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Tariflicher Mehrurlaub und Diskriminierung
07.03.2017. Schon vor einigen Jahren hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) tarifliche Urlaubsregelungen, die älteren Arbeitnehmern mehr Urlaubstage zugestehen als ihren jüngeren Kollegen, für unwirksam erklärt (wir berichteten darüber u.a. in Arbeitsrecht aktuell: 12/126 Urlaub nach Alter ist eine Diskriminierung).
Regeln Tarifverträge daher, dass ältere Arbeitnehmer mehr Urlaubstage bekommen, so braucht es daher handfeste Sachgründe, um eine verbotene Diskriminierung der jüngeren Beschäftigten auszuschließen.
Vor kurzem hatte das BAG zu entscheiden, ob der vom Alter abhängige Mehrurlaub nach dem Manteltarifvertrag (MTV) für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Sachsen-Anhalt vom 18.05.2002 als sachlich gerechtfertigt anzusehen ist: BAG, Urteil vom 18.10.2016, 9 AZR 123/16.
- Altersbedingte Ungleichbehandlung braucht stichhaltige Gründe, um sachlich gerechtfertigt zu sein
- Der Fall des BAG: Der MTV für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Sachsen-Anhalt gewährt altersabhängigen Mehrurlaub
- BAG: Auch die Besonderheiten des Hotel- und Gaststättengewerbes rechtfertigen keine altersabhängigen Staffelungen nach dem Tarifvertrag
Altersbedingte Ungleichbehandlung braucht stichhaltige Gründe, um sachlich gerechtfertigt zu sein
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt (AGG) verbietet in seinen §§ 1, 3 und 7 die Diskriminierung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters.
Allerdings ist nicht jede altersbedingte Schlechterstellung auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Ausnahmsweise erlaubt das AGG eine altersabhängige Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, wenn es dafür stichhaltige Sachgründe gibt. So ist gemäß § 10 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters möglich, wenn sie „objektiv und angemessen“ und durch ein „legitimes Ziel“ gerechtfertigt ist.
Für Tarifverträge gilt das Verbot der Altersdiskriminierung ebenfalls. Daher sind Tarifverträge kritisch zu überprüfen, wenn sie Arbeitnehmer wegen ihres Alters schlechter stellen als vergleichbare Kollegen. Dies geschieht z.B. durch Regelungen, nach denen Arbeitnehmer ab einem bestimmten Alter automatisch mehr Urlaubstage bekommen als jüngeren Kollegen.
Solche Regelungen können in Ausnahmefällen durch ein „legitimes Ziel“ gerechtfertigt sein, wenn sie die größere Erholungsbedürftigkeit älterer Arbeitnehmer ausgleichen sollen (das kann bei Mehrurlaub zugunsten von über 58jährigen der Fall sein, siehe Arbeitsrecht aktuell: 14/357 Mehr Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer).
Aber kann eine vom Alter abhängige Urlaubsstaffelung auch dadurch gerechtfertigt sein, dass die Arbeitnehmer der Hotelbranche unter hoher körperlicher Belastung arbeiten?
Der Fall des BAG: Der MTV für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Sachsen-Anhalt gewährt altersabhängigen Mehrurlaub
Geklagt hatte ein Hotelangestellter im Alter von Mitte 40 Jahren, auf den der MTV für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Sachsen-Anhalt anwendbar war. Gemäß dem MTV standen ihm aufgrund seines Alters nur 27 Urlaubstage pro Jahr zu, ab Alter 50 wären es 30 Tage.
Mit seiner Klage wollte er die gerichtliche Feststellung erreichen, dass ihm ebenfalls 30 Urlaubstage pro Jahr zustehen. Zudem klagte er auf Gewährung weiterer drei Urlaubstage für 2013.
Aus Sicht des Klägers war die tarifliche Besserstellung von Arbeitnehmern ab 50 Jahren eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und daher eine Altersdiskriminierung.
Der Arbeitgeber hielt dagegen: Die drei Tage Mehrurlaub seien durch die körperliche Beanspruchung gerade im Hotel- und Gastgewerbe bzw. durch das gesteigerte Erholungsbedürfnis im Alter gerechtfertigt. Außerdem müssten die Arbeitnehmer gerade in dieser Branche auf ihr repräsentatives Erscheinungsbild achten, und dessen Pflege würde durch zusätzliche Urlaubstage unterstützt.
