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Krankheitsbedingte Kündigung ohne betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
17.12.2012. Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber gemäß § 84 Abs.2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und des Betriebsrats bzw. Personalrats klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Diese gemeinsame Klärung heißt betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM). Sie ist nach dem Gesetz nicht zwingend notwendige Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber einen länger erkrankten Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen kündigt, und das sieht auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) so.
Allerdings ist es für den Arbeitgeber sehr schwer, eine solche Kündigung im Falle einer Kündigungsschutzklage vor Gericht mit Erfolg zu verteidigen. Unmöglich ist das aber nicht, wie ein interessantes aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz zeigt: Urteil vom 20.03.2012, 3 Sa 505/11.
- Krankheitsbedingte Kündigung und betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Der Streitfall: 15 Monate lang erkrankte schwerbehinderte Arbeitnehmerin wird ohne BEM gekündigt
- LAG Rheinland-Pfalz: Eine Krankheitsbedingte Kündigung kann auch ohne BEM wirksam sein
Krankheitsbedingte Kündigung und betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Spricht der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung aus, hat dies in den meisten Fällen eine mehr oder weniger lange Vorgeschichte: Der Arbeitnehmer ist über Jahre hinweg immer wieder arbeitsunfähig erkrankt oder er ist aufgrund einer Erkrankung seit vielen Monaten oder Jahren durchgehend nicht mehr bei der Arbeit.
In solchen Fällen ist offensichtlich, dass der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen muss, denn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür liegen auf der Hand. Allerdings sieht das Gesetz keine "Strafe" für Arbeitgeber vor, die ein BEM nicht durchführen, obwohl sie es müssten. Und da sich im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Regelung zu dem Fall des unterlassenen BEM findet, kann man auch schlecht behaupten, dass jede krankheitsbedingte Kündigung ohne vorheriges BEM unwirksam ist.
Allerdings setzt eine krankheitsbedingte Kündigung nicht nur den Nachweis voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist (sog. "negative Gesundheitsprognose"), sondern weiterhin auch, dass infolge dessen die betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden.
An dieser Stelle fragt sich, ob der Arbeitgeber anstelle einer Kündigung andere Arbeitsaufgaben zuweisen könnte, die der Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung erfüllen könnte. Und hier schadet es dem Arbeitgeber vor Gericht, wenn er kein BEM durchgeführt hat, denn dann muss er beweisen, dass es keine solchen anderen Einsatzmöglichkeiten gibt.
Dieser Nachweis ist schwer, aber nicht unmöglich, wie der Fall des LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20.03.2012, 3 Sa 505/11) zeigt.
Der Streitfall: 15 Monate lang erkrankte schwerbehinderte Arbeitnehmerin wird ohne BEM gekündigt
Ein Medizinprodukte-Hersteller kündigte einer mehr als 15 Monate durchgehend erkrankten Produktionshelferin Ende Juli 2010 krankheitsbedingt, ohne zuvor ein BEM durchgeführt zu haben. Kurz vor Ausspruch der Kündigung hatte sich die Produktionshelferin einer Krebsoperation unterziehen müssen, von der der Arbeitgeber aber nichts wusste.
Ebensowenig kannte er die mittlerweile vorliegende Anerkennung der Produktionshelferin als schwerbehinderter Mensch. Da die Behinderung nicht offensichtlich war und die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber ihre Schwerbehinderung auch nicht mitgeteilt hatte, stellte der Arbeitgeber keinen Antrag auf Zustimmung beim Integrationsamt.
Erst einige Monate nach Ausspruch der Kündigung berief sich die Arbeitnehmerin im Rahmen ihrer Kündigungsschutzklage auf ihren Sonderkündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch. Das allerdings kam zu spät, denn das BAG verlangt, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung spätestens drei Wochen nach Ausspruch einer Kündigung mitteilen müssen, um den Arbeitgeber nicht ins Messer laufen zu lassen.
