HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

FG Müns­ter, Be­schluss vom 08.05.2009, 1 K 2872/08 E

   
Schlagworte: Werbungskosten, Betriebsausgaben, Steuer
   
Gericht: Finanzgericht Münster
Aktenzeichen: 1 K 2872/08 E
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 08.05.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Fi­nanz­ge­richt Müns­ter, 1 K 2872/08

Te­nor: 

Das Ver­fah­ren wird aus­ge­setzt.

Es soll ei­ne Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts darüber ein­ge­holt wer­den, ob durch die im Steu­erände­rungs­ge­setz 2007 vom 19. Ju­li 2006 (BGBl I 2006, 1652) er­folg­te Ände­rung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ei­ne Re­ge­lung ge­trof­fen wor­den ist, die in­so­weit ge­gen den Gleich­heits­grund­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, als der Ab­zug von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer auch dann nicht mehr möglich ist, wenn für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht.

 

A. Ge­gen­stand der Vor­la­ge (Sach­ver­halt und Vor­trag der Be­tei­lig­ten)

I.

Sach­ver­halt 

Strei­tig ist der Ab­zug von Wer­bungs­kos­ten für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer des Klägers im Streit­jahr 2007.

Die Kläger wer­den im Streit­jahr 2007 als Ehe­leu­te zu­sam­men zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt. Der Kläger er­zielt als Leh­rer Einkünf­te aus § 19 Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG). Er ist als Haupt­schul­leh­rer tätig und un­ter­rich­tet u.a. die sog. Klau­surfächer Eng­lisch, Ma­the­ma­tik und Tech­nik (Ek­tro­nik). Der Kläger un­terhält ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer von 10 qm, was 11% der Ge­samtfläche sei­nes Hau­ses ent­spricht. Die­ses nutzt er täglich, auch am Wo­chen­en­de, für zwei St­un­den, u.a. auch zum Aus­pro­bie­ren der im Un­ter­richt zu be­han­deln­den Ex­pe­ri­men­te. In sei­nem Ar­beits­zim­mer be­wahrt der Kläger ne­ben den für den Un­ter­richt not­wen­di­gen Ar­beits­ma­te­ria­li­en ca. 120 Fachbücher auf. Außer­dem be­fin­den sich in die­sem Ar­beits­zim­mer ne­ben ei­nem PC mit Ne­ben­geräten auch Un­ter­richts­ma­te­ria­li­en in zahl­rei­chen Ord­nern. Ei­ne Werk­bank be­fin­det sich im Kel­ler des Hau­ses. Die für das Ar­beits­zim­mer an­ge­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen sind in den Vor­jah­ren im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zun­gen an­trags­gemäß berück­sich­tigt wor­den.

In der Zeit vom 7. Au­gust 2006 bis 5. Ju­li 2007 ver­such­te der Kläger vom Schulträger, der Stadt J****, und der Be­zirks­re­gie­rung in B******** ei­nen Ar­beits­platz in der Schu­le zu er­hal­ten. Die Stadt J**** lehn­te dies mit Schrei­ben vom 4. Ja­nu­ar 2007 ab und ver­wies dar­auf, dass zwar die Vor- und Nach­be­rei­tung des Un­ter­richts so­wie die Kor­rek­tur der

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schrift­li­chen Ar­bei­ten im häus­li­chen Be­reich stattfänden, es je­dem aber un­be­nom­men sei, wo er die Ar­bei­ten er­le­di­ge. Die Ar­beit selbst er­for­de­re nicht zwin­gend ein ei­ge­nes Ar­beits­zim­mer. Die Be­zirks­re­gie­rung B******** lehn­te die Ein­rich­tung von Ar­beitsplätzen für Leh­rer oh­ne wei­te­re Be­gründung ab und ver­wies hin­sicht­lich ei­ner vom Kläger nicht be­an­trag­ten Auf­wands­entschädi­gung für die Un­ter­hal­tung ei­nes häus­li­chen Ar­beits­zim­mers auf den ab­leh­nen­den Be­schluss des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 8. Sep­tem­ber 1983 (2 B 148.82), der in Ko­pie zur Kennt­nis über­sandt wur­de.

Die Kläger mach­ten in ih­rer am 1. Fe­bru­ar 2008 ein­ge­reich­ten Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2007 wie­der­um der Höhe nach un­strei­ti­ge Auf­wen­dun­gen von 892,00 Eu­ro für das Ar­beits­zim­mer steu­er­min­dernd gel­tend. Da­ne­ben mach­te der Kläger wei­te­re Auf­wen­dun­gen in Höhe von ins­ge­samt 736,00 Eu­ro gel­tend, wo­von 288,00 Eu­ro auf Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Ar­beitsstätte im Rah­men der sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le ent­fie­len. Die Kläge­rin mach­te im Rah­men ih­rer An­la­ge N Wer­bungs­kos­ten in Höhe von ins­ge­samt 766 Eu­ro gel­tend. Hin­sicht­lich der Ein­zel­hei­ten wird auf die Ein­kom­men­steu­er­erklärung vom 1. Fe­bru­ar 2008 ver­wie­sen.

Mit Ein­kom­men­steu­er­be­scheid vom 21. Fe­bru­ar 2008 setz­te der Be­klag­te die Ein­kom­men­steu­er 2007 auf 11.444,00 Eu­ro fest. Bei der Durchführung der Ver­an­la­gung berück­sich­tig­te er die Auf­wen­dun­gen des Klägers für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer nicht. Dies führ­te zum An­satz des Ar­beit­neh­mer­pausch­be­tra­ges nach § 9a Satz 1 Nr. 1a EStG in Höhe von 920 Eu­ro. Hin­sicht­lich der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Neu­re­ge­lung des § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Satz 3 letz­ter Halb­satz EStG in der Fas­sung des Steu­erände­rungs­ge­set­zes 2007 (im wei­te­ren auch: StÄndG 2007), der sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le, er­ging der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig.

Die Kläger leg­ten am 27. Fe­bru­ar 2008 ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid Ein­spruch ein. Die­sen wies der Be­klag­te durch Ent­schei­dung vom 9. Ju­li 2008 als un­be­gründet ab.

Mit der am 29. Ju­li 2008 er­ho­be­nen Kla­ge ver­fol­gen die Kläger ihr Be­geh­ren wei­ter. 

Ei­ne Ände­rung der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung er­folg­te nach dem Er­ge­hen des Ur­teils des BVerfG vom 9. De­zem­ber 2008 in den Ver­fah­ren 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08 (im wei­te­ren kurz: 2 BvL 1/07 u.a.) (NJW 2009, 48) nicht, da die gel­tend ge­mach­ten Wer­bungs­kos­ten des Klägers bei Berück­sich­ti­gung der un­gekürz­ten Ent­fer­nungs­pau­scha­le je­doch oh­ne Berück­sich­ti­gung der Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer den Ar­beit­neh­mer­pausch­be­trag nach § 9a Satz 1 Nr. 1a EStG nicht über­stie­gen.

II. 

Vor­trag der Be­tei­lig­ten im Fi­nanz­ge­richts­ver­fah­ren

Die Kläger sind der An­sicht, dass die Nicht­berück­sich­ti­gung der Wer­bungs­kos­ten für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer rechts­wid­rig sei. Trotz meh­re­rer Anträge an den Schulträger und die Be­zirks­re­gie­rung ha­be er kei­nen Ar­beits­platz und erst recht kein Ar­beits­zim­mer in der Schu­le er­hal­ten. Des­halb sei er ge­zwun­gen, zu Hau­se zu ar­bei­ten und dort sei­ne Ar­beits­mit­tel auf­zu­be­wah­ren. Er benöti­ge ei­nen Raum, in dem un­gestörtes Ar­bei­ten möglich sei und der für sei­ne um­fang­rei­chen Ar­beits­mit­tel genügend Platz bie­te.

Die Kläger be­an­tra­gen, 

die Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung 2007 an­trags­gemäß ins­be­son­de­re un­ter Berück­sich­ti­gung der Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer durch­zuführen

Der Be­klag­te be­an­tragt, 

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die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Der Be­klag­te ver­weist zur Be­gründung dar­auf, dass der an­ge­foch­te­ne Steu­er­be­scheid der ak­tu­el­len Ge­set­zes­la­ge ent­spre­che. Er sei nicht be­fugt, sich über ein ord­nungs­gemäß er­las­se­nes Ge­setz hin­weg­zu­set­zen. Da der Kläger als Leh­rer tätig sei, lie­ge der Schwer­punkt sei­ner Tätig­keit in der Schu­le. Es sei auch nicht er­kenn­bar, dass er dienst­lich ver­pflich­tet sei, ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer zu un­ter­hal­ten.

Der Be­richt­er­stat­ter hat die Sach- und Rechts­la­ge am 2.9.2008 mit den Be­tei­lig­ten erörtert.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die Ge­richts­ak­te und die bei­ge­zo­ge­nen Ver­wal­tungs­vorgänge ver­wie­sen.

B. Ent­schei­dung des Se­nats

Die Aus­set­zung des Ver­fah­rens und die Vor­la­ge an das BVerfG sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des BVerfGG ge­bo­ten, da der Se­nat § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 in­so­weit mit dem GG für un­ver­ein­bar hält, als die Auf­wen­dun­gen ei­nes Steu­er­pflich­ti­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer dann nicht die Einkünf­te min­dern dürfen, wenn für die be­trieb­li­chen oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht.

I.

Be­ur­tei­lung am Maßstab des ein­fa­chen Rechts

Der Be­klag­te hat nach Maßga­be des ein­fa­chen Rechts zu­tref­fend die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen für sein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer als Leh­rer als Wer­bungs­kos­ten nicht berück­sich­tigt und statt­des­sen den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag nach § 9a Satz 1 Nr. 1a EStG in Höhe von 920 Eu­ro von sei­nen Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit ab­ge­zo­gen.

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG sind Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer bei ei­nem Ar­beit­neh­mer nicht als Wer­bungs­kos­ten ab­zieh­bar. Dies gilt auch dann, wenn, wie im vor­lie­gen­den Fall, die Ver­an­las­sung der Auf­wen­dun­gen durch den Be­ruf klar er­kenn­bar ist. Der Kläger be­nutzt, da ihm ein an­de­rer Ar­beits­platz für die Vor- und Nach­be­rei­tung sei­nes Un­ter­richts so­wie die Kor­rek­tur der Klau­su­ren – trotz ent­spre­chen­der Anträge des Klägers – nicht zur Verfügung ge­stellt wird, das häus­li­che Ar­beits­zim­mer aus­sch­ließlich für be­ruf­li­che Zwe­cke. Die Aus­nah­me­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG, die gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG sinn­gemäß gilt, ist nicht an­wend­bar, da das häus­li­che Ar­beits­zim­mer bei ei­nem Leh­rer nicht den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­ruf­li­chen Betäti­gung dar­stellt (vgl. BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)).

In­fol­ge­des­sen sind beim Kläger le­dig­lich Wer­bungs­kos­ten in Höhe von ins­ge­samt 736 Eu­ro berück­sich­ti­gungsfähig. Die­se setz­ten sich wie folgt zu­sam­men:

Ent­fer­nungs­pau­scha­le: 192 Ta­ge á 5 km * 0,30 Eu­ro 288,00 Eu­ro 

Ar­beits­mit­tel: 432,00 Eu­ro 

Kon­toführung: 16,00 Eu­ro 

Ins­ge­samt: 736,00 Eu­ro 

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Die­ser Be­trag er­gibt sich auf­grund der An­wen­dung des Ur­teils des BVerfG vom 9. De­zem­ber 2008 in den Ver­fah­ren 2 BvL 1/07 u.a. (NJW 2009, 48 (54)) so­wie aus der vor­lie­gen­den be­ruf­li­chen Ver­an­las­sung der übri­gen Aus­ga­ben (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Da die­se Wer­bungs­kos­ten den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1a) EStG in Höhe von 920 Eu­ro nicht über­stei­gen, ist die­ser Pausch­be­trag an­zu­set­zen.

II.

