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Abmahnung und Betriebsrat
06.05.2014. Manchmal ist der Arbeitgeber über das Verhalten eines Betriebsratsmitglieds so verärgert, dass er ihm eine Abmahnung ausspricht.
Das geht den Betriebsrat als Gremium nichts an, wenn die Abmahnung ein Verhalten des abgemahnten Betriebsratsmitglieds betrifft, das wiederum nichts mit seiner Arbeit als Betriebsrat zu tun hat.
Mahnt der Arbeitgeber dagegen ein Mitglied des Betriebsrats wegen eines Verhaltens ab, das im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Betriebsrat steht, schießt er mit der Abmahnung mittelbar auch auf den Betriebsrat, d.h. auf das Gremium.
Der Betriebsrat als Gremium kann allerdings gegen eine solche Abmahnung eines seiner Mitglieder gerichtlich nicht vorgehen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung: BAG, Beschluss vom 04.12.2013, 7 ABR 7/12.
- Kann der Betriebsrats auf der Grundlage des Behinderungsverbotes gemäß § 78 Satz 1 BetrVG die Rücknahme einer Abmahnung verlangen, die der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglieder ausgesprochen hat?
- Der Fall des BAG: Betriebsratsmitglied wird abgemahnt, weil er unzulässig Einfluss auf eine Beschwerde führende Arbeitnehmerin genommen haben soll
- BAG: Der Betriebsrat kann nicht gegen die Abmahnung seiner Mitglieder vorgehen, aber dem betroffenen Betriebsratsmitglied steht das Beschlussverfahren offen
Kann der Betriebsrats auf der Grundlage des Behinderungsverbotes gemäß § 78 Satz 1 BetrVG die Rücknahme einer Abmahnung verlangen, die der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglieder ausgesprochen hat?
Gemäß § 78 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dürfen die Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Und gemäß § 78 Satz 2 BetrVG dürfen sie "wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung".
Erteilt der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied eine Abmahnung wegen eines angeblichen Pflichtverstoßes, den das Betriebsratsmitglied in Ausübung seines Amtes oder im Zusammenhang mit seiner Betriebsratstätigkeit begangen haben soll, stellt sich erst einmal die Frage, ob Amt und Arbeitsvertrag nicht grundsätzlich zu trennen sind:
Immerhin sollen Betriebsräte ihren Arbeitgeber "ärgern", und wenn sie dabei über die Stränge schlagen, kann das gemäß § 23 Abs.1 Satz 1 BetrVG den Ausschluss aus dem Betriebsrat zur Folge haben. Demgegenüber gefährdet eine Abmahnung den Bestand des Arbeitsverhältnisses und ist damit vielleicht von vornherein die falsche Reaktion.
Andererseits ist die Stellung als Betriebsratsmitglied kein Freibrief für Pflichtverstöße, die sowohl das Arbeitsverhältnis als auch die Betriebsratsaufgaben betreffen. Ein Beispiel ist die Unterbrechung der Arbeit zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben, die zwar vom Arbeitgeber nicht genehmigt werden muss, ihm aber mitzuteilen ist. Verstößt ein Betriebsrat gegen diese Pflicht zur Mitteilung, ist eine Abmahnung möglich.
Manchmal liegt bei solchen Abmahnungen der Verdacht nahe, dass der Arbeitgeber mittelbar auf den Betriebsrat zielt. Denn wenn Betriebsratsmitglieder öfter oder "zielgerichtet" abgemahnt werden wegen angeblicher Pflichtverstöße, die eng mit der Betriebsratsarbeit zusammenhängen, ist eine unbefangene Betriebsratsarbeit nicht mehr möglich.
So gesehen belasten solche Abmahnungen, falls sie (offensichtlich) unberechtigt sind, nicht nur das unmittelbar betroffene Betriebsratsmitglied, sondern auch den Betriebsrat als Gremium, d.h. als Organ der Betriebsverfassung. Dann liegt es für den Betriebsrat nahe, selbst gegen den Arbeitgeber gerichtlich vorzugehen und die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte des abgemahnten Kollegen zu verlangen, und zwar im Beschlussverfahren, das in allen Instanzen auf Kosten des Arbeitgebers geht.
Der Fall des BAG: Betriebsratsmitglied wird abgemahnt, weil er unzulässig Einfluss auf eine Beschwerde führende Arbeitnehmerin genommen haben soll
Der vom BAG entschiedene Fall spielt in einem psychiatrischen Krankenhaus und begann damit, dass sich eine Arbeitnehmerin über den Hausmeister beim Arbeitgeber beschwert hatte, weil dieser angeblich einen Heimbewohner beschimpft und bedroht haben soll.
Der Hausmeister wandte sich an den Betriebsrat. Daraufhin sprachen zwei Betriebsratsmitglieder, unter anderem der Vorsitzende, mit der Beschwerde führenden Arbeitnehmerin über den Vorfall. Dieses Gespräch hatte eine erneute Beschwerde der Arbeitnehmerin zur Folge, diesmal gerichtet gegen die beiden Betriebsratsmitglieder. Denn diese sollen die Arbeitnehmerin angeblich dazu gedrängt haben, ihre gegen den Hausmeister gerichtete Beschwerde abzuschwächen.
