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BAG, Be­schluss vom 18.03.2014, 1 ABR 73/12

   
Schlagworte: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Arbeitsschutz
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 ABR 73/12
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 18.03.2014
   
Leitsätze: Die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitsgebers, für eine geeignete Organisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, setzt einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation. Hierbei hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 24.2.2011 - 29 BV 26/10
Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 11.9.2012 - 1 TaBV 5/12
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

1 ABR 73/12
1 TaBV 5/12
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ham­burg

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

18. März 2014

BESCHLUSS

Met­ze, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In dem Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten

1.

An­trag­stel­ler und Be­schwer­deführer,

2.

Ar­beit­ge­be­rin und Rechts­be­schwer­deführe­rin,

hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der Anhörung vom 18. März 2014 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Linck und Prof. Dr. Koch so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Wiss­kir­chen und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Sey­both für Recht er­kannt:
 


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Die Rechts­be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ge­gen den Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ham­burg vom 11. Sep­tem­ber 2012 - 1 TaBV 5/12 - wird zurück­ge­wie­sen.


Von Rechts we­gen!

Gründe

A. Die Be­tei­lig­ten strei­ten über das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats bei der Über­tra­gung von Un­ter­neh­mer­pflich­ten nach dem Ar­beits­schutz­ge­setz auf ei­ne Ar­beit­neh­mer­grup­pe.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­treibt ein Un­ter­neh­men, das sich mit der Her­stel­lung, dem Ver­trieb, der In­stal­la­ti­on und der War­tung von Aufzügen, Fahr­trep­pen und an­de­ren Trans­port­sys­te­men be­fasst. An­trag­stel­ler ist der Be­triebs­rat ih­res H Be­triebs. Dort sind ins­ge­samt 48 Mon­teu­re beschäftigt, de­nen als fach­li­che Vor­ge­setz­te vier Meis­ter im Ser­vice­geschäft und zwei Meis­ter im Neu­bau­geschäft vor­ste­hen.


Mit Schrei­ben vom 16. Sep­tem­ber 2010 teil­te die Ar­beit­ge­be­rin ih­ren Meis­tern Fol­gen­des mit:


„Für die von Ih­nen be­treu­ten Mit­ar­bei­ter der O wer­den Ih­nen die dem Un­ter­neh­mer hin­sicht­lich des Ar­beits­schut­zes und Um­welt­schut­zes ob­lie­gen­den Pflich­ten über­tra­gen.

Da­zu gehört ins­be­son­de­re, dass Sie zur Gewähr­leis­tung von Ar­beits­si­cher­heit, Brand­schutz, Ge­sund­heits- und Um­welt­schutz an den Ar­beitsplätzen

- Auf die An­wen­dung und Ein­hal­tung der Si­cher­heits- und Um­welt­schutz­vor­schrif­ten ach­ten

- Mit­ar­bei­ter ein­set­zen, un­ter­wei­sen, in­for­mie­ren

- An­ord­nun­gen tref­fen und An­wei­sun­gen ge­ben

- Über­wa­chung der Ein­hal­tung der An­wei­sun­gen

- Auf Be­nut­zung der er­for­der­li­chen Körper­schutz­mit­tel ach­ten
 


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- Ar­beitsplätze/Bau­stel­len kon­trol­lie­ren


- Ge­fah­ren und Ge­sund­heitsschäden und je­den Un­fall mel­den, die Un­fall­ur­sa­che ana­ly­sie­ren und durch ge­eig­ne­te Maßnah­men Wie­der­ho­lun­gen aus­sch­ließen


- Vorläufi­ge Re­ge­lun­gen im Fal­le plötz­li­cher Ge­fah­ren tref­fen


- Mit Be­triebs­arzt, Si­cher­heits­fach­kraft, Si­cher­heits­be­auf­trag­ten so­wie den Be­triebsräten im Rah­men ih­rer ge­setz­li­chen Auf­ga­ben zu­sam­men­ar­bei­ten


- Vor­ge­schrie­be­ne ärzt­li­che Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen von Beschäftig­ten ver­an­las­sen


- Die Auf­ga­ben nach §§ 3 - 14 des Ar­beits­schutz­ge­set­zes und die gel­ten­den O Vor­schrif­ten wahr­neh­men

Sie ha­ben die Ver­ant­wor­tung für die Ar­beits­si­cher­heit in Ih­rem Be­reich

So­weit Ih­nen Mit­ar­bei­ter mit Vor­ge­setz­ten­funk­ti­on un­ter­stellt sind, ha­ben Sie die­sen Vor­ge­setz­ten eben­falls die ent­spre­chen­den Auf­ga­ben und Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu de­le­gie­ren.