Rechts­ent­wick­lung der im Streit­fall maßgeb­li­chen Vor­schrif­ten

Die hier ein­schlägi­gen Nor­men des Ein­kom­men­steu­er­rechts ha­ben sich ent­ste­hungs­ge­schicht­lich wie folgt ent­wi­ckelt:

1. Mit Wir­kung ab dem 1. Ja­nu­ar 1996 ist durch das JStG 1996 vom 11. Ok­to­ber 1995 (BGBl I 1995, 1250, BSt­Bl. I 1995, 438) § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ein­gefügt wor­den. Die sinn­gemäße An­wen­dung für den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug wur­de in § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG ge­re­gelt. Die Einfügung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG um­fass­te drei Sätze. Satz 1 be­stimm­te, dass Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer so­wie Kos­ten für die Aus­stat­tung grundsätz­lich nicht als Be­triebs­aus­ga­ben ab­ge­zo­gen wer­den können. In Satz 2 wur­den zwei Aus­nah­men de­fi­niert. So galt das Ab­zugs­ver­bot dann nicht, wenn die be­trieb­li­che Nut­zung des Ar­beits­zim­mers mehr als 50 vom Hun­dert der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Tätig­keit be­trug oder für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung stand. So­weit ei­ner der bei­den Aus­nah­mefälle des Sat­zes 2 vor­lag, wur­de der Ab­zug der Auf­wen­dun­gen gemäß Satz 3 auf 2.400 DM be­grenzt (Halbs. 1). Bil­de­te das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung, so wur­de die Be­gren­zung auf 2.400 DM auf­ge­ho­ben (Halbs. 2). Der Einfügung vor­aus­ge­gan­gen wa­ren Vor­schläge zur Ein­schränkung bzw. Strei­chung des Ab­zugs von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer als Be­triebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten so­wohl in der von der Fi­nanz­mi­nis­ter­kon­fe­renz der Länder am 22. April 1993 ein­be­ru­fe­nen Steu­er­grup­pe "Steu­er­rechts­ver­ein­fa­chung" (vgl. Fin­Min Ber­lin, Steu­er­ver­ein­fa­chung 12/93, C. II Nr. 22) wie auch in der vom BMF ein­be­ru­fe­nen "Ein­kom­men­steu­er-Kom­mis­si­on zur Steu­er­frei­stel­lung des Exis­tenz­mi­ni­mums ab 1996 und zur Re­form der Ein­kom­men­steu­er" (sog. Bareis-Kom­mis­si­on) (vgl. The­sen der ESt-Kom­mis­si­on zur Steu­er­frei­stel­lung des Exis­tenz­mi­ni­ums ab 1996 und zur Re­form der Ein­kom­men­steu­er, BB 1994, Bei­la­ge 24, 9). Ei­ne im Ent­wurf ei­nes St­Re­formG 1990 (BT­Drucks. 11/2157 v. 19. April 1988) vor­ge­se­he­ne Ein­schränkung des Ab­zugs von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer durch Einführung ei­nes Pausch­be­tra­ges in Höhe von 800 DM mit Ab­gel­tungs­wir­kung für Ar­beits­zim­mer ei­nes Ar­beit­neh­mers war auf­grund der ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken des Fi­nanz­aus­schus­ses des Deut­schen Bun­des­ta­ges vom 16. Ju­ni 1988 im Ge­set­zes­ent­wurf er­satz­los ge­stri­chen wor­den (BT­Drucks 11/2536, 77). Die ge­plan­te Pau­scha­lie­rung soll­te dann gel­ten, wenn dem Ar­beit­neh­mer von sei­nem Ar­beit­ge­ber ein im übri­gen aus­rei­chen­der Ar­beits­platz zur Verfügung ge­stellt wur­de, da in die­sem Fall pri­va­te Gründe mit dafür aus­schlag­ge­bend sei­en. An­sons­ten war ein un­be­grenz­ter Ab­zug der Auf­wen­dun­gen für ein Ar­beits­zim­mer vor­ge­se­hen. Der Fi­nanz­aus­schuss des Deut­schen Bun­des­ta­ges hat­te Be­den­ken, ob die­se Re­ge­lung dem Gleich­heits­grund­satz ent­sprach.

2. Durch das StEuglG vom 19. De­zem­ber 2000 (BGBl. I 2000, 1790; BSt­Bl. I 2001, 3) ist 39 der Höchst­be­trag in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG auf 1.250 Eu­ro um­ge­stellt wor­den.

3. Das StÄndG 2007 vom 19. Ju­li 2006 (BGBl I 2006, 1652, BSt­Bl I 2006, 432) hat § 4 40 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG neu ge­fasst und Satz 3 der bis­he­ri­gen Norm auf­ge­ho­ben. Die Neu­re­ge­lung des Sat­zes 2 sieht vor, dass das grundsätz­li­che

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Ab­zugs­ver­bot für Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer so­wie die Kos­ten der Aus­stat­tung nicht gilt, wenn das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Bestäti­gung bil­det. Da­mit ent­spricht die­se Aus­nah­me der bis­he­ri­gen Rück­aus­nah­me des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbs. 2 EStG i.d.F. StEuglG. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 1 und 2 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG lau­ten nun­mehr:

"Die fol­gen­den Be­triebs­aus­ga­ben dürfen den Ge­winn nicht min­dern: 

1.-5 ... 

6b. Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer so­wie die Kos­ten der Aus­stat­tung.
2Dies gilt nicht, wenn das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det;"

§ 9 Abs. 5 Satz 1 EStG idF StÄndG 2007 be­sagt für den Fall der Wer­bungs­kos­ten:

"§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5, 6b bis 8a, 10, 12 und Abs. 6 so­wie § 4f gel­ten
sinn­gemäß."

III.

Das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum StÄndG 2007

Das für den Streit­fall re­le­van­te Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren lief wie folgt ab: 

1. Die Frak­tio­nen von CDU/CSU und SPD (BT­Drucks 16/1545) und die Bun­des­re­gie­rung (BT­Drucks 16/1859) leg­ten text­glei­che Ge­set­zes­entwürfe und Be­gründun­gen zum StÄndG 2007 vor. Das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren wur­de nach der 2. Be­ra­tung des Bun­des­ta­ges zu­sam­men­geführt und aus­ge­hend vom geänder­ten Ge­set­zes­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung fort­geführt. In der Be­gründung des je­wei­li­gen Ge­set­zes­ent­wur­fes heißt es im Hin­blick auf das häus­li­che Ar­beits­zim­mer im all­ge­mei­nen Teil (vgl. nur BT­Drucks 16/1545, 8):

"Das Ziel der Haus­halts­kon­so­li­die­rung ist nicht oh­ne spürba­re Ein­schnit­te er­reich­bar. Die be­las­ten­den Maßnah­men sind al­ler­dings an den Ge­sichts­punk­ten der in­di­vi­du­el­len Leis­tungsfähig­keit und der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit aus­ge­rich­tet und im Er­geb­nis zu­mut­bar aus­ge­stal­tet.

Dem­ent­spre­chend enthält das StÄndG 2007 u.a. Maßnah­men, die vor al­lem ei­nen wei­te­ren spürba­ren Bei­trag zur Sta­bi­li­sie­rung der Steu­er­ba­sis leis­ten sol­len, viel­fach je­doch zu­gleich der Steu­er­ver­ein­fa­chung die­nen und das Streit­po­ten­ti­al im Ver­wal­tungs­voll­zug be­gren­zen:

  • Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer sol­len nur noch dann als Be­triebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den, wenn es den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Tätig­keit bil­det, § 4 Abs. 5 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Die Re­ge­lung dient ins­be­son­de­re der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung."

Im be­son­de­ren Teil des Ge­set­zes­ent­wur­fes (BT-Drucks 16/1545, 12) heißt es zur Ände­rung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG:

"Ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ist ty­pi­scher­wei­se in­te­gra­ler Be­stand­teil der Woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen. Des­halb berühren die Auf­wen­dun­gen hierfür auch sei­ne pri­va­te Le­bensführung. Nach gel­ten­dem Recht dürfen sie als Be­triebs­aus­ga­ben oder

Wer­bungs­kos­ten ab­ge­zo­gen wer­den, wenn das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Tätig­keit bil­det; sie dürfen bis zu ei­nem Be­trag von 1.250 Eu­ro ein­kom­mens­min­dernd berück­sich­tigt wer­den, wenn die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Nut­zung mehr als 50 Pro­zent der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Nut­zung beträgt oder ein an­de­rer Ar­beits­platz nicht zur Verfügung steht.

Der Bun­des­rech­nungs­hof hat im Jahr 2003 die Um­set­zung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ge­prüft. Da­bei hat er fest­ge­stellt, dass die gel­ten­de Re­ge­lung nicht – wie vom Ge­setz­ge­ber be­ab­sich­tigt – zu ei­ner Ver­ein­fa­chung des Be­steue­rungs­ver­fah­rens geführt hat. Die Ab­gren­zung zur pri­va­ten Le­bens­sphäre sei mit ho­hem Ver­wal­tungs­auf­wand ver­bun­den, sehr streit­anfällig und führe zu Min­der­ein­nah­men. Im In­ter­es­se ei­ner Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung und der Gleichmäßig­keit der Be­steue­rung wird da­her der Be­triebs­aus­ga­ben/Wer­bungs­kos­ten­ab­zug nur noch zu­ge­las­sen, wenn das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det.

Vom Ab­zugs­ver­bot nicht be­trof­fen sind Auf­wen­dun­gen für Ar­beits­mit­tel wie z.B. Schreib­tisch, Bücher­re­gal und PC ("Nicht zur Aus­stat­tung des Ar­beits­zim­mers gehören Ar­beits­mit­tel"; vgl. BMF-Schrei­ben vom 7. Ja­nu­ar 2004, BSt­Bl I S. 143, Rn 20). Die­se Auf­wen­dun­gen sind wei­ter­hin bei be­trieb­li­cher/be­ruf­li­cher Ver­an­las­sung als
Be­triebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen."

IV. Be­richt des Präsi­den­ten des Bun­des­rech­nungs­ho­fes in sei­ner Ei­gen­schaft als Bun­des­be­auf­trag­ter für Wirt­schaft­lich­keit in der Ver­wal­tung (BWV)

Der Präsi­dent des Bun­des­rech­nungs­ho­fes hat in sei­ner Dop­pel­funk­ti­on als Bun­des­be­auf­trag­ter für Wirt­schaft­lich­keit in der Ver­wal­tung (BWV) in 2006 die La­ge der Steu­er­ver­wal­tung im Be­reich der Steu­er­fest­set­zung un­ter­sucht und ei­nen ent­spre­chen­den Be­richt veröffent­licht (vgl. Bd. 13 des BWV, Pro­ble­me beim Voll­zug der Steu­er­ge­set­ze, Emp­feh­lun­gen zur Ver­bes­se­rung des Voll­zugs der Steu­er­ge­set­ze in Deutsch­land, 2006). Die Ar­beits­zim­mer­pro­ble­ma­tik wird in die­sem Be­richt an drei Stel­len erwähnt:

1. "Das Fi­nanz­amt J stell­te we­gen Ver­an­la­gungsrückständen in ei­ner Amts­verfügung vom 20.12.2002 den Grund­satz der grob über­schlägi­gen Prüfung für al­le Fälle auf, die nicht In­ten­siv­prüffälle sei­en. Bis zu be­stimm­ten Be­trags­gren­zen dürfen An­ga­ben der Steu­er­pflich­ti­gen oh­ne nähe­re Prüfung über­nom­men wer­den (z.B. Ver­lus­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung, die den Be­trag von 10.000 Eu­ro je Ob­jekt nicht über­schrei­ten; Spen­den bis 500 Eu­ro; Auf­wen­dun­gen gemäß § 33 EStG; Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit, die et­wa 10% des Ar­beits­loh­nes nicht über­stei­gen; Wer­bungs­kos­ten für PC/Te­le­fon; An­ga­ben zur Ent­fer­nungs­pau­scha­le; An­ga­ben zu Um­zugs­kos­ten; An­ga­ben zur dop­pel­ten Haus­haltsführung bis zur Dau­er von zwei Jah­ren; Auf­wen­dun­gen für Ar­beits­zim­mer, so­weit sie 1.250 Eu­ro nicht über­schrei­ten." (S. 45f.)

2. "Zu der wach­sen­den Zahl der Ge­richts­ur­tei­le schrieb ein Fi­nanz­amt dem Bun­des­rech­nungs­hof, dass die ex­trem ka­su­is­ti­sche Recht­spre­chung den Ar­beits­auf­wand in der Ver­an­la­gung in ho­hem Maße be­ein­flus­se (Bei­spie­le: Ar­beits­zim­mer, dop­pel­ter Haus­halt, Fort­bil­dungs­kos­ten)." (S. 56)

3. "Um­fang­rei­che BMF-Schrei­ben im Jahr 2004

Fol­gen­de BMF-Schrei­ben mit ei­nem Um­fang von mehr als fünf Druck­sei­ten sind im Jahr 2004 im Bun­des­steu­er­blatt veröffent­lich wor­den:
(...)

