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Mitbestimmung beim Arbeitsschutzausschuss?
23.04.2014. Gemäß § 11 Satz 1 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sind Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten dazu verpflichtet, einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden.
In diesem Ausschuss sind unter anderem der Arbeitgeber bzw. ein Arbeitgeberbeauftragter und zwei Betriebsratsmitglieder vertreten.
Errichtet der Arbeitgeber keinen Arbeitsschutzausschuss, kann die zuständige Arbeitsschutzbehörde ihn per Bescheid dazu verpflichten (§ 12 ASiG) und im Weigerungsfall eine Geldbuße verhängen (§ 20 ASiG).
Aber kann der Betriebsrat auch vor das Arbeitsgericht ziehen und den Arbeitgeber gerichtlich zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses verpflichten lassen? Nein, kann er nicht, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung: BAG, Beschluss vom 15.04.2014, 1 ABR 82/12 (BAG-Pressemeldung).
- Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Bildung eines Arbeitsschutzausschusses?
- Im Streit: Zusätzlicher örtlicher Arbeitsschutzausschuss in Stuttgart neben einem bereits auf Unternehmensebene bestehendem Arbeitsschutzausschuss
- BAG: Dem Betriebsrat steht kein Initiativrecht zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses zu
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Bildung eines Arbeitsschutzausschusses?
Die Errichtung und die Aktivitäten eines Arbeitsschutzausschusses dienen den Sicherheitsinteressen der Arbeitnehmer. Und gemäß § 80 Abs.1 Nr.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat die "allgemeine Aufgabe" darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.
Speziell zum Thema Arbeitsschutz heißt es in § 89 Abs.1 BetrVG:
"Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen."
Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben könnte man denken, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber mit Hilfe der Arbeitsgerichte Beine machen kann, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses nicht nachkommt.
Allerdings ist es praktisch allgemeine Meinung unter Arbeitsrechtlern, dass § 80 Abs.1 Nr.1 BetrVG und § 89 Abs.1 BetrVG nur Aufgaben und Informationsrechte des Betriebsrats festlegen, aber keine "harten" Mitbestimmungsrechte, mit deren Hilfe der Betriebsrat den Arbeitgeber zu einem bestimmten Verhalten (arbeitsgerichtlich) zwingen könnte.
Denn welche Mitbestimmungsrechte und Ansprüche der Betriebsrat hat (bzw. eben nicht hat), ist im BetrVG sehr detailliert und abgestuft geregelt, und diese Systematik würde man über den Haufen werfen, wenn man aus § 80 Abs.1 Nr.1 BetrVG und/oder § 89 Abs.1 BetrVG einen Anspruch auf Bildung eines Arbeitsschutzausschusses herleiten würde.
Ein solcher Anspruch ergibt sich auch kaum aus § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat, "soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht", mitzubestimmen bei
"Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften"
Dummerweise besteht aber in Gestalt von § 11 Satz 1 ASiG bereits eine gesetzliche Vorschrift, die den Arbeitgeber zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses verpflichtet, und daher gibt es hier auf betrieblicher Ebene, d.h. zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, nichts mehr auszuhandeln - und folglich wohl kaum ein Mitbestimmungsrecht.
Bleibt die Frage, ob ein Anspruch des Betriebsrats, vom Arbeitgeber die Bildung eines Arbeitsschutzausschusses verlangen zu können, vielleicht unmittelbar aus § 11 Satz 1 ASiG folgt. Zu dieser Frage hatte sich das BAG bisher nicht geäußert. Am Dienstag letzter Woche kam die Antwort aus Erfurt: Nein.
Im Streit: Zusätzlicher örtlicher Arbeitsschutzausschuss in Stuttgart neben einem bereits auf Unternehmensebene bestehendem Arbeitsschutzausschuss
Im Streitfall ging es um ein Einzelhandelsunternehmen mit Sitz in Hamburg und Filialen im gesamten Bundesgebiet. Bei ihm war auf Unternehmensebene ein Arbeitsschutzausschuss errichtet. Daher saßen in dem Ausschuss auch keine Mitglieder der (örtlichen) Betriebsräte, sondern Mitglieder des Gesamtbetriebsrats.
Der Betriebsrat der Stuttgarter Filiale ärgerte sich darüber, dass es keinen Arbeitsschutzausschuss für den Stuttgarter Betrieb gab, obwohl dort 65 Arbeitnehmer beschäftigt waren und er wegen seiner räumlichen Entfernung vom Hamburger Hauptbetrieb als selbständiger Betrieb im Sinne des BetrVG anzusehen war.
