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BAG, Ur­teil vom 10.04.2014, 2 AZR 812/12

   
Schlagworte: Änderungskündigung, Änderungskündigung: Verhältnismäßigkeit
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 812/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.04.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 23.11.2011 - 2 Ca 561/11
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17.12.2012 - 10 Sa 890/12
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


2 AZR 812/12
10 Sa 890/12
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Hamm

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

10. April 2014

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

be­klag­tes, be­ru­fungs­be­klag­tes und re­vi­si­ons­be­klag­tes Erz­bis­tum,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24. Ok­to­ber 2013 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Ra­chor und Dr. Rinck so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Söller und Eu­len für Recht er­kannt:
 


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1. Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 17. Ju­li 2012 - 10 Sa 890/12 - im Kos­ten­aus­spruch und in­so­weit auf­ge­ho­ben, wie es die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 23. No­vem­ber 2011 - 2 Ca 561/11 - durch die Fest­stel­lung, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en am 30. Ju­ni 2011 ge­en­det hat, und durch die Ver­ur­tei­lung des be­klag­ten Erz­bis­tums zur Zah­lung von 1.323,46 Eu­ro brut­to „abzüglich 2.694,15 Eu­ro net­to“ zurück­ge­wie­sen hat.

2. Im Übri­gen wird die Re­vi­si­on der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen.

3. Im Um­fang der Auf­he­bung wird die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung und über Vergütungs­ansprüche.

Die 1972 ge­bo­re­ne Kläge­rin war seit Fe­bru­ar 1998 bei dem be­klag­ten Erz­bis­tum zunächst als Ge­mein­de­as­sis­ten­tin und an­sch­ließend als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin beschäftigt. Sie er­hielt zu­letzt Vergütung nach Ent­gelt­grup­pe 10 Stu­fe 5 der An­la­ge 5 (Ent­gelt­ta­bel­le) zu § 23 der Kirch­li­chen Ar­beits- und Vergütungs­ord­nung für das be­klag­te Erz­bis­tum (KA­VO) in Höhe von et­wa 3.900,00 Eu­ro brut­to mo­nat­lich.


Die Kläge­rin un­ter­zeich­ne­te vor Auf­nah­me ih­rer Tätig­keit ei­ne Erklärung mit wel­cher sie an­er­kann­te, als Ge­mein­de­as­sis­ten­tin bzw. -re­fe­ren­tin in be­son­de­rer Wei­se am Sen­dungs­auf­trag der Kir­che teil­zu­neh­men. Sie ver­pflich­te­te sich, ih­re ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten in be­son­de­rem Maße loy­al zu erfüllen und bei der Ausübung ih­res Diens­tes kirch­li­che Vor­schrif­ten zu be­ach­ten und
 


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zu wah­ren. Fer­ner nahm sie gemäß der Ver­ein­ba­rung zur Kennt­nis, dass die An­la­ge 20 zur KA­VO so­wie das Diöze­sa­ne Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im be­klag­ten Erz­bis­tum vom 11. Sep­tem­ber 1995 (Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 1996 Stück 3 Nr. 30) nebst An­la­gen in den je­wei­li­gen Fas­sun­gen Be­stand­teil ih­res An­stel­lungs­ver­trags sei­en.


Mit Ur­kun­de vom 5. Fe­bru­ar 2000 be­auf­trag­te der Erz­bi­schof von Pa­der­born die Kläge­rin in ei­ner lit­ur­gi­schen Fei­er zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin im be­klag­ten Erz­bis­tum und ver­lieh ihr zu­gleich die Lehr­be­fug­nis zur Er­tei­lung des ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts an Grund-, Haupt-, Son­der-, Re­al-und Ge­samt­schu­len (mis­sio ca­no­ni­ca).


Nach­dem die Kläge­rin zunächst im Pas­to­ral­ver­bund S tätig war, setz­te das be­klag­te Erz­bis­tum sie ab Mai 2007 auf ih­ren Wunsch im Pas­to­ral­ver­bund Pa­der­born ein. Ih­re Kla­ge auf Fest­stel­lung, dass sie nicht ver­pflich­tet sei, ih­ren Wohn­sitz in die Ein­satz­ge­mein­de zu ver­le­gen, wies das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Au­gust 2009 ab. Die Ent­schei­dung wur­de rechts­kräftig.


Von En­de Ja­nu­ar 2009 bis En­de Fe­bru­ar 2010 war die Kläge­rin ar­beits­unfähig er­krankt. Mit Schrei­ben vom 25. Ja­nu­ar 2010 be­an­trag­te sie ih­re Um­set­zung in den Pas­to­ral­ver­bund Se oder den Pas­to­ral­ver­bund H. In ei­nem Gespräch über ih­ren künf­ti­gen Ein­satz wur­de ihr mit­ge­teilt, dass ihr die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ent­zo­gen wer­den sol­le. Das be­klag­te Erz­bis­tum hörte die Kläge­rin zu die­ser Ab­sicht außer­dem mit Schrei­ben vom 11. Fe­bru­ar 2010 an.


Mit De­kret vom 16. März 2010 ent­zog das be­klag­te Erz­bis­tum der Kläge­rin die mit Ur­kun­de vom 5. Fe­bru­ar 2000 er­teil­te ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung mit so­for­ti­ger Wir­kung. Die Be­auf­tra­gung stel­le ei­nen in­ner­kirch­li­chen Rechts­akt dar, der zurück­ge­nom­men wer­den könne und müsse, wenn das für ei­ne pas­to­ra­le Tätig­keit im Auf­trag des Diöze­s­an­bi­schofs er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis dau­er­haft und ir­re­pa­ra­bel beschädigt sei. Die Kläge­rin ha­be während des Ver­fah­rens über die Re­si­denz­pflicht wie­der­holt un­wah­re und ehr­ver­let­zen­de Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen zum Nach­teil des Bis­tums, des Bi­schofs und von Mit-



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ar­bei­tern getätigt oder der­ar­ti­ge Be­haup­tun­gen durch ih­ren Ehe­mann ge­dul­det und die­se durch ge­ziel­ten Ein­satz der Pres­se in die Öffent­lich­keit ge­tra­gen. Die Be­haup­tun­gen sei­en in ho­hem Maße ge­eig­net ge­we­sen, das An­se­hen der Kir­che und das Ver­trau­ens­verhält­nis zum Bi­schof zu beschädi­gen.

Die Kläge­rin be­an­trag­te er­folg­los die Aus­set­zung des Voll­zugs und Rück­nah­me des De­krets. Ih­re Be­schwer­de an den Apos­to­li­schen Stuhl nach can. 1737 des Co­dex Iu­ris Ca­no­ni­ci in der Fas­sung vom 25. Ja­nu­ar 1983 (CIC) wies die con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis mit De­kret vom 16. Ok­to­ber 2010 zurück.

Im April 2010 wies das be­klag­te Erz­bis­tum der Kläge­rin ei­ne Tätig­keit im au­dio­vi­su­el­len Ar­chiv des In­sti­tuts für Re­li­gi­onspädago­gik und Me­di­en­ar­beit zu, wel­cher die­se zunächst nach­kam. Mit Schrei­ben vom 13. Ju­li 2010 kündig­te sie an, ab dem 26. Ju­li 2010 ein Zurück­be­hal­tungs­recht an ih­rer Ar­beits­leis­tung we­gen nicht ver­trags­gemäßer Beschäfti­gung gel­tend zu ma­chen. In ei­nem Per­so­nal­gespräch von die­sem Ta­ge wur­de ihr an­ge­bo­ten, ei­ne Ar­beits­hil­fe für den „Ma­te­ri­al­kof­fer zum Chris­ten­tum“ für den Ein­satz in der Grund­schu­le zu er­stel­len. Die Tätig­keit be­tref­fe re­li­gi­onspädago­gi­sche Auf­ga­ben, ent­spre­che in vol­lem Um­fang ih­rer Aus­bil­dung und sei der Ent­gelt­grup­pe 9 bis 10 zu­zu­ord­nen. Die Kläge­rin lehn­te die an­ge­bo­te­ne Beschäfti­gung ab. Das be­klag­te Erz­bis­tum zahl­te ihr dar­auf­hin ab dem 26. Ju­li 2010 kein Ar­beits­ent­gelt mehr.


Die Kläge­rin er­hob Kla­ge auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin und Zah­lung der ver­trag­li­chen Vergütung für die Zeit vom 26. Ju­li bis zum 30. Sep­tem­ber 2010. Nach­dem der Kla­ge erst­in­stanz­lich über­wie­gend statt­ge­ge­ben wor­den war, erklärte das be­klag­te Erz­bis­tum mit Schrei­ben vom 2. und 22. De­zem­ber 2010 - nach Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung - außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen, je­weils ver­bun­den mit dem An­ge­bot, das Ar­beits­verhält­nis zu geänder­ten Be­din­gun­gen als Se­kretärin mit ei­ner Vergütung gemäß Ent­gelt-grup­pe 5 Stu­fe 5 KA­VO fort­zu­set­zen. Nach er­neu­ter Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung erklärte es am 29. De­zem­ber 2010, wie­der­um ver­bun­den mit dem An­ge­bot ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung als Se­kretärin, ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung zum 30. Ju­ni 2011. Die Kläge­rin lehn­te das Ände­rungs­an­ge­bot ab.
 


