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ARBEITSRECHT AKTUELL // 15/025

Lohn­fort­zah­lung bei Wunsch nach Ar­beits­zeit­ver­kür­zung

Leis­tungs­wil­le und An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung fal­len nicht fort, weil der Ar­beit­neh­mer um Ver­rin­ge­rung sei­ner Ar­beits­zeit ge­be­ten hat: Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 20.10.2014, 2 Sa 114/14
Reisebüro Kann man als Rei­se­kauf­frau auch im Ho­me­of­fice ar­bei­ten?

23.01.2015. Vie­le Ar­beit­neh­me­rin­nen, die nach dem Ba­by­jahr wie­der in den Be­trieb zu­rück­keh­ren und ih­re Ar­beit auf­neh­men wol­len, sind drin­gend auf ei­ne Ver­rin­ge­rung ih­rer Ar­beits­zeit an­ge­wie­sen, da sich Klein­kind und Be­ruf sonst nicht ver­ein­ba­ren las­sen.

Stimmt der Ar­beit­ge­ber der ge­wünsch­ten Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung nicht zu, bleibt der jun­gen Mut­ter oft nur der Gang zum Ar­beits­ge­richt.

Reicht die Ar­beit­neh­me­rin in ei­ner sol­chen La­ge Krank­schrei­bun­gen ein, be­steht grund­sätz­lich ein An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung bei Krank­heit: Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 20.10.2014, 2 Sa 114/14.

Lässt der Wunsch nach ei­ner Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung den Leis­tungs­wil­len in Be­zug auf die bis­he­ri­ge Ar­beits­zeit ent­fal­len?

Gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EFZG) können Ar­beit­neh­mer vom Ar­beit­ge­ber Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall ver­lan­gen, wenn sie

  • in­fol­ge ei­ner Krank­heit
  • ar­beits­unfähig sind, und des­halb
  • an ih­rer Ar­beits­leis­tung ver­hin­dert sind,
  • oh­ne dass sie an al­le­dem ein Ver­schul­den trifft.

Dar­aus folgt, dass ei­ne krank­heits­be­ding­te Ar­beits­unfähig­keit den Ar­beit­neh­mer noch nicht zur Lohn­fort­zah­lung be­rech­tigt. Er­for­der­lich ist viel­mehr auch, dass der Ar­beits­aus­fall aus­sch­ließlich auf die Er­kran­kung zurück­zuführen ist. Wer sich zum Bei­spiel an ei­nem Streik be­tei­ligt und während des Streiks er­krankt, hat kei­nen An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung. Denn in ei­nem sol­chen Fall ist der Ar­beits­aus­fall nicht al­lei­ni­ge Fol­ge der Er­kran­kung, son­dern zu­gleich auch auf die Streik­be­tei­li­gung zurück­zuführen.

Wie aber ist es, wenn ei­ne Ar­beit­neh­me­rin für die Zeit nach ih­rer El­tern­zeit drin­gend um ei­ne Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung bit­tet, der Ar­beit­ge­ber dies ab­lehnt und wenn die Ar­beit­neh­me­rin dann er­krankt? Kann man dann da­von aus­ge­hen, dass die Ar­beit­neh­mern leis­tungs­be­reit war?

Im Streit: Rei­se­kauf­frau möch­te nach ei­nem Ba­by­jahr wie­der ar­bei­ten, aber nur mit ver­rin­ger­ter St­un­den­zahl im Büro

Im Streit­fall ging es um ei­ne Kla­ge auf Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall, die ei­ne Ar­beit­neh­me­rin für die Zeit nach Be­en­di­gung ih­rer einjähri­gen El­tern­zeit er­ho­ben hat­te. Der Fall war et­was un­gewöhn­lich, weil es kei­ne schrift­li­che Ver­ein­ba­rung über ei­ne einjähri­ge El­tern­zeit gab, der Ar­beit­ge­ber al­ler­dings auf­grund ver­schie­de­ner E-Mails der jun­gen Mut­ter wuss­te, dass die­se zum 01. Sep­tem­ber 2013 wie­der ar­bei­ten woll­te.

