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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/013

Ge­set­zes­än­de­run­gen im Ar­beits­recht und So­zi­al­recht zum Jah­res­wech­sel 2010/2011

Ge­set­zes­än­de­run­gen zum Jah­res­wech­sel 2010/2011: Ar­beits­recht und So­zi­al­recht
Mann hinter hohem Papierstapel Al­le Jah­re wie­der: Ge­set­zes­än­de­run­gen im Ar­beits- und So­zi­al­recht
19.01.2011. Wie in je­dem Jahr bringt auch der Jah­res­wech­sel 2010 / 2011 zahl­rei­che Än­de­run­gen im Ar­beits-, So­zi­al- und Steu­er­recht mit sich.

Im Fol­gen­den ge­ben wir Ih­nen ei­nen kur­zen Über­blick über die für Ar­beit­neh­mer, Ar­beit­ge­ber und Selb­stän­di­ge wich­tigs­ten Neue­run­gen.

Ne­ben zwei neu­en Min­dest­löh­nen und weit­rei­chen­den Än­de­run­gen im Kran­ken­ver­si­che­rungs­recht spielt da­bei das Be­schäf­ti­gungs­chan­cen­ge­setz ei­ne be­son­de­re Rol­le.

Der Bei­trag schließt mit ei­nem Aus­blick auf be­vor­ste­hen­de Ge­set­zes­än­de­run­gen.

Min­destlöhne

Zum 01.01.2011 tritt die zwei­te Min­dest­lohn­ver­ord­nung für die Ab­fall­wirt­schaft (ein­sch­ließlich Straßen­rei­ni­gung und Win­ter­dienst) in Kraft. Für die­sen Be­reich gilt nun­mehr bis zum 31.08.2011 ein ver­bind­li­cher Min­dest­stun­den­lohn von 8,24 EUR brut­to.

Für die Elek­tro­hand­wer­ke wur­de ein Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trag für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt. Die neu­en Min­dest­stun­denlöhne be­tra­gen für die­ses Jahr 8,40 EUR brut­to für die neu­en Bun­desländer ein­sch­ließlich Ber­lin und 9,80 EUR brut­to für die al­ten Bun­desländer.

So­zi­al­ver­si­che­rung

Ei­ne po­si­ti­ve Nach­richt für Ar­beit­ge­ber bringt die neue Fest­set­zung des Um­la­ge­sat­zes für das In­sol­venz­geld. Während der mo­nat­li­che Um­la­ge­satz letz­tes Jahr noch 0,41 % be­trug, konn­te er auf­grund der un­er­war­tet gu­ten wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung die­ses Jahr auf 0,0 % „ge­senkt“ wer­den. Die Um­la­ge In­sol­venz­geld ist da­mit nicht et­wa ab­ge­schafft, son­dern be­steht auf bis­he­ri­ger ge­setz­li­cher Grund­la­ge wei­ter, nur dass sie der­zeit auf Null ab­ge­senkt ist.

Die Bei­tragssätze in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung blei­ben un­verändert. Auch die Beiträge zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung wer­den nicht geändert.

In der ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung ändert sich auf­grund der letz­ten Ge­sund­heits­re­form aber vie­les, um ih­re Fi­nan­zie­rung si­cher­zu­stel­len. Die wich­tigs­te Ände­rung: Der all­ge­mei­ne Bei­trags­satz wird auf 15,5 % an­ge­ho­ben (§ 241 Fünf­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - SGB V).

Künf­tig soll es dafür aber kei­ne darüber hin­aus­ge­hen­de Be­las­tung der Lohn­kos­ten ge­ben. Stei­gen­de Ge­sund­heits­kos­ten sol­len al­lein durch die Ar­beit­neh­mer mit­tels ei­nes ein­kom­mens­un­abhängi­gen, kas­sen­in­di­vi­du­el­len Zu­satz­bei­tra­ges fi­nan­ziert wer­den (§ 242 SGB V).

Wer den nicht zahlt, ris­kiert Sank­tio­nen: Ist ein Mit­glied mit der Zah­lung für je­weils sechs Ka­len­der­mo­na­te säum­ig, ist zusätz­lich ein Ver­spätungs­zu­schlag zu zah­len, der in der Höhe auf die Sum­me der letz­ten drei fälli­gen Zu­satz­beiträge be­grenzt ist, min­des­tens aber 20,00 EUR beträgt (§ 241 Abs. 6 Satz 1 SGB V).

Um in­di­vi­du­el­le Härten zu ver­mei­den, se­hen die ak­tu­el­len Ge­set­zesände­run­gen je­doch auch ei­nen So­zi­al­aus­gleich vor. Die Be­las­tungs­gren­ze beträgt 2 % der bei­trags­pflich­ti­gen Ein­nah­men des Ver­si­cher­ten (§ 242b Abs. 1 Satz 1 SGB V). Über­steigt der vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ge­sund­heit jähr­lich fest­ge­leg­te durch­schnitt­li­che Zu­satz­bei­trag die­se Hürde, wird der mo­nat­li­che Bei­trags­satz­an­teil in­di­vi­du­ell ver­rin­gert (§§ 242b, 242a Abs.2 SGB V). Er­stat­tet wird dann der Be­trag, der dem An­teil der Über­for­de­rung ent­spricht.

Bei der Durchführung des Aus­gleichs sind die Ar­beit­ge­ber in der Pflicht. Der so­zia­le Aus­gleich soll au­to­ma­tisch vor­ge­nom­men wer­den. Dies gilt je­doch erst ab 2012, da die­ses Jahr ei­ne au­to­ma­ti­sier­te Durchführung des So­zi­al­aus­gleichs noch nicht möglich ist.