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Auf die Be­ru­fung des be­klag­ten Erz­bis­tums wies das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Sep­tem­ber 2011 das Be­geh­ren der Kläge­rin auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin und Zah­lung der Vergütung für die Zeit bis zum 30. Sep­tem­ber 2010 ab. Es könne da­hin­ste­hen, ob dem Beschäfti­gungs­an­spruch be­reits der Ent­zug der Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ent­ge­gen­ste­he. Er sei je­den­falls auf­grund der nicht of­fen­sicht­lich un­wirk­sa­men Ände­rungskündi­gun­gen ent­fal­len. Ein Vergütungs­an­spruch schei­de aus, da die Kläge­rin das An­ge­bot des Bis­tums, ei­ne Ar­beits­hil­fe für den Un­ter­richt in der Grund­schu­le zu er­stel­len, ab­ge­lehnt ha­be. Das Ur­teil wur­de rechts­kräftig.

Im vor­lie­gen­den Rechts­streit hat sich die Kläge­rin ge­gen die Wirk­sam­keit der Ände­rungskündi­gun­gen vom 2., 22. und 29. De­zem­ber 2010 ge­wandt und für die Zeit vom 26. Ju­li bis zum 30. Sep­tem­ber 2010 Nach­zah­lung von ins­ge­samt 103,24 Eu­ro we­gen ei­ner zum 1. März 2010 er­folg­ten Vergütungs­erhöhung be­gehrt. Sie hat fer­ner die Zah­lung von Ver­zugs­lohn für die Zeit vom 1. Ok­to­ber bis zum 2. De­zem­ber 2010 in Höhe von ins­ge­samt 8.286,03 Eu­ro und der Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 in Höhe von 80 vH ih­res Brut­to­mo­nats­ge­halts ver­langt. Auf den Ge­samt­be­trag in Höhe von 11.565,58 Eu­ro brut­to hat sie sich Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­halts iHv. 2.694,15 Eu­ro an­rech­nen las­sen. Hilfs­wei­se hat sie An­spruch auf Ab­gel­tung von 27 Ur­laubs­ta­gen er­ho­ben.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, das be­klag­te Erz­bis­tum könne sich zur Be­gründung der Ände­rungskündi­gun­gen nicht auf den Ent­zug ih­rer ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung be­ru­fen. An­de­ren­falls vermöge es sich selbst ei­nen Kündi­gungs­grund zu schaf­fen. Sie ha­be als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin kein kirch­li­ches Amt be­klei­det, son­dern sei le­dig­lich zu ei­nem Dienst be­auf­tragt wor­den. Ihr Ar­beits­verhält­nis sei gekündigt wor­den, weil sie in vor­an­ge­gan­ge­nen Pro­zes­sen ih­re Rech­te aus­geübt ha­be. Das Ände­rungs­an­ge­bot sei un­zu­mut­bar, da es unnötig weit in ih­re Rech­te ein­grei­fe.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt 


1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis we­der durch die außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen sei­tens des be­klag­ten Erz-
 


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bis­tums vom 2. und 22. De­zem­ber 2010 noch durch des­sen or­dent­li­che Kündi­gung vom 29. De­zem­ber 2010 be­en­det wor­den ist;


2. das be­klag­te Erz­bis­tum zu ver­ur­tei­len, an sie 11.565,58 Eu­ro brut­to abzüglich 2.694,15 Eu­ro net­to zzgl. Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank aus 9,10 Eu­ro seit dem 1. Au­gust 2010, aus 47,07 Eu­ro seit dem 1. Sep­tem­ber 2010, aus wei­te­ren 47,07 Eu­ro seit dem 1. Ok­to­ber 2010, aus 3.970,39 Eu­ro seit dem 1. No­vem­ber 2010, aus 7.146,70 Eu­ro seit dem 1. De­zem­ber 2010 so­wie aus 345,25 Eu­ro seit dem 1. Ja­nu­ar 2011 zu zah­len;


3. hilfs­wei­se für den Fall des Un­ter­lie­gens mit dem An-trag zu 1) das be­klag­te Erz­bis­tum zu ver­ur­tei­len, an sie 4.947,75 Eu­ro brut­to abzüglich 2.266,29 Eu­ro net­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank seit dem 1. Ju­li 2011 zu zah­len.


Das be­klag­te Erz­bis­tum hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, je­den­falls die or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung sei aus Gründen in der Per­son der Kläge­rin so­zi­al ge­recht­fer­tigt. Der Kläge­rin feh­le nach dem Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung die Vor­aus­set­zung für die Ausübung ei­ner Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Das Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­che ver­bie­te es den Ar­beits­ge­rich­ten, die­sen in der kirch­li­chen Ge­richts­bar­keit ab­sch­ließend gewürdig­ten Sach­ver­halt ei­ner ei­ge­nen Prüfung zu un­ter­zie­hen. Die Kläge­rin ha­be kei­nen An­spruch auf An­nah­me­ver­zugs­lohn, da sie nicht leis­tungsfähig ge­we­sen sei. Der An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung hänge da­von ab, ob das Ar­beits­verhält­nis zum 30. Ju­ni 2011 en­de. So­lan­ge dies nicht rechts­kräftig fest­ste­he, lie­ge ei­ne un­zulässi­ge Kla­ge auf künf­ti­ge Leis­tung vor.


Das Ar­beits­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gun­gen nicht auf­gelöst wor­den ist. Es hat das be­klag­te Erz­bis­tum ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­ne an­tei­li­ge Weih­nachts­zu­wen­dung in Höhe von 1.323,46 Eu­ro brut­to ab­zgl. 2.694,15 Eu­ro net­to nebst Zin­sen zu zah­len. Im Übri­gen hat es die Kla­ge ab-ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt das be­klag­te Erz­bis­tum zur Zah­lung von Ur­laubs­ab­gel­tung ver­ur­teilt. Im Übri­gen hat
 


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es die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­re Anträge wei­ter, so­weit sie mit ih­nen vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt un­ter­le­gen ist.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on hat teil­wei­se Er­folg. Mit der von ihm ge­ge­be­nen Be­gründung durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht an­neh­men, das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis sei durch die or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung des be­klag­ten Erz­bis­tums vom 29. De­zem­ber 2010 zum 30. Ju­ni 2011 auf­gelöst wor­den. Ob die Kündi­gung wirk­sam ist, steht noch nicht fest. Von der der Kläge­rin zu­ge­spro­che­nen - an­tei­li­gen - Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.323,46 Eu­ro brut­to hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Un­recht ei­nen Be­trag in Höhe von 2.694,15 Eu­ro net­to in Ab­zug ge­bracht. In wel­cher Höhe sich die Kläge­rin er­hal­te­ne So­zi­al­leis­tun­gen auf die­sen An­spruch an­rech­nen las­sen muss, be­darf wei­te­rer Sach­aufklärung. Im Übri­gen ist die Re­vi­si­on un­be­gründet. Die Kläge­rin hat we­der ei­nen An­spruch auf den be­gehr­ten Ver­zugs­lohn noch auf ei­ne - im Brut­to­be­trag - höhe­re Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010.


I. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts über die or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung ist auf­zu­he­ben und die Sa­che in­so­weit an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen. Nach den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen steht nicht fest, dass sich das be­klag­te Erz­bis­tum dar­auf be­schränkt hat, mit der Kündi­gung sol­che Ände­run­gen vor­zu­schla­gen, die die Kläge­rin bil­li­ger­wei­se hätte hin­neh­men müssen.


1. Der An­trag der Kläge­rin ist zu Recht nach § 4 Satz 1 KSchG auf die Fest­stel­lung ge­rich­tet, das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en sei durch die Kündi­gung vom 29. De­zem­ber 2010 nicht auf­gelöst wor­den. Die Kläge­rin hat das mit der Kündi­gung ver­bun­de­ne Ände­rungs­an­ge­bot nicht, auch nicht un­ter dem Vor­be­halt des § 2 KSchG, an­ge­nom­men. Da­mit bleibt es bei der in der Ände-


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rungskündi­gung ent­hal­te­nen Kündi­gungs­erklärung. Die Par­tei­en strei­ten - an­ders als wenn die Kläge­rin das mit der Kündi­gung ver­bun­de­ne Ände­rungs­an­ge­bot un­ter dem Vor­be­halt des § 2 KSchG an­ge­nom­men hätte - nicht über die Wirk­sam­keit der Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen iSv. § 4 Satz 2 KSchG, son­dern über ei­ne Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses durch die Kündi­gung (vgl. KR-Fried­rich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 284; APS/Hes­se 4. Aufl. § 4 KSchG Rn. 116; MüKoBGB/Her­genröder 6. Aufl. § 4 KSchG Rn. 93; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 4 KSchG Rn. 27; um­ge­kehrt für den Fall der An­nah­me un­ter Vor­be­halt BAG 19. Ju­li 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, 21).

