei­ner Richt­li­nie ist ein ver­trau­ens­be­gründen­der Um­stand. Der durch die Richt­li­nie Begüns­tig­te kann sich auf die richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung oder Fort­bil­dung des na­tio­na­len Rechts ver­las­sen, ob­wohl die Richt­li­nie zwi­schen Pri­va­ten nicht un­mit­tel­bar wirkt (vgl. Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21).


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(d) Für die Schutzwürdig­keit des Ver­trau­ens auf ei­ne bis­he­ri­ge richt­li­ni­en-
wid­ri­ge na­tio­na­le Rspr. kommt es in dem Meh­re­be­nen­sys­tem von Uni­ons­recht und ein­zel­staat­li­chem Recht nicht (nur) dar­auf an, ob sich die Rechts­un­ter­wor­fe­nen über­wie­gend auf die in­ner­staat­li­che Rechts­an­wen­dung ver­las­sen. Die Durch­set­zung des Uni­ons­rechts ist in gleich­wer­ti­ger Wei­se si­cher­zu­stel­len wie die Durch­set­zung des ein­zel­staat­li­chen Rechts (sog. Äqui­va­lenz­grund­satz). Das be­deu­tet, dass das Ver­trau­en auf die Durch­set­zung uni­ons­recht­lich ge­währ­leis­te­ter Rech­te eben­so zu schützen ist wie das Ver­trau­en auf die Be­ständig­keit na­tio­na­ler Rechts­an­wen­dung. Die uni­ons­recht­lich verbürg­ten Rech­te dürfen im Er­geb­nis nicht leer­lau­fen (sog. Ef­fek­ti­vitäts­grund­satz). Das Uni­ons­recht ver­langt der na­tio­na­len Me­tho­den­leh­re da­her ab, sei­ne Durch­set­zung so weit wie möglich si­cher­zu­stel­len (vgl. Rie­sen­hu­ber Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21).

(e) Da­mit kommt es nicht zu ei­ner „ver­kapp­ten“ un­mit­tel­ba­ren Wir­kung von 106
Richt­li­ni­en im Pri­vat­rechts­ver­kehr. Viel­mehr ist schützens­wer­tes Ver­trau­en auf ei­ne ein­zel­staat­li­che richt­li­ni­en­wid­ri­ge st. Rspr. we­gen der Mehr­glied­rig­keit von Uni­ons­recht und in­ner­staat­li­chem Recht nur aus­nahms­wei­se an­zu­neh­men. Na­tio­na­ler Ver­trau­ens­schutz setzt be­son­de­re Umstände vor­aus. Die richt­li­ni­en­wid­ri­ge Rechts­fin­dung darf nur im Aus­nah­me­fall fort­ge­setzt wer­den.

dd) Die nöti­gen be­son­de­ren Umstände für in­ner­staat­li­chen Ver­trau­ens-

schutz wa­ren seit dem En­de der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie 93/104/EG am 23. No­vem­ber 1996 nicht länger ge­ge­ben.

(1) Der Se­nat hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 24. März 2009 (- 9 AZR

983/07 - Rn. 73 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15) für die Ab­gel­tung des ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laubs an­ge­nom­men, je­den­falls ab Be­kannt­wer­den des Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf in der Sa­che Schultz-Hoff vom 2. Au­gust 2006 (- 12 Sa 486/06 - LA­GE BUrlG § 7 Nr. 43) sei ei­ne Zäsur in der Rechts­ent­wick­lung ein­ge­tre­ten. Zu­min­dest seit die­sem Zeit­punkt ha­be es sich im Rah­men ei­ner vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lung ge­hal­ten, dass ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung oder Fort­bil­dung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG vor­zu­neh­men sein würde. Der Se­nat


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konn­te in der Ent­schei­dung vom 24. März 2009 (- 9 AZR 983/07 - Rn. 74, aaO) of­fen­las­sen, ob Ar­beit­ge­ber vor Be­kannt­wer­den des Vor­ab­ent­schei­dungser-su­chens in der Sa­che Schultz-Hoff bei fort­dau­ern­der Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums be­rech­tigt auf den Ver­fall von Ur­laubs-ab­gel­tungs­ansprüchen ver­trau­en durf­ten. Die Ansprüche der Kläge­rin die­ses Rechts­streits wa­ren bei Be­kannt­wer­den der Vor­la­ge auch nach der frühe­ren Aus­le­gung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG durch den Se­nat noch nicht ver­fal­len.