Das wiederum nahm der Arbeitgeber zum Anlass, den beiden Betriebsräten eine Abmahnung zu erteilen, in der es heißt:
"Nach dem von Frau L bekannt gemachten Gesprächsverlauf besteht für uns der dringende Verdacht, dass Sie auch aus strafrechtlicher Sicht in unzulässiger Weise versucht haben, Druck auf Frau L auszuüben, um diese zu veranlassen, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen anders darzustellen, als wie sie sie wahrgenommen hat. Dies ist eine schwerwiegende Verletzung auch Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Sie haben damit auch gegen das Rücksichtnahme- und Übermaßverbot verstoßen. Wir mahnen Sie deshalb ab und weisen daraufhin, dass wir uns für den Fall einer Wiederholung vorbehalten, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auch außerordentlich zu kündigen."
Der Betriebsrat und die beiden abgemahnten Betriebsratsmitglieder zogen vor das Arbeitsgericht Hannover und beantragten dort im Beschlussverfahren die Feststellung, dass die Abmahnung eine Störung der Betriebsarbeit sei, hatten damit aber keinen Erfolg (Arbeitsgericht Hannover, Beschluss vom 17.08.2010, 6 BV 14/10).
Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen im Beschwerdeverfahren stellten sie außerdem den Antrag, den Arbeitgeber zu verpflichten, die dem Vorsitzenden erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen. Das LAG wies alle Anträge zurück (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.11.2011, 16 TaBV 75/10).
BAG: Der Betriebsrat kann nicht gegen die Abmahnung seiner Mitglieder vorgehen, aber dem betroffenen Betriebsratsmitglied steht das Beschlussverfahren offen
Das BAG gab dem Antrag des Betriebsratsvorsitzenden auf Entfernung der Abmahnung statt. Mit allen anderen Anträgen hatten der Betriebsrat und die beiden Betriebsratsmitglieder dagegen keinen Erfolg.
Denn der Betriebsrat hat nach Ansicht des BAG keinen Anspruch darauf, vom Arbeitgeber die Entfernung einer Abmahnung zu verlangen, die der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied erteilt hat. Der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung ist nämlich ein "höchstpersönliches Recht des betroffenen Betriebsratsmitglieds", so das BAG.
Auch die Feststellungsanträge des Betriebsrats hatten keinen Erfolg. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Abmahnungen gerichtete Antrag war unzulässig, weil der Betriebsrat hier an keinem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt war. Der Sache nach, so das BAG, "erstrebt der Betriebsrat mit ihm die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte." Ein weiterer Feststellungsantrag des Betriebsrats war zu unbestimmt.
Allerdings war der Antrag des Betriebsratsvorsitzenden auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte im Beschlussverfahren zulässig und begründet. Denn der Betriebsratsvorsitzende hatte das Beschlussverfahren eingeleitet, weil er sich durch die Abmahnung in seinen betriebsverfassungsrechtlichen Rechten als Betriebsratsmitglied verletzt sah, und das war nach Lage der Dinge nicht abwegig.
Dass neben der betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition des abgemahnten Vorsitzenden auch seine individualrechtlichen Rechte als Arbeitnehmer von der Abmahnung betroffen waren, ist kein Grund, ihn auf das Urteilsverfahren zu verweisen.
Schließlich hatte der Antrag auch in der Sache Erfolg, wobei sich das BAG auf den individualrechtlichen Anspruch auf Entfernung einer unzulässigen Abmahnung stützte, d.h. auf § 242 in Verb. mit § 1004 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn die Abmahnung war völlig nebulös und daher schon aufgrund ihrer Unklarheit rechtswidrig. Ob der Anspruch auch auf § 78 BetrVG als Anspruchsgrundlage gestützt werden konnte, ließ das BAG offen.
Fazit: Der Beschluss des BAG ist für Betriebsratsmitglieder, die Abmahnungen wegen oder im Zusammenhang mit ihrer Amtstätigkeit erhalten, von großer Bedeutung. Denn im Urteilsverfahren trägt jede Partei in der ersten Instanz ihre Anwaltskosten selbst, auch wenn sie gewinnt, und vor dem LAG oder dem BAG kann es teuer werden, wenn der Prozess verloren geht. Müssten Betriebsratsmitglieder in vergleichbaren Fällen immer im Urteilsverfahren gegen Abmahnungen vorgehen, könnte sie der Arbeitgeber leicht durch immer erneute Abmahnungen in Kostenrisiken treiben und damit letztlich zermürben.
Demgegenüber ist es von vornherein mit keinen Kosten verbunden, gegen Abmahnungen im Beschlussverfahren vorzugehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die streitigen Abmahnungen einen ausreichend klaren Bezug zu der Arbeit als Betriebsrat aufweisen, so dass das Betriebsratsmitglied erhobenen Hauptes vor Gericht die Auffassung vertreten kann, es stütze seinen Anspruch auch auf § 78 BetrVG. Ob das auch im Ergebnis richtig ist und vom Gericht bestätigt wird, spielt für die Zulässigkeit des Beschlussverfahrens keine Rolle.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 04.12.2013, 7 ABR 7/12
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 30.11.2011, 16 TaBV 75/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Rechtsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 17/022 Betriebsratstätigkeit als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes?
- Arbeitsrecht aktuell: 16/017 Abmahnung bei Verstoß gegen Betriebsverfassung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/063 Kein Mitbestimmungsrecht bei Abmahnungen
- Arbeitsrecht aktuell: 12/049 Benachteiligung eines Betriebsrats durch Verweigerung der Festanstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/041 LAG Köln: Benachteiligung eines Betriebsratsmitgliedes
- Arbeitsrecht aktuell: 10/149 Benachteiligung von Betriebsräten durch Prozesskosten?
Letzte Überarbeitung: 19. Januar 2017
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