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Abmahnung bei Verstoß gegen Betriebsverfassung?
18.01.2016. Betriebsratsmitglieder sind Arbeitnehmer und haben als solche arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten. Gleichzeitig müssen sie als Organe der Betriebsverfassung das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beachten.
Bei (erheblichen) Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten drohen Abmahnung und verhaltensbedingte Kündigung, bei (groben) Verstößen gegen die Amtspflichten eines Betriebsrats der Ausschluss aus dem Gremium gemäß § 23 Abs.1 BetrVG.
Aber kann der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied auch abmahnen bzw. ihm eine Kündigung des Arbeitsvertrags androhen, weil er (angeblich) betriebsverfassungsrechtliche Amtspflichten verletzt hat, die ihn (nur) als Betriebsratsmitglied treffen? Zu dieser Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung Stellung genommen: BAG, Beschluss vom 09.09.2015, 7 ABR 69/13.
- Abmahnung von Betriebsratsmitgliedern
- Im Streit: Arbeitgeber mahnt Betriebsratsvorsitzenden wegen angeblicher Missachtung der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Betriebsrat und Geschäftsleitung ab
- BAG: Keine individualrechtliche Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds wegen Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichten
Abmahnung von Betriebsratsmitgliedern
Verletzt ein Betriebsratsmitglied durch ein bestimmtes Verhalten
- nur seine Pflichten als Arbeitnehmer oder
- zugleich seine Pflichten als Arbeitnehmer und als Betriebsratsmitglied,
kann der Arbeitgeber eine (normale bzw. "individualrechtliche") Abmahnung wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten aussprechen. Mit einer solchen Abmahnung droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die verhaltensbedingte Kündigung an für den Fall, dass er den abgemahnten Pflichtverstoß wiederholt.
Ein Beispiel für die gleichzeitige Verletzung von Arbeitnehmer- und Betriebsratspflichten ist die Beleidigung des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten durch ein Betriebsratsmitglied bei der Wahrnehmung von Mitwirkungsrechten nach dem BetrVG. Ein solches Fehlverhalten stellt sowohl eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar als auch einen Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs.1 BetrVG).
Verstößt ein Betriebsratsmitglied ausschließlich gegen seine betriebsverfassungsrechtliche Pflichten, kann der Arbeitgeber gemäß § 23 Abs.1 BetrVG den arbeitsgerichtlichen Ausschluss aus dem Betriebsrat beantragen, falls der Pflichtverstoß "grob" war.
In juristischen Kommentaren zum BetrVG liest man manchmal, dass dem Ausschlussverfahren nach § 23 Abs.1 BetrVG eine "betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung" vorausgehen müsse. Denn dem Betriebsratsmitglied müsse vor Einleitung eines gerichtlichen Ausschlussverfahrens die Gelegenheit gegeben werden, sein Verhalten zu ändern. Der Mehrheitsmeinung zufolge gibt es eine solche "betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung" gar nicht. Denn davon steht erstens nichts im Gesetz und zweitens langt ja nicht jeder Pflichtverstoß für einen Ausschluss aus dem Betriebsrat, sondern nur ein "grober" Pflichtverstoß.
Das BAG hat sich bislang dieser Frage nicht geäußert. Immerhin hat es vor einigen Jahren klargestellt, dass der Betriebsrat (als Gremium) nicht vom Arbeitgeber verlangen kann, eine ("individualrechtliche") Abmahnung, die ein Betriebsratsmitglied kassiert hat, aus der Personalakte des Betroffenen zu entfernen, denn ein solcher Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung steht als Individualrecht allein dem abgemahnten Betriebsratsmitglied zu (BAG, Beschluss vom 04.12.2013, 7 ABR 7/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/163 Abmahnung und Betriebsrat).
Diese strikte Trennung von Individualrechten und betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten legt es nahe, dass ("individualrechtliche") Abmahnungen von Betriebsratsmitgliedern wegen Verletzung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Amtspflichten rechtlich unzulässig sind.
Im Streit: Arbeitgeber mahnt Betriebsratsvorsitzenden wegen angeblicher Missachtung der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Betriebsrat und Geschäftsleitung ab
Im Streitfall trafen Betriebsrat und Geschäftsleitung eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz von Leiharbeitnehmern. Diese Betriebsvereinbarung versandte der Vorsitzende des Betriebsrats als PDF per E-Mail an alle Arbeitnehmer des Konzerns, denn er wollte den anderen Konzernbetriebsräten eine "Hilfestellung" zukommen lassen.