(2) Die Ver­trau­ens­schutz­erwägun­gen des Se­nats im Ur­teil vom 24. März
2009 (- 9 AZR 983/07 - Rn. 73 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15) sind im Schrift­tum auf schar­fe Kri­tik ges­toßen (für Ver­trau­ens­schutz Bau­er/Ar­nold NJW 2009, 631, 633 f.; die­sel­ben Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 39 zu 2; Gaul/Bo­nan­ni/Lud­wig DB 2009, 1013 f., 1017; Kock BB 2009, 1181; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 531 f.; von St­ein­au-St­einrück/Mosch NJW-Spe­zi­al 2009, 338 f.; im Er­geb­nis of­fen­ge­las­sen, aber wohl für Ver­trau­ens­schutz Ge­nen­ger LA­GE BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 22 zu IV 2; Pi­cker ZTR 2009, 230, 235 f.; of­fen­ge­las­sen von Ka­man­ab­rou SAE 2009, 121, 127 und SAE 2009, 233, 236 f.; ge­gen Ver­trau­ens­schutz Abe­le RdA 2009, 312, 317; Koh­te/Beetz ju­ris­PR-ArbR 25/2009 Anm. 1 zu B 5 aE; Rum­mel AuR 2009, 217 f.; Schlach­ter RdA 2009 Son­der­bei­la­ge Heft 5, 31, 35 f., die ei­nen zeit­lich un­be­grenz­ten Aus­schluss von Ver­trau­ens­schutz erwägt).

(3) Be­an­stan­det wird ins­be­son­de­re die zeit­li­che An­knüpfung an das Be-
kannt­wer­den des Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens (Abe­le RdA 2009, 312, 317; Kock BB 2009, 1181; Krie­ger/Ar­nold NZA 2009, 530, 531 f.; Sedl­mei­er Eu­ZA 2010, 88, 97 f.). Die Kri­ti­ker mei­nen, sie wi­der­spre­che der Vor­ge­hens­wei­se des Zwei­ten, des Sechs­ten und des Ach­ten Se­nats in der Fol­ge der Ent­schei­dung Junk des EuGH vom 27. Ja­nu­ar 2005 (- C-188/03 - Slg. 2005, I-885) zur Mas-sen­ent­las­sungs­an­zei­ge nach § 17 Abs. 1 KSchG (grund­le­gend BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 32 ff., BA­GE 117, 281; bestätigt zB von 12. Ju­li 2007 - 2 AZR 619/05 - Rn. 20 ff., AP KSchG 1969 § 17 Nr. 33; 8. No­vem­ber 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 27 ff., AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 156; dem zu­stim­mend 22. März 2007 - 6 AZR


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499/05 - Rn. 16 ff., EzA KSchG § 17 Nr. 19; 26. Ju­li 2007 - 8 AZR 769/06 - Rn. 66 f., AP BGB § 613a Nr. 324). Dort wur­de Ver­trau­ens­schutz an­ge­nom­men und nicht an das Be­kannt­wer­den des Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens oder der Schluss­anträge des Ge­ne­ral­an­walts an­ge­knüpft.

(4) Die Sach­ver­halts­ge­stal­tun­gen, die den Junk-Fol­ge­ent­schei­dun­gen und

der Re­zep­ti­on des EuGH-Ur­teils in der Sa­che Schultz-Hoff vom 20. Ja­nu­ar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1) durch die Ent­schei­dung des Se­nats vom 24. März 2009 (- 9 AZR 983/07 - Rn. 73 ff., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15) zu­grun­de lie­gen, sind nicht ver­gleich­bar (eben­so LAG Ber­lin-Bran­den­burg 2. De­zem­ber 2009 - 17 Sa 621/09 - zu II 2 d bb (2) (b) der Gründe). Es hielt sich für die Be­klag­te seit dem En­de der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie am 23. No­vem­ber 1996 im Rah­men ei­ner vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lung, dass die 1982 be­gon­ne­ne st. Rspr. des Bun­des­ar­beits­ge­richts zum Ver­fall von Ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen bei Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG de­fi­nier­ten Über­tra­gungs­zeit­raums im Licht der Ar­beits­zeit­richt­li­nie zu über­prüfen sein würde. Je­den­falls be­gründet der Fort­be­stand der Ansprüche auf Ab­gel­tung des Schwer-be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs in der durch­zuführen­den In­ter­es­sen­abwägung kei­ne un­zu­mut­ba­re Härte für die Be­klag­te. Für die Schutzwürdig­keit ih­res Ver­trau­ens spricht nur, dass der Se­nat über das En­de der Um­set­zungs­frist für die ursprüng­li­che Ar­beits­zeit­richt­li­nie hin­aus an sei­ner Rspr. zum Ver­fall von Ur­laubs(-ab­gel­tungs)ansprüchen bei Ar­beits­unfähig­keit fest­hielt (vgl. et­wa 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Über­tra­gung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116; 7. Sep­tem­ber 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 12). Die Umstände, die für die Schutzwürdig­keit des Ver­trau­ens des Klägers auf die richt­li­ni­en­kon­for­me Fort­bil­dung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG spre­chen, über­wie­gen ge­genüber die­sem ein­zi­gen, für die Be­klag­te spre­chen­den ver­trau­ens­be­gründen­den Mo­ment.

