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Häusliches Arbeitszimmer steuerlich absetzbar
Direkte Folge dieses Interessenkonflikts ist eine Art "Arbeitszimmer-Steuerrecht", das zuletzt 2007 verschärft wurde. Ob diese Änderung verfassungskonform ist, wurde von den Finanzgerichten schnell bezweifelt.
Nun hat das Bundesverfassungsgericht für Klarheit gesorgt: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09.
- Abzug der Arbeitszimmerkosten - erlaubt, verboten, oder ... ?
- Der Fall: Lehrer muss zwingend daheim Experimente vorbereiten - Finanzamt verweigert steuerliche Berücksichtigung
- Bundesverfassungsgericht: Das Abzugsverbot ist teilweise verfassungswidrig und muss rückwirkend geändert werden
Abzug der Arbeitszimmerkosten - erlaubt, verboten, oder ... ?
Viele Arbeitnehmer und Selbständige nutzen ständig ein sog. häusliches Arbeitszimmer, d.h. ein Bürozimmer, das mit einem Schreibtisch und Bürotechnik ausgestattet ist und für die Berufstätigkeit genutzt werden kann, aber dennoch eng mit dem häuslichen Wohnbereich verbunden ist. Vermutlich dürfte diese Form der Erwerbsarbeit in den letzten Jahren zugenommen haben, schon allein aufgrund der immer besseren technischen Möglichkeiten, vom „Home Office“ aus auf die betriebliche EDV oder auf Datenbanken zuzugreifen.
Trägt der Arbeitnehmer oder der Selbständige die Kosten für ein solches Arbeitszimmer, möchte er diese verständlicherweise bei der Festsetzung seiner Einkommensteuer berücksichtigt sehen, d.h. er möchte sie von seinem zu versteuernden Einkommen gerne absetzen. Diese Abzugsmöglichkeit war in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand eines juristischen Dauerkonflikts zwischen Gesetzgeber und Finanzverwaltung auf der einen und dem Steuerpflichtigen auf der anderen Seite. Resultat dieses Streits ist eine Art „Arbeitszimmer-Steuerrecht“.
Dieses wurde zuletzt durch das Steueränderungsgesetz 2007 weiter zulasten des Steuerpflichtigen verschärft, die Möglichkeit des Abzugs von Arbeitszimmerkosten wurde über die schon bestehenden Beschränkungen hinaus weiter eingeschränkt: § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG) untersagt den Abzug der Arbeitszimmerkosten ab dem Veranlagungsjahr 2007 generell bzw. erlaubt ihn noch dann, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. „Gekniffen“ von dieser Regelung sind alle Arbeitnehmer wie z.B. Lehrer oder Außendienstmitarbeiter, die zwar vorwiegend anderswo arbeiten (nämlich in der Schule oder beim Kunden), dennoch aber regelmäßig auch an ihrem Heimarbeitsplatz. Sie sollen ihre Arbeitszimmerkosten nicht vom zu versteuernden Einkommen gar nicht mehr absetzen können.
Ob diese Rechtslage mit der Verfassung zu vereinbaren ist, d.h. mit dem im Grundgesetz (GG) enthaltenen Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG), war in den letzten Jahren umstritten. Einige Finanzgerichte und auch der Bundesfinanzhof (BFH) hatten hier Zweifel, da Art. 3 Abs. 1 GG vom Gesetzgeber verlangt, dass steuerliche Belastungen an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, und war in einer „folgerichtigen“ Weise. Werden daher die bei einem Lehrer anfallenden Kosten für ein Heimarbeitszimmer, die sein Einkommen mindern, vom Finanzamt nicht steuermindernd anerkannt, obwohl ein anderer Arbeitnehmer mit einem gleich hohen Gehalt keine Arbeitszimmerkosten hat, weil er alle Arbeiten im Betrieb erledigen kann, liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nahe.
Diese Frage hat nunmehr das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklärt (Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09).
Der Fall: Lehrer muss zwingend daheim Experimente vorbereiten - Finanzamt verweigert steuerliche Berücksichtigung
Der Kläger arbeitet als Hauptschullehrer und unterrichtet u.a. die Klausurfächer Englisch, Mathematik und Technik (Elektronik). Er unterhält ein häusliches Arbeitszimmer von 10 qm, das 11 % der Gesamtfläche seines Hauses entspricht. Das Zimmer nutzt er täglich, auch am Wochenende, für zwei Stunden, u.a. auch zum Ausprobieren der im Unterricht zu behandelnden Experimente. In dem Arbeitszimmer bewahrt er Arbeitsmaterialien für den Unterricht, etwa 120 Fachbücher sowie Unterrichtsmaterialien in zahlreichen Ordnern auf. Außerdem befindet sich hier ein PC mit Nebengeräten.
