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Personalgespräch trotz Krankheit
16.02.2016. Personalgespräche sind meist nicht sehr beliebt. Vor allem die offizielle Anweisung, zu einem solchen Gespräch zu erscheinen, wird eher Unlustgefühle als Vorfreude erzeugen.
Besonders unpassend kommt die Aufforderung zu einem Mitarbeitergespräch, wenn man mit Fieber und Wärmflasche Zuhause im Bett liegt. Und überhaupt: Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu einem Personalgespräch in den Betrieb zitieren?
Mit dieser Frage hatte sich vor kurzem das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg zu befassen: LAG Nürnberg, Urteil vom 01.09.2015, 7 Sa 592/14.
- Müssen krank geschriebene Arbeitnehmer an Personalgesprächen teilnehmen?
- Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird trotz Krankschreibung mehrfach zum Personalgespräch geladen
- LAG Nürnberg: Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer müssen im Allgemeinen nicht an Personalgesprächen teilnehmen
Müssen krank geschriebene Arbeitnehmer an Personalgesprächen teilnehmen?
Das Recht des Arbeitgebers, mit einem Arbeitnehmer ein Personalgespräch zu führen, wird aus dem Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht hergeleitet, d.h. aus § 106 Gewerbeordnung (GewO).
Nach dieser Gesetzesvorschrift kann der Arbeitgeber
- den Inhalt,
- den Ort und
- die Zeit
der Arbeitsleistung nach "billigem Ermessen" näher bestimmen, soweit diese Dinge nicht schon durch den Arbeitsvertrag, durch Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung oder eines anwendbaren Tarifvertrags oder durch gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Soll es also in einem Personalgespräch zumindest nebenher um die o.g. drei Themen gehen, d.h. um Inhalt, Ort oder Zeit der Arbeitsleistung, muss der Arbeitnehmer an dem Gespräch teilnehmen. Denn dann ist das Mitarbeitergespräch vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst. Das gilt auch dann, wenn der "Inhalt" der Arbeitsleistung nur am Rande betroffen ist, d.h. wenn die betriebliche Ordnung oder das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb besprochen werden sollen.
Beteiligt sich der Arbeitnehmer nicht an einem Personalgespräch, zu dem er verpflichtet ist, kann der Arbeitgeber ein Abmahnung aussprechen und bei fortgesetzter Verweigerungshaltung eine ordentliche verhaltensbedingte oder im Extremfall sogar eine außerordentliche Kündigung wegen Arbeitsverweigerung aussprechen.
Andererseits muss sich der Arbeitnehmer nicht an Personalgesprächen beteiligen, wenn diese über das in § 106 GewO geregelte Weisungsrecht des Arbeitgebers hinausgehen. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahre 2009 klargestellt, dass es keine Pflicht zu Gesprächen über den Arbeitsvertrag bzw. dessen mögliche Änderung gibt (BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 09/111 BAG: Keine Pflicht zu Gespräch über Vertragsänderung).
Fraglich ist, ob Arbeitnehmer auch an Personalgesprächen teilnehmen müssen, wenn sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Über einen solchen Fall hatte das LAG Nürnberg zu entscheiden (Urteil vom 01.09.2015, 7 Sa 592/14).
Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird trotz Krankschreibung mehrfach zum Personalgespräch geladen
Im zugrundeliegenden etwas verzwickten Streitfall war die klagende Arbeitnehmerin seit 2007 für die beklagte Arbeitgeberin tätig. Diese hatte ihr, wie aus dem Urteil ersichtlich wird, eine neue Stelle zu geänderten Arbeitsbedingungen angeboten. In einer E-Mail vom 18.03.2013 teilte die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber unter anderem mit, dass "die angebotene berufliche Veränderung schon ein großer Schritt wäre" und sie daher Zeit bräuchte das zu überdenken. Diese Bedenkzeit würde sie gerne während einer Woche Urlaub nehmen wollen. Ihr Arbeitgeber machte in einer E-Mail vom gleichen Tag unmissverständlich klar, dass er die gewünschte Bedenkzeit nicht erteilen wollte.