(a) Nach Ab­lauf der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie

93/104/EG am 23. No­vem­ber 1996 stan­den sich im recht­li­chen Meh­re­be­nen-


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sys­tem der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten (heu­te: der Eu­ropäischen Uni­on) die Deu­tungs­ho­heit des EuGH für Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie und die In­ter­pre­ta­ti­ons­kom­pe­tenz des Bun­des­ar­beits­ge­richts für das Bun­des­ur­laubs­ge­setz ge­genüber. In­so­fern un­ter­schei­det sich der Streit­fall von der geänder­ten Rspr. des Vier­ten Se­nats zu sog. Gleich­stel­lungs­ab­re­den (vgl. nur 21. Ok­to­ber 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 17 ff. mwN). Die Ankündi­gung ei­ner Recht­spre­chungsände­rung für das na­tio­na­le Recht auf der Grund­la­ge des Richt­li­ni­en­rechts kommt hier schon im Hin­blick auf die Aus­le­gungs­kom­pe­tenz des EuGH für das Uni­ons­recht nicht in Be­tracht. We­gen der in­ner­staat­li­chen Bin­dung des Schwer-be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laubs aus § 125 SGB IX an den Min­des­t­ur­laubs­an­spruch schei­det auch für den Zu­satz­ur­laub die Ankündi­gung ei­ner geänder­ten na­tio­na­len Rspr. aus.

(b) Mit In­kraft­tre­ten von Art. 7 der ers­ten Ar­beits­zeit­richt­li­nie war un­klar, ob

der EuGH die frühe­re Auf­fas­sung des Se­nats, wo­nach Ur­laubs(-ab­gel-tungs)ansprüche bei Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums un­ter­gin­gen, auf der Grund­la­ge des Richt­li­ni­en­rechts tei­len würde.

(aa) Art. 7 der ers­ten Ar­beits­zeit­richt­li­nie traf nach Ab­lauf der Um­set­zungs-

frist mit dem 23. No­vem­ber 1996 auf ei­ne seit über 14 Jah­ren be­ste­hen­de Rspr. des BAG zu §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 BUrlG. Da­durch un­ter­schied sich die Sach­la­ge von der Ge­schich­te der ers­ten Mas­sen­ent­las­sungs­richt­li­nie 75/129/EWG (ABl. EG Nr. L 48 vom 22. Fe­bru­ar 1975 S. 29). Art. 3 der ursprüng­li­chen Mas­sen­ent-las­sungs­richt­li­nie wur­de durch § 17 KSchG in deut­sches Recht um­ge­setzt (Wißmann FS Bau­er S. 1161 f.). Die na­tio­na­le Rspr. zu § 17 KSchG bau­te von vorn­her­ein auf dem „Fun­da­ment“ des Richt­li­ni­en­rechts auf, während Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie mit ei­nem „al­ten“ Sys­tem der Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts in Ein­klang ge­bracht wer­den muss­te.

(bb) Mit Ab­lauf der Um­set­zungs­frist für die ers­te Ar­beits­zeit­richt­li­nie im Jahr

1996 trat des­we­gen ei­ne ob­jek­ti­ve und be­deu­ten­de Un­si­cher­heit dar­in auf, wie § 7 BUrlG richt­li­ni­en­kon­form zu ver­ste­hen war.


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(cc) Der EuGH mach­te mit sei­ner ers­ten Ent­schei­dung BEC­TU zu Art. 7 der

Ar­beits­zeit­richt­li­nie sei­ne Aus­le­gungs­kom­pe­tenz für das Uni­ons­recht deut­lich (26. Ju­ni 2001 - C-173/99 - Slg. 2002, I-4881). Er trat dort im Ur­laubs­recht erst­mals ei­ner na­tio­na­len - bri­ti­schen - Aus­le­gung ur­laubs­recht­li­cher Pflich­ten ent­ge­gen.

