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Keine Verzugskostenpauschale bei Gehaltsrückstand
25.09.2018. Wer seine Schulden nicht rechtzeitig bezahlt und daraufhin in Verzug gerät, muss Verzugszinsen zahlen.
Außerdem kann der Gläubiger gemäß § 288 Abs.5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Verzugskostenpauschale von 40,00 EUR verlangen. Dafür muss der zahlungspflichtige Schuldner aber ein Unternehmer sein, d.h. Verbraucher, die in Zahlungsrückstand geraten sind, müssen die Verzugskostenpauschale nicht bezahlen.
Bei regelmäßig wiederkehrenden Forderungen wie z.B. Lohn- und Gehaltszahlungen können da rasch beträchtliche Summen zusammenkommen, so z.B. dann, wenn der Arbeitgeber jeden Monat einen bestimmten (streitigen) Lohnbestandteil nicht zahlt.
Fraglich ist allerdings, ob § 288 Abs.5 BGB überhaupt im Arbeitsverhältnis gilt, d.h. zugunsten von Arbeitnehmern. Nein, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom heutigen Tage: BAG, Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 26/18.
- Anwendbarkeit der Regelung über die Verzugskostenpauschale im Arbeitsrecht?
- Im Streit: Arbeitnehmer klagt eine monatliche Besitzstandszulage von 128,23 EUR brutto ein, und zudem die Verzugspauschale von 40,00 EUR pro Monat
- BAG: Arbeitnehmer können bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers keine Kostenpauschale von 40,00 EUR verlangen
Anwendbarkeit der Regelung über die Verzugskostenpauschale im Arbeitsrecht?
§ 288 Abs.5 BGB, der nach einer zweijährigen Übergangszeit seit dem 01.07.2016 im Prinzip für alle Vertragsverhältnisse gilt, hat folgenden Wortlaut:
"Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist."
Auf den ersten Blick scheint es zu sein, dass sich auch Arbeitnehmer auf diese Vorschrift berufen können, wenn der Arbeitgeber mit der Lohn- bzw. Gehaltszahlung in Verzug geraten ist.
- Denn als Arbeitnehmer ist man "Gläubiger einer Entgeltforderung", d.h. eines Anspruchs auf Zahlung von Geld, das der Arbeitgeber als Schuldner der Forderung zahlen muss.
- Außerdem ist der zahlungspflichtige Arbeitgeber kein Verbraucher, sondern vielmehr Unternehmer im Sinne von § 14 Abs.1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmer jede "natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt."
- Schließlich muss der Arbeitgeber, damit der Arbeitnehmer die Pauschale von 40,00 EUR verlangen kann, mit der Zahlung des Lohns bzw. Gehalts in Verzug sein. Dafür wiederum ist gemäß § 286 Abs.1 BGB im Allgemeinen eine Mahnung (= Zahlungsaufforderung) erforderlich, die der Arbeitnehmer nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung aussprechen muss. Bei Lohn- und Gehaltsansprüchen ist eine Mahnung aber in aller Regel überflüssig, da für die Lohn- bzw. Gehaltszahlung "eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist", nämlich je nach arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder gemäß Tarif der Monatsletzte oder der 15. des laufenden Monats oder ansonsten gemäß BGB der erste Tag des Folgemonats (§ 614 BGB).
Unter Berufung auf diese Regelungen haben viele Arbeitnehmer bei Mahnschreiben und Lohnklagen die 40-Euro-Pauschale verlangt, und einige Arbeits- und Landesarbeitsgerichte (LAG) haben den Arbeitgeber zur Zahlung der Pauschale verurteilt (so z.B. das LAG Köln mit Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/370 LAG Köln: Bei Zahlungsverzug werden 40,00 EUR fällig).
Damit macht das BAG nicht mit, wie gestern bekannt wurde.
Im Streit: Arbeitnehmer klagt eine monatliche Besitzstandszulage von 128,23 EUR brutto ein, und zudem die Verzugspauschale von 40,00 EUR pro Monat
Manchmal nützt es etwas, wenn man sich beschwert, so jedenfalls in dem vom BAG entschiedenen Fall.
Hier hatte ein seit 2002 beschäftigter und nach Tarif bezahlter Maschinenführer es ab April 2014 mit einem neuen Arbeitgeber zu tun, und zwar aufgrund eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB. Der neue Arbeitgeber musste aufgrund eines Überleitungstarifvertrags (ÜTV) nicht den zuvor vom alten Arbeitgeber bezahlten Lohn entrichten, sondern konnte (aufgrund des ÜTV tarifvertraglich abgesichert) den Lohn absenken.