Die Arbeitnehmerin war sodann vom 20.03.2013 bis zum 30.06.2013 arbeitsunfähig erkrankt, und gleich am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit erhielt sie die ordentliche Kündigung zum 31.05.2013. Dagegen reichte sie Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Nürnberg ein.
Trotz ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit (AU) forderte der Arbeitgeber sie in der Folge mehrfach dazu auf, im Betrieb zu erscheinen und dort Personalgespräche zu führen. Zum Thema des Gesprächs äußerte sich der Arbeitgeber trotz Nachfrage nicht. Die Arbeitnehmerin erschien zu keinem der anberaumten Personalgespräche, sondern verwies auf ihre AU. Ihr Arbeitgeber erteilte ihre deshalb eine Abmahnung.
Am 10.05.2013 ließ der Arbeitgeber per E-Mail wissen, dass das beabsichtigte Mitarbeitergespräch der Sicherstellung und Verbesserung der Erbringung der Arbeitsleistung und der Erfüllung von Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis diene, "solange dieses bestehe". Auch zu dem diesmal anberaumten Termin erschien die Arbeitnehmerin nicht.
Daraufhin kündigte der Arbeitgeber ordentlich verhaltensbedingt, diesmal zum 31.07.2013, und auch dagegen klagte die Arbeitnehmerin. Das Arbeitsgericht Nürnberg bewertete beide Kündigungen als unwirksam. Gegen die Entscheidung, dass auch die zweite ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hatte, legte der Arbeitgeber Berufung ein.
LAG Nürnberg: Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer müssen im Allgemeinen nicht an Personalgesprächen teilnehmen
Auch das LAG entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. Die Nürnberger Richter stellten fest, dass die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung, die der Arbeitgeber mit der Verweigerung des Personalgesprächs begründete, unwirksam war, da die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet gewesen ist, zum Personalgespräch zu erscheinen.
Denn ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, ist er von seiner Arbeitsleistung befreit. Deshalb kann der Arbeitgeber auch keine Weisungen erteilen. Dies gilt sowohl für Weisungen in Bezug auf die Hauptleistungspflichten als auch für Weisungen, die Nebenpflichten wie z.B. das Tragen angemessener Bekleidung oder Pünktlichkeit betreffen.
Dabei kam es nach Auffassung des LAG nicht darauf an, ob die Arbeitnehmerin gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, an dem Personalgespräch teilzunehmen.
Aber auch wenn es eine Pflicht geben sollte, während einer AU an einem Personalgespräch teilzunehmen, hätte der Arbeitgeber hier im Streitfall ein solches Weisungsrecht nicht korrekt ausgeübt. Denn "billiges Ermessen" im Sinne von § 106 GeWO bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht nur seine, sondern auch die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt. Und da der Arbeitgeber hier im Streitfall mit keiner Silbe sagte, welchen möglicherweise dringenden Gesprächsbedarf er hatte, hätte er mit dem Personalgespräch auch warten können, bis die Arbeitnehmerin wieder gesund war, so das LAG Nürnberg.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit ließ das LAG gemäß die Revision zum BAG zu.
Fazit: Will der Arbeitgeber mit einem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer ein Personalgespräch führen, ist dieser dazu generell nicht verpflichtet. Dies gilt unabhängig davon, ob er gesundheitlich dazu in der Lage wäre.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 01.09.2015, 7 Sa 592/14
- Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 04.09.2015, 10 Ca 2110/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/080 Entgeltfortzahlung bei neuer Erstbescheinigung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/123 Beweislast bei Krankheit von mehr als sechs Wochen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/340 Erreichbarkeit bei Arbeitsunfähigkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/263 Arbeitsunfähigkeit bei Folgebescheinigung über andere Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 09/111 BAG: Keine Pflicht zu Gespräch über Vertragsänderung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/091 Keine Vertragspflicht zum Führen von Vertragsverhandlungen
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Auffassung des LAG Nürnberg in dieser Rechtsfrage bestätigt. Nähere Informationen zu diesem BAG-Urteil finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.11.2016, 10 AZR 596/15 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.11.2016, 10 AZR 596/15
- Arbeitsrecht aktuell: 16/340 Erreichbarkeit bei Arbeitsunfähigkeit
Letzte Überarbeitung: 6. Oktober 2020
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