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Diskriminierung: Abfindungskürzung für Arbeitnehmer im rentennahen Alter
16.12.2008. Viele Sozialpläne sehen für Arbeitnehmer im rentennahen Alter eigene Abfindungsregelungen vor, die zu deutlich geringeren Abfindungen führen als bei jüngeren Arbeitnehmern.
Für die betroffenen ist das schwer zu verstehen, denn aus ihrer Sicht soll die Abfindung ihre langjährige Leistung für den Betrieb honorieren. Und sie sehen sich infolge ihres Alterrs diskriminiert.
Sozialplanabfindungen sollen aber meist nicht die Lebensleistung honorieren, sondern die entlassungsbedingten wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen, und die sind nun einmal bei Arbeitnehmern im rentennahen Alter deutlich geringer als bei Arbeitnehmern im Alter zwischen 45 und 60 Jahren. Daher dürfen Sozialpläne auch künftig für Arbeitnehmer im "rentennahen" Alter deutlich geringere Abfindungen vorsehen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.2008, 1 AZR 475/07.
- Ist es altersdiskriminierend, wenn Sozialpläne geringere Abfindungen für Arbeitnehmer im "rentennahen" Alter vorsehen?
- Der Streitfall: Betriebsbedingt gekündigter schwerbehinderter 60jähriger Arbeitnehmer möchte eine höhere Abfindung, die der Sozialplan für jüngere Arbeitnehmer vorsieht
- BAG: Sozialpläne dürfen geringere Abfindungen für vorzeitig rentenberechtigte Arbeitnehmer vorsehen, auch zulasten behinderter Arbeitnehmer
Ist es altersdiskriminierend, wenn Sozialpläne geringere Abfindungen für Arbeitnehmer im "rentennahen" Alter vorsehen?
Bei einer Betriebsänderung kann der Betriebsrat einen Sozialplan erzwingen, mit dem die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen oder abgemildert werden, die den Arbeitnehmern infolge einer Betriebsänderung entstehen. Die wichtigste und am häufigsten vereinbarte Sozialplanleistung besteht in Abfindungen, die Arbeitnehmer beanspruchen können, wenn sie wegen der Betriebsänderung entlassen werden.
Bei der Ausarbeitung eines Sozialplans müssen Arbeitgeber und Betriebsrat darauf achten, dass Benachteiligungen von Arbeitnehmern wegen ihres Alters vermieden werden. Solche Benachteiligungen sind gesetzlich, nämlich durch § 75 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verboten.
Trotz dieses Verbots enthalten Sozialpläne oft Regelungen, denen zufolge Arbeitnehmer ab einem gewissen Alter geringere Abfindungen als jüngere Kollegen beanspruchen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind derartige Ungleichbehandlungen im Hinblick auf § 75 Abs.1 BetrVG zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt.
Dieser kann darin bestehen, dass den älteren Arbeitnehmern weniger schwere wirtschaftliche Nachteile durch die Betriebsänderung entstehen, da sie (bzw. wenn sie) Anspruch eine Rente haben, so zum Beispiel in Form einer Altersrente wegen Schwerbehinderung.
Die Berücksichtigung gesetzlicher Rentenansprüche bei Sozialplan-Abfindungsformeln ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine Benachteiligung wegen des Alters. Ob die in einem Sozialplan vorgesehene Kürzung rechtens ist, richtet sich unter anderem danach, wie hoch die Gesamtleistungen und die einzelnen Abfindungen ausfallen.
Fraglich ist, ob diese Rechtsprechung auch im Hinblick auf das im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) enthaltene Verbot der Diskriminierung aus Altersgründen gilt. Und wenn die vorzeitige Rentenberechtigung auf einer Behinderung des Arbeitnehmers beruht, stellt sich weiterhin die Frage, ob eine geringere Abfindung nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung verstößt.
Über diese Fragen hat das BAG mit Urteil vom 11.11.2008 (1 AZR 475/07) in einem Fall entschieden, bei dem ein Sozialplan für Arbeitnehmer geringere Abfindungen vorsah, wenn die Arbeitnehmer im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine vorgezogene Altersrente beanspruchen konnten.
Der Streitfall: Betriebsbedingt gekündigter schwerbehinderter 60jähriger Arbeitnehmer möchte eine höhere Abfindung, die der Sozialplan für jüngere Arbeitnehmer vorsieht
Der Arbeitgeber kündigte den schwerbehinderten Kläger, einen langjährig beschäftigten Baumaschinenführer, wegen der Schließung einer Niederlassung ordentlich per Ende 2005. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt gerade 60 Jahre alt geworden und zur vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrente berechtigt. Nachdem er in der ersten Hälfte des Jahres 2006 zunächst Arbeitslosengeld I in Anspruch genommen hatte, bezog er seit August 2006 vorgezogene Altersrente mit einem Abschlag von 7,5 %. Ab Dezember 2008 hatte er Anspruch auf ungeminderte Altersrente.
