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Fristlose Kündigung wegen Täuschung über Krankheit
19.06.2013. Wer beim Arbeitgeber eine Krankschreibung einreicht, obwohl er nicht krank ist und obwohl er das weiß, riskiert eine (fristlose) Kündigung.
Denn die Täuschung über eine tatsächlich nicht vorhandene Arbeitsunfähigkeit ist ein Betrug oder Betrugsversuch zu lasten des Arbeitgebers und stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.
Für Arbeitgeber ist eine solche Täuschung nicht leicht nachzuweisen, denn vor Gericht hat ein ärztliches Attest einen "hohen Beweiswert": Die Gerichte gehen bis auf weiteres davon aus, dass der krankgeschriebene Arbeitnehmer auch wirklich (wie bescheinigt) krank war bzw. krank ist.
Erst bei konkreten Zweifeln an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit beweisen, meist durch Zeugenaussagen seiner Ärzte. Wie ein aktueller Fall zeigt, kann diese Beweiserhebung auch bei konkreten Anhaltspunkten für eine Täuschung zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgehen: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.06.2013, 10 Sa 17/13.
- Wann ist der "Beweiswert" einer Krankschreibung erschüttert und wie geht es dann vor Gericht weiter?
- Der Streitfall: Fristlose Kündigung nach Krankmeldung unter dubiosen Begleitumständen
- LAG Rheinland-Pfalz: Auch bei begründeten Zweifeln an einer Krankschreibung kann objektiv eine Arbeitsunfähigkeit vorliegen
Wann ist der "Beweiswert" einer Krankschreibung erschüttert und wie geht es dann vor Gericht weiter?
Gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen, wenn sie durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert sind, ohne dass sie ein Verschulden trifft.
Nachgewiesen wird die Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit, die "AU-Bescheinigung" bzw. "Krankschreibung".
Krankschreibungen können allerdings sachlich falsch sein, insbesondere dann, wenn sich der Arzt bei seiner Untersuchung im wesentlichen auf die Aussagen des Arbeitnehmers zu seinen Beschwerden stützt.
Trotzdem sehen die Arbeitsgerichte, wenn es zum Streit über die Arbeitsunfähigkeit bzw. die Richtigkeit des ärztlichen Attestes kommt, zunächst einmal ohne medizinische Sachprüfung von der Richtigkeit des Attestes aus.
Denn da vor Gericht meist Krankheitszeiten streitig sind, die in der Vergangenheit liegen, wäre eine erneute Untersuchung des Arbeitnehmers durch einen neutralen, vom Gericht bestellten ärztlichen Sachverständigen meist nicht möglich. Und wenn man den behandelnden Arzt bittet, seine AU-Bescheinigung fachlich zu erläutern, wird dieser die Bescheinigung aller Voraussicht nach als richtig verteidigen.
Im Regelfall wäre es daher ein unnötiges medizinisches Schaulaufen, würden sich die Gerichte nicht unbesehen auf die ärztliche AU-Bescheinigung bzw. deren "Beweiswert" stützen.
Anders ist es aber im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn aufgrund fragwürdiger Umstände einer Krankmeldung konkrete Zweifel an der Richtigkeit des Attestes bestehen. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Streit mit dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten ankündigt, er werde sich krankschreiben lassen.
Auch weniger gravierende Umstände können Zweifel an einer AU-Bescheinigung hervorrufen. Dann kann sich der Arbeitnehmer vor Gericht nicht mehr allein auf die Krankschreibungen stützen, sondern muss zu seinen Krankheiten vortragen, die ihn behandelden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden und sie als Zeugen benennen.
In einem solchen (Ausnahme-)Fall muss das Gericht durch Beweisaufnahme aufklären, ob die streitige Erkrankung wirklich vorgelegen hat oder nicht. Wie der Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz zeigt, kann auch bei ernsthaften Zweifeln an einer Krankschreibung objektiv eine Arbeitsunfähigkeit vorliegen.
Der Streitfall: Fristlose Kündigung nach Krankmeldung unter dubiosen Begleitumständen
Im Streitfall ging es um einen Außendienstmitarbeiter, der Mitte September 2011 in einem Kleinbetrieb eingestellt worden war, aber schon zwei Monate später anscheinend nicht mehr weitermachen wollte. Denn am 21.11.2011 soll er, so jedenfalls der Arbeitgeber, um eine Kündigung gebeten haben, die ihm der Arbeitgeber aber nicht aussprechen wollte.
