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Arbeitsunfähigkeit bei Folgebescheinigung über andere Krankheit
18.08.2016. Wer infolge einer Krankheit nicht arbeiten kann, hat nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, und zwar bis zur Höchstdauer von sechs Wochen. Bei einer weiteren Erkrankung entsteht einer neuer Anspruch, ebenfalls bis zu maximal sechs Wochen.
Nach der Rechtsprechung braucht der Arbeitnehmer zwischen diesen beiden Zeiträumen nicht gearbeitet haben, sondern es genügen einige wenige Stunden der Gesundheit in der Freizeit oder am Wochenende.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass der Arbeitnehmer für den Beginn seiner zweiten (anderen) Erkrankung beweispflichtig ist. Damit hat das BAG seine bisherige, aus Arbeitnehmersicht günstige Rechtsprechung erheblich eingeschränkt: BAG, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 318/15.
- Wie beweist man eine kurze Zeit der Gesundheit nach einer sechswöchigen Erkrankung?
- Im Streit: Arbeitnehmer geht in der sechsten Wochen einer Arbeitsunfähigkeit wegen anderer Beschwerden zum Arzt, wird wegen dieser (anderen) Beschwerden aber erst nach Ablauf der sechs Wochen (erneut) krankgeschrieben
- BAG: Klagt ein Arbeitnehmer auf Entgeltfortzahlung, trägt er die Beweislast für Beginn und Ende seiner Arbeitsunfähigkeit
Wie beweist man eine kurze Zeit der Gesundheit nach einer sechswöchigen Erkrankung?
Wer sechs Wochen lang infolge einer Erkrankung arbeitsunfähig ist, danach einige Tage arbeitet und sodann erneut, diesmal aber an einer anderen Krankheit erkrankt, hat zweimal einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, und zwar jeweils bis zur Höchstdauer von sechs Wochen. Anspruchsgrundlage ist § 3 Abs.1 Satz 1 EFZG.
Ein mehrfacher Anspruch auf Entgeltfortzahlung (jeweils für höchstens sechs Wochen) besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer zwischen seinen beiden Erkrankungen nicht gearbeitet hat. Voraussetzung ist nur,
- dass zu Beginn der zweiten Erkrankung die erste Erkrankung ausgeheilt war, und
- dass es sich um verschiedene Krankheiten handelt.
Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, handelt es sich um einen "einheitlichen Verhinderungsfall", d.h. um eine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit. Dann endet der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach sechs Wochen.
Klagt ein Arbeitnehmer auf Entgeltfortzahlung für eine längere Zeit als sechs Wochen, ist eine kurzfristige Gesundheit zwischen zwei Sechswochenzeiträumen für ihn günstig, denn dann liegt kein einheitlicher Verhinderungsfall vor. Eine solche kurzzeitige Genesung kann nach der Rechtsprechung auf einige wenige, in der Freizeit oder am Wochenende liegende Stunden fallen.
Beim Streit um eine "Kurzgesundung" half dem Arbeitnehmer bisher die Vorgabe des BAG, der zufolge ein ärztliches Attest die Arbeitsunfähigkeit (AU) angeblich nur bis zum Schichtende bescheinigen soll. War man z.B. bis zu einem Mittwoch krankgeschrieben, war man dieser Rechtsprechung zufolge am Mittwoch nach 18:00 Uhr wieder als gesund anzusehen, falls man üblicherweise nur bis 18:00 Uhr arbeiten muss (so BAG, Urteil vom 12.07.1989, 5 AZR 377/88).
Diese Rechtsprechung hat das BAG aufgegeben und außerdem klargestellt, dass der Arbeitnehmer die Beweislast für Beginn und Ende seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit trägt.
Im Streit: Arbeitnehmer geht in der sechsten Wochen einer Arbeitsunfähigkeit wegen anderer Beschwerden zum Arzt, wird wegen dieser (anderen) Beschwerden aber erst nach Ablauf der sechs Wochen (erneut) krankgeschrieben
Im Streitfall war der Arbeitnehmer sechs Wochen wegen eines Rückenleidens krankgeschrieben, und zwar vom 09.09.2013 (Montag) bis zum 20.10.2013 (Sonntag). In der letzten Woche dieses Sechswochenzeitraums, am 17.10.2013 (Donnerstag), ging er wegen zunehmender Schulterschmerzen zum Arzt, der ihn deshalb aber nicht krankschrieb.
Eine Krankschreibung wegen der Schulterbeschwerden bekam der Arbeitnehmer erst am 21.10.2013 (Montag), d.h. am ersten Tag nach Ablauf des Sechswochenzeitraums. Diese Krankschreibung war als erneue Erstbescheinigung ausgestellt, d.h. hier handelte es sich um eine andere (neue) Erkrankung, die mit dem Rückenleiden nichts zu tun hatte.
Der Arbeitgeber zahlte Entgeltfortzahlung nur für den ersten Sechswochenzeitraum, d.h. bis zum 20.10.2013. Denn aus seiner Sicht hatte die zweite krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen der Schulterbeschwerden bereits am Donnerstag, dem 17.10.2013, vorgelegen. Der Arbeitnehmer behauptete dagegen, er habe sich am Montagfrüh beim Anziehen die Schulter gestoßen und sei daraufhin zum Arzt gegangen.