Da die Kündigung somit nicht bereits mangels vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam war, kam es auf die Frage an, ob die Voraussetzungen einer wirksamen krankheitsbedingte Kündigung vorlagen. Ja, so das mit dem Fall in erster Instanz befasste Arbeitsgericht Koblenz (Urteil vom 21.07.2011, 9 Ca 1297/10).
LAG Rheinland-Pfalz: Eine Krankheitsbedingte Kündigung kann auch ohne BEM wirksam sein
Auch das LAG wies die Klage ab, und zwar ebenfalls aufgrund einer inhaltlichen Überprüfung der Kündigung am Maßstab von § 1 KSchG. Denn wie das Arbeitsgericht war das LAG der Meinung, dass die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber nicht rechtzeitig ihre Schwerbehinderung mitgeteilt hatte.
Bei der Diskussion über die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung sprach gegen die Arbeitnehmerin, dass sie bei Ausspruch der Kündigung bereits über 15 Monate lang krank gewesen und erst einige Wochen zuvor die Krebs-OP überstanden hatte. Unter Berücksichtigung dieser und anderer Erkrankungen kam ein Gutachter zu dem Ergebnis, der Arbeitnehmerin könnten (im Januar 2012) allenfalls körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zugemutet werden könnten, nicht aber das im Betrieb ständig erforderliche Heben von über 10 kg schweren Kisten.
Das LAG wiederum meinte auf dieser Grundlage, dass zum Kündigungszeitpunkt (Ende Juli 2010) für die nächsten 24 Monate nicht mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen war ("negative Prognose").
Und auch das unterlassene BEM half der Arbeitnehmerin nichts, denn der Arbeitgeber beschäftigte nur 16 Arbeitnehmer auf entsprechend wenigen Arbeitsplätzen und hatte sich die Mühe gemacht, für alle in Betracht kommenden Einsatzmöglichkeiten der Klägerin "durchzubuchstabieren", dass sich auch hier die krankheitsbedingte Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit massiv auswirken würden. Daher hätte das BEM, so das LAG, auch keine alternativen Einsatzmöglichkeiten zu Tage fördern können.
Fazit: Das Urteil macht deutlich, wie schwer es für den Arbeitgeber ist, das Fehlen einer leidensgerechten alternativen Beschäftigungsmöglichkeit vor Gericht aufzuzeigen. Am ehesten wird dieser Nachweis noch möglich sein, wenn die Anzahl der Arbeitsplätze wie hier im Streitfall sehr gering ist oder wenn es sich um eine Erkrankung mit psychischen Folgen oder um eine Suchterkrankung handelt, die zur Unzuverlässigkeit des Arbeitnehmers führen. Daher sollten Arbeitgeber die Pflicht zur Durchführung eines BEM im eigenen Interesse ernst nehmen.
Schwerbehinderten Arbeitnehmern ist dagegen zu raten, dem Arbeitgeber möglichst rasch nach Erhalt einer Kündigung die Schwerbehinderung mitzuteilen, da der Sonderkündigungsschutz sonst verwirkt ist. Hätte die Arbeitnehmerin dies hier getan, hätte sie den Arbeitgeber zumindest zum Ausspruch einer weiteren Kündigung und zur vorherigen Antragstellung beim Integrationsamt zwingen können, d.h. sie hätte Zeit gewonnen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.03.2012, 3 Sa 505/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Kündigung wegen Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Arbeitsrecht aktuell: 18/170 BEM-Ergebnisse und ihre Umsetzung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/078 Frage nach Schwerbehinderung zulässig
- Arbeitsrecht aktuell: 11/161 Kündigung und Diskriminierung wegen Behinderung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/253 Rechtsschutzversicherung muss im Zustimmungsverfahren den Rechtsanwalt eines schwerbehinderten Arbeitnehmers bezahlen.
- Arbeitsrecht aktuell: 10/242 Schwerbehinderung muss innerhalb von drei Wochen nach Kündigung mitgeteilt werden
- Arbeitsrecht aktuell: 10/074 Anforderungen an betriebliches Eingliederungsmanagement
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2019
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