2. Der Kündi­gungs­schutz­an­trag ist nicht des­halb un­be­gründet, weil zwi­schen den Par­tei­en kein Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hätte. Die Kläge­rin ist vom be­klag­ten Erz­bis­tum als Ar­beit­neh­me­rin beschäftigt wor­den. Die Par­tei­en hat­ten ent­spre­chend Nr. 5 des Diöze­sa­nen Sta­tuts für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im be­klag­ten Erz­bis­tum vom 28. De­zem­ber 1995 (Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 1996 Stück 3 Nr. 30; ab­gelöst durch das Diöze­sa­ne Sta­tut vom 1. De­zem­ber 2006, Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 2006 Stück 11 Nr. 142) die Be­din­gun­gen des An­stel­lungs­verhält­nis­ses der Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin in ei­nem Ar­beits­ver­trag ge­re­gelt. Hierüber be­steht zwi­schen ih­nen kein Streit.


3. Die Kündi­gung ist nicht des­halb un­wirk­sam, weil ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch das be­klag­te Erz­bis­tum nach § 41 Abs. 3 Satz 1 KA­VO aus­ge­schlos­sen ge­we­sen wäre. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass der Ar­beit­neh­mer mehr als 15 Jah­re beschäftigt und älter als 40 Jah­re ist. Die Kläge­rin hat­te im maßgeb­li­chen Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gung - un­abhängig da­von, ob sie be­reits über ei­ne hin­rei­chen­de Beschäfti­gungs­zeit verfügte - das 40. Le­bens­jahr noch nicht voll­endet.


4. Ob die Kündi­gung gemäß § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist, steht noch nicht fest. Zwar fehl­te der Kläge­rin nach dem Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung vor­aus­sicht­lich auf Dau­er die Befähi­gung für die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin im be­klag­ten Erz­bis­tum. Der Se­nat kann aber nicht selbst be­ur­tei­len, ob das Bis­tum der Kläge­rin ei­ne
 


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Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen an­ge­bo­ten hat, die sich nicht wei­ter als er­for­der­lich vom bis­he­ri­gen Ver­trags­in­halt ent­fern­te.


a) Be­die­nen sich die Kir­chen der Pri­vat­au­to­no­mie, um Ar­beits­verhält­nis­se zu be­gründen, so fin­det auf die­se das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. Die Ein­be­zie­hung der kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se in das staat­li­che Ar­beits­recht hebt de­ren Zu­gehörig­keit zu den „ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten“ der Kir­che iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV al­ler­dings nicht auf. Sie darf des­halb die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Ei­gen­art des kirch­li­chen Diens­tes, das kirch­li­che Pro­pri­um, nicht in Fra­ge stel­len. Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des Selbst­be­stim­mungs­rechts bleibt auch für die Ge­stal­tung der Ar­beits­verhält­nis­se we­sent­lich (vgl. BVerfG 4. Ju­ni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 25).


b) Ei­ne Ände­rungskündi­gung iSv. § 2 KSchG ist so­zi­al ge­recht­fer­tigt, wenn das Ände­rungs­an­ge­bot des Ar­beit­ge­bers durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG be­dingt ist und sich dar­auf be­schränkt, sol­che Ände­run­gen vor­zu­se­hen, die der Ar­beit­neh­mer bil­li­ger­wei­se hin­neh­men muss (vgl. für die be­triebs­be­ding­te Ände­rungskündi­gung BAG 20. Ju­ni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 16; 23. Fe­bru­ar 2012 - 2 AZR 44/11 - Rn. 34). Die­ser Maßstab gilt un­abhängig da­von, ob der Ar­beit­neh­mer das Ände­rungs­an­ge­bot - wie im Streit­fall - ab­ge­lehnt oder un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­men hat (vgl. BAG 20. Ju­ni 2013 - 2 AZR 396/12 - aaO; 23. Fe­bru­ar 2012 - 2 AZR 44/11 - aaO). Ob der Ar­beit­neh­mer ei­ne ihm vor­ge­schla­ge­ne Ände­rung bil­li­ger­wei­se ak­zep­tie­ren muss, ist nach dem Verhält­nismäßig­keits­grund­satz zu be­ur­tei­len. Die Ände­run­gen müssen ge­eig­net und er­for­der­lich sein, um den In­halt des Ar­beits­ver­trags den geänder­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an­zu­pas­sen. Die­se Vor­aus­set­zun­gen müssen für al­le vor­ge­se­he­nen Ände­run­gen vor­lie­gen. Aus­gangs­punkt ist die bis­he­ri­ge ver­trag­li­che Re­ge­lung. Die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen dürfen sich von de­ren In­halt nicht wei­ter ent­fer­nen, als zur Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Ziels er­for­der­lich ist (BAG 20. Ju­ni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 17; 15. Ja­nu­ar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 15).


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c) Für ei­ne Ände­rung der Ver­trags­be­din­gun­gen la­gen im Streit­fall Gründe in der Per­son der Kläge­rin iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG vor.


aa) Als Gründe in der Per­son, die ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG so­zi­al recht­fer­ti­gen können, kom­men Umstände in Be­tracht, die auf den persönli­chen Verhält­nis­sen oder Ei­gen­schaf­ten des Ar­beit­neh­mers be­ru­hen. Ei­ne auf sie gestütz­te Kündi­gung kann so­zi­al ge­recht­fer­tigt sein, wenn der Ar­beit­neh­mer aus Gründen in sei­ner Per­son - die nicht von ihm ver­schul­det sein müssen - zu der nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ar­beits­leis­tung ganz oder teil­wei­se nicht mehr in der La­ge ist. In die­sen Fällen liegt in der Re­gel ei­ne er­heb­li­che und dau­er­haf­te Störung des ver­trag­li­chen Aus­tausch­verhält­nis­ses vor, der der Ar­beit­ge­ber, wenn kei­ne an­de­re Beschäfti­gung mehr möglich ist, mit ei­ner Kündi­gung be­geg­nen kann (vgl. für ei­ne Be­en­di­gungskündi­gung BAG 6. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 19; für ei­ne außer­or­dent­li­che (Ände­rungs-)Kündi­gung mit Aus­lauf­frist 28. Ok­to­ber 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 32; 26. No­vem­ber 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 24, BA­GE 132, 299).


bb) Nach dem Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung war die Kläge­rin vor­aus­sicht­lich dau­er­haft nicht mehr in der La­ge, die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ar­beits­leis­tung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin im be­klag­ten Erz­bis­tum zu er­brin­gen.


(1) Dies folgt nicht schon dar­aus, dass der von der Kläge­rin im Vor­pro­zess er­ho­be­ne An­spruch auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin rechts­kräftig ab­ge­wie­sen wur­de.


(a) Der Um­fang der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Ur­teil und den da­zu er­gan­ge­nen Gründen zu be­stim­men. Bei ei­ner kla­ge­ab­wei­sen­den Ent­schei­dung ist der aus der Be­gründung zu er­mit­teln­de aus­schlag­ge­ben­de Ab­wei­sungs­grund Teil des in Rechts­kraft er­wach­sen­den Ent­schei­dungs­sat­zes und nicht al­lein ein Ele­ment der Ent­schei­dungs­be­gründung (BAG 20. No­vem­ber 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 89; BGH 24. Ju­ni 1993 - III ZR 43/92 - zu III 1 der Gründe).


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(b) Dass ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin dem be­klag­ten Erz­bis­tum unmöglich ge­we­sen wäre, steht da­nach noch nicht rechts­kräftig fest. Aus­schlag­ge­ben­der Grund für die Ab­wei­sung der Kla­ge auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin war al­lein, dass das be­klag­te Erz­bis­tum zwi­schen­zeit­lich ua. die hier ge­genständ­li­che Ände­rungskündi­gung erklärt hat­te, wel­che den Beschäfti­gungs­an­spruch der Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ent­fal­len ließ.


(2) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dem be­klag­ten Erz­bis­tum sei nach Maßga­be sei­nes kirch­li­chen Selbst­verständ­nis­ses ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin unmöglich ge­we­sen, nach­dem die­ser ih­re ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung ent­zo­gen wor­den sei.