(dd) Hin­zu kommt, dass die Rspr. des Bun­des­ar­beits­ge­richts zu § 7 Abs. 3

und 4 BUrlG bei Ar­beits­unfähig­keit nicht von je­her ein­heit­lich war. Der Fünf­te Se­nat, der vor 1982 für das Ur­laubs­recht zuständig war, hat­te noch an­ge­nom­men, dass Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche bei krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums nicht ver­fie­len (grund­le­gend 13. No­vem­ber 1969 - 5 AZR 82/69 - zu 2 der Gründe, BA­GE 22, 211).

(c) Die Sach­ver­halts­ge­stal­tun­gen, die den Junk-Fol­ge­ent­schei­dun­gen und

der Schultz-Hoff-Re­zep­ti­on zu­grun­de lie­gen, un­ter­schei­den sich zu­dem in meh­re­ren für die Schutz­bedürf­tig­keit des Ver­trau­ens der Ar­beit­ge­ber­sei­te ent­schei­den­den Ge­sichts­punk­ten. Die­se Umstände sind in der In­ter­es­sen­abwägung zu berück­sich­ti­gen. Sie schließen ei­ne un­zu­mut­ba­re Härte für die Be­klag­te durch den Fort­be­stand der Ansprüche auf Ab­gel­tung des Zu­satz­ur­laubs aus.

(aa) Den Ar­beit­ge­ber trifft nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG die Hand­lungs-

pflicht zur Er­stat­tung der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge ge­genüber der Ar­beits­ver­wal­tung. Er muss in ei­ner kom­ple­xen Hand­lungs­si­tua­ti­on dar­um nach­su­chen, dass ei­ne Behörde tätig wird, und da­mit durch ak­ti­ves Tun sein Ver­trau­en betäti­gen. Der Zwei­te Se­nat dif­fe­ren­ziert in der Fra­ge des Ver­trau­ens­schut­zes selbst aus­drück­lich zwi­schen der bloßen recht­li­chen Be­ur­tei­lung der Wirk­sam­keit ei­nes Rechts­geschäfts und der be­reits er­folg­ten Ausübung ei­nes Ge­stal­tungs­rechts (23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 33, BA­GE 117, 281; eben­so LAG Ber­lin-Bran­den­burg 2. De­zem­ber 2009 - 17 Sa 621/09 - zu II 2 d bb (2) (b) der Gründe).


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(bb) Der Zwei­te Se­nat hat­te nicht sehr lan­ge vor der Ent­schei­dung Junk des

EuGH vom 27. Ja­nu­ar 2005 (- C-188/03 - Slg. 2005, I-885) mit Ur­teil vom 18. Sep­tem­ber 2003 sei­ne bis­he­ri­ge Auf­fas­sung bestätigt. Da­nach kam es für die Er­stat­tung der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge nicht auf den Zu­gang der Kündi­gung, son­dern auf die Ent­las­sung - den tatsächli­chen Be­en­di­gungs­zeit­punkt - an (18. Sep­tem­ber 2003 - 2 AZR 79/02 - zu B III der Gründe, BA­GE 107, 318). Die Ent­schei­dung vom 18. Sep­tem­ber 2003 setz­te sich im Ein­zel­nen mit den Fra­gen der Mas­sen­ent­las­sungs­richt­li­nie 98/59/EG (ABl. EG Nr. L 225 vom 12. Au­gust 1998 S. 16) aus­ein­an­der. Sie er­ging nach dem Vor­ab-ent­schei­dungs­er­su­chen des Ar­beits­ge­richts Ber­lin in der Sa­che Junk vom 30. April 2003 (- 36 Ca 19726/02 - ZIP 2003, 1265). Der Zwei­te Se­nat stell­te des­halb bei der Re­zep­ti­on der Junk-Vor­ab­ent­schei­dung vor al­lem dar­auf ab, dass er selbst noch nach der Vor­la­ge vom 30. April 2003 mit Ur­teil vom 18. Sep­tem­ber 2003 ei­nen Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen und ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung von § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ver­neint ha­be (vgl. 8. No­vem­ber 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 156).