Das Arbeitsgericht Herne hörte den Arzt als Zeugen, der nicht sicher sagen konnte, ob eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Schulterbeschwerden schon am 17.10.2013 vorgelegen hatte oder nicht. Dem Arbeitsgericht genügte das für eine Verurteilung des Arbeitgebers zu weiterer Lohnfortzahlung (Urteil vom 21.10.2014, 3 Ca 3517/13), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm die Klage abwies. Aus seiner Sicht war der Arbeitnehmer nämlich beweispflichtig dafür, wann genau seine zweite Arbeitsunfähigkeit begonnen hatte (LAG Hamm, Urteil vom 26.03.2015, 16 Sa 1711/14).
BAG: Klagt ein Arbeitnehmer auf Entgeltfortzahlung, trägt er die Beweislast für Beginn und Ende seiner Arbeitsunfähigkeit
Auch beim BAG hatte der Arbeitnehmer kein Glück. Seine Revision wurde zurückgewiesen.
Denn im Streitfall konnte der Arbeitnehmer den genauen Beginn seiner zweiten Erkrankung nicht beweisen. Da er wegen starker Schulterschmerzen noch während des ersten Sechswochenzeitraums beim Arzt war (am 17.10.2013), lag die Möglichkeit nahe, dass er schon zum Zeitpunkt dieses Arztbesuchs wegen der (unstreitig starken) Schulterbeschwerden arbeitsunfähig war.
Hier hätte der Arbeitnehmer durch die Zeugenaussage des Arztes beweisen müssen, dass eine Arbeitsunfähigkeit infolge der Schulterbeschwerden nicht schon am 17.10.2013 vorgelegen hatte. Doch so genau wollte sich der Arzt bei seiner Zeugenaussage gerade nicht festlegen.
Daher blieb ungeklärt, ob die zweite Erkrankung bzw. die dadurch verursachte Arbeitsunfähigkeit schon am 17.10.2013 (Donnerstag) oder erst am 21.10.2013 (Montag) vorlag. Bei einem Beginn der schulterbedingten Arbeitsunfähigkeit am 17.10.2013 würde ein einheitlicher sechswöchiger Verhinderungsfall vom 09.09.2013 bis zum 20.10.2013 vorliegen.
Hierzu stellt das BAG fest, dass der Arbeitnehmer beim Entgeltfortzahlungsstreit vor Gericht darlegen und beweisen muss, wann seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit begonnen und wann sie geendet hat (Leitsatz). Entsprechend dieser Beweislastregel ging es hier im Streitfall zulasten des Arbeitnehmers, dass nicht aufgeklärt werden konnte, wann seine Zweiterkrankung begonnen hatte.
Nebenbei stellt das BAG klar, dass es nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, der zufolge eine auf Kalendertage bezogene ärztliche AU-Bescheinigung die AU in der Regel nur bis zum Ende der üblichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers am letzten Krankheitstag bescheinigt.
Als Folge dieser Entscheidung haben es Arbeitnehmer künftig schwerer als bisher, auf der Grundlage einer neuen Erstbescheinigung nach Ablauf einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit weitere Entgeltfortzahlung durchzusetzen.
Denn ein einheitlicher Verhinderungsfall liegt richtiger Ansicht nach nicht nur dann vor, wenn sich Ersterkrankung und Zweiterkrankung zeitlich überschneiden, sondern auch dann, wenn sie nahtlos aneinanderstoßen. Auch in diesem Fall gibt es keine zeitliche Unterbrechung der Verhinderung, und dementsprechend ist die von der Rechtsprechung geforderte Bedingung nicht erfüllt, dass der Arbeitnehmer zumindest für "wenige, außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden" arbeitsfähig war.
Endet (wie hier im Streitfall) der erste Sechswochenzeitraum an einem Sonntag, heißt das künftig, dass die AU am Sonntag um 24:00 Uhr endet, denn eine uhrzeitlich auf das Ende der üblichen Arbeitszeit bezogene "Auslegung" ärztlicher Krankschreibungen möchte das BAG ja (zurecht) künftig nicht mehr vornehmen. Und beginnt eine neue Krankheit am darauffolgenden Montag entsprechend einer ärztlichen Erstbescheinigung, die der Arbeitnehmer bei einem Arztbesuch vor Dienstantritt erlangt hat, ist der Montag nach herrschender Meinung in vollem Umfang als Krankheitstag anzusehen, d.h. die erneute Erkrankung bzw. AU beginnt dann am Montag um 00:00 Uhr.
Fazit: Wenn Arbeitnehmer nach Ablauf eines vollen Sechswochenzeitraums vor Dienstantritt eine neue Erstbescheinigung vorlegen, müssen sie künftig beweisen, dass sie zwischen dem Beginn des ersten Tages der Neuerkrankung (00:00 Uhr) und dem Arztbesuch an diesem Tage gesund gewesen war. Abgesehen von Unfällen wird ein solcher Nachweis nur schwer zu führen sein.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 318/15
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 26.03.2015, 16 Sa 1711/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
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- Arbeitsrecht aktuell: 20/080 Entgeltfortzahlung bei neuer Erstbescheinigung
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Letzte Überarbeitung: 2. November 2020
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