(a) Die staat­li­chen Ge­rich­te ha­ben ih­rer Prüfung grundsätz­lich die An­for­de­run­gen zu­grun­de zu le­gen, die nach dem kirch­li­chen Selbst­verständ­nis an die Ausübung kirch­li­cher Ämter zu stel­len sind. Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 1 und Abs. 3 WRV ord­net und ver­wal­tet je­de Re­li­gi­ons­ge­sell­schaft ih­re An­ge­le­gen­hei­ten selbstständig in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes. Sie ver­leiht ih­re Ämter oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes. Da­mit er­kennt der Staat die Kir­chen als In­sti­tu­tio­nen mit dem Recht der Selbst­be­stim­mung an, die ih­rem We­sen nach un­abhängig vom Staat sind und ih­re Ge­walt nicht von ihm her­lei­ten (BVerfG 9. De­zem­ber 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 3). Die Fol­ge ist, dass der Staat in ih­re in­ne­ren Verhält­nis­se nicht ein­grei­fen darf (BVerfG 9. De­zem­ber 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 4; 17. Fe­bru­ar 1965 - 1 BvR 732/64 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 385). Die Aus­ge­stal­tung des in­ner­kirch­li­chen Dienst- und Amts­rechts un­ter­liegt nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV dem kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­recht und ist - so­fern die Kir­chen es nicht selbst dem staat­li­chen Recht un­ter­stel­len - der Ge­richts­bar­keit des Staa­tes ent­zo­gen (BVerfG 9. De­zem­ber 2008 - 2 BvR 717/08 - Rn. 7). Das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht und die in Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV aus­drück­lich gewähr­leis­te­te Ämter­au­to­no­mie um­fas­sen das Recht fest­zu­le­gen, wel­che Kir­chenämter ein­zu­rich­ten, wie die­se zu be­set­zen und wel­che An­for­de­run­gen an die Amts­in­ha­ber zu stel­len sind (BVerfG 9. De­zem­ber 2008 - 2 BvR 717/08 -
 


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Rn. 14; BVerwG 25. No­vem­ber 1982 - 2 C 21/78 - zu II 1 der Gründe, BVerw­GE 66, 241).

(b) Nach dem Selbst­verständ­nis des be­klag­ten Erz­bis­tums als Teil der ver­fass­ten Kir­chen han­delt es sich bei dem pas­to­ra­len Dienst ei­ner Ge­mein­de­re­fe­ren­tin um ein Kir­chen­amt iSv. can. 145 CIC, des­sen Ausübung kon­sti­tu­tiv ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung gemäß can. 228 § 1 CIC be­darf. In Nr. 5 der An­la­ge 20 zur KA­VO ist dem­gemäß vor­ge­se­hen, dass die Mit­ar­bei­ter im pas­to­ra­len Dienst des Bis­tums durch den Diöze­s­an­bi­schof be­auf­tragt wer­den.

(c) An­halts­punk­te dafür, dass die­ses Verständ­nis des­halb un­plau­si­bel sei, weil ein kirch­li­ches Amt nur das geist­li­che Amt des Pries­ter­tums sein könne, be­ste­hen ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin nicht.

(aa) Nur das Pries­ter­amt ist zwar mit der sog. sa­cra po­tes­tas aus­ge­stat­tet (Beth­ke Das kir­chen­amt­li­che Dienst­verhält­nis von Lai­en S. 15 mwN). Da­ne­ben können aber auch Lai­en zu be­son­de­ren kirch­li­chen Ämtern mit geist­li­cher Ziel­set­zung her­an­ge­zo­gen wer­den (Beth­ke Das kir­chen­amt­li­che Dienst­verhält­nis von Lai­en S. 17 mwN), wenn die zuständi­ge kirch­li­che Au­to­rität sol­che Ämter zusätz­lich schafft (vgl. Hal­ler­mann TT­hZ 108 (1999), 200, 207). Can. 145 § 1 CIC sieht die Möglich­keit der Ein­rich­tung ei­nes kirch­li­chen Amts durch kirch­li­che An­ord­nung aus­drück­lich vor. Zwar wird die An­wen­dung des Be­griffs „Amt“ auf die Stel­lung von Lai­en teil­wei­se ver­mie­den (vgl. Beth­ke Das kir­chen­amt­li­che Dienst­verhält­nis von Lai­en S. 23). Den­noch han­delt es sich bei der Tätig­keit ei­ner Ge­mein­de­re­fe­ren­tin nicht um ei­nen nur vorüber­ge­hend ein­ge­rich­te­ten Dienst, ei­nen bloßen „mu­nus“ (vgl. Hal­ler­mann TT­hZ 108 (1999), 200, 206 f.), son­dern um ei­nen ständi­gen Dienst zur Erfüllung ei­nes geist­li­chen Zwecks. Er muss nach can. 145 § 1 CIC durch ei­ne zuständi­ge Au­to­rität über­tra­gen wer­den und ermäch­tigt den Be­ru­fe­nen zum Han­deln im Na­men der Kir­che (vgl. Beth­ke Das kir­chen­amt­li­che Dienst­verhält­nis von Lai­en S. 45, 47; Hal­ler­mann TT­hZ 108 (1999), 200, 207 f., 214 ff.). Der bischöfli­che Auf­trag hebt die Tätig­keit ei­ner Ge­mein­de­re­fe­ren­tin über die ei­nem je­den Ka­tho­li­ken ein­geräum­te Fähig­keit her­aus (vgl. Beth­ke Das kir­chen­amt­li­che Dienst­verhält­nis von Lai­en S. 45). Die Ent­schei­dung der con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis über die Be­schwer­de der Kläge­rin


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ge­gen den Ent­zug ih­rer ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung hat die­ses Verständ­nis vom Dienst ei­ner Ge­mein­de­re­fe­ren­tin als Kir­chen­amt bestätigt.


(bb) Im be­klag­ten Erz­bis­tum wur­de der be­son­de­re Dienst der Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten teil­kirch­lich ein­ge­rich­tet und fest­ge­legt, dass der Erz­bi­schof die da­zu aus­er­se­he­nen Per­so­nen aus­drück­lich be­auf­tragt (vgl. Nr. 1 des Diöze­sa­nen Sta­tuts für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im be­klag­ten Erz­bis­tum vom 28. De­zem­ber 1995, Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 1996 Stück 3 Nr. 30, ab­gelöst durch das Diöze­sa­ne Sta­tut vom 1. De­zem­ber 2006, Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 2006 Stück 11 Nr. 142).

(d) In ih­rer Erklärung von Ja­nu­ar 1998 hat die Kläge­rin die Gel­tung der An­la­ge 20 zur KA­VO so­wie des Diöze­sa­nen Sta­tuts für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im be­klag­ten Erz­bis­tum vom 11. Sep­tem­ber 1995 für ihr Ar­beits­verhält­nis an­er­kannt. Ei­ner aus­drück­li­chen ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung, ih­re Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin set­ze ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung vor­aus, be­durf­te es da­ne­ben nicht.


(3) Die für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin kon­sti­tu­ti­ve ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung ist der Kläge­rin von der dafür zuständi­gen kirch­li­chen Stel­le - bestätigt von der con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis und für die staat­li­chen Ge­rich­te ver­bind­lich - ent­zo­gen wor­den.


(a) Ei­ne Kon­trol­le die­ser kir­chen­in­ter­nen Maßnah­me durch die staat­li­chen Ge­rich­te fin­det grundsätz­lich nicht statt. Den Kir­chen ist gemäß Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV ein be­son­de­rer Schutz bei der Ämter­ver­ga­be zu­zu­bil­li­gen. We­der die Ämter­ver­ga­be noch der Amts­ent­zug un­ter­lie­gen dem staat­li­chen Rechts­schutz (Ma­ger in v. Münch/Ku­nig GG Bd. 2 6. Aufl. Art. 140 Rn. 47; Lücke Eu­GRZ 1995, 651, 654 f.). So stellt auch der Ent­zug der mis­sio ca­no­ni­ca ei­nen in­ner­kirch­li­chen Akt dar, der auf­grund des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts ei­ner ar­beits­ge­richt­li­chen Über­prüfung nicht zugäng­lich ist (BAG 25. Mai 1988 - 7 AZR 506/87 - zu I 3 c der Gründe). Staat­li­che Mit­wir­kungs­rech­te bei der Be­set­zung kirch­li­cher Ämter können nur auf­grund ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­run­gen
 


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zwi­schen Staat und Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten be­gründet wer­den (Ko­rioth in Maunz/Dürig GG Stand Ja­nu­ar 2013 Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 31).


(b) Der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te hat die­ses Pri­mat des kirch­li­chen Selbst­verständ­nis­ses im Hin­blick auf Art. 6 Abs. 1 EM­RK an­er­kannt. Auf Maßnah­men, die zum Kir­chen­recht zählen und nicht Teil des Staats­rechts sind, fin­det Art. 6 EM­RK kei­ne An­wen­dung (vgl. EGMR 6. De­zem­ber 2011 - 38254/04 - Rn. 79 ff., 88).

(c) Der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung der Kläge­rin für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin steht nicht im Wi­der­spruch zu Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung, wie sie im all­ge­mei­nen Willkürver­bot (Art. 3 Abs. 1 GG), den gu­ten Sit­ten iSd. § 138 BGB oder dem ord­re pu­blic ih­ren Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben.

