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Keine Urlaubskürzung bei Teilzeitarbeit
11.02.2015. Eine Arbeitszeitreduzierung, die mit einer Verringerung der wöchentlichen Arbeitstage verbunden ist, darf nicht zum Wegfall bereits erworbener Urlaubstage führen.
Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom gestrigen Tage im Anschluss eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Sommer 2013 (EuGH, Beschluss vom 13.06.2013, C-415/12 - Brandes) klargestellt: BAG, Urteil vom 10.02.2015, 9 AZR 53/14 (F), (Pressemitteilung des BAG).
- Wie sind offene Urlaubsansprüche bei einer Verringerung der Arbeitszeit umzurechnen?
- Im Streit: Wechsel eines Tarifangestellten im öffentlichen Dienst von einer Fünftagewoche in eine Viertagewoche
- BAG: Eine Verringerung der Arbeitszeit darf nicht zum Wegfall bereits erworbener Urlaubstage führen
Wie sind offene Urlaubsansprüche bei einer Verringerung der Arbeitszeit umzurechnen?
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub im Umfang von mindestens vier Wochen. Das schreibt das Europarecht vor (Art.7 der Richtlinie 2003/88/EG), und nach dem deutschen Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt nichts anderes, vgl. § 1 BUrlG und § 3 Abs.1 BUrlG.
Allerdings gewährt das BUrlG den Arbeitnehmern keinen nach Wochen berechneten Urlaub, sondern einen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen, wobei „Werktage“ die sechs Tage von Montag bis Samstag sind, ausgenommen gesetzliche Feiertage. Eine Woche ohne gesetzliche Feiertage hat somit sechs Werktage und ein deutscher Arbeitnehmer demnach einen vierwöchigen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch, denn 24 Werktage Urlaub entsprechen (24 : 6 =) vier Urlaubswochen.
Wer weniger als sechs Tage pro Woche arbeitet muss diese vier Urlaubswochen dann wieder mit seinen wöchentlichen Arbeitstagen multiplizieren, um die Anzahl seiner individuellen Urlaubstage zu berechnen. Bei einer Fünf-Tage-Woche hat man einen gesetzlichen Urlaub von (4 Wochen x 5 Arbeitstage =) 20 Arbeits- bzw. Urlaubstagen, bei einer Vier-Tage-Woche einen Anspruch von (4 Wochen x 4 Arbeitstage =) 16 Arbeits- bzw. Urlaubstagen usw.
Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage, was mit offenen Urlaubsansprüchen passiert, wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverringerung in Anspruch nimmt und sich daher die Anzahl seiner Wochenarbeitstage reduziert, z.B. von fünf auf drei Tage pro Woche. Hier gibt es zwei Berechnungsmethoden:
Aus Arbeitgebersicht würde man so rechnen: Wer bei einer Fünftagewoche z.B. 30 Tage Resturlaub aus Vollzeit-Zeiten hat, hat damit einen Urlaubsanspruch von (30 : 5 =) sechs Wochen. Die sechs Wochen entsprechen bei einer Dreitagewoche (6 Wochen x 3 Arbeitstage =) 18 Urlaubstagen. Dementsprechend geringer fällt das Urlaubsentgelt aus, d.h. es werden nur 18 statt 30 Tage Urlaub bezahlt.
Aus Arbeitnehmersicht würde man dagegen so rechnen: Erworben wurden während der fünftägigen Vollzeit-Beschäftigung 30 „echte“ Urlaubstage. Nimmt man diesen Resturlaub nach dem Wechsel in Teilzeit bzw. in eine Dreitagewoche in Anspruch, hat man Anspruch auf (30 : 3 =) zehn Wochen Urlaub. Aufgrund des größeren „Resturlaubskontos“ kann man daher während seiner Teilzeitbeschäftigung länger Urlaub machen, steht sich aber finanziell im Ergebnis nicht besser, denn 30 Tage bezahlte Freistellung bleiben 30 Tage bezahlte Freistellung.
Auf der Grundlage einer EuGH-Vorlage des Arbeitsgerichts Nienburg (Beschluss vom 04.09.2012, 2 Ca 257/12 Ö, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/350 Höhe des Urlaubsanspruchs beim Wechsel von Voll- in Teilzeit) hat der EuGH im Juni 2013 entschieden, dass Arbeitnehmer durch den Wechsel von Vollzeit in Teilzeit keine Urlaubstage verlieren dürfen, die sie während ihrer Vollzeittätigkeit erworben haben (EuGH, Beschluss vom 13.06.2013, Rechtssache C-415/12 - Brandes, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 13/186 Urlaub bei Teilzeit).