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  • Ein­kom­men­steu­er­li­che Be­hand­lung der Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer vom 07.01.2004, BSt­Bl 2004, Teil I, S. 143 (6 Druck­sei­ten);" (S. 205)

V. Be­ur­tei­lung des Streit­fal­les un­ter Berück­sich­ti­gung der Pflicht zur ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung und un­ter Be­ach­tung der Möglich­keit zur ab­wei­chen­den Steu­er­fest­set­zung im We­ge ei­ner Bil­lig­keits­maßnah­me nach § 163 AO

1. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne den Wort­laut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG kor­ri­gie­ren­de Aus­le­gung lie­gen nicht vor. Dies gilt ins­be­son­de­re auch in­so­weit, als bei der Ände­rung der Norm durch das StÄndG 2007 ei­ne Le­gal­de­fi­ni­ti­on für den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung nicht ge­bil­det wur­de. An­ders als in der Li­te­ra­tur (vgl. Schmidt-Drens­eck, EStG, § 19 Rz. 60 "Ar­beits­zim­mer" un­ter Tz. 5 aE; Blümich-Thürmer, § 9 EStG, Rz. 567f, Grei­te, DB 2006, Bei­la­ge 6, 24 (29); a.A. wohl De­cker, JA 2008, 458 (465)) vor­ge­schla­gen, sieht der Se­nat da­her kei­ne Möglich­keit im Rah­men ei­ner ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung den Be­griff des "Mit­tel­punkts der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung" so aus­zu­le­gen, dass er im häus­li­chen Ar­beits­zim­mer vor­liegt, wenn ein an­de­rer Ar­beits­platz, wie im Fall von Leh­rern, nicht zur Verfügung steht.

Lässt ei­ne Norm un­ter Berück­sich­ti­gung von Wort­laut, Ent­ste­hungs­ge­schich­te, Zweck und Ge­set­zes­zu­sam­men­hang meh­re­re Deu­tun­gen zu, von de­nen nur ei­ne zu ei­nem ver­fas­sungs­gemäßen Er­geb­nis führt, ist die­je­ni­ge Aus­le­gung ge­bo­ten, die mit dem GG im Ein­klang steht. Wort­laut und Ge­set­zes­zweck zie­hen ei­ner sol­chen ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung aber Gren­zen. So kann ein Norm­verständ­nis, das mit dem Wort­laut und Zweck der an­zu­wen­den­den Nor­men so­wie dem Ge­set­zes­zu­sam­men­hang nicht mehr in Ein­klang zu brin­gen ist, durch ei­ne ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung eben­so we­nig ge­won­nen wer­den, wie ein sol­ches, das im Wi­der­spruch zu dem klar er­kenn­ba­ren Wil­len des Ge­setz­ge­bers tre­ten würde (BVerfG-Be­schluss vom 15. Ok­to­ber 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64 (93), vgl. auch BFH-Vor­la­ge­be­schluss vom 2. Au­gust 2006 XI R 30/03 – BFHE 214, 406 (410), BSt­Bl II 2006, 895 (897)).

Die ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung schei­tert im vor­lie­gen­den Fall schon an dem klar er­kenn­ba­ren Wil­len des Ge­setz­ge­bers, aber auch an dem aus Sicht des Se­nats ein­deu­ti­gen Wort­sinn und er­kenn­ba­ren Ge­set­zes­zweck. Der "Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung" ist der Ort, an dem die­je­ni­gen Hand­lun­gen vor­ge­nom­men und Leis­tun­gen er­bracht wer­den, die für den aus­geübten Be­ruf we­sent­lich und prägend sind. Die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en (BT­Drucks 16/1545, 12) las­sen klar er­ken­nen, dass der Ge­setz­ge­ber hier die Rück­aus­nah­me des bis­he­ri­gen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbs. 2 EStG i.d.F. JStG 1996 zur ein­zi­gen Aus­nah­me des Grund­sat­zes des Ab­zugs­ver­bots ma­chen woll­te. Da­mit soll­te die Möglich­keit ei­nes Ab­zu­ges un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 HS. 2 EStG i.d.F. JStG 1996, nämlich die Möglich­keit des Ab­zugs bei feh­len­dem an­de­ren
Ar­beits­platz, ent­fal­len. Es kann des­halb im Rah­men ver­fas­sungs­kon­for­mer Aus­le­gung nicht da­zu kom­men, dass die­se Al­ter­na­ti­ve wie­der an­wend­bar ist. Aus Sicht des Se­nats ist aber auch der Be­griff "Mit­tel­punkt der ge­sam­ten (...) Betäti­gung", bei ei­nem Leh­rer, nicht so aus­leg­bar, dass er die­sen in sei­nem häus­li­chen Ar­beits­zim­mer hat. Der Mit­tel­punkt ist qua­li­ta­tiv und quan­ti­ta­tiv die Schu­le (so auch BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Sinn und Zweck der Ab­zugs­be­schränkung spre­chen dafür, dass der Mit­tel­punktsbe­griff qua­li­ta­tiv zu ver­ste­hen ist. Die­se Be­schränkung soll ei­ne ty­pi­sie­ren­de Be­gren­zung der Auf­wen­dun­gen ermögli­chen, da die ge­naue Über­prüfung, ob sie be­trieb­lich/be­ruf­lich oder pri­vat (mit-)ver­an­lasst sind, we­der der Fi­nanz­ver­wal­tung noch den Fi­nanz­ge­rich­ten möglich ist. Nur ei­ne sol­che qua­li­ta­ti­ve Aus­le­gung stellt si­cher, dass die Auf­wen­dun­gen als er­for­der­lich gel­ten können. Er­for­der­lich­keit als Kri­te­ri­um kann aus­nahms­wei­se zur

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ty­pi­sie­ren­den Ab­gren­zung von Er­werbs- und Pri­vat­sphäre her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn wie im Fall des häus­li­chen Ar­beits­zim­mers ei­ne mehr funk­ti­ons­be­stimm­te Tren­nung nötig ist (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (312), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Die­se für § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. JStG 1996 wie­der­holt dar­ge­stell­te Sicht­wei­se ist auch nach der Ände­rung der Norm wei­ter an­wend­bar, da in­so­weit ein Sys­tem­bruch nicht er­kenn­bar ist. Viel­mehr baut § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. StÄndG 2007 er­kenn­bar auf der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung (vgl. nur BFH-Ur­teil vom 13. No­vem­ber 2002 VI R 104/01, BFHE 201, 100 (102f.), BSt­Bl II 2004, 65 (66)) auf und will nur die Aus­nah­men vom Ab­zugs­ver­bot wei­ter ein­schränken.

2. Ei­ne ab­wei­chen­de Steu­er­fest­set­zung im We­ge ei­ner Bil­lig­keits­maßnah­me nach § 163 Ab­ga­ben­ord­nung (AO) ist nicht möglich.

Un­abhängig von der Fra­ge, ob im vor­lie­gen­den Fest­set­zungs­ver­fah­ren ei­ne Bil­lig­keits­maßnah­me durch­geführt wer­den kann, hat das BVerfG ei­ne Ver­fas­sungs­pflicht zum Bil­lig­keits­er­lass fest­ge­stellt, wenn die An­wen­dung ei­nes nicht zu be­an­stan­den­den Ge­set­zes in Ein­z­elfällen zu ei­nem "un­ge­woll­ten Über­hang" führen würde (BVerfG-Be­schluss vom 10. No­vem­ber 1998 2 BvR 1220/93, BVerfGE 99, 268 (272f.); BSt­Bl II 1999, 193 (194) mwN.).

Ei­ne sach­li­che Un­bil­lig­keit i.S.d. § 163 AO ist dann ge­ge­ben, wenn dass nach dem Ge­setz sich er­ge­ben­de Er­geb­nis of­fen­sicht­lich zu ei­nem vom Ge­setz­ge­ber nicht ge­woll­ten Er­geb­nis führt (BFH-Vor­la­ge­be­schluss vom 2. Au­gust 2006 XI R 30/03, BFHE 214, 406, BSt­Bl II 2006, 895 (898) mwN.). Die­se Möglich­keit be­steht vor­lie­gend nicht, da der Ge­setz­ge­ber be­wusst und er­kenn­bar den Fall, dass ein an­de­rer Ar­beits­platz nicht zur Verfügung steht, nicht mehr als Aus­nah­me vom Grund­satz der Nicht­ab­zieh­bar­keit von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer zu­las­sen woll­te. Dies er­folg­te aus sei­ner Ab­sicht, das Steu­er­ver­fah­ren zu ver­ein­fa­chen. Dafür nahm er be­wusst in Kauf, dass durch die nun gel­ten­de Ty­pi­sie­rung im kon­kre­ten Fall Un­bil­lig­kei­ten ent­ste­hen.

VI.

Recht­spre­chung zu den Ver­fas­sungs­fra­gen

1. Ver­fas­sungs­recht­li­cher Prüfungs­maßstab

Die Ver­fas­sungsmäßig­keit der Re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. StÄndG 2007 ist an Art. 3 Abs. 1 GG zu über­prüfen. So­weit die Steu­er­frei­heit des Exis­tenz­mi­ni­mums be­schränkt wird, ist die Prüfung an­hand von Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vor­zu­neh­men.

a. Ins­be­son­de­re für das Steu­er­recht ist die Frei­heit des Ge­setz­ge­bers zur tat­be­stand­li­chen Be­stim­mung von Sach­ver­hal­ten aus­ge­hend von dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz durch das Ge­bot der Aus­rich­tung der Steu­er­last am Prin­zip der fi­nan­zi­el­len Leis­tungsfähig­keit und durch das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit be­grenzt (BVerfG-Be­schluss vom 7. No­vem­ber 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31) mwN.).

b. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG führt da­zu, dass das Ver­fas­sungs­ge­bot der Steu­er­frei­heit des ei­ge­nen Exis­tenz­mi­ni­mums des Steu­er­pflich­ti­gen, ein­sch­ließlich der Auf­wen­dun­gen für die Kran­ken- und Pfle­ge­ver­sor­gung, zu be­ach­ten ist (BVerfG-Be­schluss vom 13. Fe­bru­ar 2008 2 BvL 1/06, NJW 2008, 1868 (1871)).

2. Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts

a. Durch Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 hat das BVerfG (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (310), BSt­Bl II 2000, 162 (167)) ent­schie­den, dass die be­schränk­te Ab­setz­bar­keit für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F JStG 1996 mit

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dem Gleich­heits­grund­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) ver­ein­bar ist. Aus­ge­hend da­von, dass steu­er­recht­li­che Re­ge­lun­gen so aus­zu­ge­stal­ten sei­en, dass Gleich­heit im Be­las­tungs­er­folg für al­le Steu­er­pflich­ti­gen her­ge­stellt wer­den könne, stell­te das Ge­richt klar, dass ein steu­er­er­heb­li­cher Vor­gang als ty­pi­scher Le­bens­vor­gang er­fasst wer­den dürfe. In­di­vi­du­ell ge­stal­te­te Be­son­der­hei­ten sei­en nicht zu berück­sich­ti­gen. Es könne viel­mehr genügen, dass für be­stimm­te Auf­wen­dun­gen nur der Ab­zug ei­nes in rea­litäts­ge­rech­ter Höhe ty­pi­sier­ten Be­tra­ges ge­stat­tet wer­de (vgl. da­zu auch BVerfG-Be­schluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (9)). Ver­fas­sungs­recht­lich sei es un­be­denk­lich, ei­nen Gym­na­si­al­leh­rer nicht der Per­so­nen­grup­pe zu­zu­ord­nen, die die ge­sam­ten Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer steu­er­lich ab­set­zen könne, da das Ar­beits­zim­mer nicht den Mit­tel­punkt sei­ner ge­sam­ten be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­de. Die Be­gren­zung des zulässi­gen Ab­zugs auf 2.400 DM hal­te sich im Rah­men des Ge­stal­tungs­rechts des Ge­setz­ge­bers und sei rea­litäts­ge­recht. Auch sei die Dif­fe­ren­zie­rung nach dem "Mit­tel­punkt" er­werbs­wirt­schaft­li­cher Tätig­keit sach­ge­recht. Die un­ter­schied­li­chen Rechts­fol­gen sei­en vom Ge­setz­ge­ber nach der Er­for­der­lich­keit der Auf­wen­dun­gen be­mes­sen. Die­ses Kri­te­ri­um könne zur ty­pi­sie­ren­den Ab­gren­zung von Er­werbs- und Pri­vat­sphäre her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn die Le­bens­be­rei­che wie im Fall des Ar­beits­zim­mers mehr funk­ti­ons­be­stimmt von­ein­an­der ge­trennt wer­den müss­ten. Zu­tref­fend hätten die Fach­ge­rich­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer die pri­va­te Le­bensführung berühr­ten. Die Auf­wen­dun­gen für ein sol­ches Ar­beits­zim­mer un­terlägen aber nicht dem Ab­zugs­ver­bot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, so­weit das Zim­mer aus­sch­ließlich be­ruf­lich oder be­trieb­lich ge­nutzt wer­de. Ei­ne Be­gren­zung der Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer sei da­durch ge­recht­fer­tigt, dass ei­ne Nach­prüfung der Nut­zung we­gen des en­gen Zu­sam­men­hangs zur Sphäre der pri­va­ten Le­bensführung und des Schut­zes durch Art. 13 GG we­sent­lich ein­ge­schränkt oder gar unmöglich sei.