Daher hielt er die Bildung eines für das Gesamtunternehmen zuständigen Arbeitsschutzausschusses für unzureichend und verlangte vom Arbeitgeber die Bildung eines eigenen, für die Stuttgarter Filiale zuständigen Arbeitsschutzausschusses.
Nachdem der Arbeitgeber nicht aktiv wurde, zog der Betriebsrat vor das Arbeitsgericht Stuttgart, das seinen gegen den Arbeitgeber gerichteten Antrag auf Errichtung eines solchen Arbeitsschutzausschusses abwies (Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23.11.2011, 14 BV 103/11). Und auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart zog der Betriebsrat den Kürzeren (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.08.2012, 3 TaBV 1/12).
BAG: Dem Betriebsrat steht kein Initiativrecht zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses zu
Das BAG segnete die Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des LAG ab. Denn § 11 Satz 1 ASiG enthält keinen solchen Anspruch des Betriebsrats, und auch aus den Regelungen des BetrVG ergibt er sich nicht. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemitteilung des BAG:
§ 11 ASiG regelt zugunsten des Betriebsrats keinen Anspruch auf Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses. Vielmehr handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers.
Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann sich der Betriebsrat nach Ansicht des BAG gemäß § 89 Abs.1 Satz 2 BetrVG an die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden. Dann wiederum hat die Behörde auf der Grundlage von § 12 ASiG die Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses anzuordnen und kann im Weigerungsfall eine Geldbuße verhängen (§ 20 ASiG), so das BAG.
Da dem Arbeitgeber bei der Entscheidung über das Ob und das Wie der Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses demnach kein Handlungsspielraum zusteht, besteht auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf der Grundlage von § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG. Hier verweist das BAG auf den Eingangshalbsatz des § 87 Abs.1 BetrVG, wonach Mitbestimmungsrechte nach dieser Vorschrift nur gegeben sind, "soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht". Eine solche (abschließende) gesetzliche Regelung besteht aber eben in Gestalt von § 11 Satz 1 ASiG und der ergänzenden Vorschriften des ASiG.
Vor diesem Hintergrund konnte das BAG es offen lassen, ob der am Verfahren beteiligte Arbeitgeber im Streitfall seine Pflicht aus dem ASiG dadurch erfüllt hatte, dass er in seinem Hamburger Hauptbetrieb einen Arbeitsschutzausschuss unter Beteiligung des Gesamtbetriebsrats errichtet hatte.
Fazit: Der Betriebsrat ist nicht dazu verdammt, die Untätigkeit des Arbeitgebers beim Thema Arbeitsschutzausschuss zähneknirschend hinzunehmen. Vielmehr kann er sich an die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden, die dann wiederum dem Arbeitgeber auf die Finger klopfen muss.
Hier im Streitfall hatte der Betriebsrat vor dem LAG Stuttgart erklärt, dass er bis dahin die Arbeitsschutzbehörde noch nicht zu einem Tätigwerden auf der Grundlage von § 12 ASiG aufgefordert hatte. Im Ergebnis hatte der Betriebsrat damit den falschen Weg verfolgt.
Anders als beim Arbeitsschutzausschuss ist es bei der betrieblichen Organisation des Arbeitsschutzes, zu der der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet ist. Weil das ArbSchG dem Arbeitgeber die Einzelheiten einer solchen Organisation nicht vorgibt, hat der Betriebsrat bei der Art und Weise einer solchen Organisation mitzubestimmen (BAG, Beschluss vom 18.03.2014, 1 ABR 73/12, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 14/099 Mitbestimmung beim Arbeitsschutz). Da die Pflicht zur Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses demgegenüber gesetzlich abschließend geregelt ist, hat der Betriebsrat hier kein Mitbestimmungsrecht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.04.2014, 1 ABR 82/12 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.08.2012, 3 TaBV 1/12
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.03.2014, 1 ABR 73/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 19/064 Betriebsrat muss über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal informiert werden
- Arbeitsrecht aktuell: 18/058 Mitarbeiterbefragung und Mitbestimmung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/101 Grenzen der Mitbestimmung beim BEM
- Arbeitsrecht aktuell: 14/099 Mitbestimmung beim Arbeitsschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 12/228 Mitbestimmung und betriebliches Eingliederungsmanagement
- Arbeitsrecht aktuell: 09/139 Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim Verfahren der Beschwerdestelle nach dem AGG
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 30. März 2019
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