Nunmehr war das BAG am Zug, diese Vorgabe des EuGH in das deutsche Arbeitsrecht zu übernehmen.
Im Streit: Wechsel eines Tarifangestellten im öffentlichen Dienst von einer Fünftagewoche in eine Viertagewoche
Ein Arbeitnehmer, auf dessen Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) anzuwenden ist, wechselte ab dem 15.07.2010 in eine Teilzeittätigkeit und arbeitete daher nicht mehr wie bisher an fünf, sondern nur noch an vier Tagen in der Woche. Im TVöD ist vorgesehen, dass sich "bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche" der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers "entsprechend" verändert, d.h. "erhöht oder vermindert" (§ 26 Abs.1 Satz 4 TVöD).
Während seiner Vollzeittätigkeit im Jahr 2010 nahm der Arbeitnehmer keinen Urlaub. Sein Arbeitgeber meinte, ihm stünden angesichts des tariflichen Anspruchs von 30 Urlaubstagen bei einer Fünftagewoche nach seinem Wechsel in die Teilzeittätigkeit im Jahr 2010 nur 24 Urlaubstage zu (30 Urlaubstage : fünf Arbeitstage x vier Arbeitstage).
Der Arbeitnehmer meinte dagegen, eine solche Kürzung seines Urlaubsanspruchs sei unzulässig, sodass er im Jahr 2010 Anspruch auf 27 Urlaubstage habe. Für das erste Halbjahr 2010 beanspruchte er die Hälfte von 30 Urlaubstagen, d.h. 15 Urlaubstage, für die zweite Jahreshälfte verlangte er - auf der Grundlage eines reduzierten Jahresurlaubsanspruchs von (30 : 5 x 4 =) 24 Arbeits- bzw. Urlaubstagen - den halben Jahresurlaubsanspruch, d.h. (24 : 2 =) 12 Arbeits- bzw. Urlaubstage.
Insgesamt kam er so auf (15 + 12 =) 27 Arbeits- bzw. Urlaubstage für 2010, von denen der Arbeitgeber 24 gewährt hatte, so dass drei streitig blieben. Diese drei Tage klagte er vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit Erfolg ein (Urteil vom 28.02.2012, 8 Ca 5832/11), während das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) die Klage abwies (Urteil vom 30.10.2012, 13 Sa 590/12).
BAG: Eine Verringerung der Arbeitszeit darf nicht zum Wegfall bereits erworbener Urlaubstage führen
Das BAG hob das LAG-Urteil auf und gab dem Arbeitnehmer Recht. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Zwar schreibt § 26 Abs.1 TVöD u.a., dass sich der für die Fünftagewoche festgelegte Erholungsurlaub nach einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage in der Woche vermindert, so das BAG. Die Tarifnorm ist jedoch nach Ansicht des BAG wegen des Verbots der Diskriminierung von Teilzeitkräften unwirksam, soweit sie dazu führt, dass die Zahl der während der Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage nach dem Wechsel in die Teilzeit vermindert wird.
An dieser Stelle folgt das BAG ausdrücklich dem EuGH: Kann ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, bevor er in eine Teilzeitarbeit mit weniger Wochenarbeitstagen wechselt, seinen Urlaub nicht (vollständig) nehmen, darf der Arbeitgeber nach der EuGH-Rechtsprechung die bereits erworbenen Urlaubstage nicht wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung kürzen, so das BAG. Aufgrund dieser Rechtsprechung kann "an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht festgehalten werden", der zufolge die Urlaubstage in einer solchen Situation grundsätzlich umzurechnen waren.
Fazit: Jede Arbeitszeitverringerung, die mit einer Verringerung der wöchentlichen Arbeitstage verbunden ist, darf nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer bereits erworbene Urlaubstage verliert. Die anderslautenden Aussagen eines BAG-Urteils aus dem Jahre 1998 (BAG, Urteil vom 28.04.1998, 9 AZR 314/97) sind damit überholt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.02.2015, 9 AZR 53/14 (F), (Pressemitteilung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.02.2015, 9 AZR 53/14 (F)
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30.10.2012, 13 Sa 590/12
- Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 13.06.2013, C-415/12 (Brandes)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.04.2010, C-486/08 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols)
- Arbeitsgericht Nienburg, Beschluss vom 04.09.2012, 2 Ca 257/12 Ö
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.04.1998, 9 AZR 314/97
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeitverringerung
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- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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