(aa) Die con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis hat den Ent­zug der Be­auf­tra­gung mit Blick dar­auf ge­bil­ligt, dass die Kläge­rin ih­rer Re­si­denz­pflicht nicht nach­ge­kom­men und das er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis für ei­ne pas­to­ra­le Tätig­keit im Auf-trag des Erz­bi­schofs ir­re­pa­ra­bel beschädigt sei. Sie hat dar­in den nach can. 193 § 1 CIC er­for­der­li­chen schwer­wie­gen­den Grund dafür ge­se­hen, die Kläge­rin ih­res Amts zu ent­he­ben.

(bb) Dies lässt je­den­falls kei­nen Wi­der­spruch zu Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung er­ken­nen. Es ist nicht willkürlich, in ei­ner mögli­chen Ver­let­zung von Dienst- bzw. Amts­pflich­ten ver­bun­den mit ei­nem Ver­lust des für die Amts­ausübung nach dem kirch­li­chen Selbst­verständ­nis er­for­der­li­chen Ver­trau­ens ei­nen Grund für den Ent­zug des Amts zu se­hen. Es un­ter­liegt kei­ner Über­prüfung durch die staat­li­chen Ge­rich­te, wel­che Umstände im Ein­zel­nen die ent­spre­chen­de in­ner­kirch­li­che Einschätzung ge­recht­fer­tigt ha­ben und ob die­se zu­trifft.
 


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(4) Mit dem Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung fehl­te der Kläge­rin dau­er­haft die Befähi­gung für die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Tätig­keit ei­ner Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Es gibt kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass ei­ne er­neu­te Be­auf­tra­gung zu er­war­ten ge­we­sen wäre. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin ist der Ent­zug ih­rer ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nicht des­halb kündi­gungs­schutz­recht­lich un­be­acht­lich, weil er auf ei­ner Ent­schei­dung des Bis­tums selbst be­ruht. Die­ses hat sich da­mit nicht willkürlich selbst ei­nen Kündi­gungs­grund ge­schaf­fen. Es war bei sei­ner Ent­schei­dung an die kir­chen­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nach can. 193 § 1 CIC ge­bun­den. Ob die­se be­ach­tet wur­den, un­ter­lag zu­dem der kir­chen­in­ter­nen Kon­trol­le, ua. durch die con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis. Die Be­schränkung auf ei­ne aus­sch­ließlich in­ner­kirch­li­che Über­prüfung die­ser Maßnah­me ist vom ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­ten Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­che um­fasst und ei­ner Kon­trol­le durch die staat­li­chen Ge­rich­te ent­zo­gen.


d) Auf­grund des Weg­falls der Befähi­gung der Kläge­rin für die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ist ei­ne Ände­rung der ver­trag­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen not­wen­dig ge­wor­den. Nach den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen ist of­fen, ob das be­klag­te Erz­bis­tum mit dem An­ge­bot, die Kläge­rin als Se­kretärin mit Vergütung nach Ent­gelt­grup­pe 5 wei­ter­zu­beschäfti­gen, die An­pas­sung auf das ob­jek­tiv er­for­der­li­che Maß be­schränkt hat. Die ent­spre­chen­de Sach­aufklärung wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt nach­zu­ho­len ha­ben.


aa) Die Kläge­rin hat gel­tend ge­macht, das An­ge­bot ei­ner Teil­zeit­stel­le mit der Hälf­te der re­gelmäßigen Ar­beits­zeit und ei­ner Vergütung nach Ent­gelt­grup­pe 10 hätte die bis­he­ri­gen Ver­trags­be­din­gun­gen we­ni­ger geändert. Sie hat sich da­mit zu­min­dest kon­klu­dent dar­auf be­ru­fen, mit den ihr zu­vor an­ge­bo­te­nen re­li­gi­onspädago­gi­schen Auf­ga­ben im In­sti­tut für Re­li­gi­onspädago­gik und Me­di­en­ar­beit wei­ter­beschäftigt wer­den zu können.


bb) Da­mit hat die Kläge­rin ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts hin­rei­chend aus­geführt, wie sie sich ei­ne an­der­wei­ti­ge, ih­rer bis­he­ri­gen Tätig­keit näher kom­men­de Beschäfti­gung vor­stellt. Es ist im Rah­men von § 2 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht er­for­der­lich, dass der Ar­beit­neh­mer ei­nen ganz be­stimm­ten frei­en Ar­beits­platz be­zeich­net. Er genügt sei­ner Dar­le­gungs-


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last in der Re­gel schon da­durch, dass er an­gibt, an wel­chen Be­trieb er denkt und wel­che Art der Beschäfti­gung er meint (BAG 25. Ok­to­ber 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28, BA­GE 142, 36). Es war da­her Sa­che des be­klag­ten Erz­bis­tums, sub­stan­ti­iert zu erläutern, aus wel­chem Grund ei­ne Beschäfti­gung der Kläge­rin auf ei­nem Ar­beits­platz mit den an­ge­bo­te­nen re­li­gi­onspädago­gi­schen Auf­ga­ben nicht möglich ge­we­sen sei. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird ihm Ge­le­gen­heit zu ergänzen­dem Vor­brin­gen zu ge­ben ha­ben. In der vom Bis­tum in Be­zug ge­nom­me­nen Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung vom 16. De­zem­ber 2010 wur­de le­dig­lich aus­geführt, die Kläge­rin ha­be zu­mut­ba­re an­de­re Tätig­kei­ten ab­ge­lehnt.


cc) Die vor­aus­ge­gan­ge­ne Ab­leh­nung der nun­mehr ins Spiel ge­brach­ten Tätig­keit hin­dert die Kläge­rin nicht, sich auf die­se Ände­rungsmöglich­keit zu be­ru­fen. Ihr Ver­hal­ten wäre nur dann wi­dersprüchlich, wenn sie zu­vor hätte er­ken­nen las­sen, sie wer­de ein ent­spre­chen­des An­ge­bot un­ter kei­nen Umständen, auch nicht bei Aus­spruch ei­ner Ände­rungskündi­gung und auch nicht un­ter dem Vor­be­halt des § 2 KSchG an­neh­men (vgl. BAG 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 4 c ee der Gründe, BA­GE 114, 243). Dafür gibt es kei­ne An­halts­punk­te.


dd) Auch das An­ge­bot ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung mit Auf­ga­ben der Ent­gelt­grup­pe 10 zu ei­nem ge­rin­ge­ren zeit­li­chen Um­fang als bis­her hätte we­ni­ger weit vom bis­he­ri­gen Ar­beits­ver­trag der Kläge­rin ent­fernt sein können als die an­ge­bo­te­ne Voll­zeit­stel­le als Se­kretärin. Dies gilt selbst dann, wenn die Kläge­rin auf­grund des ge­rin­ge­ren Beschäfti­gungs­um­fangs trotz der höhe­ren Ent­gelt-grup­pe we­ni­ger ver­dient hätte als bei ei­ner Beschäfti­gung als Se­kretärin in Voll­zeit.


(1) Im Ar­beits­verhält­nis kommt der Höhe der Vergütung pro Zeit­ein­heit und da­mit der Wer­tig­keit der Tätig­keit ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung zu. Die­se bleibt - an­ders als beim An­ge­bot ei­ner ge­rin­ger­wer­ti­gen Tätig­keit mit un­veränder­tem St­un­den­um­fang - bei ei­ner bloßen Re­du­zie­rung des Beschäfti­gungs­um­fangs gleich. Sie stellt des­halb grundsätz­lich den we­ni­ger weit rei­chen­den Ein­griff in das ver­trag­li­che Aus­tausch­verhält­nis dar.
 


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(2) Dar­an ändert sich im Grund­satz nichts, wenn der Ar­beit­neh­mer auf der Teil­zeit­stel­le mit höher­wer­ti­ger Tätig­keit ins­ge­samt ei­ne ge­rin­ge­re Vergütung er­zielt als auf der Voll­zeit­stel­le mit ge­rin­ger­wer­ti­ger Tätig­keit. Zwar ver­schlech­tert sich da­durch sein Ge­samt­vergütungs­an­spruch. Der höhe­re Ge­samt­ver­dienst auf der ge­rin­ger be­wer­te­ten Voll­zeit­stel­le wiegt aber den ob­jek­ti­ven Vor­teil der Beschäfti­gung mit ei­ner höher­wer­ti­gen Tätig­keit auf ei­ner Teil­zeit­stel­le in der Re­gel nicht auf. Die­ser liegt dar­in, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne auf­grund der Teil­zeit­beschäfti­gung frei wer­den­de Ar­beits­kraft an­der­wei­tig ver­wer­ten oder nut­zen kann. Zu­dem hat er bei ei­ner Beschäfti­gung in Teil­zeit die Möglich­keit, dem Ar­beit­ge­ber nach § 9 Tz­B­fG den Wunsch nach ei­ner Verlänge­rung sei­ner Ar­beits­zeit an­zu­zei­gen mit der Fol­ge, dass er bei der zukünf­ti­gen Be­set­zung ei­nes ge­eig­ne­ten frei­en Ar­beits­plat­zes uU be­vor­zugt berück­sich­tigt wer­den muss. Nicht zu­letzt ermöglicht ihm ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung auf der Teil­zeit­stel­le mit höher­wer­ti­ger Tätig­keit eher den Er­halt sei­ner Qua­li­fi­ka­tio­nen.