Das Arbeitsgericht Magdeburg gab der Klage statt (Urteil vom 03.12.2014, 5 Ca 3363/13), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt dem Arbeitgeber Recht gab (LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08.12.2015, 2 Sa 106/15). Denn ab 50 Jahren könnte man ein größeres Erholungsbedürfnis anerkennen, jedenfalls bei Arbeitnehmern im Hotel- und Gaststättengewerbe. Daher war die tarifliche Regelung durch § 10 Satz 3 Nr.1 AGG gerechtfertigt, so das LAG.
BAG: Auch die Besonderheiten des Hotel- und Gaststättengewerbes rechtfertigen keine altersabhängigen Staffelungen nach dem Tarifvertrag
Das BAG hob das LAG-Urteil auf und entschied zugunsten des Arbeitnehmers.
Denn die umstrittene Schlechterstellung von Arbeitnehmern unter 50 Jahren verstößt laut BAG gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, d.h. gegen § 1 und § 3 Abs.1 AGG. Entgegen der Ansicht des Arbeitgebers und des LAG Sachsen-Anhalt steht hinter der tarifliche Urlaubsstaffelung kein „legitimes Ziel“ im Sinne von § 10 Satz 1 AGG.
Zu dieser Frage hätte der Arbeitgeber überzeugendere Argumente präsentieren müssen, so das BAG. Er hatte sich aber nur pauschal auf die körperliche Belastung einiger Arbeitnehmergruppen des Hotel- und Gaststättengewerbes berufen, was aber allenfalls eine Urlaubsstaffelung in Abhängigkeit von der Beschäftigungszeit im Hotel- und Gaststättengewerbe rechtfertigen könnte. Der umstrittene Tarifvertrag machte die Zusatzurlaubstage aber vom Lebensalter abhängig.
Auch das „Argument“, der Mehrurlaub unterstütze das repräsentative Erscheinungsbild der begünstigten Arbeitnehmer, zog vor dem BAG nicht. Denn dazu müsste der Mehrurlaub Arbeitnehmern mit Kundenkontakt vorbehalten werden, während der Tarifvertrag alle Arbeitnehmer ab 50 Jahren begünstigte.
Da die tarifliche Urlaubsstaffelung demzufolge altersdiskriminierend war, galten die 30 Tage Urlaub für alle Arbeitnehmer, also auch für die unter 50jährigen. Diese „Angleichung nach oben“ hatte das BAG auch schon in der Vergangenheit bei altersdiskriminierenden Tarifvorschriften vorgenommen (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/011 BAT Altersstufen).
Im Ergebnis heißt das: Zwei Tage Zusatzurlaub für Arbeitnehmer ab 58 Jahren sind keine Altersdiskriminierung jüngerer Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/357 Mehr Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer). Dagegen sind drei Tage Mehrurlaub für Arbeitnehmer ab 50 Jahren nicht (mehr) durch den Schutz älterer Beschäftigter gerechtfertigt, jedenfalls nicht als pauschale Regelung für alle Arbeitnehmergruppen des Hotel- und Gaststättengewerbes.
Wahrscheinlich liegt die vom BAG (gerade noch) akzeptierte Grenze bei 55 Jahren und bei drei Mehrurlaubstagen, vorausgesetzt, die begünstigten Arbeitnehmer müssen körperlich anstrengende Arbeiten verrichten.
Fazit: Jüngere Arbeitnehmer sollten altersabhängige tarifliche Urlaubsstaffelungen nicht hinnehmen, vor allem dann nicht, wenn es einige Tage Zusatzurlaub bereits ab 30 oder 40 Jahren gibt. Solche Regelungen sind altersdiskriminierend und führen dazu, dass die benachteiligten jüngeren Arbeitnehmer die maximalen Urlaubstage entsprechend der höchsten Altersstufe verlangen können (Angleichung nach oben).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.10.2016, 9 AZR 123/16
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08.12.2015, 2 Sa 106/15
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Arbeitsrecht aktuell: 19/186 Anspruch auf halbe Urlaubstage?
- Arbeitsrecht aktuell: 16/209 Arbeitszeitverkürzung kann Diskriminierung wegen des Alters sein
- Arbeitsrecht aktuell: 14/357 Mehr Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 12/225 Altersdiskriminierung und Anerkennung von Berufserfahrung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/126 Urlaub nach Alter ist eine Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/011 BAT Altersstufen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/027 Altersdiskriminierung durch tariflichen Urlaubsanspruch
- Arbeitsrecht aktuell: 10/247 Längerer tariflicher Urlaub für 30jährige als für 19jährige ist diskriminierend
Letzte Überarbeitung: 2. August 2020
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