Die Ver­ant­wor­tung der Ih­nen über­stell­ten Vor­ge­setz­ten und die der Geschäftsführung blei­ben hier­von un­berührt.
...“

Den Be­triebs­rat be­tei­lig­te die Ar­beit­ge­be­rin vor Be­kannt­ga­be die­ser An­wei­sung nicht.

Die­ser hat gel­tend ge­macht, mit der An­ord­nung vom 16. Sep­tem­ber 2010 ha­be die Ar­beit­ge­be­rin ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maßnah­me nach § 3 Abs. 2 Ar­bSchG ge­trof­fen, die sei­ner Mit­be­stim­mung un­ter­lie­ge.

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt 


fest­zu­stel­len, dass die Über­tra­gung von Un­ter­neh­mer­pflich­ten gemäß §§ 3 bis 14 Ar­bSchG durch Schrei­ben der Ar­beit­ge­be­rin vom 16. Sep­tem­ber 2010 auf die Grup­pe der Meis­ter der Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG un­ter­liegt.
 


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Die Ar­beit­ge­be­rin hat An­trags­ab­wei­sung be­an­tragt und ge­meint, es han­de­le sich um ei­ne mit­be­stim­mungs­freie Be­auf­tra­gung fach­kun­di­ger Per­so­nen nach § 13 Abs. 2 Ar­bSchG.


Das Ar­beits­ge­richt hat den An­trag ab­ge­wie­sen, das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat ihm statt­ge­ge­ben. Mit ih­rer Rechts­be­schwer­de ver­folgt die Ar­beit­ge­be­rin ih­ren Ab­wei­sungs­an­trag wei­ter.


B. Die Rechts­be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht fest­ge­stellt, dass die im Schrei­ben vom 16. Sep­tem­ber 2010 er­folg­te An­wei­sung der vor­he­ri­gen Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG un­ter­lag.


I. Der An­trag ist in der ge­bo­te­nen Aus­le­gung zulässig. 


1. Der Be­triebs­rat be­gehrt mit sei­nem An­trag die Fest­stel­lung ei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts bei der Über­tra­gung von Un­ter­neh­mer­pflich­ten nach §§ 3 bis 14 Ar­bSchG, wie sie die Ar­beit­ge­be­rin im An­schrei­ben vom 16. Sep­tem­ber 2010 auf die Grup­pe der in ih­rem Be­trieb beschäftig­ten Meis­ter vor­ge­nom­men hat. Es geht dem Be­triebs­rat da­mit nach der An­trags­for­mu­lie­rung und sei­nen pro­zes­sua­len Dar­le­gun­gen nicht um die abs­trak­te Fest­stel­lung ei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts in al­len Fällen der Über­tra­gung von Auf­ga­ben nach dem Ar­beits­schutz­ge­setz, son­dern nur um die Fest­stel­lung des Mit­be­stim­mungs­rechts bei der Über­tra­gung der in je­nem An­schrei­ben for­mu­lier­ten Auf­ga­ben auf die im Be­trieb der Ar­beit­ge­be­rin beschäftig­ten Meis­ter. Hier­in sieht er ei­ne mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­schei­dung der Ar­beit­ge­be­rin. Die­ses An­trags­verständ­nis hat der Be­triebs­rat in der Anhörung vor dem Se­nat bestätigt.