(3) Im Streit­fall würde der ob­jek­ti­ve Vor­teil der Bei­be­hal­tung ei­ner nach Ent­gelt­grup­pe 10 zu vergüten­den Tätig­keit bei ei­nem Beschäfti­gungs­um­fang von 50 vH - wie von der Kläge­rin gel­tend ge­macht - nicht da­durch auf­ge­wo­gen, dass nach dem Vor­brin­gen des be­klag­ten Erz­bis­tums die Kläge­rin als Se­kretärin in Voll­zeit 2.650,82 Eu­ro brut­to, in ih­rer bis­he­ri­gen Ent­gelt­grup­pe 10 dann hin­ge­gen nur 1.997,10 Eu­ro ver­dient hätte, was ei­nem Un­ter­schied in Höhe von 394,89 Eu­ro net­to entspräche. Ei­ne sol­che Vergütungs­dif­fe­renz von - auf Brut­to­ba­sis - we­ni­ger als 25 vH vermöch­te die er­heb­li­che Her­ab­stu­fung nach der Art der Tätig­keit, ver­bun­den mit ei­ner Her­ab­grup­pie­rung um fünf Ent­gelt­grup­pen bei wei­ter­hin vol­ler Ar­beits­zeit, nicht zu kom­pen­sie­ren.


ee) Die Not­wen­dig­keit, die An­pas­sung der Ver­trags­be­din­gun­gen auf das ob­jek­tiv er­for­der­li­che Maß zu be­schränken, stellt kei­ne Über­for­de­rung des Ar­beit­ge­bers dar. So­fern im Ein­zel­fall schwie­rig zu be­stim­men sein soll­te, wel­ches von meh­re­ren mögli­chen Ände­rungs­an­ge­bo­ten sich we­ni­ger weit vom bis­he­ri­gen Ver­trags­in­halt ent­fernt, steht es dem Ar­beit­ge­ber frei, dem Ar­beit­neh­mer die in Be­tracht kom­men­den Ände­run­gen al­ter­na­tiv an­zu­bie­ten. Der Ar­beit­neh­mer hätte dann die Wahl, ei­nes der An­ge­bo­te vor­be­halt­los oder un­ter dem Vor-
 


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be­halt des § 2 KSchG an­zu­neh­men oder sämt­li­che Ände­rungs­an­ge­bo­te ab­zu­leh­nen. Auf ei­ne ab­ge­lehn­te Wei­ter­beschäfti­gungsmöglich­keit vermöch­te er sich im Rechts­streit nicht mehr wi­der­spruchs­frei als ei­ne den bis­he­ri­gen Ver­trags­be­din­gun­gen näher kom­men­de Al­ter­na­ti­ve zu be­ru­fen (vgl. zu die­sem Er­for­der­nis der Wi­der­spruchs­frei­heit BAG 21. Sep­tem­ber 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 46; 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 4 c gg der Gründe mwN, BA­GE 114, 243).


5. Die Sa­che ist hin­sicht­lich des Kündi­gungs­schutz­an­trags nicht aus an­de­ren Gründen zur End­ent­schei­dung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).


a) Die Kündi­gung ist nach den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen nicht we­gen feh­ler­haf­ter Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung un­wirk­sam.


aa) Die Kläge­rin un­terfällt gemäß Art. 5 § 11 des Diöze­sa­nen Sta­tuts für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten vom 1. De­zem­ber 2006 (Kirch­li­ches Amts­blatt für die Erz­diöze­se Pa­der­born 2006 Stück 11 Nr. 142) der Zuständig­keit der für die­se ge­bil­de­ten Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung. Die Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten des be­klag­ten Erz­bis­tums gel­ten als Ein­rich­tung im Sin­ne des § 1a Abs. 2 der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tungs­ord­nung für das be­klag­te Erz­bis­tum (MA­VO).


bb) Ei­ne Kündi­gung, die un­ter Miss­ach­tung von § 30 Abs. 1 und Abs. 2 MA­VO aus­ge­spro­chen wur­de, ist we­gen § 30 Abs. 5 MA­VO auch nach staat­li­chem Recht un­wirk­sam (vgl. BAG 10. De­zem­ber 1992 - 2 AZR 271/92 - zu II 1 der Gründe; APS/Linck 4. Aufl. Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung im kirch­li­chen Be­reich Rn. 63).


cc) Nach § 30 Abs. 1 MA­VO ist der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung vor je­der or­dent­li­chen Kündi­gung durch den Dienst­ge­ber schrift­lich die Ab­sicht zu kündi­gen mit­zu­tei­len. Be­stand das Ar­beits­verhält­nis bei der Kündi­gung min­des­tens sechs Mo­na­te, sind auch die Gründe für die Kündi­gung dar­zu­le­gen. Will die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung ge­gen die Kündi­gung Ein­wen­dun­gen gel­tend ma­chen, hat sie die­se gemäß § 30 Abs. 2 MA­VO un­ter An­ga­be der Gründe dem Dienst­ge­ber spä-


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tes­tens in­ner­halb ei­ner Wo­che schrift­lich mit­zu­tei­len. Er­hebt die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung in­ner­halb der Frist kei­ne Ein­wen­dun­gen, gilt die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung als nicht be­an­stan­det. Er­hebt die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung Ein­wen­dun­gen und hält der Dienst­ge­ber an der Kündi­gungs­ab­sicht fest, wer­den die Ein­wen­dun­gen in ei­ner ge­mein­sa­men Sit­zung von Dienst­ge­ber und Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung mit dem Ziel ei­ner Verständi­gung be­ra­ten. Der Dienst­ge­ber setzt den Ter­min der ge­mein­sa­men Sit­zung fest und lädt hier­zu ein.


dd) Die Re­ge­lun­gen in § 30 Abs. 1 und Abs. 2 MA­VO sind - mit Aus­nah­me der Be­ra­tungs­pflicht nach recht­zei­tig er­ho­be­nen Ein­wen­dun­gen - § 102 Abs. 1 und Abs. 2 Be­trVG nach­ge­bil­det. In­so­fern können die dort gel­ten­den Grundsätze für die Aus­le­gung her­an­ge­zo­gen wer­den (vgl. BAG 16. Ok­to­ber 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 2 c der Gründe). Wie bei § 102 Abs. 1 Be­trVG hat der Dienst­ge­ber nicht al­le er­denk­li­chen, son­dern nur die für ihn maßge­ben­den Kündi­gungs­gründe mit­zu­tei­len (APS/Linck 4. Aufl. Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung im kirch­li­chen Be­reich Rn. 31; MA­VO/Fuhr­mann 6. Aufl. § 30 Rn. 37, 40; Jous­sen ZMV 2006, 116, 119). Die Kündi­gungs­gründe sind kon­kret dar­zu­stel­len, pau­scha­le An­ga­ben und bloße Wert­ur­tei­le genügen nicht.


ee) Im Streit­fall wird das durch­geführ­te Anhörungs­ver­fah­ren den An­for­de­run­gen des § 30 Abs. 1 MA­VO ge­recht. Das be­klag­te Erz­bis­tum hat die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung mit Schrei­ben vom 16. De­zem­ber 2010 aus­rei­chend über die Kündi­gungs­gründe un­ter­rich­tet. Aus dem Schrei­ben er­gibt sich, dass der Kläge­rin nach Auf­fas­sung des Bis­tums auf­grund des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung endgültig die Befähi­gung zur Ausübung ih­rer ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin fehl­te und aus die­sem Grund (hilfs­wei­se) die or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses - ver­bun­den mit dem aus Sicht des Bis­tums für sie am we­nigs­ten nach­tei­li­gen An­ge­bot ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung als Se­kretärin nach Ent­gelt­grup­pe 5 - erklärt wer­den soll­te.

