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Mitbestimmung und betriebliches Eingliederungsmanagement
11.06.2012. Wenn Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt sind, muss der Arbeitgeber unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und des Betriebs- oder Personalrats klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Diese Pflicht zum "betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)" ist in § 84 Abs.2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgelegt.
Die konkreten Einzelheiten des BEM sind gesetzlich nicht regelt. Daher gibt es in vielen Betrieben Betriebsvereinbarungen zu der Frage, in welchen einzelnen Schritten das betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen ist. Dass der Betriebsrat hier aktiv werden sollte, ergibt sich aus § 84 Abs.2 Satz 7 SGB IX, denn danach hat er darüber zu wachen, "dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt". Außerdem betrifft die Durchführung des BEM auch das Verhalten der davon betroffenen Arbeitnehmer im Betrieb und den Gesundheitsschutz, so dass der Betriebsrat gemäß § 87 Abs.1 Nr.1 und Nr.7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht hat.
Fraglich ist allerdings, ob Betriebsvereinbarungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement auch die Frage regeln können, unter welchen Voraussetzungen ein BEM durchzuführen ist, d.h. welche Arbeitnehmer hier einzubeziehen sind und welche nicht. Hier hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung der Mitbestimmung eine Grenze gezogen: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.03.2012, 1 ABR 78/10.
- Wie weit geht die Mitbestimmung bei Betriebsvereinbarungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement?
- BAG: Der in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist zwingend gesetzlich vorgegeben
Wie weit geht die Mitbestimmung bei Betriebsvereinbarungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement?
Wie erwähnt sind die Einzelheiten des Verfahrens, das bei der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements durchzuführen ist, in § 84 Abs.2 SGB IX nicht geregelt. Da der Betriebsrat aber nach dieser Vorschrift im Einzelfall zu beteiligen ist und außerdem auch bei den meisten Fragen des BEM ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.1 und Nr.7 BetrVG hat, liegt es nahe, dass Arbeitgeber und Betriebsrat umfassende Betriebsvereinbarungen "rund um das Thema BEM" treffen.
Allerdings besteht das Recht des Betriebsrats zur Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten auf der Grundlage von § 87 Abs.1 BetrVG nur "soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht" (§ 87 Abs.1 Eingangssatz BetrVG ). Immer dann, wenn ein Gesetz bereits eine abschließende Regelung enthält, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber daher keine Betriebsvereinbarung verlangen.
Daher können Betriebsvereinbarungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement möglicherweise nicht die Frage regeln, wann ein BEM überhaupt durchzuführen ist, denn § 84 Abs.2 Satz 1 SGB IX ist in dem Punkt klar, dass ein BEM immer dann (und nur dann?) durchzuführen ist, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen "am Stück" oder wiederholt arbeitsunfähig ist.
Versteht man "Arbeitsunfähigkeit" im Sinne dieser Regelung so, wie sie auch im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) gemeint ist, läge hier eine abschließende gesetzliche Regelung vor. Ob die Anwendungsvoraussetzungen eines BEM (sprich: die längere Arbeitsunfähigkeit) aber in § 84 Abs.2 Satz 1 SGB IX abschließend geregelt ist oder nicht, steht wiederum nicht eindeutig im Gesetz.
BAG: Der in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist zwingend gesetzlich vorgegeben
Im Streitfall konnten sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf eine Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement einigen und riefen daher die Einigungsstelle an. Auch hier kam es zu keiner gütlichen Einigung, da der Betriebsrat verlangte, dass die Betriebsvereinbarung Regelungen zu der Frage enthalten sollte, wann überhaupt von "Arbeitsunfähigkeit" gesprochen werden kann. Das lehnte der Arbeitgeber ab, weshalb die Einigungsstelle einen förmlichen Spruch fällte. Der Spruch enthielt Regelungen, die üblicherweise in einer BEM-Betriebsvereinbarung enthalten sind, allerdings keine Definition von "Arbeitsunfähigkeit".
Der Betriebsrat zog daher vor Gericht und wollte die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs feststellen lassen. Seiner Meinung nach hatte die Einigungsstelle ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, weil sie es versäumt habe, den Begriff der Arbeitsunfähigkeit zu konkretisieren. Mit diesem Antrag hatte der Betriebsrat weder vor dem Arbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 15.04.2010, 42 BV 17459/09) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg Erfolg (Beschluss vom 23.09.2010, 25 TaBV 1155/10).
Vor dem BAG kam dann die überraschende Kehrtwende. Das BAG erklärte den Spruch für unwirksam - allerdings aus formaljuristischen Gründen, da er den Betriebsparteien nicht mit einer Originalunterschrift des Einigungsstellenvorsitzenden zugeleitet wurde und daher gegen § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG verstieß.
Abgesehen von der Formunwirksamkeit wäre der Spruch aber aus Sicht des BAG in Ordnung gewesen. Das BAG stellt ausdrücklich klar, dass BEM-Betriebsvereinbarungen keine Konkretisierungen des Begriffs der "Arbeitsunfähigkeit" enthalten können, denn dieser Begriff und damit der "Startpunkt" eines jeden BEM sind gesetzlich abschließend geregelt, so das BAG.
Fazit: Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement die Frage regelt, was unter "Arbeitsunfähigkeit" zu verstehen ist und wann daher überhaupt ein BEM durchzuführen ist. Hier können die Betriebsparteien nichts regeln, weil § 84 Abs.2 Satz 1 SGB IX eine abschließende gesetzliche Regelung enthält. BEM-Betriebsvereinbarungen sollten sich daher auf andere Punkte beschränken, z.B. auf die Frage, in welchen Einzelschritten das BEM durchgeführt werden muss, innerhalb welcher Fristen sich die Beteiligten äußern sollten usw.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.03.2012, 1 ABR 78/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 18/058 Mitarbeiterbefragung und Mitbestimmung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/078 Betriebliches Eingliederungsmanagement und Datenschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 14/144 Mitbestimmung beim Arbeitsschutzausschuss?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/101 Datenschutz - Betriebsrat darf Arbeitszeiten erfahren
- Arbeitsrecht aktuell: 12/065 Betriebsrat und betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Arbeitsrecht aktuell: 11/104 Rechte des Betriebsrats beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2019
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