b. In der Ent­schei­dung vom 4. De­zem­ber 2002 zur Pro­ble­ma­tik der Ver­fas­sungsmäßig­keit der zeit­li­chen Be­fris­tung der Auf­wen­dun­gen bei dop­pel­ter Haus­haltsführung (BVerfG-Be­schluss vom 4. De­zem­ber 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27 (46), BSt­Bl II 2003, 534 (540)) hat das BVerfG fest­ge­stellt, dass die Ge­stal­tungs­frei­heit des Ge­setz­ge­bers im Be­reich des Ein­kom­men­steu­er­rechts durch das Ge­bot der Aus­rich­tung der Steu­er­last an der fi­nan­zi­el­len Leis­tungsfähig­keit und das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit be­grenzt wird. Hin­sicht­lich ei­ner ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­nen Be­steue­rung nach der fi­nan­zi­el­len Leis­tungsfähig­keit hat es klar­ge­stellt, dass es nicht nur auf die Un­ter­schei­dung zwi­schen be­ruf­li­cher und pri­va­ter Ver­an­las­sung der Auf­wen­dun­gen, son­dern auch auf die Un­ter­schei­dung zwi­schen frei­er oder be­lie­bi­ger Ein­kom­mens­ver­wen­dung ei­ner­seits und zwangsläufi­gem, pflicht­be­stimm­ten Auf­wand an­de­rer­seits an­kom­me. Auch dann, wenn die Gründe für die Ver­an­las­sung des Auf­wands ganz oder teil­wei­se der Sphäre der all­ge­mei­nen und da­mit pri­va­ten Le­bensführung zu­zu­ord­nen sei­en, sei ei­ne dif­fe­ren­zier­te Würdi­gung im Lich­te be­trof­fe­ner Grund­rech­te vor­zu­neh­men.

c. Im Rah­men der Ent­schei­dung vom 9. De­zem­ber 2008 zur Pro­ble­ma­tik der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Re­ge­lung zur Ent­fer­nungs­pau­scha­le durch § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. StÄndG 2007 (2 BvL 1/01 u.a., NJW 2009, 48 (50)) hat das BVerfG klar­ge­stellt, dass ei­ne Ty­pi­sie­rung, die die ge­misch­te Ver­an­las­sung zum Aus­gangs­punkt nähme, die Viel­zahl der Ein­z­elfälle in dem Ge­samt­bild zu er­fas­sen ha­be, das nach den ihm vor­lie­gen­den Er­fah­run­gen die re­ge­lungs­bedürf­ti­gen Sach­ver­hal­te zu­tref­fend wie­der­ge­be. Im Fall der Vor­schrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. StÄndG 2007 ha­be sich die er­folg­te Ty­pi­sie­rung nicht an ei­nem em­pi­risch be­gründe­ten Re­gel­fall ori­en­tiert und auch nicht ver­sucht, die Ver­an­las­sungs­beiträge bei den We­ge­kos­ten in der Höhe der ab­zugsfähi­gen Beträge pau­scha­lie­rend zu er­fas­sen. Ei­ne "Hin­weg­ty­pi­sie­rung" durch Hin­weis auf den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag (§ 9a Satz 1 Nr. 1a EStG) könne nicht er­fol­gen. Ty­pi­sie­rungsüber­le­gun­gen zu ei­ner be­tragsmäßigen An­pas­sung des Pausch­be­tra­ges sei­en nicht zu er­ken­nen.

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3. Die Recht­spre­chung des BFH

Zur Fra­ge der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Neu­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. StÄndG 2007 liegt noch kei­ne Recht­spre­chung des BFH vor. Im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren (VI R 13/09) ist die Ent­schei­dung des Fi­nanz­ge­richts Rhein­land-Pfalz vom 17. Fe­bru­ar 2009 (3 K 1132/07, ju­ris) anhängig.

4. Die Recht­spre­chung der Fi­nanz­ge­rich­te

a. Das Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 17. Fe­bru­ar 2009 (3 K 1132/07, ju­ris) die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 er­folg­te Re­ge­lung nicht als ver­fas­sungs­wid­rig ein­ge­stuft. Die Be­gren­zung der ab­zieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auf die Fälle, in de­nen das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det, hal­te sich ge­ra­de noch im Rah­men des dem Ge­setz­ge­ber eröff­ne­ten Ge­stal­tungs­spiel­raums. Der Ge­setz­ge­ber be­mes­se die Rechts­fol­gen vor dem Hin­ter­grund der Ein­bin­dung des Ar­beits­zim­mers in die häus­li­che und da­mit pri­va­te Sphäre nach un­ter­schied­li­chen Funk­ti­ons­zu­sam­menhängen. Sol­che Kri­te­ri­en könn­ten zur ty­pi­sie­ren­den Ab­gren­zung von Er­werbs- und Pri­vat­sphäre her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn die Le­bens­be­rei­che wie im Fall des Ar­beits­zim­mers we­ni­ger räum­lich-ge­genständ­lich son­dern mehr funk­ti­ons­be­stimmt von­ein­an­der ge­trennt wer­den müss­ten. Der vom BVerfG in der Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)) auf­ge­zeig­te ent­schei­den­de Ge­sichts­punkt der feh­len­den Nach­prüfbar­keit der Ab­gren­zung von Er­werbs- und Pri­vat­sphäre de­cke auch ei­ne vollständi­ge Ver­sa­gung des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs. Es läge noch im Rah­men der von Ver­fas­sung we­gen eröff­ne­ten Be­fug­nis zur Ver­ein­fa­chung und Ty­pi­sie­rung, wenn der Ge­setz­ge­ber die als Wer­bungs­kos­ten oder Be­triebs­aus­ga­ben ab­zieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auf die aus sei­ner Sicht klar ab­grenz­ba­ren Fall­kon­stel­la­tio­nen be­schränke, in de­nen bei ty­pi­sie­ren­der Be­trach­tung zum Ei­nen da­von aus­zu­ge­hen sei, dass das Ar­beits­zim­mer an­ge­sichts der in­ten­si­ven be­ruf­li­chen Nut­zung nicht oder nur in un­we­sent­li­chem Um­fang auch für an­de­re als be­ruf­li­che Zwe­cke ge­nutzt wer­de und bei de­nen zum An­de­ren ei­ne Über­prüfung der tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen oh­ne all­zu großen büro­kra­ti­schen Auf­wand un­ter Wah­rung des Schut­zes durch Art. 13 GG und un­ter Ver­mei­dung von Streit­ver­fah­ren möglich er­schei­ne. Oh­ne all­zu großen büro­kra­ti­schen Auf­wand könne in al­ler Re­gel, so das FG Rhein­land-Pfalz be­reits nach Ak­ten­la­ge al­lein auf Grund der Be­trach­tung des kon­kret aus­geübten Be­rufs und ei­ner Wer­tung der we­sent­li­chen, die­sen Be­ruf prägen­den Hand­lun­gen und Leis­tun­gen, die not­wen­di­ge Ab­gren­zung er­fol­gen. Dass ein Leh­rer sei­ne ar­beits- oder dienst­recht­li­che Ver­pflich­tung zur Un­ter­richts­vor- und -nach­be­rei­tung man­gels Ar­beits­raum in der Schu­le im häus­li­chen Be­reich ver­rich­ten müsse, las­se aber für den Re­gel­fall nicht oh­ne Wei­te­res den Schluss zu, dass hierfür zwangsläufig Auf­wen­dun­gen für ein vom pri­va­ten Be­reich ge­trenn­tes Ar­beits­zim­mer an­fie­len. Die Auf­wen­dun­gen für das Ar­beits­zim­mer stell­ten auch an­ge­sichts der da­mit ein­her­ge­hen­den Ver­größerung der Wohnfläche und der so­mit vor­lie­gen­den Stei­ge­rung der Wohn­qua­lität kei­ne un­aus­weich­li­chen Aus­ga­ben dar.

Auf­grund der klar von­ein­an­der mögli­chen Ab­gren­zung der Fall­grup­pen sei auch Fol­ge­rich­tig­keit ge­ge­ben.

b. Das Fi­nanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg hat­te be­reits am 6. No­vem­ber 2007 in ei­nem ADV-Ver­fah­ren (13 V 13146/07, EFG 2008, 367) kei­ne ernst­haf­ten Zwei­fel an der Ver­fas­sungsmäßig­keit von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. StÄndG 2007 geäußert. Aus­ge­hend von der Ent­schei­dung des BVerfG vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVer­fE 101, 297, BSt­Bl II 2000, 162) sah das Fi­nanz­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung die Ein­schränkung oder Unmöglich­keit der Nach­prüfung der kon­kre­ten Nut­zung als aus­schlag­ge­bend an, auch ei­ne vollständi­ge Ver­sa­gung im Rah­men ei­ner ty­pi­sie­ren­den,

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ge­ne­ra­li­sie­ren­den und pau­scha­lie­ren­den Re­ge­lung zu recht­fer­ti­gen. Ein zwangsläufi­ger, pflicht­be­stimm­ter Auf­wand sei bei ei­nem häus­li­chen Ar­beits­zim­mer re­gelmäßig nicht an­zu­neh­men.

VII.

Auf­fas­sun­gen zu den ak­tu­el­len Ver­fas­sungs­fra­gen in der Li­te­ra­tur

1. Über­wie­gend wird im Schrift­tum die Mei­nung ver­tre­ten, dass die Neu­re­ge­lung ganz oder je­den­falls so­weit ein be­schränk­ter Ab­zug bei feh­len­der Verfügbar­keit ei­nes an­de­ren Ar­beits­plat­zes (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 HS. 2 EStG i.d.F. JStG 1996) aus­ge­schlos­sen wird, auf­grund ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit ver­fas­sungs­wid­rig sei (Pohl in Bor­de­win/Brandt, § 4 EStG, Rz. 2387f.; Wied in Blümich, § 4 EStG, Rz. 837; Thürner in Blümich, § 9 EStG, Rz. 567f.; Söhn in Kirch­hof/Söhn, § 4 EStG, Lb 22; Drens­eck in Schmidt, EStG, § 19 Rn. 60 "Ar­beits­zim­mer", Tz. 2; Lang, StuW 2007, 3 (14); Wes­sel­baum-Neu­ge­bau­er, FR 2007, 416 (424); Paus, EStB 2008, 252 (255); De­cker, JA 2008,458 (465); wohl auch Kreft, GStB 2009, 45 (46)). Teil­wei­se wird auch da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­gründung des Ge­setz­ge­bers, so­weit sie auf den Bun­des­rech­nungs­hof Be­zug nimmt, fehl geht (Pohl in Bor­de­win/Brandt, § 4 EStG, Rz. 2388; Grei­te, DB 2006, Bei­la­ge 6, 24 (24); Drens­eck in Schmidt, EStG, § 19 Rz. 60 "Ar­beits­zim­mer", Tz. 2).