Das Unternehmen mahnte den Betriebsratsvorsitzenden daraufhin ab. In dieser „Abmahnung als Betriebsrat“ heißt es:
„Sehr geehrter Herr A,
am 09.12.2011 haben Sie sich mit einer E-Mail an alle Mitarbeiter des N Konzerns gewandt. Hierbei haben Sie die BV Leiharbeit der E versandt.
Ihr Verhalten stellt einen Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit dar. [...] Für Ihr Fehlverhalten mahnen wir Sie hiermit ab. Sollten Sie erneut gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und sich in entsprechender Art und Weise pflichtwidrig verhalten, müssen Sie damit rechnen, dass wir Ihren Ausschluss als Betriebsratsmitglied beim Arbeitsgericht beantragen werden (§ 23 BetrVG). Gegebenenfalls könnte sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen."
Der Betriebsrat und der abgemahnte Betriebsvorsitzende zogen vor das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven. Der Betriebsrat beantragte dort erfolgreich im Beschlussverfahren die Feststellung, dass die Abmahnung eine Störung der Betriebsarbeit sei (Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, Beschluss vom 22.11.2012, 8 BV 802/12). Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Bremen stellte der Betriebsratsvorsitzende einen Antrag auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Auch das LAG gab dem Betriebsrat und seinem Vorsitzenden Recht (LAG Bremen, Beschluss vom 02.07.2013, 1 TaBV 35/12).
BAG: Keine individualrechtliche Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds wegen Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichten
Das BAG hielt nur den Antrag des Betriebsratsvorsitzenden auf Entfernung der Abmahnung für begründet. Der Betriebsrat dagegen hatte mit seinen Anträgen in Erfurt keinen Erfolg.
Wie schon in seinem o.g. Beschluss vom 04.12.2013 ( ABR 7/12) stellt das BAG nochmals klar, dass der Betriebsrat als Gremium keine klagbaren Ansprüche in Bezug auf eine Abmahnung hat, die einem seiner Mitglieder erteilt wurde. Der Betriebsrat kann weder die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte des betroffenen Betriebsratsmitglieds verlangen noch die arbeitsgerichtliche Feststellung, dass eine solche Abmahnung nicht rechtens war. Umgekehrt kann allerdings das abgemahnte Betriebsratsmitglied allerdings seine Individualrechte (auch) im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen.
Hier im Streitfall hatte der Arbeitgeber dem Betriebsratvorsitzenden eine Abmahnung erteilt wegen des (angeblichen) Verstoßes gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, d.h. wegen einer (angeblichen) Amtspflichtverletzung.
Eine solche individualrechtliche "Sanktion" allein wegen der (angeblichen) Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichten ist aber ausgeschlossen, so das BAG. Die streitige Abmahnung war daher bereits aus diesem Grunde, d.h. generell unzulässig. Es konnte daher offenbleiben, ob der Betriebsratvorsitzende hier im Streitfall mit seiner E-Mail tatsächlich gegen seine Amtspflichten verstoßen hatte oder nicht.
Fazit: Eine individualrechtlichen Abmahnung eines Betriebsratsmitglied wegen Verstoßes gegen die ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Amtspflichten ist generell unzulässig. Arbeitgeber können Betriebsratsmitgliedern nicht die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses androhen, weil sie (angeblich) gegen ihre Pflichten als Betriebsrat verstoßen haben.
Weiterhin offen gelassen haben die Erfurter Richter die Frage, ob eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung vor der Einleitung des Ausschlussverfahrens gemäß § 23 Abs.1 BetrVG erforderlich ist oder nicht bzw. ob es eine solche Art von "Abmahnung" überhaupt gibt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.09.2015, 7 ABR 69/13
- Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 02.07.2013, 1 TaBV 35/12
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 04.12.2013, 7 ABR 7/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Rechtsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 17/022 Betriebsratstätigkeit als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes?
- Arbeitsrecht aktuell: 14/163 Abmahnung und Betriebsrat
- Arbeitsrecht aktuell: 14/063 Kein Mitbestimmungsrecht bei Abmahnungen
- Arbeitsrecht aktuell: 12/049 Benachteiligung eines Betriebsrats durch Verweigerung der Festanstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/041 LAG Köln: Benachteiligung eines Betriebsratsmitgliedes
- Arbeitsrecht aktuell: 10/149 Benachteiligung von Betriebsräten durch Prozesskosten?
Letzte Überarbeitung: 5. Juni 2019
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