Jedenfalls verließ er an diesem Tag den Betrieb und musste Geschäftswagen, Firmenhandy und Laptop herausgeben. Dabei hatte er noch die Zeit, eine E-Mail-Abwesenheitsmeldung zu versenden, in der er mitteilte, dass er "nicht mehr im Weinhof K. beschäftigt" sei.
Am Tag darauf erschien er nicht zur Arbeit. Ab dem darauf folgenden Tag (23.11.2011) war er krank geschrieben, zunächst von einem Facharzt für Innere Medizin (bis zum 09.12.2011) und sodann von einer Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie (vom 08.12.2011 bis zum 23.12.2011).
Der Arbeitgeber fühlte sich an der Nase herumgeführt, verweigerte die Lohnfortzahlung und kündigte am 08.12.2011 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 22.12.2011. Das Arbeitsgericht Mainz bewertete die fristlose Kündigung als unwirksam und verurteilte den Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung (Urteil vom 21.08.2012, 9 Ca 2261/11). Dagegen legte der Arbeitgeber Berufung ein.
LAG Rheinland-Pfalz: Auch bei begründeten Zweifeln an einer Krankschreibung kann objektiv eine Arbeitsunfähigkeit vorliegen
Das LAG wies die Berufung zurück. Zur Begründung heißt es:
Der für den Normalfall geltende "Beweiswert" der beiden AU-Bescheinigungen war hier erschüttert, so das Gericht, da der Arbeitnehmer schon am 21.11.2011 per Rund-Mail mitgteilte hatte, nicht mehr im Betrieb beschäftigt zu sein. Damit hatte sich der Arbeitnehmer verdächtig gemacht, denn zu diesem Zeitpunkt hatte keine der Parteien eine Kündigung ausgesprochen.
Infolgedessen musste der Arbeitnehmer "die Hosen runterlassen" und zu seinen Krankheiten vortragen. Das hatte er getan, denn am vom 23.11.2011 bis zum 09.12.2011 litt er unter einem Gichtanfall mit der Folge einer starken Schwellung am rechten Fußgelenk, was der Internist im einzelnen schriftlich gegenüber dem Gericht erläuterte und bestätigte. Und in der Zeit vom 08.12.2011 bis zum 23.12.2011 litt er unter einer depressiven Belastungsreaktion, die ebenfalls detailliert von der behandelnden Ärztin vor Gericht erläutert wurde.
Vor diesem Hintergrund kam das Gericht zu dem Schluss, dass in der streitigen Zeit tatsächlich eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hatte, obwohl es zunächst Zweifel an der Richtigkeit der Krankschreibungen gab. Diese Zweifel konnte der Arbeitnehmer aber vor Gericht durch Aussagen seiner Ärzte ausräumen.
Fazit: Beruht eine ärztliche AU-Bescheinigung nicht oder nicht nur auf Eigenangaben des Arbeitnehmers, sondern auf objektivierbaren klinischen Befunden wie z.B. auf einer Gelenkschwellung oder auf erhöhten Harnsäurewerte als Anzeichen für einen Gichtanfall, ist nicht anzunehmen, dass der Arbeitnehmer den Arzt getäuscht haben könnte oder dass ein Gefälligkeitsattest vorliegt.
In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vor Gericht auch dann beweisen, wenn er durch sein Verhalten zunächst Zweifel an der Richtigkeit des Attestes erweckt hat. Denn auch wenn sich der Arbeitnehmer bei der Krankmeldung verdächtig gemacht hat, kann er ja trotzdem objektiv krank gewesen sein.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.06.2013, 10 Sa 17/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 20/086 Kündigung wegen verspäteter Anzeige einer Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 20/080 Entgeltfortzahlung bei neuer Erstbescheinigung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/123 Beweislast bei Krankheit von mehr als sechs Wochen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/263 Arbeitsunfähigkeit bei Folgebescheinigung über andere Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/088 Erstattung von Detektivkosten auf Verdacht?
- Arbeitsrecht aktuell: 14/078 Kündigung wegen Nebentätigkeit trotz Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/229 Fristlose Kündigung wegen Arbeit trotz Krankschreibung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/354 Bei Krankmeldung Attest ab dem ersten Tag
- Arbeitsrecht aktuell: 11/253 Krankheit: Attest für den ersten Krankheitstag
- Arbeitsrecht aktuell: 11/112 Detektivkosten: Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 10/168 Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Selbstbeschreibung als "topfit"
- Arbeitsrecht aktuell: 10/024 Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit
Letzte Überarbeitung: 2. November 2020
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