2. So ver­stan­den ist der An­trag hin­rei­chend be­stimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Im Be­schluss­ver­fah­ren muss ein An­trag eben­so be­stimmt sein wie im Ur­teils­ver­fah­ren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auf das Be­schluss­ver­fah­ren und die in ihm ge­stell­ten Anträge ent­spre­chend an­wend­bar. Der je­wei­li­ge Streit­ge-

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gen­stand muss so kon­kret um­schrie­ben wer­den, dass der Um­fang der Rechts­kraft­wir­kung für die Be­tei­lig­ten nicht zwei­fel­haft ist.


b) Hier­nach genügt der An­trag dem Be­stimmt­heits­er­for­der­nis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass der Se­nat im Be­schluss vom 18. Au­gust 2009 (- 1 ABR 43/08 - Rn. 10, BA­GE 131, 351) an­ge­nom­men hat, ein An­trag sei nicht hin­rei­chend be­stimmt, wenn er auf die Fest­stel­lung ei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts in all den Fällen ge­rich­tet sei, in de­nen der Ar­beit­ge­ber gemäß § 13 Abs. 2 Ar­bSchG Auf­ga­ben auf ex­ter­ne Per­so­nen über­tra­ge. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Rechts­be­schwer­de geht es im vor­lie­gen­den Fall dem Be­triebs­rat nicht um die Fest­stel­lung ei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts bei der Über­tra­gung un­be­stimm­ter Auf­ga­ben des Ar­beits­schut­zes auf ex­ter­ne Per­so­nen, son­dern dar­um fest­zu­stel­len, dass die von der Ar­beit­ge­be­rin vor­ge­nom­me­ne be­trieb­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on des Ar­beits­schut­zes der Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats un­ter­liegt.


3. Der An­trag ist auf die Fest­stel­lung ei­nes be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Rechts­verhält­nis­ses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO ge­rich­tet. Das Be­ste­hen ei­nes Mit-be­stim­mungs­rechts des Be­triebs­rats bei ei­nem be­stimm­ten Re­ge­lungs­tat­be­stand ist ein Rechts­verhält­nis, das ei­ner ge­richt­li­chen Fest­stel­lung zugäng­lich ist (BAG 17. Ja­nu­ar 2012 - 1 ABR 45/10 - Rn. 16, BA­GE 140, 223).


4. Für die be­gehr­te Fest­stel­lung be­steht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che recht­li­che In­ter­es­se, da zwi­schen den Be­tei­lig­ten das Be­ste­hen ei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts in der im An­trag be­zeich­ne­ten An­ge­le­gen­heit in Streit steht.


II. Der An­trag ist be­gründet. Die Über­tra­gung von Un­ter­neh­mer­pflich­ten auf die Ar­beit­neh­mer­grup­pe der Meis­ter ent­spre­chend dem Schrei­ben der Ar­beit­ge­be­rin vom 16. Sep­tem­ber 2010 un­ter­liegt der Mit­be­stim­mung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG.


1. Nach die­ser Be­stim­mung hat der Be­triebs­rat bei be­trieb­li­chen Re­ge­lun­gen über den Ge­sund­heits­schutz mit­zu­be­stim­men, wenn der Ar­beit­ge­ber die­se
 


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auf­grund ei­ner öffent­lich-recht­li­chen Rah­men­vor­schrift zu tref­fen hat und ihm bei der Ge­stal­tung Hand­lungs­spielräume ver­blei­ben. Da­durch soll im In­ter­es­se der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ei­ne möglichst ef­fi­zi­en­te Um­set­zung des ge­setz­li­chen Ar­beits­schut­zes im Be­trieb er­reicht wer­den. Das Mit­be­stim­mungs­recht setzt ein, wenn ei­ne ge­setz­li­che Hand­lungs­pflicht ob­jek­tiv be­steht und we­gen des Feh­lens ei­ner zwin­gen­den Vor­ga­be be­trieb­li­che Re­ge­lun­gen ver­langt, um das vom Ge­setz vor­ge­ge­be­ne Ziel des Ar­beits- und Ge­sund­heits­schut­zes zu er­rei­chen. Ei­ne näher aus­ge­stalt­ba­re Rah­men­vor­schrift liegt vor, wenn die ge­setz­li­che Re­ge­lung Maßnah­men zur Gewähr­leis­tung des Ge­sund­heits­schut­zes er­for­dert, die­se aber nicht selbst im Ein­zel­nen be­schreibt, son­dern dem Ar­beit­ge­ber le­dig­lich ein zu er­rei­chen­des Schutz­ziel vor­gibt. Ob die Rah­men­vor­schrift dem Ge­sund­heits­schutz un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar dient, ist da­bei un­er­heb­lich. Eben­so we­nig kommt es auf ei­ne sub­jek­ti­ve Re­ge­lungs­be­reit­schaft des Ar­beit­ge­bers an (BAG 11. De­zem­ber 2012 - 1 ABR 81/11 - Rn. 17).