(cc) Vor der Vor­ab­ent­schei­dung Schultz-Hoff vom 20. Ja­nu­ar 2009

(- C-350/06 und C-520/06 - AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 1) muss­ten Ar­beit­ge­ber ihr Ver­trau­en auf die Fort­dau­er der na­tio­na­len Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zum Ver­fall von Ur­laubs- und Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüchen bei Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums da­ge­gen nicht ak­tiv betäti­gen. Es war ih­rem Ein­fluss ent­zo­gen, ob ein Ar­beit­neh­mer bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums ar­beits­unfähig blei­ben würde. Der Neun­te Se­nat hat­te sich in die­sem Zu­sam­men­hang auch noch nie mit Art. 7 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie be­fasst. Ei­ne ver­trau­ens­bil­den­de Aus­ein­an­der­set­zung der Recht­spre­chung des BAG mit dem Uni­ons­recht fehl­te. Es han­del­te sich um ei­ne grundsätz­lich neue Fra­ge­stel­lung.

(5) Das Ver­trau­en der Be­klag­ten dar­auf, dass § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG bei

krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums nicht richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen oder fort­zu­bil­den sein würde, ist aus


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die­sen Gründen nicht schutzwürdig. Der Be­klag­ten ist es zu­mut­bar, die fort­be­ste­hen­den Ansprüche des Klägers auf Ab­gel­tung des Schwer­be­hin­der­ten-zu­satz­ur­laubs für 2004 und 2005 zu erfüllen.

4. Ab­zu­gel­ten sind je­weils fünf Ta­ge für die Jah­re 2004 und 2005 (§ 125

Abs. 1 Satz 1 SGB IX iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG). Die For­de­rung beträgt rech­ne­risch 2.013,54 Eu­ro brut­to (4.362,67 Eu­ro brut­to x 3 Mo­na­te : 13 Wo­chen : 5 Ar-beits­ta­ge x 10 Zu­satz­ur­laubs­ta­ge). Der im Jahr 2004 ent­stan­de­ne Zu­satz­ur­laubs­an­spruch wur­de auf das ge­sam­te Ur­laubs­jahr 2005 über­tra­gen, weil der Kläger seit dem 8. Sep­tem­ber 2004 über das Jah­res­en­de hin­aus bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber ar­beits­unfähig war. Der Ur­laubs­an­spruch war da­her nicht erfüll­bar. Der Zu­satz­ur­laubs­an­spruch für das Jahr 2004 trat zu dem An­spruch für 2005 hin­zu (vgl. zu ei­nem ta­rif­li­chen „Re­vol­ving-sys­tem“ Se­nat 20. Au­gust 1996 - 9 AZR 22/95 - zu I 1 b der Gründe, BA­GE 84, 23; für ei­ne Zu­sam­men­fas­sung der Ansprüche aus ver­schie­de­nen Ur­laubs­jah­ren auch ErfK/Dörner § 7 BUrlG Rn. 39o, 46, 46a; AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 90, 111 ff., 119; zu der ggf. nöti­gen Ku­mu­la­ti­on im Be­reich des Min­des­t­ur­laubs EuGH 6. April 2006 - C-124/05 - [Fe­de­ra­tie Neder­land­se Vak­be­we­ging] Rn. 24 und 30, Slg. 2006, I-3423). Er wan­del­te sich eben­so wie der Zu­satz­ur­laubs­an­spruch aus dem Jahr 2005 mit Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Sep­tem­ber 2005 in ei­nen fi­nan­zi­el­len Ab­gel­tungs­an­spruch um (vgl. AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 134).

III. Die Ansprüche des Klägers auf Ab­gel­tung des Schwer­be­hin­der­ten-

zu­satz­ur­laubs für 2004 und 2005 sind ab 4. Ok­to­ber 2005 un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB) zu ver­zin­sen (vgl. zum Zins­be­ginn Se­nat 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 99, AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 15; BAG 8. Ok­to­ber 2008 - 5 AZR 715/07 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 27, je­weils un­ter Hin­weis auf § 187 Abs. 1 BGB). Der 2. Ok­to­ber 2005 war ein Sonn­tag, der 3. Ok­to­ber 2005 ein Fei­er­tag (§ 193 BGB). Der Zins­aus­spruch für die Ab­gel­tung des Min­des­t­ur­laubs von 8.054,00 Eu­ro brut­to be­reits ab 1. Ok­to­ber 2005 ist eben­so wie die ent-


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spre­chen­de Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten in der Haupt­sa­che rechts­kräftig und nicht zur Ent­schei­dung des Se­nats an­ge­fal­len.

B. Die Par­tei­en ha­ben die Kos­ten des Rechts­streits im Um­fang ih­res

Un­ter­lie­gens in den In­stan­zen zu tra­gen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., § 97 Abs. 1 ZPO).

Düwell Krasshöfer Gall­ner

B. Lang Preuß

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