Der Maschinenführer beschwerte sich nach Erhalt der ersten Lohnabrechnung für April 2014 zusammen mit einigen ebenfalls betroffenen Kollegen beim Betriebsrat, der dem Betriebserwerber diese Beschwerden vortrug. Daraufhin zahlte der Betriebserwerber ab April 2014 monatlich eine freiwillige "Besitzstandszulage" von 128,23 EUR brutto, stellte diese Zusatzzahlung dann aber ab Mai 2016 ein.
Der Maschinenführer erhob Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht Oberhausen, wobei er die Zulage für Mai bis September 2016 verlangte. Zusätzlich beantragte er, den Arbeitgeber zur Zahlung der Verzugskostenpauschale von 40,00 EUR pro Monat zu verurteilen, und zwar für die drei Monate Juli bis September 2016.
Das Arbeitsgericht Oberhausen (Urteil vom 09.03.2017, 4 Ca 1280/16) und das für die Berufung zuständige LAG Düsseldorf gaben dem Kläger recht (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2017, 8 Sa 284/17). Denn durch die vorbehaltlose Zahlung der Zulage über 25 Monate hinweg war eine betriebliche Übung entstanden, so das LAG, an die der Arbeitgeber rechtlich gebunden war. Außerdem konnte der Kläger auch die Pauschale verlangen, so das LAG, das aber in diesem Punkt die Revision zum BAG zuließ.
Von diesem Rechtsmittel hat der beklagte Arbeitgeber Gebrauch gemacht, so dass das BAG nur noch über die streitigen 120,00 EUR Verzugspauschale zu entscheiden hatte.
BAG: Arbeitnehmer können bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers keine Kostenpauschale von 40,00 EUR verlangen
Der Achte BAG-Senat kam zu dem Ergebnis, dass Arbeitnehmer die Kostenpauschale nicht verlangen können, und gab daher dem Arbeitgeber recht. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung heißt es zu Begründung:
§ 288 Abs.5 BGB ist zwar "grundsätzlich" auch anzuwenden, wenn sich Arbeitgeber mit der Zahlung von Löhnen bzw. Gehältern in Verzug befinden. Allerdings schließt § 12a Abs.1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) im Ergebnis doch die Berufung von Arbeitnehmern auf § 288 Abs.5 BGB aus, denn § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG ist nach Ansicht der Erfurter Richter die speziellere gesetzliche Regelung. Diese Vorschrift lautet:
"In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands."
Aus dieser Vorschrift folgt nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nicht nur, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht (in der ersten Instanz) keine Kostenerstattung vom Prozessgegner verlangen können (wenn dieser den Prozess verliert), sondern dass auch bei der vorgerichtlichen Auseinandersetzung über klagbare Ansprüche von beiden Vertragsparteien keine Anwaltskostenerstattung verlangt werden kann.
Daher, so der Achte BAG-Senat, schließt § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG "auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs.5 BGB aus."
Für das BAG spricht § 288 Abs.5 Satz 3 BGB, denn daraus ergibt sich, dass die 40-Euro-Pauschale ein Beitrag zu den Kosten sein soll, die dem Gläubiger für die "Rechtsverfolgung" entstanden sind. Ist die Erstattung solcher Kosten aber generell durch § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen, gilt das auch für eine Kostenpauschale.
Kritisch ist aber anzumerken, dass der vom BAG behauptete Vorrang (bzw. der spezielle Charakter) von § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG gegenüber § 288 Abs.5 Satz 3 BGB nicht wirklich klar ist. Denn immerhin ist § 288 Abs.5 Satz 3 BGB das jüngere Gesetz, und es regelt einen eindeutigen (bezifferten) Anspruch auf Ersatz von Verzugsschäden, wohingegen § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG von seinem Wortlaut dazu gar nichts sagt, sondern erst einmal nur für Gerichtsprozesse gilt.
Fazit: Mit diesem Urteil hat das BAG die Rechtsprechung einiger LAGs gekippt, die in den vergangenen zwei Jahren Arbeitgeber zur Zahlung der Pauschale verurteilt hatten (so z.B. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16 und LAG Köln, Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/370 LAG Köln: Bei Zahlungsverzug werden 40,00 EUR fällig). Es ist daher künftig nicht mehr sinnvoll, die Pauschale außergerichtlich geltend zu machen oder gar einzuklagen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 26/18 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2017, 8 Sa 284/17
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16
- Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, vom 22.07.2014 (BGBl I 2014, S. 1218)
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- Musterschreiben: Zurückbehaltungsrecht - Ausübung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/061 Haftung für Mindestlohnzahlung durch Subunternehmen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/118 Arbeitsgericht Köln contra BAG
- Arbeitsrecht aktuell: 16/370 LAG Köln: Bei Zahlungsverzug werden 40,00 EUR fällig
- Arbeitsrecht aktuell: 16/347 Stuttgarter LAG contra Bundesarbeitsgericht
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Veröffentlichung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete BAG-Urteil finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 1. März 2021
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