2. Der Be­griff des Ge­sund­heits­schut­zes in § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG stimmt mit dem des Ar­beits­schutz­ge­set­zes übe­rein. Er­fasst wer­den Maßnah­men, die da­zu die­nen, die psy­chi­sche und phy­si­sche In­te­grität des Ar­beit­neh­mers zu er­hal­ten, der ar­beits­be­ding­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen aus­ge­setzt ist, die zu me­di­zi­nisch fest­stell­ba­ren Ver­let­zun­gen oder Er­kran­kun­gen führen oder führen können. Er­fasst wer­den auch vor­beu­gen­de Maßnah­men. Des Wei­te­ren ist Vor­aus­set­zung des Mit­be­stim­mungs­rechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG, dass die An­wen­dung der Rah­men­vor­schrift ei­ne be­trieb­li­che Re­ge­lung not­wen­dig macht, in der Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat ge­mein­sam fest­le­gen, in wel­cher Wei­se das vor­ge­ge­be­ne Schutz­ziel er­reicht wer­den soll. Ei­ne sol­che Re­ge­lung muss sich auf ei­nen kol­lek­ti­ven Tat­be­stand be­zie­hen, für den ei­ne abs­trakt-ge­ne­rel­le Lösung er­for­der­lich ist. Kei­ne Re­ge­lung ist not­wen­dig, wenn der Ar­beit­ge­ber nach den ge­setz­li­chen Rah­men­re­ge­lun­gen Ein­zel­maßnah­men zu tref­fen hat. Die­se wer­den vom Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG nicht er­fasst (BAG 18. Au­gust 2009 - 1 ABR 43/08 - Rn. 17 und Rn. 19, BA­GE 131, 351).



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3. Bei der Über­tra­gung von Auf­ga­ben auf Mit­ar­bei­ter oder Drit­te ist mit­be­stim­mungs­recht­lich da­nach zu un­ter­schei­den, ob der Ar­beit­ge­ber le­dig­lich ei­ne Ein­zel­maßnah­me oder ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­schei­dung trifft:

a) Erschöpft sich die Maßnah­me des Ar­beit­ge­bers in der Über­tra­gung ein­zel­ner Auf­ga­ben auf Drit­te nach § 13 Abs. 2 Ar­bSchG liegt ty­pi­scher­wei­se ei­ne Ein­zel­maßnah­me vor, die nicht der Mit­be­stim­mung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG un­ter­liegt (BAG 18. Au­gust 2009 - 1 ABR 43/08 - Rn. 23, BA­GE 131, 351; Stef­fek in Koll­mer/Klindt Ar­bSchG 2. Aufl. § 13 Rn. 62). In die­sem Fall ist ei­ne be­trieb­li­che Re­ge­lung, in der Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat abs­trakt-ge­ne­rell fest­le­gen, in wel­cher Wei­se das vor­ge­ge­be­ne Ziel des Ar­beits­schut­zes er­reicht wer­den soll, nicht er­for­der­lich.

b) Hier­von ab­zu­gren­zen ist je­doch die Schaf­fung ei­ner Auf­bau- und Ab­lauf­or­ga­ni­sa­ti­on zum Ge­sund­heits­schutz.