Die von ihm beantragte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts war vom Schulträger abgelehnt worden. Trotzdem ließ das Finanzamt die vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 geltend gemachten Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer unberücksichtigt.
Dies ließ sich der Kläger nicht gefallen und zog vor das Finanzgericht Münster. Dieses legt dem BVerfG die Frage vor, ob der vollständige Ausschluss der Abzugsmöglichkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer mit der Verfassung vereinbar ist (Beschluss vom 08.05.2009, 1 K 2872/08 E).
Bundesverfassungsgericht: Das Abzugsverbot ist teilweise verfassungswidrig und muss rückwirkend geändert werden
Das BVerfG entschied, dass die geltende Fassung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG teilweise unvereinbar ist, nämlich soweit das generelle Abzugsverbot auch dann gilt, wenn dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber wurde vom BVerfG dazu verpflichtet, rückwirkend zum 01.01.2007 durch eine Neufassung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Vorschrift insoweit, als sie verfassungswidrig ist, nicht mehr anwenden. Laufende Verfahren sind auszusetzen.
Wesentlich für das BVerfG war die Überlegung, dass der Gesetzgeber mit der streitigen Verschärfung des „Arbeitszimmer-Steuerrechts“ keinen Systemwandel im Einkommensteuerrecht beabsichtigte und daher die in diesem Rechtsgebiet verfolgten gesetzlichen Grundprinzipien konsequent fortbilden muss. Eines der wichtigsten der im Einkommensteuerrecht geltenden Prinzipien ist das sog. Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungs-grundlage abzuziehen, um das zu versteuernde Nettoeinkommen zu errechnen. Ausnahmen vom Nettoprinzip, die zu Lasten des Bürgers gehen wie die hier streitige Regelung, müssen demzufolge durch besondere Gründe gerechtfertigt sein, da sie ansonsten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen.
Eine solche Rechtfertigung für eine Abweichung vom Nettoprinzip konnte das BVerfG hier nicht erkennen. Die im Gesetzgebungsverfahren angeführten „fiskalischen Gründe“, d.h. die Absicht, dem Bürger mehr Geld abzuknöpfen, können nach Ansicht des Gerichts die Neuregelung nicht rechtfertigen. Denn: „Dem Ziel der Einnahmenvermehrung dient jede, auch eine willkürliche steuerliche Mehrbelastung.“ (Rn. 44).
Außerdem beanstandete das BVerG, dass die Neuregelung auch nicht leichter und mit weniger Streitigkeiten zu handhaben ist als die bisherige. Denn immerhin lässt sich das Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes im Betrieb rasch und unbürokratisch durch die Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers nachweisen. Damit besteht für die Finanzverwaltung eine leicht nachprüfbare Tatsachenbasis für die Feststellung der tatsächlich betrieblichen oder beruflichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers.
Im Vergleich zu einer solchen Tatsachenfeststellung durch die Finanzverwaltung ist es wesentlich schwerer und streitanfälliger herauszufinden, ob ein Arbeitszimmer den „Mittelpunkt“ der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet. In diesem Fall macht aber auch die streitige Neuregelung eine Ausnahme vom Verbot der Abzugsfähigkeit. Die Neuregelung ist also auch in der Hinsicht nicht konsequent, als sie keine wirkliche Verwaltungsvereinfachung bringt.
Das BVerfG hat das Verbot der Abzugsfähigkeit ausdrücklich nur für die Fälle beanstandet, in denen kein anderes (betriebliches) Arbeitszimmer genutzt werden kann. Damit bleibt eine wesentliche Verschärfung des Gesetzeslage ab 2007 bestehen: Während vorher die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers bis zu einem Höchstbetrag von 1.250,00 EUR pro Jahr abzugsfähig waren, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit ausmachten, fällt für diese Fälle die Abzugsfähigkeit ab 2007 weg. Und dabei dürfte es bleiben, da diese Verschärfung vom BVerfG ausdrücklich nicht für verfassungswidrig erklärt wurde.
Fazit: Ab dem Steuerjahr 2007 können wieder viele Arbeitnehmer die Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer beim Finanzamt geltend machen, wenn sie ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit nicht an einem anderen Arbeitsplatz ausüben können. Das betrifft nicht nur Lehrer wie den Kläger in dem vom BVerfG entschiedenen Ausgangsfall, sondern auch Außendienstmitarbeiter und andere Arbeitnehmer und auch Freiberufler, wenn sie keine Alternative zur Arbeit in ihrem Heimbüro haben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09
- Finanzgericht Münster, Beschluss vom 08.05.2009, 1 K 2872/08 E
- Arbeitsrecht aktuell: 11/013 Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht und Sozialrecht zum Jahreswechsel 2010/2011
Letzte Überarbeitung: 3. August 2020
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