2. Nur ver­ein­zelt wird die Ver­fas­sungsmäßig­keit der Neu­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG an­ge­nom­men. Da­bei wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ge­mischt ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen sei­en und der Ge­setz­ge­ber ei­ne Grund­ent­schei­dung tref­fen dürfe, mit der er die­se Auf­wen­dun­gen dem ab­zieh­ba­ren oder dem steu­er­lich nicht be­acht­li­chen Be­reich zu­ord­ne (Werns­mann, Bei­hef­ter zu DStR 2008, Heft 17, 37 (45); wohl auch Frot­scher in Frot­scher, § 4 EStG, Rz. 801). Teil­wei­se wird die Re­ge­lung als ver­fas­sungs­gemäß an­ge­se­hen, da miss­bräuch­li­che In­an­spruch­nah­men nicht über­prüfbar sei­en (Meu­er in La­de­mann, EStG, § 4, Rz. 721). An­de­re hal­ten die Neu­re­ge­lung in­so­weit für ver­fas­sungsmäßig, als die Ab­schaf­fung des be­schränk­ten Ab­zugs bei mehr als 50%iger be­ruf­li­cher oder be­trieb­li­cher Nut­zung des Ar­beits­zim­mers (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 HS. 1 EStG i.d.F. JStG 1996) er­folg­te (Drens­eck in Schmidt, § 19 Rz. 60 "Ar­beits­zim­mer", Tz. 2; wohl auch Thürmer in Blümich, § 9 EStG, Rz. 567f).

VIII.

Rechts­auf­fas­sung des be­sch­ließen­den Se­nats zur Ver­fas­sungsmäßig­keit der ge­setz­li­chen Re­ge­lung

1. Nach der Über­zeu­gung des vor­le­gen­den Se­nats ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. StÄndG 2007 nicht mit der für das Ein­kom­men­steu­er­recht spe­zi­fi­schen Aus­prägung des all­ge­mei­nen Gleich­heits­grund­sat­zes ver­ein­bar.
Prüfungs­maßstab ist, wie sich aus der Ent­schei­dung des BVerfG vom 7. De­zem­ber 1999 95 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (309); BSt­Bl. II 2000, 162 (166)) er­gibt, der all­ge­mei­ne Gleich­heits­grund­satz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

a. Der all­ge­mei­ne Gleich­heits­grund­satz aus Art. 3 Abs. 1 GG ge­bie­tet es dem Ge­setz­ge­ber, we­sent­lich Glei­ches gleich und we­sent­li­ches Un­glei­ches un­gleich zu be­han­deln und gilt für un­glei­che Be­las­tun­gen wie auch für un­glei­che Begüns­ti­gun­gen (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (49) stRspr.). Da­bei ist die Aus­prägung des all­ge­mei­nen Gleich­heits­grund­sat­zes je nach Re­ge­lungs­ge­gen­stand und Dif­fe­ren­zie­rungs­merk­mal un­ter­schied­lich. Es kommt ne­ben dem Willkürver­bot auch ein stren­ge­res Verhält­nismäßig­keits­er­for­der­nis in Fra­ge. Art. 3 Abs. 1 GG ist je­den­falls dann ver­letzt, "wenn sich ein vernünf­ti­ger, sich aus der Na­tur der

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Sa­che er­ge­ben­der oder sonst wie sach­lich ein­leuch­ten­der Grund für die ge­setz­li­che Dif­fe­ren­zie­rung oder Gleich­be­hand­lung nicht fin­den lässt" (BVerfG-Be­schluss vom 4. De­zem­ber 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27 (46); BSt­Bl II 2003, 534 (540), stRspr). Je mehr ei­ne Re­ge­lung den Ein­zel­nen als Per­son trifft, um so strik­ter ist der Gleich­heits­satz, je mehr all­ge­mein Le­bens­verhält­nis­se ge­re­gelt wer­den, um so of­fe­ner ist er für ge­setz­ge­be­ri­sche Ge­stal­tun­gen (stRspr, vgl. BVerfG-Be­schluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (6) mwN.). Ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung darf und muss ver­all­ge­mei­nern. Da­bei kann sich der Ge­setz­ge­ber grundsätz­lich am Re­gel­fall ori­en­tie­ren und muss nicht al­le Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls durch Son­der­re­ge­lun­gen be­han­deln. Ge­setz­li­che Ver­all­ge­mei­ne­run­gen müssen al­ler­dings auf ei­ner möglichst wei­ten, al­le be­trof­fe­nen Grup­pen und Re­ge­lungs­ge­genstände ein­sch­ließen­den Be­ob­ach­tung auf­bau­en (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (309); BSt­Bl II 2000, 162 (166), vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (6) mwN.)

Bei der Aus­wahl des Steu­er­ge­gen­stan­des und der Be­stim­mung des Steu­er­ta­rifs hat der Ge­setz­ge­ber im Be­reich des Steu­er­rechts auf­grund die­ser grundsätz­li­chen Frei­heit ei­nen weit­rei­chen­den Ent­schei­dungs­spiel­raum (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (49)). Im Be­reich des Ein­kom­men­steu­er­rechts wird die­se Frei­heit des Ge­setz­ge­bers durch zwei eng mit­ein­an­der ver­knüpfte Leit­li­ni­en be­grenzt, nämlich zum ei­nen durch das Ge­bot der Aus­rich­tung der Steu­er­last am Prin­zip der fi­nan­zi­el­len Leis­tungsfähig­keit und zum an­de­ren durch das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (50)). Dies ist Aus­fluss des der Ein­kom­men­steu­er zu­grun­de lie­gen­den sog. Net­to­prin­zips. Hier­nach ist nur das Net­to­ein­kom­men, al­so die Er­werbs­ein­nah­men abzüglich der Er­werbs­auf­wen­dun­gen (ob­jek­ti­ves Net­to) und der exis­tenz­si­chern­den Auf­wen­dun­gen (sub­jek­ti­ves Net­to) zu be­steu­ern. Die Auf­wen­dun­gen für die Er­werbstätig­keit wer­den gemäß §§ 4, 9 EStG steu­er­lich ab­ge­zo­gen, die exis­tenz­si­chern­den Auf­wen­dun­gen als Son­der­aus­ga­ben oder außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen gemäß §§ 10ff., 33ff. EStG (BVerfG-Be­schluss vom 4. De­zem­ber 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27 (47); BSt­Bl II 2003, 534 (540), stRspr.).

Der Gleich­heits­grund­satz for­dert nicht, dass der Steu­er­ge­setz­ge­ber stets die tatsächlich an­ge­fal­le­nen Er­werbs­auf­wen­dun­gen zum Ab­zug zulässt. Er kann ins­be­son­de­re dann, wenn die Er­werbs­auf­wen­dun­gen mit Kos­ten der all­ge­mei­nen Le­bensführung i.S.d. § 12 EStG in Zu­sam­men­hang ste­hen, so­wohl zur Klar­stel­lung wie auch zur Ver­ein­fa­chung die ab­zieh­ba­ren Er­werbs­auf­wen­dun­gen in ei­nem un­wi­der­leg­ba­ren Re­gel­tat­be­stand er­fas­sen, um so Er­mitt­lun­gen im Pri­vat­be­reich ein­zu­gren­zen (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Auf­wen­dun­gen für die Le­bensführung, so­weit nicht in den Son­der­aus­ga­ben und außer­gewöhn­li­chen Be­las­tun­gen ge­re­gelt, min­dern gemäß § 12 Nr. 1 EStG die ein­kom­men­steu­er­li­che Be­mes­sungs­grund­la­ge nicht. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG be­stimmt, dass dies auch für Auf­wen­dun­gen für die Le­bensführung gilt, "die die wirt­schaft­li­che oder geschäft­li­che Stel­lung des Steu­er­pflich­ti­gen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förde­rung des Be­rufs oder der Tätig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen er­fol­gen". Hin­sicht­lich des
Re­gel­tat­be­stan­des genügt es, dass der Ge­setz­ge­ber für be­stimm­te Ar­ten von Auf­wen­dun­gen nur den Ab­zug ei­nes in rea­litäts­ge­rech­ter Höhe ty­pi­sier­ten Be­trags zuläßt (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)).

In der Ent­schei­dung zur sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (53)) hat es das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt of­fen ge­las­sen, ob das ob­jek­ti­ve Net­to­prin­zip, wie es § 2 Abs. 2 EStG zum Aus­druck bringt Ver­fas­sungs­rang hat. Schon dem ein­fach­recht­li­chen ob­jek­ti­ven Net­to­prin­zip kommt über die An­for­de­run­gen an die hin­rei­chen­de Fol­ge­rich­tig­keit Be­deu­tung für die nähe­re Aus­ge­stal­tung der ge­setz­ge­be­ri­schen Grund­ent­schei­dun­gen zu. Der Ge­setz­ge­ber hat

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bei der Aus­wahl des Steu­er­ge­gen­stan­des die Fol­ge­rich­tig­keit i.S. ei­ner Be­las­tungs­gleich­heit um­zu­set­zen (vgl. auch BVerfG-Be­schluss vom 22. Ju­ni 1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (136); BVerfG v. 20. April 2004 – 1 BvL 1748/98, 905/00, BVerfGE 110, 274 (292)). Aus­nah­men von die­ser An­for­de­rung bedürfen ei­nes be­son­de­ren sach­li­chen Grun­des (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (50)).

b. Die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer so­wie die Kos­ten der Aus­stat­tung gehören zu den die ein­kom­men­steu­er­li­che Be­mes­sungs­grund­la­ge min­dern­den Er­werbs­auf­wen­dun­gen. Sie sind in dem Fall, dass für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht – ne­ben dem Fall, dass das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det -, nicht we­sent­lich pri­vat ver­an­lasst. Es han­delt sich des­halb um Be­triebs­aus­ga­ben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG bzw. um Wer­bungs­kos­ten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Folg­lich gehören die Auf­wen­dun­gen zu den im Rah­men des ob­jek­ti­ven Net­to­prin­zips ab­zugsfähi­gen Auf­wen­dun­gen (BVerfG v. 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (50f.) mwN.).

aa. Kon­kre­ti­siert wird das ob­jek­ti­ve Net­to­prin­zip durch das Ver­an­las­sungs­prin­zip (Lang, StuW 2007, 3 (9)). Ob­wohl § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Wer­bungs­kos­ten als Auf­wen­dun­gen zur Er­wer­bung, Si­che­rung und Er­hal­tung der Ein­nah­men de­fi­niert, wird der Wer­bungs­kos­ten­be­griff in der Recht­spre­chung dem Be­triebs­aus­ga­ben­be­griff des § 4 Abs. 4 EStG gleich­ge­setzt. § 4 Abs. 4 EStG de­fi­niert Be­triebs­aus­ga­ben als Auf­wen­dun­gen, die durch den Be­trieb ver­an­lasst sind. Folg­lich sind Wer­bungs­kos­ten Auf­wen­dun­gen, die durch den Be­ruf ver­an­lasst sind. Bei­de Be­grif­fe sind ein­heit­lich so­wohl kau­sal als fi­nal zu ver­ste­hen. Ei­ne be­trieb­li­che Ver­an­las­sung liegt vor, wenn die Auf­wen­dun­gen ob­jek­tiv mit dem Be­trieb zu­sam­menhängen und sub­jek­tiv dem Be­trieb zu die­nen be­stimmt sind (vgl. nur BFH-Be­schluss vom 4. Ju­li 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290 (301f.), BSt­Bl II 1990, 817 (823)). Ei­ne be­ruf­li­che Ver­an­las­sung be­steht dem­ent­spre­chend, wenn ein ob­jek­ti­ver Zu­sam­men­hang mit dem Be­ruf be­steht und die Auf­wen­dun­gen sub­jek­tiv zur Förde­rung des Be­rufs getätigt wer­den (vgl. nur BFH-Vor­la­ge­be­schluss vom 10. Ja­nu­ar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358 (382f.), BSt­Bl II 2008, 234 (245) mwN). Nicht ent­schei­dend ist, ob die Auf­wen­dun­gen not­wen­dig, üblich oder zweckmäßig sind (BFH-Ur­teil vom 24. Mai 2000 VI R 17/96, BFHE 192, 293 (296), BSt­Bl II 2000, 584 (585) mwN.).

bb. Nach die­sen Grundsätzen sind die Kos­ten für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer be­ruf­lich ver­an­lasst, wenn ei­ne be­ruf­li­che Nut­zung ge­ge­ben ist (vgl. BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl. II 2000, 162 (167); BFH-Ent­schei­dung vom 27. März 2009 VIII B 184/08, ju­ris; auch Ent­schei­dun­gen vom 21. Ja­nu­ar 1966 VI 92/64, BFHE 85, 18 (19), BSt­Bl III 1966, 219 (220); vom 23. Ja­nu­ar 1981 VI B 122/80, ju­ris; vom 16. Fe­bru­ar 1990 VI R 144/86, BFH/NV 1990, 763 (763); vom 4. Au­gust 2006 VI B 49/06, BFH/NV 2006, 2074 (2075)).