aa) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Ar­bSchG hat der Ar­beit­ge­ber un­ter Berück­sich­ti­gung der Art der Tätig­kei­ten und der Zahl der Beschäftig­ten zur Pla­nung und Durchführung der er­for­der­li­chen Maßnah­men des Ar­beits­schut­zes für ei­ne ge­eig­ne­te Or­ga­ni­sa­ti­on zu sor­gen. Wei­ter­hin hat er gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Ar­bSchG Vor­keh­run­gen dafür zu tref­fen, dass die Maßnah­men er­for­der­li­chen-falls bei al­len Tätig­kei­ten und ein­ge­bun­den in die be­trieb­li­chen Führungs­struk­tu­ren be­ach­tet wer­den und die Beschäftig­ten ih­ren Mit­wir­kungs­pflich­ten nach­kom­men können. Der Ar­beit­ge­ber hat da­mit durch den Auf­bau ei­ner ge­eig­ne­ten Or­ga­ni­sa­ti­on dafür Sor­ge zu tra­gen, dass die sich aus dem Ar­beits­schutz­ge­setz er­ge­ben­den Auf­ga­ben auf Mit­ar­bei­ter, ins­be­son­de­re Führungs­kräfte ver­teilt wer­den (Koh­te in Koll­mer/Klindt Ar­bSchG 2. Aufl. § 3 Rn. 47). Hier­bei han­delt es sich um ge­ne­rell-abs­trak­te Re­ge­lun­gen des Ar­beits­schut­zes, die über den Ein­zel­fall hin­aus­ge­hen. Sie be­tref­fen nicht nur die Über­tra­gung ein­zel­ner Auf­ga­ben des Ar­beits­schut­zes auf be­stimm­te Per­so­nen, son­dern den Auf­bau ei­ner Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur. Die Zu­wei­sung von Auf­ga­ben an ein­zel­ne Führungs­kräfte ist in die­sem Fall le­dig­lich Teil die­ser Or­ga­ni­sa­ti­ons­maßnah­me.
 


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bb) Der­ar­ti­ge Maßnah­men un­ter­lie­gen der Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG. § 3 Ar­bSchG ist ge­wis­ser­maßen der „Pro­to­typ“ ei­ner all­ge­mein ge­hal­te­nen Rah­men­vor­schrift (Fit­ting 27. Aufl. § 87 Rn. 295; Pie­per Ar­bSchR § 3 Ar­bSchG Rn. 5a; Koh­te in Koll­mer/Klindt Ar­bSchG 2. Aufl. § 3 Rn. 80; Wie­se/Gut­zeit in GK-Be­trVG 10. Aufl. § 87 Rn. 585). Sie gibt dem Ar­beit­ge­ber kein be­stimm­tes, ver­all­ge­mei­ne­rungsfähi­ges Or­ga­ni­sa­ti­ons­mo­dell vor, son­dern setzt ei­nen Rah­men für die Ent­wick­lung ei­ner an den be­trieb­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten aus­ge­rich­te­ten Or­ga­ni­sa­ti­on. Die­se ist maßgeb­lich vom kon­kre­ten Aus­maß der je­weils be­ste­hen­den Un­fall- und Ge­sund­heits­ge­fah­ren so­wie von der Be­triebs­größe abhängig (Koh­te in Koll­mer/Klindt Ar­bSchG 2. Aufl. § 3 Rn. 80). § 3 Ar­bSchG stellt da­mit ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Rechts­be­schwer­de nicht nur ei­ne um­fas­sen­de Ge­ne­ral­klau­sel oh­ne kon­kre­ten Re­ge­lungs­ge­gen­stand dar, die nicht der Mit­be­stim­mung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG un­ter­liegt (zu die­ser Un­ter­schei­dung BAG 8. Ju­ni 2004 - 1 ABR 13/03 - zu B I 2 b bb (2) der Gründe, BA­GE 111, 38). Die­se Vor­schrift enthält viel­mehr von den Be­triebs­par­tei­en aus­zufüllen­de Re­ge­lungs­spielräume (eben­so be­reits BAG 16. Ju­ni 1998 - 1 ABR 68/97 - zu B I 2 der Gründe, BA­GE 89, 139).


