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Mitbestimmung beim Arbeitsschutz
24.03.2014. Die Mitbestimmung in Fragen des Arbeitsschutzes gehört traditionell nicht gerade zu den Top-Themen der Betriebsratsarbeit.
Denn hier gibt es viele detaillierte Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, so dass der Spielraum für betriebliche Regelungen von vornherein begrenzt ist. Dementsprechend eng sind die Spielräume für kreative Betriebsratsarbeit im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) auf diesem Gebiet.
Trotzdem können Maßnahmen des Arbeitsschutzes ausnahmsweise einmal der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten unterliegen, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt: BAG, Beschluss vom 18.03.2014, 1 ABR 73/12.
- Unterliegt die Übertragung von Unternehmerpflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz auf eine Arbeitnehmergruppe der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG?
- Der Streitfall: Hamburger Aufzugbauer überträgt Arbeitssicherheitsaufgaben sechs angestellten Meistern
- BAG: Die Organisation des Arbeitsschutzes und die Übertragung von Aufgaben des Arbeitsschutzes an bestimmte Arbeitnehmer ist mitbestimmungspflichtig
Unterliegt die Übertragung von Unternehmerpflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz auf eine Arbeitnehmergruppe der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG?
Gemäß § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei "Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften".
Wie diese gesetzliche Regelung durch die Einschränkung "im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften" deutlich macht, kann der Betriebsrat nur dann mitbestimmen, wenn die bereits vorhandenen gesetzlichen Regelungen oder Unfallverhütungsvorschriften Spielräume für betriebliche Regelungen lassen.
Fraglich ist, ob dieses Mitbestimmungsrecht auch besteht, wenn der Arbeitgeber seine Unternehmerpflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) auf bestimmte Führungskräfte oder Gruppen von Führungskräften überträgt. Das ArbSchG sieht eine solche Übertragungsmöglichkeit ausdrücklich vor, nämlich in § 13 Abs.2 ArbSchG, sagt aber nichts über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Diese Vorschrift lautet:
"Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen."
Darüber hinaus enthält das ArbSchG eine sehr allgemein gehaltene Auffangvorschrift, d.h. eine sog. Generalklausel, nämlich § 3 Abs.1 ArbSchG. Diese Vorschrift lautet:
"Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben."
Und in § 3 Abs.2 Nr.1 dieser Vorschrift heißt es ergänzend, der Arbeitgeber habe "zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1" sowie "unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten" außerdem
"für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen".
Vor dem Hintergrund dieser Regelungen des ArbSchG ist nicht ganz klar, ob die Übertragung von Unternehmerpflichten an eine ganze Gruppe von Führungskräften eine Einzelmaßnahme auf der Grundlage von § 13 Abs.2 ArbSchG oder eine Organisationsmaßnahme gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG.
Während eine Einzelübertragung wohl nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, ist das bei organisatorischen Maßnahmen gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG schon eher der Fall. Möglicherweise unterliegen aber auch beide Maßnahmen des Arbeitgebers der Mitbestimmung.
Der Streitfall: Hamburger Aufzugbauer überträgt Arbeitssicherheitsaufgaben sechs angestellten Meistern
Im Streitfall hatte ein Hamburger Unternehmen, das Aufzüge installiert und wartet, im September 2010 schriftlich den bei ihm beschäftigten sechs Meistern mitgeteilt, dass man ihnen die Unternehmerpflichten des Arbeits- und Umweltschutzes übertrage. Konkret wurden dabei die Aufgaben nach §§ 3 bis 14 ArbSchG genannt. Der Betriebsrat wurde dabei nicht beteiligt.
Daraufhin zog der Betriebsrat vor das Arbeitsgericht Hamburg und beantragte die gerichtliche Feststellung, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten gemäß den §§ 3 bis 14 ArbSchG auf die Arbeitnehmergruppe der Meister der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG unterliegt. Das Arbeitsgericht Hamburg wies den Antrag zurück (Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 24.02.2011, 29 BV 26/10).