Ent­spre­chend wur­de ei­ne be­trieb­li­che Ver­an­las­sung beim häus­li­chen Ar­beits­zim­mer – auch be­trieb­li­ches Ar­beits­zim­mer/Büro­zim­mer ge­nannt - an­ge­nom­men, wenn ei­ne ent­spre­chen­de be­trieb­li­che Nut­zung vor­lag (vgl. BFH-Ent­schei­dun­gen vom 24. Ja­nu­ar 1961 I 256/60 U, BSt­Bl III 1961, 187 (188); vom 30. März 1989 IV R 45/87, BSt­Bl II 1989, 509 (509); vom 27.Ok­to­ber 1993 I R 99/92, BFH/NV 1994, 701 (702f.); vom 9. No­vem­ber 1995 IV R 60/92, BSt­Bl II 1996, 192 (192); vom 8. De­zem­ber 1994 IV B 34/94, BFH/NV 1995, 595 (595)).

Zu­sam­men­fas­send be­trach­tet sind die Kos­ten für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ty­pi­sche Er­werbs­auf­wen­dun­gen (so auch Lang, StuW 2007, 3 (14), Kreft, GStB 2009, 45 (45); Drens­eck, FR 2006, 1 (6); Leis­ner-Egen­sper­ger, FR 2006, 1018 (1018); Paus, EStB 2008, 252 (255); Eich/Carlé, DStZ 2003, 599 (599); HHR-Stap­per­feld, § 4 EStG, Anm.

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1128 und HHR-Brou­dré, § 4 EStG, Anm. 1500; wohl auch Pohl in Bor­de­win/Brandt, § 4 EStG Rz. 2388; Söhn in Kirch­hof/Söhn, § 4 EStG, Lb 22; Meu­rer in La­de­mann, EStG, § 4, Rz. 721).

cc. Bei den hier zu be­ur­tei­len­den Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ei­nes Steu­er­pflich­ti­gen, für des­sen be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht, han­delt es sich zwar um ei­nen Be­reich, bei dem Auf­wen­dun­gen die pri­va­te Le­bensführung berühren (so schon BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311); BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Es han­delt sich aber nicht um sog. "ge­mischt"- al­so so­wohl be­trieb­lich/be­ruf­lich als auch pri­vat – ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen.

Grund­vor­aus­set­zung für die An­er­ken­nung der Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ist die dar­ge­stell­te be­trieb­li­che bzw. be­ruf­li­che Nut­zung. Die­se muss not­wen­di­ger­wei­se vor­lie­gen, um über­haupt von Er­werbs­auf­wen­dun­gen aus­ge­hen zu können. Die be­trieb­li­che bzw. be­ruf­li­che Nut­zung muss aus­sch­ließlich sein (so auch BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Der BFH qua­li­fi­ziert in ständi­ger Recht­spre­chung den Grad der Nut­zung als "so gut wie aus­sch­ließlich für Einkünf­te­er­zie­lung und nicht pri­vat" (BFH-Be­schluss vom 27. März 2009 VIII B 184/08, ju­ris un­ter Hin­weis auf BFH-Ur­teil vom 21. Ja­nu­ar 1966 VI 92/64, BFHE 85, 18 (20), BSt­Bl III 1966, 219 (220)). Folg­lich un­ter­liegt ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer auch nicht dem Ab­zugs­ver­bot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167); a.A. aber Arndt in Kirch­hof/Söhn, EStG, § 12, B 116). Für ei­ne er­heb­li­che pri­va­te Mit­ver­an­las­sung und da­mit ei­ne Qua­li­fi­zie­rung der Auf­wen­dun­gen als sog. ge­mischt ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen ist schon auf­grund der Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen kein Platz (so auch Drens­eck, FR 2006, 1 (7); Grei­te, DB 2006, 24 (25); Lang, StuW 2007, 3 (13); Paus, EStB 2008, 252 (255); Kreft, GStB 2009, 45 (46) ; a.A. Werns­mann, Bei­hef­ter zu DStR 2008, Heft 17, 37 (45), der aus­ge­hend vom BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BSt­Bl II 2000, 162 von ge­misch­ten Auf­wen­dun­gen aus­geht; auch Frot­scher in Frot­scher, EStG, § 4 Rn. 801).

dd. So­weit ein be­trieb­li­cher bzw. be­ruf­li­cher Auf­wand zu­gleich die pri­va­te Le­bens­sphäre berührt, ist das all­ge­mei­ne­re ein­kom­men­steu­er­recht­li­che Re­ge­lungs­mo­dell in § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG auf­ge­zeigt (so auch BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48). § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG be­sagt, dass "an­de­re als die in den Num­mern 1 bis 6 und 6b be­zeich­ne­ten Auf­wen­dun­gen, die die Le­bensführung des Steu­er­pflich­ti­gen oder an­de­rer Per­so­nen berühren, so­weit sie nach all­ge­mei­ner Ver­kehrs­auf­fas­sung als un­an­ge­mes­sen an­zu­se­hen sind" nicht ab­zieh­bar sind. Der Ge­setz­ge­ber sieht es al­so grundsätz­lich als aus­rei­chend an, wenn sol­che Auf­wen­dun­gen der Höhe nach ge­de­ckelt wer­den. Dies galt bis zur Ände­rung durch das StÄndG 2007 auch für die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer auf­grund des Höchst­be­tra­ges von 1.250 Eu­ro. Durch die Neu­re­ge­lung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG im StÄndG 2007 kon­sti­tu­iert der Ge­setz­ge­ber ein vollständi­ges Ab­zugs­ver­bot für ei­nen Teil der Steu­er­pflich­ti­gen, ins­be­son­de­re die, die er­werbs­be­dingt ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer nut­zen müssen, und weicht vom bis­he­ri­gen Sys­tem der De­cke­lung der Auf­wen­dun­gen ab. Dies stellt ei­ne Ein­schränkung des Net­to­prin­zips für die­sen Teil der Steu­er­pflich­ti­gen dar und da­mit ei­ne Be­nach­tei­li­gung ge­genüber den Steu­er­pflich­ti­gen, de­ren Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung das häus­li­che Ar­beits­zim­mer bil­det. Das glei­che gilt ge­genüber den Steu­er­pflich­ti­gen, die ein außerhäus­li­ches Ar­beits­zim­mer nut­zen (so auch Lang, StuW 2007, 3 (14)). Ein außerhäus­li­ches Ar­beits­zim­mer liegt im­mer dann vor, wenn die Räum­lich­kei­ten nicht zur Pri­vat­woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen gehören (vgl. nur BFH-Ur­teil vom 18. Au­gust 2005 VI R 39/04, BSt­Bl II 2006, 428 (429)). Ein "Min­dest­maß an Sys­tem­ori­en­tie­rung" (so Birk, DStR 2009, 877 (881), wel­ches ein Han­deln fol­ge­rich­tig macht, liegt nicht vor.

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c. Für den Se­nat steht auf­grund des Ge­sag­ten fest, dass durch das neu ge­schaf­fe­ne vollständi­ge Ab­zugs­ver­bots von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer in den Fällen, in de­nen für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht, das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit ver­letzt wor­den ist. Ob darüber hin­aus das Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit auch in den Fällen ver­letzt ist, wenn die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer nicht als Er­werbs­auf­wen­dun­gen ab­zieh­bar sind, ob­wohl die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Nut­zung des Ar­beits­zim­mers mehr als 50 von Hun­dert der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Tätig­keit beträgt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 HS. 1 EStG i.d.F. JStG 1996), lässt der Se­nat trotz be­ste­hen­der Zwei­fel an der Ver­fas­sungsmäßig­keit da­hin­ste­hen. Die­se bis­her gel­ten­de Aus­nah­me vom Grund­satz des Ab­zugs­ver­bots ist im vor­lie­gen­den Fall nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich. Der Steu­er­pflich­ti­ge nutzt das Ar­beits­zim­mer un­strei­tig nicht in
ei­nem sol­chen Um­fang, da er dort wöchent­lich nur 14 St­un­den ar­bei­tet.

2. Es lie­gen kei­ne ver­fas­sungs­recht­lich hin­rei­chen­den sach­li­chen Gründe für die be­schrie­be­ne Ab­wei­chung vor. Der Zweck der Ein­nah­men­ver­meh­rung oder denk­ba­re, vom Ge­setz­ge­ber er­kenn­bar aber nicht ver­folg­te Len­kungs- und Förde­rungs­zie­le noch die die­sem zu­zu­bil­li­gen­de Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis recht­fer­ti­gen hier die­se Ab­wei­chung. Auch liegt we­der ein Sys­tem­wech­sel noch ei­ne neue Zu­ord­nungs­ent­schei­dung vor.

a. Der Ge­setz­ge­ber will er­kenn­bar mit der ge­genüber der bis­he­ri­gen Re­ge­lung wei­te­ren Ein­schränkung der Ab­zieh­bar­keit von Auf­wen­dun­gen für häus­li­che Ar­beits­zim­mer auch den Haus­halt kon­so­li­die­ren (vgl. BT­Drucks 16/1545, 8) und so­mit staat­li­che Ein­nah­men erhöhen. Dies kann für sich al­lein die Ab­kehr vom Ver­an­las­sungs­prin­zip in dem Fall, in dem ein an­de­rer Ar­beits­platz für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Betäti­gung nicht vor­liegt, nicht recht­fer­ti­gen. Hier­an hält das BVerfG in ständi­ger Recht­spre­chung, auch in der Ent­schei­dung zur Ver­fas­sungsmäßig­keit der Neu­re­ge­lung der sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (50)) fest. Zwar wird in die­sem Zu­sam­men­hang ge­ra­de auch dar­auf ver­wie­sen, dass für die grundsätz­li­che Nicht­ab­zugsfähig­keit des Auf­wands für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG) der be­son­de­re, ver­fas­sungs­recht­lich tragfähi­ge sach­li­che Grund ge­ge­ben sei. Doch wird in den wei­te­ren Ent­schei­dungs­gründen die­ses Ur­teils deut­lich, dass mehr vor­lie­gen muss, als nur das fis­kal mo­ti­vier­te Ziel der Ein­nah­men­ver­meh­rung. Auch fin­det sich im Ur­teil des BVerfG vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BSt­Bl II 2000, 162), die Recht­fer­ti­gung ei­nes vollständi­gen Ab­zugs­ver­bot von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer nicht. Viel­mehr sieht das BVerfG in die­ser Ent­schei­dung nur ei­ne Be­gren­zung der
Ab­zugsfähig­keit der Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer als sach­lich ge­recht­fer­tigt an – oh­ne al­ler­dings den Recht­fer­ti­gungs­grund der Ein­nah­men­ver­meh­rung über­haupt zu erwähnen (BVerfG-Ur­teil vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Da die bis­he­ri­ge Sys­te­ma­tik der Be­gren­zung des Ab­zugs von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. JStG 1996 zunächst auf ein grundsätz­li­ches Ab­zugs­ver­bot in Satz 1 der Nr. 6b EStG i.d.F. JStG 1996 auf­baut, um es dann durch Aus­nah­men und Rück­aus­nah­me hin­sicht­lich der Höhe der je­weils mögli­chen Ab­zieh­bar­keit wei­ter aus­zu­ge­stal­ten, ver­steht der vor­le­gen­de Se­nat den Hin­weis des BVerfG in sei­ner Ent­schei­dung zur Ent­fer­nungs­pau­scha­le (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (52)) da­hin­ge­hend, dass das BVerfG auf die Not­wen­dig­keit von ver­fas­sungs­recht­lich tragfähi­gen sach­li­chen Gründen ab­stellt und das Ziel der Ein­nah­men­ver­meh­rung als sol­ches al­lein (auch wei­ter­hin) nicht für ei­nen tragfähi­gen sach­li­chen Grund hält. Dies wird im fol­gen­den dann auch noch ein­mal deut­lich und klar her­aus­ge­stellt (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)).

b. Förde­rungs- oder Len­kungs­zwe­cke, die Grund­la­ge ei­ner sach­li­chen Recht­fer­ti­gung ei­ner Ab­wei­chung vom Ver­an­las­sungs­prin­zip sein können, lie­gen nicht vor. Das BVerfG