Al­ler­dings woll­te die Ar­beit­neh­me­rin ab die­sem Zeit­punkt nicht mehr von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr im Rei­sebüro des Ar­beit­ge­bers ar­bei­ten, son­dern nur bis 16:00 Uhr, wo­bei sie ei­nen Teil der Ar­beits­zeit zu Hau­se im Heimbüro leis­ten woll­te. Aus Sicht der Ar­beit­neh­me­rin hat­te man das schon ver­bind­lich be­spro­chen, doch da­von woll­te der Ar­beit­ge­ber nichts wis­sen.

Im wei­te­ren Ver­lauf reich­te die Ar­beit­neh­me­rin Krank­schrei­bun­gen ein und ver­lang­te für die sechs Wo­chen vom 01.09.2013 bis zum 12.10.2013 Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall. Der Ar­beit­ge­ber zahl­te nicht und die Ar­beit­neh­me­rin klag­te die Ent­gelt­fort­zah­lung ein, erst­in­stanz­lich mit Er­folg (Ar­beits­ge­richt Kai­sers­lau­tern, Ur­teil vom 09.01.2014, 2 Ca 1344/13).

LAG Mainz: Leis­tungs­wil­le und An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung fal­len nicht fort, weil der Ar­beit­neh­mer um Ver­rin­ge­rung sei­ner Ar­beits­zeit ge­be­ten hat

Auch in Mainz vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz hat­te der Ar­beit­ge­ber kein Glück. Sei­ne Be­ru­fung wur­de zurück­ge­wie­sen. Zur Be­gründung heißt es in dem Ur­teil des LAG:

Auch wenn es kei­ne schrift­li­che Ver­ein­ba­rung über ei­ne einjähri­ge El­tern­zeit gab, konn­te sich der Ar­beit­ge­ber nicht auf ei­ne (eben­falls nicht schrift­lich ver­ein­bar­te) an­geb­li­che dreijähri­ge El­tern­zeit be­ru­fen. Viel­mehr en­de­te die fak­ti­sche "El­tern­zeit" hier je­den­falls mit dem Ab­lauf des 31.08.2013, d.h. ab dem 01.09.2013 war die Ar­beit­neh­me­rin wie­der zur Ar­beit und der Ar­beit­ge­ber wie­der zur Beschäfti­gung und Lohn­zah­lung ver­pflich­tet, so die Main­zer Rich­ter.

An der krank­heits­be­ding­ten Ar­beits­unfähig­keit für die strei­ti­gen sechs Wo­chen be­stand an­ge­sichts der vor­leg­ten ärzt­li­chen At­tes­te kein Zwei­fel.

Sch­ließlich konn­te sich der Ar­beit­ge­ber auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass die Ar­beit­neh­me­rin an­geb­lich gar nicht leis­tungs­be­reit ge­we­sen sein soll. Denn ei­nen Wunsch nach ei­ner Verkürzung der Ar­beits­zeit und/oder nach ei­ner teil­wei­sen Tätig­keit im Ho­me­of­fice zu äußern be­deu­tet noch lan­ge nicht, die Ar­beits­leis­tung zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen zu ver­wei­gern oder zu ihr nicht wil­lens oder nicht in der La­ge zu sein. Not­falls hätte die Kläge­rin, je­den­falls für die hier strei­ti­gen sechs Wo­chen, ih­re Pro­ble­me mit der Kin­der­be­treu­ung lösen und wie vor der El­tern­zeit zur Ar­beit ge­hen können, so das LAG.

Fa­zit: Wer für die Zeit nach Ab­lauf ei­ner El­tern­zeit ei­ne Ver­rin­ge­rung sei­ner Ar­beits­zeit ver­langt und sei­nen Wunsch mit der Aus­sa­ge un­ter­streicht, an­dern­falls sei­nen Job nicht mehr ausüben zu können, hat da­mit noch kei­ne man­geln­de Leis­tungs­be­reit­schaft in Be­zug auf sei­ne bis­he­ri­gen (zu lan­gen) Ar­beits­zei­ten zum Aus­druck ge­bracht. Und wer mit sei­nem Ar­beit­ge­ber über die künf­ti­ge Ge­stal­tung sei­ner Ar­beits­zei­ten ver­han­delt und die­se re­du­zie­ren möch­te, be­fin­det sich nicht im Streik. 

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Letzte Überarbeitung: 3. August 2020

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