Der Betriebsrat legte Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein und hatte dort Erfolg. Denn das LAG meinte, hier bestünde ein Mitbestimmungsrecht (LAG Hamburg, Beschluss vom 11.09.2012, 1 TaBV 5/12). Argument des LAG:
Die von § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG geforderte Organisationsmaßnahme bezieht sich auf allgemeine betriebliche Abläufe und Zuständigkeiten und damit auf einen "kollektiven Tatbestand", so das LAG. Mit unkoordinierten Einzelübertragungen auf der Grundlage von § 13 Abs.2 ArbSchG ist eine solche Organisation nach Ansicht des LAG nicht zu erreichen.
Dem entspricht die hier streitige Vorgehensweise des Arbeitgebers, der die gesamte Gruppe der Meister in die Verantwortung für den Arbeitsschutz genommen hat. Da diese Art der Organisation nicht konkret vom Gesetz vorgesehen ist, hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen, so die Hamburger Richter.
BAG: Die Organisation des Arbeitsschutzes und die Übertragung von Aufgaben des Arbeitsschutzes an bestimmte Arbeitnehmer ist mitbestimmungspflichtig
Das BAG segnete die Entscheidung des LAG Hamburg ab und entschied damit ebenfalls für den Betriebsrat. Soweit der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG zu entnehmen ist, stützen sich die Erfurter Richter auf folgende Überlegungen:
Das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG besteht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz,
- wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat und
- ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben.
Beide Voraussetzungen lagen nach Ansicht des BAG hier im Streitfall vor.
Denn mit dem Schreiben vom 16. September 2010 hat der Arbeitgeber eine zur Durchführung des betrieblichen Arbeitsschutzes geeignete Organisation mit näher bezeichneten Aufgaben und Verantwortlichkeiten geschaffen, wozu er gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG verpflichtet war.
Andererseits schreibt das ArbSchG dem Arbeitgeber aber kein bestimmtes Modell vor, wie er seine Organisationspflicht gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG erfüllen will. Es bestimmt lediglich einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation, so das BAG.
Fazit: Während die Übertragung von Aufgaben an betriebsexterne Personen gemäß § 13 Abs.2 ArbSchG nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG eine mitbestimmungsfreie Einzelmaßnahme ist, ist die Beauftragung von betriebsangehörigen Personen bzw. Arbeitnehmern als Organisationsmaßnahme gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG anzusehen und unterliegt damit der Mitbestimmung.
Denn § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG schreibt den Arbeitgebern einerseits vor, für eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu sorgen, lässt aber gleichzeitig offen, wie eine solche Organisation auszusehen hat. Damit bestehen betriebliche Gestaltungsmöglichkeiten, und die wiederum unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Dass der Betriebsrat an dieser Stelle auch ein Initiativrecht hat, brauchte das BAG nicht klarzustellen, da der Betriebsrat hier im Streitfall nur reagiert hat, d.h. sich gegen eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers zur Wehr gesetzt hat. Ein solches Initiativrecht besteht allerdings nach allgemeiner Meinung im Rahmen von § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG in vollem Umfang.
Betriebsräte können daher künftig von sich aus auf den Arbeitgeber zugehen und von ihm verlangen, dass er Organisationsmaßnahmen zum Zwecke des Arbeitsschutzes auf der Grundlage von § 3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG trifft. Spielt der Arbeitgeber nicht mit, entscheidet die Einigungsstelle.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.03.2014, 1 ABR 73/12
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 11.09.2012, 1 TaBV 5/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Einigungsstelle
- Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 20/082 Unzulässige Anrufung der Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 19/064 Betriebsrat muss über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal informiert werden
- Arbeitsrecht aktuell: 18/058 Mitarbeiterbefragung und Mitbestimmung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/156 Rauchfreier Arbeitsplatz contra Unternehmerfreiheit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/144 Mitbestimmung beim Arbeitsschutzausschuss?
- Arbeitsrecht aktuell: 09/125 Rauchfreie Arbeitsplätze für Croupiers in Berlin
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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