cc) Un­zu­tref­fend ist wei­ter­hin die An­nah­me der Rechts­be­schwer­de, aus § 10 Abs. 2 Satz 3 Ar­bSchG fol­ge, dass nur in den im Ar­beits­schutz­ge­setz aus­drück­lich ge­nann­ten Fällen Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats bestünden und im Übri­gen nur frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nach § 88 Be­trVG ge­schlos­sen wer­den könn­ten. Hier­ge­gen spricht be­reits, dass die­se Vor­schrift nach der Ge­set­zes­be­gründung al­lein dar­auf zielt, die uni­ons­recht­li­che Vor­ga­be aus Art. 11 Abs. 2 Buchst. b) der Richt­li­nie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes der Ar­beit­neh­mer bei der Ar­beit vom 12. Ju­ni 1989 um­zu­set­zen (BT-Drs. 13/3540 S. 18 f.). Wei­ter­ge­hen­de Be­tei­li­gungs­rech­te des Be­triebs­rats, wie sie sich ins­be­son­de­re aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG er­ge­ben können, blei­ben hier­von un­berührt, wie § 10 Abs. 2 Satz 4 Ar­bSchG aus­drück­lich klar­stellt (Stef­fek in Koll­mer/Klindt Ar­bSchG 2. Aufl. § 10 Rn. 42).
 


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4. Nach die­sen Grundsätzen ist die von der Ar­beit­ge­be­rin mit Schrei­ben vom 16. Sep­tem­ber 2010 vor­ge­nom­me­ne Über­tra­gung der Un­ter­neh­mer­pflich­ten aus §§ 3 bis 14 Ar­bSchG auf die Ar­beit­neh­mer­grup­pe der Meis­ter nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Be­trVG mit­be­stim­mungs­pflich­tig.


Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass die Auf­ga­benüber­tra­gung über ei­ne Ein­zelüber­tra­gung nach § 13 Abs. 2 Ar­bSchG hin­aus­geht. Die Ar­beit­ge­be­rin hat mit der An­wei­sung vom 16. Sep­tem­ber 2010 die Grund­la­gen ei­ner Auf­bau- und Ab­lauf­or­ga­ni­sa­ti­on zum Ge­sund­heits­schutz ge­schaf­fen. Sie hat hier­in ua. be­stimmt, dass die Meis­ter auf die An­wen­dung und Ein­hal­tung der Ge­sund­heits­schutz­vor­schrif­ten zu ach­ten, die er­for­der­li­chen An­wei­sun­gen zu er­tei­len und de­ren Ein­hal­tung zu über­wa­chen ha­ben. Sie ha­ben die Ar­beitsplätze/Bau­stel­len zu kon­trol­lie­ren, et­wai­ge Un­fall­ur­sa­chen zu ana­ly­sie­ren und durch ge­eig­ne­te Maßnah­men aus­zu­sch­ließen und mit Be­triebs­arzt, Si­cher­heits­fach­kraft, Si­cher­heits­be­auf­trag­ten so­wie den Be­triebsräten im Rah­men ih­rer ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten zu­sam­men­zu­ar­bei­ten. Die Ar­beit­ge­be­rin hat den Meis­tern wei­ter­hin die Be­fug­nis über­tra­gen, vorläufi­ge Re­ge­lun­gen zu tref­fen. Sch­ließlich ha­ben die Meis­ter, so­weit ih­nen Mit­ar­bei­ter mit Vor­ge­setz­ten­funk­ti­on un­ter­stellt sind, die­sen die ent­spre­chen­den Auf­ga­ben und Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu über­tra­gen. Die Ar­beit­ge­be­rin hat da­mit ei­ne be­trieb­li­che Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur im Ar­beits­schutz auf­ge­baut und Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che ih­rer Meis­ter fest­ge­legt. Dass die­se nur recht all­ge­mein ge­fasst sind, steht dem nicht ent­ge­gen. Mit der An­wei­sung vom 16. Sep­tem­ber 2010 hat die Ar­beit­ge­be­rin da­mit er­kenn­bar be­zweckt, ih­ren Pflich­ten aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Ar­bSchG nach­zu­kom­men und den Ar­beits­schutz in ih­re be­trieb­li­che Führungs­struk­tur ein­zu­bau­en.


Schmidt 

Koch 

Linck

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