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Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Selbstbeschreibung als "topfit"
Dementsprechend kommt es immer wieder zu Streit um die Frage, ob die jeweiligen Informationen des Arbeitgebers "hart" genug sind, um vor Gericht bestehen können. Das Hessische Landesarbeitsgericht befasste sich in diesem Zusammenhang Anfang des Jahres damit, ob Aussagen des mutmaßlich erkrankten Arbeitnehmers ausreichen können: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 08.02.2010, 16 Sa 890/09.
- Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben grundsätzlich einen hohen Beweiswert
- Der Fall: Arbeitnehmer hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ist "fit wie noch nie"
- Hessisches Landesarbeitsgericht: In diesem Fall ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wertlos
Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben grundsätzlich einen hohen Beweiswert
Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ohne Verschulden gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen, hat er gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zur Dauer von sechs Wochen. Der Arbeitgeber kann zwar nicht verlangen, über die Krankheitsursache informiert zu werden, doch muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig ist. Diesen Nachweis hat er durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu führen.
Liegt eine solche Bescheinigung vor, gehen die Arbeitsgerichte im Allgemeinen von der tatsächlichen Vermutung aus, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung nicht arbeiten konnte. Im Ausnahmefall besteht aber trotz einer ärztlichen Krankschreibung Grund für die Annahme, dass objektiv keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt - oder dass eine solche sogar bewusst vorgetäuscht wird.
Lässt sich ein solcher Verdacht bestätigen, besteht natürlich kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Darüber hinaus riskiert der Arbeitnehmer bei Vortäuschung der Krankheit sogar eine außerordentlichen Kündigung, da der Arbeitgeber dann einen wichtigen Grund für eine solche Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat.
In solche Fällen verlangt die Rechtsprechung vom Arbeitgeber, seine Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung durch objektive Tatsachen zu belegen. Aus diesen müssen sich „ernsthafte Zweifel“ an der Richtigkeit der Bescheinigung ergeben. Kann der Arbeitgeber solche Tatsachen nachweisen, ist der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung erschüttert.
Dann ist der Arbeitnehmer vor Gericht so gestellt, als ob es die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gäbe, d.h. er muss beweisen, dass er tatsächlich krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Dazu muss er vortragen, an welchen Krankheiten er gelitten haben will, und er muss diesen Vortrag beweisen, indem er den ihn behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet und als Zeugen benennt.
In der Vergangenheit haben die Arbeitsgerichte einige im wieder vorkommende bzw. typische Situationen herausgearbeitet, in denen der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist. Dies ist etwa bei angekündigtem Krankfeiern als Reaktion auf verweigerten Urlaub der Fall oder auch dann, wenn der krankgeschriebene Arbeitnehmer einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Dagegen sind Spaziergänge oder die Erledigung von Einkäufen in der Regel nicht geeignet, Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu belegen.
Nunmehr hat sich das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) zu der Frage geäußert, ob der Beweiswert einer Bescheinigung durch die Aussage des Arbeitnehmers, „topfit“ zu sein, erschüttert wird (Urteil vom 08.02.2010, 16 Sa 890/09).
Der Fall: Arbeitnehmer hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ist "fit wie noch nie"
Ein seit 1985 als Krankenpfleger in einem Krankenhaus tätiger Arbeitnehmer zeigte der Personalabteilung von Mitte Oktober bis Mitte November 2008 mehrfach hintereinander seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit an, wobei er ärztliche Bescheinigungen vorlegte. Dabei kam es an zwei Freitagen - jeweils kurz vor Ablauf der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit - zu einem Gespräch zwischen dem Krankenpfleger und seinem Vorgesetzten. Bei einer dieser Besprechungen soll er sich gegenüber seinem Vorgesetzten wie folgt geäußert haben:
„Wo denkst du hin, solange das hier nicht vernünftig läuft, hole ich mir erst noch mal einen gelben Schein. Bei diesem Zustand hier bin ich nach zwei Tagen wieder erschöpft. Mir geht es richtig gut, ich bin psychisch und physisch so fit wie noch nie, aber nicht für das St. D!“
Aufgrund dieses Vorfalls kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde fristlos. Die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage konnte der Krankenpfleger vor dem Arbeitsgericht Hanau gewinnen (Teilurteil vom 26.03.2009, 2 Ca 510/08). Dagegen legte der Arbeitgeber Berufung ein.
Hessisches Landesarbeitsgericht: In diesem Fall ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wertlos
Das LAG hob das Urteil des Arbeitsgerichts auf und wies die Kündigungsschutzklage ab. Grundlage dieser Entscheidung war die Vernehmung des Vorgesetzten als Zeugen. Aufgrund der Zeugenbefragung war das LAG zu der Überzeugung gekommen, dass sich der Krankenpfleger tatsächlich so wie vom Arbeitgeber behauptet geäußert hatte.
Dass der Beweiswert der vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen vor dem Hintergrund einer solchen Äußerung erschüttert war, setzt das LAG ohne weitere Begründung zu Recht voraus.
Zwar kann es Fälle geben, in denen eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt und daher zurecht ärztlich bescheinigt ist, der Arbeitnehmer sie aber aus Selbstüberschätzung verkennt und daher in Abrede stellt. Hier lag der Fall aber anders. Denn der Kläger hatte sich nicht nur als „topfit“ bezeichnet, sondern zudem geäußert, dies nicht für seinen Arbeitgeber zu sein. Grund der Krankmeldungen waren aus seiner Sicht gegebene betriebliche Missstände.
Demzufolge hätte der Kläger vor dem LAG im Einzelnen vortragen müssen, welche Krankheiten und welche Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit bestanden hatten. Dazu wurde er vom LAG zwar aufgefordert, führte daraufhin aber nur aus, sein Arzt habe das Weiterbestehen der Arbeitsunfähigkeit korrekt festgestellt und bescheinigt. Vor diesem Hintergrund musste das LAG vom Nichtvorliegen der streitigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgehen. Darüber hinaus ging es auch vom bewussten Vortäuschen einer Erkrankung aus.
Fazit: Wenn sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber selbst als " topfit“ bezeichnet und gleichzeitig deutlich macht, seine (aus seiner Sicht bestehende) Arbeitsfähigkeit dem Arbeitgeber bewusst vorenthalten zu wollen, ist der Beweiswert einer ärztlichen Krankschreibung erschüttert. Anders wäre es aber, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Selbstüberschätzung Zweifel oder Unglauben an einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung äußert, seine Arbeit aber - in Befolgung des ärztlichen Rates - nicht aufnimmt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 08.02.2010, 16 Sa 890/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/078 Kündigung wegen Nebentätigkeit trotz Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/229 Fristlose Kündigung wegen Arbeit trotz Krankschreibung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/171 Fristlose Kündigung wegen Täuschung über Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 10/024 Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit
Letzte Überarbeitung: 15. Dezember 2017
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