Teil der Ge­sund­heits­re­form ist es auch, den Wech­sel von der ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung in die pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung zu er­leich­tern. Künf­tig kann schon beim ein­ma­li­gen Über­schrei­ten der Jah­res­ar­beits­ent­gelt­gren­ze (vgl. § 6 Abs.1 Nr.1 SGB V) ge­wech­selt wer­den.

Kurz­ar­beit, frei­wil­li­ge Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung und Trans­fer­maßnah­men

Auch das Beschäfti­gungs­chan­cen­ge­setz bringt ei­ne Rei­he von Verände­run­gen, mit de­nen un­ter an­de­rem kri­sen­geschüttel­ten Un­ter­neh­men ge­hol­fen wer­den soll. Wir be­rich­te­ten hierüber in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/162, 10/163 und 10/164.

Im We­sent­li­chen wer­den vie­le ar­beits­markt­po­li­ti­sche In­stru­men­te verlängert, die sich während der wohl lang­sam ab­flau­en­den Wirt­schafts­kri­se als nütz­lich er­wie­sen ha­ben, wie bei­spiels­wei­se die Son­der­re­ge­lun­gen zur Kurz­ar­beit. Die Möglich­keit für Exis­tenz­gründer, sich frei­wil­lig in der ge­setz­li­chen Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung wei­ter zu ver­si­chern, wur­de er­wei­tert, aber auch deut­lich ver­teu­ert.

Sch­ließlich bringt das Ge­setz auch Ände­run­gen für den Be­reich der so ge­nann­ten Trans­fer­leis­tun­gen. Spe­zi­ell bei Beschäfti­gungs­ge­sell­schaf­ten sol­len künf­tig durch stren­ge­re An­for­de­run­gen an die fi­nan­zi­el­le und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Leis­tungsfähig­keit "schwar­ze Scha­fe" ver­hin­dert und größere Ver­mitt­lungs­er­fol­ge ermöglicht wer­den.

Ein­kom­men­steu­er

Die Re­gie­rung hat mit dem jüngs­ten Jah­res­steu­er­ge­setz ne­ben vie­len an­de­ren Ände­run­gen auch die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG, Be­schluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09) zur steu­er­li­chen Berück­sich­ti­gung von Kos­ten für häus­li­che Ar­beits­zim­mer (wir be­rich­te­ten hierüber in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/176: Häus­li­ches Ar­beits­zim­mer steu­er­lich ab­setz­bar) um­ge­setzt. Zwar sind gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer so­wie die Kos­ten der Aus­stat­tung wei­ter­hin grundsätz­lich nicht ab­zugsfähig. Dies gilt je­doch nicht, wenn für die be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht. In die­sem Fall wird die Höhe der ab­zieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auf 1.250 Eu­ro be­grenzt; die­se höhenmäßige Be­schränkung gilt nicht, wenn das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det. Die­se Ände­rung gilt rück­wir­kend ab 2007, so­fern noch kein rechts­kräfti­ger Fest­stel­lungs­be­scheid oder Steu­er­be­scheid er­gan­gen ist.

Wich­tig ist eben­falls, dass die Lohn­steu­er­kar­te für 2010 auch für 2011 gilt. Die dar­auf re­gis­trier­ten Merk­ma­le sind wei­ter­hin zu ver­wen­den. Neue Lohn­steu­er­kar­ten gibt es nicht mehr. Ab 2012 wird die Kar­te dann vor­aus­sicht­lich endgültig durch ein elek­tro­ni­sches Ver­fah­ren (ELStAM – „Elek­tro­ni­sche Lohn­steu­er-Ab­zugs-Merk­ma­le“) er­setzt. Ar­beit­ge­ber wer­den hier an­hand der Steu­er-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer und des Ge­burts­da­tums ih­res Ar­beit­neh­mers beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern die Lohn­steu­er­ab­zugs­merk­ma­le ab­ru­fen und sie in das Lohn­kon­to über­neh­men können (sie­he § 39e EStG).

Aus­blick

Über die ge­nann­ten Ände­run­gen hin­aus ist im Lau­fe des Jah­res mit ei­ni­gen wei­te­ren Ge­set­zesände­run­gen zu rech­nen:

Ne­ben ei­ner um­fang­rei­chen Re­ge­lung des Ar­beit­neh­mer-Da­ten­schut­zes (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/175: Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zum Schutz von Beschäftig­ten­da­ten) und der öffent­lich­keits­wirk­sam als „Ge­setz zur Ver­hin­de­rung von Miss­brauch in der Ar­beit­neh­merüber­las­sung“ be­zeich­ne­ten De­tail­kor­rek­tur im Recht der Leih­ar­beit (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/199: Ge­set­zes­ent­wurf des BMAS zur Leih­ar­beit) wird nach wie vor über ge­setz­li­che Ände­run­gen der Pfle­ge­zeit nach­ge­dacht (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/051 und 10/052).

Und nach­dem das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) die Ta­rif­ein­heit im letz­ten Jahr auf­gab (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/134: Ab­schied vom Grund­satz der Ta­rif­ein­heit) drin­gen der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund (DGB) und die Bun­des­ver­ei­ni­gung Deut­scher Ar­beit­ge­ber­verbände (BDA) auf ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung. Aus Re­gie­rungs­krei­sen heißt es da­zu, die Vor­schläge von DGB und BDA würden in­ten­siv ge­prüft.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den sie hier:

Letzte Überarbeitung: 22. Dezember 2017

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