Der für den Kläger geltende Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen beanspruchen konnten, für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente eine Abfindung von pauschal 160,00 EUR, insgesamt höchstens 9.600,00 EUR brutto erhalten sollen.
Während die normale Sozialplan-Abfindung für den Kläger aufgrund der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, seines Alters, seiner Schwerbehinderung und seines Monatseinkommens 51.747,23 EUR betragen hätte, erhielt er wegen der Sonderregelung für rentenberechtigte Arbeitnehmer nur 5.600,00 EUR Abfindung.
Der Kläger zog vor das Arbeitsgericht Köln und klagte die Differenz zur "normalen" Abfindung ein, immerhin 46.147,23 EUR. Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage ab (Urteil vom 22.12.2006, 11 Ca 2183/06). Auch die Berufung zum Landesarbeitsgericht (LAG) Köln blieb erfolglos, d.h. das LAG bestätigte die Klageabweisung durch das Arbeitsgericht (LAG Köln, Urteil vom 04.07.2007, 14 Sa 201/07).
BAG: Sozialpläne dürfen geringere Abfindungen für vorzeitig rentenberechtigte Arbeitnehmer vorsehen, auch zulasten behinderter Arbeitnehmer
Das BAG wies die Revision des Arbeitnehmers zurück. Zur Begründung heißt es in der bislang allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Sozialplänen können für Arbeitnehmer, die Anspruch auf vorgezogene Altersrente haben, geringere Abfindungsansprüche vorsehen. Das gilt auch, wenn der Rentenbezug mit Abschlägen verbunden ist. Sozialpläne dienen nämlich gemäß § 112 Abs.1 Satz 2 BetrVG dem Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die Arbeitnehmern infolge von Betriebsänderungen entstünden. Daher haben Sozialplanabfindungen eine „zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion“, so die Erfurter Richter.
Daher können die Betriebsparteien bei der Bewertung dieser Nachteile gesetzliche Renten berücksichtigen. Zwar knüpfen rechtliche Ansprüche auf vorgezogene Altersrenten meist an ein bestimmtes Lebensalter, an das Geschlecht oder an eine Schwerbehinderung an, so dass eine mit der Rentenberechtigung begründete Minderung einer Sozialplanabfindung auf eine mittelbare Benachteiligung wegen dieser Merkmale hinausläuft. Trotzdem sieht das BAG in der Berücksichtigung solcher Renten weder eine Verletzung des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes noch ein Verstoß gegen das im AGG enthaltene Verbot, Personen wegen eines dieser Merkmale zu benachteiligen.
Fazit: Geringere Abfindung für "Rentennahe" sind nach Ansicht des BAG weder eine Altersdiskriminierung beim Thema Abfindung noch eine Diskriminierung behinderter Arbeitnehmer. Die Betriebspartner können bei der Ausgestaltung von Sozialplänen eine Reduzierung von Abfindungsansprüchen zulasten von Arbeitnehmern in rentennahem Alter in sehr weitgehendem Umfang nach ihrem Ermessen vornehmen.
Dementsprechend haben auch unlängst das Arbeitsgericht Wesel (Urteil vom 14.02.2008, 5 Ca 3251/07) und in der Berufung darüber das LAG Düsseldorf (Urteil 22.08.2008, 10 Sa 573/08) eine Minderung von Sozialplanabfindungen für Arbeitnehmer ab dem 60. Lebensjahr für nicht diskriminierend bzw. für zulässig gehalten. In diesem Fall verminderte sich die Sozialplanabfindung ab dem 60. Lebensjahr für jeden weiteren Monat um 1/60stel.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.2008, 1 AZR 475/07
- Bundesarbeitsgericht (Webseite)
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 04.07.2007, 14 Sa 201/07
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2008, 10 Sa 573/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung und Diskriminierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung und Diskriminierung - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 20/056 Einigungsstelle kann Rentennahe von Sozialplanleistungen ausschließen
- Arbeitsrecht aktuell: 15/327 Benachteiligung wegen Behinderung bei Sozialplanabfindung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/084 Sozialplan und befristete Arbeitsverträge
- Arbeitsrecht aktuell: 11/235 Abfindung und Rente
- Arbeitsrecht aktuell: 10/114 Ausschluss rentennaher Arbeitnehmer von Abfindung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/035 Sozialpläne dürfen niedrigere Abfindungen für rentennahe Arbeitnehmer vorsehen.
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Urteilsgründe im Volltext und eine Besprechung der Urteilsgründe finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.2008, 1 AZR 475/07
- Arbeitsrecht aktuell: 09/035 Sozialpläne dürfen niedrigere Abfindungen für rentennahe Arbeitnehmer vorsehen.
Letzte Überarbeitung: 4. Mai 2020
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