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hat zwar in sei­ner Ent­schei­dung zur sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le dar­ge­stellt, dass auch Förde­rungs- oder Len­kungs­zwe­cke als Gründe für ei­ne sach­li­che Recht­fer­ti­gung ei­ner Ab­wei­chung vom Ver­an­las­sungs­prin­zip möglich sind (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (52)). Die­se wer­den aber we­der in der Li­te­ra­tur im Zu­sam­men­hang mit der Be­gren­zung des Ab­zugs von Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer dis­ku­tiert, noch sind sie vom Ge­setz­ge­ber als Be­gründung sei­ner Ge­set­zesände­rung her­an­ge­zo­gen. An­ge­sichts der durch die fort­schrei­ten­de Verände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen durch mo­der­ne In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­ni­ken, die da­zu führen, dass die Zahl der Tel­e­heim­ar­bei­ter in der Zeit von 1999 bis 2002 von 6% auf 16,6% (vgl. Nach­wei­se bei Wes­sel­baum- Neu­ge­bau­er, FR 2007, 416 (420)) an­ge­stie­gen ist und die­se Tel­e­heim­ar­beit häufig aus­sch­ließlich zu Hau­se oh­ne Ar­beits­platz im Un­ter­neh­men aus­geübt wird, er­scheint es nur schwer ver­tret­bar, po­si­ti­ve Förde­rungs- oder Len­kungs­zwe­cke für die er­folg­te Ein­schränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG an­zuführen. Die im Zu­sam­men­hang mit der Te­le­ar­beit an­zuführen­de At­trak­ti­vität aus Ar­beit­neh­mer­sicht (höhe­re Zeit­sou­veränität, ru­hi­ge­re Ar­beits­be­din­gun­gen, Ein­spa­rung des Pen­del­we­ges, bes­se­re Ver­ein­bar­keit von Be­ruf und Fa­mi­lie) ge­paart mit den Vor­tei­len für die Un­ter­neh­men (größere Pro­duk­ti­vität und Krea­ti­vität der Mit­ar­bei­ter, nied­ri­ge­re Büro­raum­kos­ten) (so auch Wes­sel­baum-Neu­ge­bau­er, FR 2007, 416 (420) könn­ten es viel­mehr recht­fer­ti­gen, dass der Ge­setz­ge­ber ge­ra­de auch in dem Fall, dass ein an­de­rer Ar­beits­platz nicht vor­liegt, ei­nen un­be­schränk­ten Ab­zug der Auf­wen­dun­gen zu­ließe. Die­sen Weg geht in­ter­es­san­ter­wei­se der sog. Kölner Ent­wurf ei­nes Ein­kom­men­steu­er­rechts in § 15 Abs. 2 Nr. 3 EStG, wenn es dort heißt, das ab­zieh­bar sein sol­len: "Aus­ga­ben für ei­nen häus­li­chen Ar­beits­raum und sei­ne Aus­stat­tung, wenn der Raum aus­sch­ließlich für die Er­werbstätig­keit ge­nutzt wird und für die in dem Raum aus­geübte Er­werbstätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht." (Lang u.a., Kölner Ent­wurf ei­nes Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes, 2005)

c. Ei­ne Recht­fer­ti­gung er­folgt auch nicht aus der Ty­pi­sie­rungs­kom­pe­tenz des Ge­setz­ge­bers bei Auf­wen­dun­gen, die für Le­bens­sach­ver­hal­te im Schnitt­be­reich zwi­schen be­ruf­li­cher und pri­va­ter Sphäre lie­gen. Un­abhängig da­von, ob die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer als sog. ge­mischt ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen be­zeich­net wer­den oder "nur" als Auf­wen­dun­gen, die die pri­va­te Le­bensführung berühren, steht dem Ge­setz­ge­ber ei­ne Ty­pi­sie­rungs­kom­pe­tenz zu. Er kann in die­sen Fällen ver­fas­sungs­recht­lich zulässig die­se Wir­kungs­zu­sam­menhänge ge­wich­ten und be­wer­ten, was ihm er­heb­li­che Ty­pi­sie­rungs­spielräume eröff­net (so BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (52)). Von ei­ner sol­chen Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis des Ge­setz­ge­bers ging das BVerfG auch be­reits in der Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (310), BSt­Bl II 2000, 162 (166)) aus. Die­se rühr­te aus der we­sent­lich ein­ge­schränk­ten Nach­prüfbar­keit, ob die Nut­zung des Zim­mers tatsächlich be­trieb­lich oder be­ruf­lich er­folg­te, her. Auch war der Schutz der Woh­nung gemäß Art. 13 GG zu wah­ren. Die Ty­pi­sie­rung be­traf da­bei aber al­lein die Rich­tig­keit der An­ga­ben des Steu­er­pflich­ti­gen, das Zim­mer be­trieb­lich oder be­ruf­lich zu nut­zen. Je er­for­der­li­cher die Auf­wen­dun­gen er­schie­nen, um so eher konn­te den An­ga­ben der Steu­er­pflich­ti­gen ge­glaubt wer­den. Im Fall, dass das häus­li­che Ar­beits­zim­mer den "Mit­tel­punkt der be­trieb­li­chen oder be­ruf­li­chen Tätig­keit" bil­det, war des­halb ein Vol­l­ab­zug im Ver­gleich zur an­sons­ten vor­ge­nom­me­nen De­cke­lung ver­fas­sungs­recht­lich ge­recht­fer­tigt (BVerfG-Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)). Der Grad der In­ten­sität der Er­for­der­lich­keit von Er­werbs­auf­wen­dun­gen um­schrieb bis­lang die Ty­pi­sie­rungs­spielräume (so wohl auch Pohl in Bor­de­win/Brandt, § 4 EStG, Rz. 2388; Grei­te, DB 2006, Bei­la­ge 6, 24 (25)) und da­mit auch den Grad der Durch­bre­chung des ob­jek­ti­ven Net­to­prin­zips.

Der Ge­setz­ge­ber ist, so stellt es auch die Ent­schei­dung zur sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le klar, "un­ter Be­ach­tung sons­ti­ger grund­recht­li­cher Bin­dun­gen (...) be­rech­tigt, im In­ter­es­se

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ei­nes prak­ti­ka­blen Ge­set­zes­voll­zugs mit ge­ne­ra­li­sie­ren­den, ty­pi­sie­ren­den und pau­scha­lie­ren­den Re­ge­lun­gen die "ty­pi­sche" pri­va­te Mit­ver­an­las­sung (...) bei der Be­stim­mung ab­zugsfähi­gen Auf­wands zu berück­sich­ti­gen und sol­che Re­ge­lun­gen un­ter (po­li­ti­schen) As­pek­ten aus­zu­ge­stal­ten." (BVerfG-Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2008 2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (52)).

Die Neu­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. StÄndG 2007 ist die­sen ver­fas­sungs­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ty­pi­sie­ren­den Re­ge­lun­gen nicht ge­recht ge­wor­den. Der Ge­setz­ge­ber hat sich nicht am Re­gel­fall ori­en­tiert, son­dern oh­ne auf ei­ne al­le be­trof­fe­nen Grup­pen und Re­ge­lungs­ge­genstände ein­sch­ließen­de Be­ob­ach­tung auf­zu­bau­en, den ty­pi­schen Fall, bei dem für ei­ne be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht, vom Ab­zug in vol­ler Höhe aus­ge­schlos­sen. In­so­weit ist da­von aus­zu­ge­hen, dass er von sei­ner Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis ge­ra­de nicht Ge­brauch ge­macht hat, son­dern sich al­lein vom Zweck der Ein­nah­men­ver­meh­rung lei­ten ließ.

Ei­ne für die Ty­pi­sie­rung er­for­der­li­che em­pi­ri­sche Be­ob­ach­tung ist nicht er­kenn­bar. Zwar wird vom Ge­setz­ge­ber auf ei­ne Prüfung der Um­set­zung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.S.d. JStG 1996 durch den Bun­des­rech­nungs­hof aus dem Jahr 2003 ver­wie­sen (BT-Druck­sa­che 16/1545, 12). Ob die­se Prüfung statt­ge­fun­den hat, wird aber in der Li­te­ra­tur in Fra­ge ge­stellt (Grei­te, DB 2006, Bei­la­ge 6, 24 (24); Pohl in Bor­de­win/Brandt, § 4 EStG, Rz. 2388; Drens­eck in Schmidt, EStG, § 19, Rz. 60 "Ar­beits­zim­mer", Tz. 2, der von ir­reführen­der Be­gründung spricht). Man­gels Quel­len­an­ga­be und Veröffent­li­chung die­ser Prüfung steht fest, dass es der Öffent­lich­keit nicht möglich ist, die­se Prüfung zur Kennt­nis zu neh­men. Ei­ne nicht öffent­lich zugäng­li­che em­pi­ri­sche Be­ob­ach­tung ver­mag aber kei­ne Ty­pi­sie­rung zu recht­fer­ti­gen. So­weit der Präsi­dent in sei­ner Dop­pel­funk­ti­on als Bun­des­be­auf­trag­ter für Wirt­schaft­lich­keit in der Ver­wal­tung (BWV) die La­ge der Steu­er­ver­wal­tung im Be­reich der Steu­er­fest­set­zung un­ter­sucht hat, fehlt es an ei­ner ent­spre­chen­den em­pi­ri­schen Fest­stel­lung, die ei­ne Ty­pi­sie­rung ermöglicht. Der von ihm in die­sem Zu­sam­men­hang veröffent­lich­te 13. BWV-Be­richt (Bd. 13 des BWV, Pro­ble­ma­tik beim Voll­zug der Steu­er­ge­set­ze, Emp­feh­lun­gen zur Ver­bes­se­rung des Voll­zugs der Steu­er­ge­set­ze in Deutsch­land, 2006) weist ei­ne sol­che Un­ter­su­chung nicht aus. In die­sem Be­richt sind auch kei­ne Fest­stel­lun­gen des BWV ge­trof­fen wor­den, dass die Re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. JStG 1996 ei­ne vom Ge­setz­ge­ber bei Einführung die­ser Vor­schrift be­ab­sich­tig­te Ver­ein­fa­chung des Be­steue­rungs­ver­fah­rens nicht ermöglicht hat. Auch die wei­te­ren Ausführun­gen in der Ge­set­zes­be­gründung, dass nämlich die Ab­gren­zung zur pri­va­ten Le­bens­sphäre mit ho­hem Ver­wal­tungs­auf­wand ver­bun­den und sehr streitfällig sei und zu Min­der­ein­nah­men führe (BT-Druck­sa­che 16/1545, 12) ist die­sem Be­richt nicht zu ent­neh­men.

Aber auch dann, wenn man an­nimmt, dass die in der Ge­set­zes­be­gründung be­haup­te­ten Fest­stel­lun­gen des Bun­des­rech­nungs­ho­fes ge­macht wor­den sind, folgt hier­aus nicht, dass ei­ne Ty­pi­sie­rung auch die Fälle aus­sch­ließen darf, bei de­nen ein an­de­rer Ar­beits­platz nicht zur Verfügung steht. Aus­ge­hend von der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des BVerfG zum häus­li­chen Ar­beits­zim­mer (BVerfG-Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)) hieße dies, dass ein Steu­er­pflich­ti­ger, der aus die­sem Grun­de ein Zim­mer in der Nähe sei­ner Pri­vat­woh­nung nutzt, stets die­ses Zim­mer in ei­nem so ho­hen Um­fang nicht­be­trieb­lich und nicht­be­ruf­lich nutzt, dass von ei­nem häus­li­chen Ar­beits­zim­mer und da­mit auch von der Be­rech­ti­gung der Gel­tend­ma­chung von Er­werbs­auf­wen­dun­gen nicht aus­ge­gan­gen wer­den kann. Ein so be­schrie­be­ner Re­gel­fall ist aus Sicht des Se­nats schon nicht vor­stell­bar.

Ei­ne Recht­fer­ti­gung des Ab­zugs­ver­bots für Steu­er­pflich­ti­ge, de­nen kein an­de­rer Ar­beits­platz für ih­re be­trieb­li­che oder be­ruf­lich­te Betäti­gung zur Verfügung steht, er­gibt

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sich auch nicht aus dem Recht­fer­ti­gungs­grund der Miss­brauchs­ab­wehr. Die­ser Recht­fer­ti­gungs­grund ist mit der Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis eng ver­bun­den und wird als ei­genständig an­ge­se­hen, um so den Ab­zug von Er­werbs­auf­wen­dun­gen ein­zu­schränken (Drüen, StuW 2008, 3 (13); Drens­eck in Schmidt, EStG, § 9 Rz. 1). Ei­ne be­son­de­re Miss­brauchs­ge­fahr ist bei den Steu­er­pflich­ti­gen, de­nen kei­nen an­de­ren Ar­beits­platz für ih­re be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Betäti­gung zur Verfügung steht, im Verhält­nis zu an­de­ren Steu­er­pflich­ti­gen mit häus­li­chen, aber auch außerhäus­li­chen Ar­beits­zim­mern nicht zu er­ken­nen. Auch die Steu­er­pflich­ti­gen, die den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung im Ar­beits­zim­mer ha­ben, können die­ses in ei­nem sol­che Maße pri­vat nut­zen, dass die­se Nut­zung steu­erschädlich ist. Selbst im Fall des außerhäus­li­chen Ar­beits­zim­mers ist nicht in höhe­rem Maße ge­si­chert, dass ei­ne pri­va­te Mit­be­nut­zung aus­schei­det. Die Kon­troll­ein­schränkun­gen sind in al­len Fällen ge­nau­so wie die Mit­wir­kungs­pflicht des Steu­er­pflich­ti­gen und die Ver­trau­ens­not­wen­dig­keit in die Rich­tig­keit sei­ner An­ga­ben ge­nau­so. Ein dro­hen­der Miss­brauch spe­zi­ell der Steu­er­pflich­ti­gen, de­nen kein an­de­res Ar­beits­zim­mer für ih­re be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Betäti­gung zur Verfügung, ist nicht er­kenn­bar und kann ei­ne ab­wei­chen­de Be­hand­lung al­lein nicht recht­fer­tig­ten.