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ff) Nach den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen gibt es kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass das be­klag­te Erz­bis­tum das wei­te­re Ver­fah­ren nach § 30 Abs. 2 MA­VO nicht ein­ge­hal­ten hätte.


b) Die Kündi­gung ist nicht we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Ver­bot von Maßre­ge­lun­gen in § 612a BGB un­wirk­sam.

aa) Nach § 612a BGB darf der Ar­beit­ge­ber ei­nen Ar­beit­neh­mer bei ei­ner Maßnah­me nicht des­halb be­nach­tei­li­gen, weil die­ser in zulässi­ger Wei­se sei­ne Rech­te ausübt. Als Maßnah­me kommt auch ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses in Be­tracht. Sie kann sich als Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­ner zulässi­gen Rechts­ausübung dar­stel­len. Das Maßre­ge­lungs­ver­bot ist ver­letzt, wenn zwi­schen der Rechts­ausübung und der Be­nach­tei­li­gung ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang be­steht. Dafür muss die zulässi­ge Rechts­ausübung der tra­gen­de Grund, dh. das we­sent­li­che Mo­tiv für die be­nach­tei­li­gen­de Maßnah­me ge­we­sen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechts­ausübung nur der äußere An­lass für sie war (BAG 19. April 2012 - 2 AZR 233/11 - Rn. 47; 12. Mai 2011 - 2 AZR 384/10 - Rn. 38).

bb) Nach die­sen Grundsätzen liegt hier kein Ver­s­toß ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot vor. Es ist nicht er­kenn­bar, dass die Rechts­ausübung der Kläge­rin in Ge­stalt der Vor­pro­zes­se der tra­gen­de Grund für die Ände­rungskündi­gung vom 29. De­zem­ber 2010 ge­we­sen wäre. Das Bis­tum hat sich zur Be­gründung der Ände­rungskündi­gung auf den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung der Kläge­rin für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­ru­fen. Der Ent­zug sei­ner­seits war laut des die Be­schwer­de der Kläge­rin zurück­wei­sen­den De­krets der con­gre­ga­tio pro cle­ri­cis nicht dar­auf gestützt, dass die Kläge­rin Rechts­strei­tig­kei­ten mit dem Bis­tum geführt hat­te. Der Amts­ent­zug wur­de als ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen, weil die Kläge­rin ih­re Re­si­denz­pflicht ver­letzt ha­be und das Ver­trau­ens­verhält­nis für ei­ne pas­to­ra­le Tätig­keit im Auf­trag des Erz­bi­schofs nicht mehr ge­ge­ben sei. Dies wie­der­um war nach der Be­gründung des De­krets über den Ent­zug der Be­auf­tra­gung nicht des­halb der Fall, weil die Kläge­rin Rechts­strei­tig­kei­ten ge­gen ih­ren Dienst­herrn geführt, son­dern weil sie un­wah­re und ehr­ver­let­zen­de Be­haup­tun­gen ver­brei­tet bzw. de­ren Ver­brei­tung ge­dul­det und geför-

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dert ha­be. An­halts­punk­te dafür, der in Wirk­lich­keit tra­gen­de Grund für die Ent­schei­dung sei gleich­wohl der Um­stand ge­we­sen, dass die Kläge­rin über­haupt ih­re Rech­te kla­ge­wei­se gel­tend ge­macht hat­te, sind nicht ge­ge­ben. Die kir­chen­in­ter­ne Würdi­gung des Ver­hal­tens der Kläge­rin un­ter­liegt kei­ner Über­prüfung durch die staat­li­chen Ge­rich­te.

II. Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf - wei­ter­ge­hen­de - Vergütung aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1, § 293 ff. BGB. Es be­darf kei­ner Ent­schei­dung, ob ihr ein auf die Ge­halts­erhöhung ge­rich­te­ter An­spruch für die Zeit vom 26. Ju­li bis zum 30. Sep­tem­ber 2010 be­reits durch die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts im Vor­pro­zess über den dort ein­ge­klag­ten Be­trag rechts­kräftig ab­er­kannt ist oder ob es sich in­so­fern um die Ent­schei­dung über ei­ne (ver­deck­te) Teil­kla­ge han­delt, de­ren Bin­dungs­wir­kung le­dig­lich den er­ho­be­nen Teil­an­spruch um­fasst (vgl. da­zu BGH 27. Ju­li 2012 - V ZR 258/11 - Rn. 9; 9. April 1997 - IV ZR 113/96 - BGHZ 135, 178). Das be­klag­te Erz­bis­tum war we­der während die­ses Zeit­raums noch in der Zeit vom 1. Ok­to­ber 2010 bis zum 2. De­zem­ber 2010 mit der An­nah­me der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin in Ver­zug.


1. Nach § 297 BGB kommt der Ar­beit­ge­ber trotz Vor­lie­gens der sons­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen nicht in An­nah­me­ver­zug, wenn der Ar­beit­neh­mer außer­stan­de ist, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Leis­tung zu be­wir­ken. Ne­ben der - tatsächli­chen oder recht­li­chen - Leis­tungs­unfähig­keit er­fasst § 297 BGB auch das Feh­len von Leis­tungs­wil­lig­keit. Ein leis­tungs­un­wil­li­ger Ar­beit­neh­mer setzt sich selbst außer­stan­de, die Ar­beits­leis­tung zu be­wir­ken. Die ob­jek­ti­ve Leis­tungsfähig­keit und der sub­jek­ti­ve Leis­tungs­wil­le sind Vor­aus­set­zun­gen, die während der ge­sam­ten Dau­er des An­nah­me­ver­zugs vor­lie­gen müssen (BAG 12. De­zem­ber 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 25; 22. Fe­bru­ar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 16, BA­GE 141, 34).


2. Die Kläge­rin war in die­sem Sin­ne zur Leis­tung unfähig bzw. un­wil­lig. Für die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin fehl­te ihr nach dem so­fort wirk­sa­men Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung am 16. März 2010 die sub­jek­ti­ve Leis­tungsfähig­keit. Wird zu ih­ren Guns­ten un­ter­stellt, das be­klag­te Erz­bis­tum sei auf­grund sei­ner Fürsor­ge­pflicht ge­hal­ten ge­we­sen,
 


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sie - vorüber­ge­hend - mit an­de­ren als den ver­trags­gemäßen Ar­bei­ten zu beschäfti­gen (vgl. zur Dis­kus­si­on BAG 27. Au­gust 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 15; 18. De­zem­ber 1986 - 2 AZR 34/86 - zu B II 4 der Gründe), ist es die­ser Ver­pflich­tung hier nach­ge­kom­men. Es hat der Kläge­rin näher be­nann­te re­li­gi­onspädago­gi­sche Auf­ga­ben zu­ge­wie­sen, de­ren Erfüllung die­se mit Wir­kung ab dem 26. Ju­li 2010 ab­lehn­te. Dies be­gründet ih­re Leis­tungs­un­wil­lig­keit je­den­falls ab die­sem Zeit­punkt.


III. Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 33a Abs. 1 KA­VO, § 1 Abs. 1 der An­la­ge 14 zur KA­VO auf Zah­lung ei­ner Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 über den ihr zu­ge­spro­che­nen An­teil in Höhe von 5/12 hin­aus. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, der vol­le An­spruch auf 80 vH ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­halts sei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der An­la­ge 14 zur KA­VO in dem Um­fang zu kürzen ge­we­sen, wie die Kläge­rin für vol­le Ka­len­der­mo­na­te im Jahr 2010 kei­nen Ent­gelt­an­spruch hat­te. Dies war in sie­ben Mo­na­ten - im Ja­nu­ar und Fe­bru­ar so­wie von Au­gust bis De­zem­ber 2010 - der Fall.


1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der An­la­ge 14 zur KA­VO ver­min­dert sich die Weih­nachts­zu­wen­dung um ein Zwölf­tel für je­den Ka­len­der­mo­nat, für den der Mit­ar­bei­ter während des Ka­len­der­jah­res kei­nen An­spruch auf Bezüge aus ei­nem Rechts­verhält­nis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 der An­la­ge 14 zur KA­VO ge­nann­ten Art hat.


2. Die Re­ge­lung ist wirk­sam. Dies gilt selbst dann, wenn sie als all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung eben­so wie ei­ne rein ein­zel­ver­trag­li­che Be­stim­mung ei­ner vol­len In­halts­kon­trol­le nach §§ 305 ff. BGB un­ter­lie­gen soll­te (vgl. zum Prüfungs­maßstab bei kirch­li­chen Ar­beits­ver­trags­re­ge­lun­gen BAG 17. No­vem­ber 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 16 ff., 19, 20 ff.).

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a) Die Kürzungs­re­ge­lung in § 2 Abs. 2 Satz 1 der An­la­ge 14 zur KA­VO ist nicht un­klar iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie sieht ei­ne Kürzung pro ra­ta tem­po­ris für Mo­na­te oh­ne Bezüge mit im Satz 2 der Be­stim­mung kon­kret be­nann¬ten Aus­nah­men vor.


b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin ist die Kürzungs­re­ge­lung nicht des­halb un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gend iSv. § 307 Abs. 1 BGB und da­mit un­wirk­sam, weil sie nicht da­nach un­ter­schei­det, ob der Ar­beit­neh­mer auf­grund ei­nes ihm selbst oder ei­nes dem Ar­beit­ge­ber zu­zu­rech­nen­den Um­stands kei­nen Vergütungs­an­spruch hat­te. Mit Blick auf ei­nen mögli­chen An­spruchs­ver­lust in­fol­ge von Ar­beits­unfähig­keit er­gibt sich schon aus § 4a EFZG, dass das Ge­setz im Rah­men der dort ge­nann­ten Gren­zen - die hier nicht über­schrit­ten sind - ei­ne sol­che Dif­fe­ren­zie­rung bei Kürzungs­re­ge­lun­gen für Son­der­vergütun­gen nicht ver­langt. In wel­chen sons­ti­gen Fällen ein Ar­beit­neh­mer im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis auf­grund ei­nes dem Ar­beit­ge­ber zu­zu­rech­nen­den Um­stands sei­nen Vergütungs­an­spruch ver­lie­ren könn­te, ist we­der von der Kläge­rin vor­ge­tra­gen, noch ob­jek­tiv er­sicht­lich. So trägt der Ar­beit­ge­ber das Be­triebs­ri­si­ko und hat bei An­nah­me­ver­zug die Vergütung fort­zu­zah­len.