So­weit der Ge­setz­ge­ber durch die Neu­re­ge­lung die Er­werbs­auf­wen­dun­gen für die häus­li­chen Ar­beits­zim­mer, bei de­nen für die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Betäti­gung kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht, vom Ab­zug vollständig aus­sch­ließt, liegt auch kei­ne Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung vor. Auf ei­ne sol­che Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung stützt der Ge­setz­ge­ber u.a. sei­ne Be­gründung (BT-Druck­sa­che 16/1545, 12). Zwar hat es in der Zeit nach 1996 ei­ne Viel­zahl von höchst­rich­ter­li­chen Ent­schei­dun­gen (Fis­se­ne­wert schätzt die­se auf über 100, vgl. HFR 2007, 440 (440)) ge­ge­ben, doch ha­ben die­se die Rechts­la­ge weit­ge­hend geklärt und nicht ver­kom­pli­ziert. Dies gilt ins­be­son­de­re in Be­zug auf die Fra­ge, wann das Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung bil­det (so wohl auch Fis­se­ne­wert, HFR 2007, 440 (440); Stuhr­mann, NJW 2006, 2513 (2514) [der al­ler­dings oh­ne wei­te­re Be­gründung trotz­dem die Fest­stel­lung wagt, dass die Ge­set­zesände­rung zu ei­ner Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung führe]; a.A. wohl aber Paus, EStB 2008, 252 (257) [der an der Be­stimmt­heit die­ses Be­grif­fes zwei­felt]). Auf­grund ei­ner be­rufs­ty­pi­sie­ren­den Recht­spre­chung war leicht über­prüfbar, un­ter wel­che Fal­lal­ter­na­ti­ve des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen zu fas­sen wa­ren. Un­strei­tig konn­te et­wa ein Leh­rer, der ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer un­ter­hielt, ma­xi­ma­le Auf­wen­dun­gen in Höhe von 1.250 Eu­ro gel­tend ma­chen, was schon an­hand der Ak­ten­la­ge leicht über­prüfbar war (so auch Leis­ner-Egen­sper­ger, FR 2006, 1018 (1027); De­cker, JA 2008, 458 (464)). Die Nähe zur pri­va­ten Sphäre war aus­rei­chend durch den Höchst­be­trag im Rah­men der er­folg­ten Ty­pi­sie­rung berück­sich­tigt wor­den. Die Miss­brauchs­ge­fahr be­stand so gut wie nicht, da bei Leh­rern, wie auch vom BVerfG in der Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)) bestätigt, ein an­de­rer Ar­beits­platz nicht vor­han­den war (Leis­ner-Egen­sper­ger, FR 2006, 1018 (1027)). Ein An­spruch auf ei­nen sol­chen Ar­beits­platz an der Schu­le hat ein Leh­rer auch nicht, wie noch jüngst die Ver­wal­tungs­recht­spre­chung (VGH Ba­den-Würt­tem­berg, Be­schluss vom 27. No­vem­ber 2008 4 S 659/08, VBlBW 2009, 102) bestätigt hat. Durch die Neu­re­ge­lung, das deu­tet sich an, wird es zu mehr Schwie­rig­kei­ten für die Steu­er­ver­wal­tung im Ge­set­zes­voll­zug kom­men. Dies ist Fol­ge der Über­le­gung ei­ni­ger Stim­men in der Li­te­ra­tur, den Be­griff des Mit­tel­punkts der ge­sam­ten be­trieb­li­chen und be­ruf­li­chen Betäti­gung neu aus­zu­ta­rie­ren (vgl. et­wa Wes­sel­baum-Neu­ge­bau­er, FR 2007, 416 (424); Grei­te, DB 2006, 24 (30)). Gleich­zei­tig steigt die Be­reit­schaft zur Ge­stal­tung des Sach­ver­hal­tes (da­zu Kreft, GStB 2009, 45 (47ff.); Hu­ber/Häußler, BB 2007, 1589 (1593)). So­weit der BWV in An­la­ge 9 sei­nes 13. Be­richts (Bd. 13 des BWV, Pro­ble­me beim Voll­zug der Steu­er­ge­set­ze, Emp­feh­lun­gen zur Ver­bes­se­rung des Voll­zugs der Steu­er­ge­set­ze in Deutsch­land, 1. Aufl. 2006) die bis­he­ri­gen BMF-Schrei­ben zu­sam­men (BMF vom 1. De­zem­ber 2003 IV A 6 – S 2145 – 53/03-02, BSt­Bl I 2004, 143 – 148 und vom 14. Sep­tem­ber 2004 IV A 6 – S 2145 – 71/03 -BSt­Bl I 2004, 861) mit ei­nem Um­fang

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von sechs Sei­ten un­ter den kom­ple­xen Steu­er­rechts­ge­bie­ten aufführt, muss dies auch für das ak­tua­li­sier­te BMF-Schrei­ben vom 3. April 2007 (IV B 2 – S 2145/07/0002, BSt­Bl I 2007, 442 - 445) gel­ten, dass nur ge­rin­ge Ände­run­gen ge­genüber den bis­he­ri­gen BMF-Schrei­ben aus­weist. Le­dig­lich die Tz. 4 und 5, 9 bis 13 wur­den ge­stri­chen, neue Text­pas­sa­gen, ins­be­son­de­re zur Ab­gren­zung des Be­griffs des häus­li­chen Ar­beits­zim­mers vom außerhäus­li­chen Ar­beits­zim­mer in Tz. 8 bis 11 ein­gefügt, so dass die­ser Pro­blem­kreis von 1 Druck­sei­te auf 1 1/2 Druck­sei­ten an­ge­wach­sen ist (vgl. Behlau, sj 2007, 9 (10f.)).

Ein Sys­tem­wech­sel ist nicht er­kenn­bar. Durch die Neu­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG er­folgt kei­ne neue Zu­ord­nung von Auf­wen­dun­gen zur be­ruf­li­chen oder pri­va­ten Sphäre. An­ders als im Fall der sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le, dort durch die Neu­re­ge­lung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG und den § 4 Abs. 5a EStG, bei­de i.d.F StÄndG 2007, wird durch die Neu­re­ge­lung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. StÄndG 2007 vom Ge­setz­ge­ber kei­ne Ab­kehr vom Ver­an­las­sungs­prin­zip be­zweckt. Le­dig­lich der Um­fang des Ab­zugs der Auf­wen­dun­gen für häus­li­che Ar­beits­zim­mer wird ein­ge­schränkt. Im Fall der sog. Ent­fer­nungs­pau­scha­le re­gel­ten § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 4 Abs. 5a Satz 1 EStG ex­pli­zit, dass kei­ne Er­werbs­auf­wen­dun­gen vor­lie­gen und Auf­wen­dun­gen ab dem 21. Ki­lo­me­ter "wie" Er­werbs­auf­wen­dun­gen zu be­han­deln sei­en. Ei­ne sol­che Re­ge­lung er­folg­te im Zu­sam­men­hang mit den Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ge­ra­de nicht. Die Ab­wei­chung vom Ver­an­las­sungs­prin­zip im Zu­sam­men­hang mit der Ent­fer­nungs­pau­scha­le ist des­halb auch vom BVerfG in der Ent­schei­dung vom 9. De­zem­ber 2008 (2 BvL 1/07 u.a., NJW 2009, 48 (51)) zu Recht als "sin­guläre
Ab­wei­chung" be­zeich­net wor­den.

Ei­ne "Hin­weg­ty­pi­sie­rung" un­ter Hin­weis auf ei­ne Erhöhung von Pausch­beträgen, et­wa dem Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag (§ 9a Satz 1 Nr. 1 a) EStG) oder des Grund­frei­be­trags, kann nicht er­fol­gen (BVerfG-Be­schluss vom 13. Fe­bru­ar 2008 2 BvL 1/06, NJW 2008, 1868 (1875)). Dies schei­tert schon dar­an, dass we­der der Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag noch der Grund­frei­be­trag im StÄndG 2007 erhöht wor­den sind. Folg­lich fehlt es an Ty­pi­sie­rungsüber­le­gun­gen dies­bezüglich, die es er­laub­ten, darüber nach­zu­den­ken, ob aus die­sen Über­le­gun­gen her­aus ei­ne Re­du­zie­rung der Ab­zieh­bar­keit von Er­werbs­auf­wen­dun­gen für häus­li­che Ar­beits­zim­mer ver­fas­sungs­recht­lich ge­recht­fer­tigt sein könn­te. Ent­schei­dend ist in die­sem Zu­sam­men­hang viel­mehr, dass die Steu­er­pflich­ti­gen, die für ih­re be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Betäti­gung kei­nen an­de­ren Ar­beits­platz zur Verfügung ha­ben, die Auf­wen­dun­gen aber zwangsläufig ent­ste­hen, ent­we­der durch ei­ne Erhöhung des Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­tra­ges und/oder im Be­reich des sub­jek­ti­ven Net­to­prin­zips auf­grund des Ver­fas­sungs­ge­bots der steu­er­li­chen Ver­scho­nung des Exis­tenz­mi­ni­ums des Steu­er­pflich­ti­gen und sei­ner un­ter­halts­be­rech­tig­ten Fa­mi­lie durch die Erhöhung des Grund­frei­be­trags i.S.d. § 32a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu ent­las­ten sind. Dies wäre auch des­halb ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­ten, weil der Ge­setz­ge­ber das Ab­zugs­ver­bot da­mit be­gründet, dass ei­ne Ab­gren­zung zur pri­va­ten Le­bens­sphäre im Rah­men ei­ner Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung er­fol­gen soll (BT-Druck­sa­che 16/1545, 12). Die Zwangsläufig­keit der be­trof­fe­nen Auf­wen­dun­gen ver­langt in die­sen Fällen zwin­gend ei­ne Berück­sich­ti­gung zu­min­dest im Be­reich des sub­jek­ti­ven Net­to­prin­zips.

IX.

Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit der Vor­la­ge

Die Gültig­keit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG ist im Streit­fall ent­schei­dungs­er­heb­lich (§ 80 Abs. 2 BVerfGG). Der Se­nat würde im Fall der Gültig­keit der in Fra­ge ge­stell­ten Vor­schrift zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis kom­men als im Fall der Ungültig­keit.

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1. Im Fall der Gültig­keit von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG wäre die Kla­ge aus den be­schrie­be­nen Gründen (vgl. B I.) als un­be­gründet ab­zu­wei­sen.

2. Im Fall der Ungültig­keit von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG wäre dem Be­geh­ren in vol­lem Um­fang statt­zu­ge­ben. Im Rah­men der Steu­er­fest­set­zung für das Streit­jahr 2007 wären bei den Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit des Klägers an­stel­le des Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­tra­ges gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1a EStG in Höhe von 920 Eu­ro Wer­bungs­kos­ten in Höhe von 1.628 Eu­ro an­zu­set­zen. Die gel­tend ge­mach­ten Wer­bungs­kos­ten sind, wie oben auf­geführt, be­ruf­lich ver­an­lasst und der Höhe nach be­rech­tigt. Dies gilt auch für die für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen von 892,00 Eu­ro. Denn un­abhängig von der Fra­ge, ob bei Nich­tig­keit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG der Vol­l­ab­zug oder ein re­du­zier­ten Ab­zug möglich ist, lie­gen die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer un­ter dem vom BVerfG in der Ent­schei­dung vom 7. De­zem­ber 1999 (2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (311), BSt­Bl II 2000, 162 (167)) als sach­ge­recht ak­zep­tier­ten Höchst­be­trag.

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