3. Zu Recht hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men, die Kläge­rin ha­be für die Mo­na­te Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2010 we­gen ih­rer von Ja­nu­ar 2009 bis En­de Fe­bru­ar 2010 an­dau­ern­den Er­kran­kung kei­nen Ent­gelt­an­spruch ge­habt. Auch für die Mo­na­te Au­gust bis De­zem­ber 2010 hat es ei­nen Vergütungs­an­spruch der Kläge­rin zu­tref­fend ver­neint. Die Kläge­rin hat in die­ser Zeit kei­ne Ar­beits­leis­tung er­bracht, das be­klag­te Erz­bis­tum war - wie aus­geführt - mit der An­nah­me ih­rer Leis­tung auch nicht in Ver­zug. Ein Vergütungs­an­spruch für die Zeit nach dem 2. De­zem­ber 2010 ist als sol­cher nicht Ge­gen­stand des vor­lie­gen­den Rechts­streits. Den­noch hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Er­geb­nis ei­nen Ent­gelt­an­spruch der Kläge­rin für den Mo­nat De­zem­ber 2010 mit Recht ver­neint. Zwar hat das be­klag­te Erz­bis­tum am 2. De­zem­ber 2010 ei­ne - un­wirk­sa­me - außer­or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung aus­ge­spro­chen. Die Kläge­rin war je­doch zur Leis­tung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin wei­ter­hin nicht fähig. Für an­de­re Ar­bei­ten fehl­te ihr der er­for-


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der­li­che Leis­tungs­wil­le. Das be­klag­te Erz­bis­tum muss­te ihr je­den­falls zur Ver­mei­dung von An­nah­me­ver­zug nicht noch ein­mal die Ar­bei­ten an­bie­ten, die sie be­reits ab­ge­lehnt hat­te (vgl. BAG 27. Au­gust 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 15).


IV. Die Re­vi­si­on ist be­gründet, so­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt von der der Kläge­rin zu­ge­spro­che­nen an­tei­li­gen Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.323,46 Eu­ro brut­to Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­halts in Höhe von 2.694,15 Eu­ro net­to in Ab­zug ge­bracht hat. Ob und in wel­cher Höhe der An­spruch gemäß § 115 SGB X auf So­zi­al­leis­tungs­träger über­ge­gan­gen und an­zu­rech­nen ist, steht noch nicht fest.


1. Auch Son­der­zah­lun­gen sind grundsätz­lich über­g­angsfähi­ge Ent­gelt­leis­tun­gen (vgl. BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 41/91 - BA­GE 70, 275). Nach der Be­griffs­be­stim­mung in § 14 SGB IV sind Ar­beits­ent­gelt al­le lau­fen­den oder ein­ma­li­gen Ein­nah­men aus ei­ner Beschäfti­gung, gleichgültig, ob ein Rechts­an­spruch auf sie be­steht, un­ter wel­cher Be­zeich­nung oder in wel­cher Form sie ge­leis­tet wer­den und ob sie un­mit­tel­bar aus der Beschäfti­gung oder im Zu­sam­men­hang mit ihr er­zielt wer­den. Die mögli­che Unpfänd­bar­keit ei­nes An­spruchs auf Weih­nachts­vergütung steht dem Über­gang gemäß § 115 Abs. 2 SGB X nicht ent­ge­gen.


2. Vor­aus­set­zung für den Über­gang ei­nes An­spruchs nach § 115 Abs. 1 SGB X ist, dass sei­ne Nich­terfüllung kau­sal war für die Leis­tung durch den Träger.


a) Zweck des § 115 SGB X ist es, dem So­zi­al­leis­tungs­träger die Leis­tun­gen zurück­zu­er­stat­ten, die nicht an­ge­fal­len wären, wenn der Ar­beit­ge­ber sei­ner Leis­tungs­pflicht recht­zei­tig nach­ge­kom­men wäre. Vor­aus­set­zung ist al­so ei­ne Ku­mu­la­ti­on von Ansprüchen in der Per­son des Leis­tungs­empfängers der­art, dass zu der Be­frie­di­gung ei­nes iden­ti­schen In­ter­es­ses der Ar­beit­ge­ber und ggf. ein So­zi­al­leis­tungs­träger ver­pflich­tet sind. Die Be­stim­mung ver­langt ei­ne zeit­li­che Kon­gru­enz der­ge­stalt, dass die So­zi­al­leis­tung tatsächlich an die Stel­le des Ar­beits­ent­gelts ge­tre­ten ist. Ei­ne völli­ge zeit­li­che De­ckung von ar­beits­recht­li­chem Vergütungs­zeit­raum und so­zi­al­recht­li­chem Leis­tungs­zeit­raum ist dafür

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nicht er­for­der­lich. Ent­schei­dend ist, für wel­chen Zeit­raum die Leis­tun­gen des Ar­beit­ge­bers auf der ei­nen und die des So­zi­al­leis­tungs­trägers auf der an­de­ren Sei­te be­stimmt sind (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 61/11 - Rn. 21, BA­GE 141, 95; 26. Mai 1993 - 5 AZR 405/92 - zu 2 a der Gründe, BA­GE 73, 186).


b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat bis­lang nicht ge­prüft, ob und ggf. in wel­cher Höhe ei­ne zeit­li­che und in­halt­li­che Kon­gru­enz der an­ge­rech­ne­ten Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­halts und des An­spruchs der Kläge­rin auf Weih­nachts­zu­wen­dung ge­ge­ben ist. Dies wird es nach­zu­ho­len ha­ben. Die Über­lei­tungs­an­zei­ge vom 10. Fe­bru­ar 2011 be­zog sich nur auf Lohn­ansprüche für den Zeit­raum vom 5. Ok­to­ber 2010 bis zum 30. No­vem­ber 2010.

c) In Be­tracht kommt auch ei­ne An­rech­nung an­de­rer So­zi­al­leis­tun­gen. Die Kläge­rin hat vor­ge­tra­gen, ab dem 12. De­zem­ber 2010 Ar­beits­lo­sen­geld er­hal­ten zu ha­ben.


3. Die Höhe ei­nes mögli­chen For­de­rungsüber­gangs auf den So­zi­al­leis­tungs­träger gemäß § 115 Abs. 1 SGB X ist durch die Höhe des An­spruchs des Ar­beit­neh­mers auf Ar­beits­ent­gelt be­grenzt (vgl. Be­ckOK SozR/Pohl 30. Edi­ti­on § 115 SGB X Rn. 21 mwN). Ein den Ent­gelt­an­spruch des Ar­beit­neh­mers über­stei­gen­der Be­trag kann nicht über­ge­hen. Auch dies wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt ggf. zu berück­sich­ti­gen ha­ben.


V. Die Ver­ur­tei­lung des be­klag­ten Erz­bis­tums zur Zah­lung von Ur­laubs­ab­gel­tung wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt, soll­te es zu dem Er­geb­nis kom­men, die Kündi­gung vom 29. De­zem­ber 2010 ha­be das Ar­beits­verhält­nis nicht auf­gelöst, auf­zu­he­ben und für ge­gen­stands­los zu erklären ha­ben (vgl. BAG 24. Ja­nu­ar 2013 - 2 AZR 140/12 - Rn. 29; BGH 14. De­zem­ber 1988 - IVa ZR 209/87 - zu IV der Gründe, BGHZ 106, 219). An­dern­falls ver­bleibt es bei de­ren Rechts­kraft. Die Ent­schei­dung über den von der Kläge­rin nur hilfs­wei­se für den Fall des Un­ter­lie­gens mit dem Kündi­gungs­schutz­an­trag er­ho­be­nen An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung steht un­ter der auflösen­den Be­din­gung, dass dem Haupt­an­trag endgültig statt­ge­ge­ben wird und da­mit kein Raum mehr für die Ent­schei­dung über
 


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den Hilfs­an­trag bleibt (vgl. BGH 6. No­vem­ber 2012 - II ZR 280/11 -; 14. De­zem­ber 1988 - IVa ZR 209/87 - aaO). Ei­ne Auf­he­bung durch den Se­nat kommt nicht in Be­tracht, weil das Bis­tum selbst sei­ne Ver­ur­tei­lung nicht an­ge­foch­ten hat.

Kreft 

Rinck 

Ra­chor

Söller 

Jan Eu­len

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