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Befristung von Arbeitsverträgen: Keine Endlosverlängerung wegen Vertretungsbedarfs
Daher reiht sich in der Praxis häufig ein sachgrundbefristeter Vertrag an den nächsten. Diese Rechtsprechung ist nunmehr ins Wanken geraten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit der Frage an den Europäischen Gerichtshof gewandt, ob diese Praxis mit europäischem Recht vereinbar ist (BAG, Beschluss vom 17.11.2010, 7 AZR 443/09). Tut sie dies nicht, so ist das letzte Glied in der Kettenbefristung wohl bald erreicht.
- Die Befristung von Arbeitsverträgen - rechtliche Grenzen nach deutschem und europäischem Recht
- Der Fall des BAG: Kölner Justizangestellte wird über zehn Jahre hinweg fortlaufend befristet beschäftigt
- BAG: Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Rechtsprechung mit dem Unionsrecht
Die Befristung von Arbeitsverträgen - rechtliche Grenzen nach deutschem und europäischem Recht
1999 einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf EU-Ebene auf eine „Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge“, die später in eine verbindliche EU-Richtlinie übernommen wurde (Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999). Die Rahmenvereinbarung bzw. die Richtlinie 1999/70/EG haben das Ziel, den Missbrauch von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu unterbinden (§ 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung).
Um dieses Ziel zu erreichen, können die Mitgliedstaaten zwischen verschiedenen Mitteln wählen, d.h. sie können die Zulässigkeit befristeter Verträge vom Vorliegen eines Sachgrundes abhängig machen (§ 5 Nr. 1 a) der Rahmenvereinbarung) und/oder für aufeinanderfolgende Zeitverträge eine bestimmte Höchstdauer (§ 5 Nr. 1 b) der Rahmenvereinbarung) oder eine Höchstzahl vorsehen (§ 5 Nr. 1c) Rahmenvereinbarung).
In Deutschland soll das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) die Richtlinie 1999/70/EG bzw. die Vorgaben der Rahmenrichtlinie umsetzen. Das TzBfG erlaubt bei erstmalig abgeschlossenen Arbeitsverträgen eine Befristung bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren, ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorliegen müsste (§ 14 Abs. 2 TzBfG).
Einen Sachgrund braucht es erst, wenn ein bislang unbefristetes Arbeitsverhältnis erstmals befristet werden soll oder wenn die Gesamtdauer der hintereinander geschalteten Befristungen zwei Jahre übersteigt. § 14 Abs. 1 TzBfG listet die wichtigsten Sachgründe auf. Ist die Befristung eines Arbeitsvertrags durch einen Sachgrund gerechtfertigt, kommt es auf die Gesamtdauer der hintereinander geschalteten Zeitverträge ebensowenig an wie auf deren Anzahl.
Daher kann sich nach deutschem Gesetzesrecht ein „sachgrundbefristeter“ Arbeitsvertrag an den nächsten reihen, so dass sich eine regelrechte Kette aufeinander folgender Zeitverträge ergibt (sog. Kettenbefristung).
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erleichtert Kettenbefristungen sogar, da es grundsätzlich nur die zuletzt vereinbarte Befristung auf das Vorliegen eines Sachgrundes hin überprüft. Die erneute Vereinbarung einer Befristung solle immer auch die einvernehmliche Beseitigung der (möglichen) Unwirksamkeit früherer Befristungen enthalten, so jedenfalls das BAG. Vor allem aber kommt es nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf an, wie oft die Parteien eines Arbeitsverhältnisses bereits Zeitverträge vereinbart haben und wie lange die Gesamtdauer der (immer erneut befristeten) Beschäftigung währt.
Das ist für betroffene Arbeitnehmer und ihre Anwälte ärgerlich, da sich mit zunehmender Anzahl von Zeitverträgen und zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses Zweifel an der sachlichen Berechtigung aufdrängen: Wer über zehn Jahre lange beim selben Arbeitgeber immer wieder („in Kette“) befristet beschäftigt war, weil es immer wieder - angeblich - einen Bedarf nach der zeitlich befristeten Vertretung eines anderen Arbeitnehmers gab, der wird an der sachlichen Rechtfertigung der Befristung seines Arbeitsverhältnisses zweifeln. Schließlich ist in größeren Betrieben und Dienststellen immer ein Kollege oder eine Kollegin länger krank, in Mutterschutz oder in Elternzeit.
Daher kann man daran zweifeln, ob das deutsche Arbeitsrecht dem Missbrauch von Kettenbefristungen in dem Maße entgegenwirkt, wie das die Richtlinie 1999/70/EG verlangt. Erstmals im Oktober und November des letzten Jahres ging das BAG auf diese Kritik ein und überdachte seine bisherige Rechtsprechung.
Zunächst legte es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einige Fragen vor, die mit der europarechtlichen Zulässigkeit der Befristung aufgrund von Haushaltsvorgaben zusammenhängen, d.h. es äußerte Zweifel daran, dass Kettenbefristungen auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG mit der Richtlinie 1999/70/EG vereinbar sind (Beschluss vom 27.10.2010, 7 AZR 485/09 (A), wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell 11/008: Ist die Haushaltsbefristung mit Europarecht vereinbar?).
Nunmehr ließ das BAG auch Zweifel darüber laut werden, inwieweit seine Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, d.h. zum Sachgrund der Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, europarechtlich zulässig ist (Beschluss vom 17.11.2010, 7 AZR 443/09 (A)).
Der Fall des BAG: Kölner Justizangestellte wird über zehn Jahre hinweg fortlaufend befristet beschäftigt
Der vorliegende Sachverhalt weist enge Parallelen zu dem des Vorlagebeschlusses des BAG vom 27.10.2010 auf und das nicht nur, weil sich beide Fälle in Nordrhein-Westfalen bzw. in Köln zugetragen haben. Beide Male sind Arbeitnehmerinnen „in der Kette“, d.h. über zehn Jahre hinweg auf der Grundlage beträchtlich vieler hintereinandergeschalteter, befristeter Arbeitsverträge im Landesjustizdienst beschäftigt worden.
Vorliegend war die Arbeitnehmerin von 1996 bis Ende 2007 beim Amtsgericht Köln beschäftigt. Sachgrund der zuletzt vereinbarten Befristung war die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Das daraus folgende Auslaufen des Arbeitsvertrags Ende 2007 wollte die Arbeitnehmerin nicht akzeptieren und erhob Befristungskontrollklage.
Das Arbeitsgericht und auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln wiesen die Klage ab. Denn weder die Gesamtlänge des Arbeitsverhältnisses noch die Häufigkeit der befristeten Vertragsverlängerungen ließen - auf der Basis der bisherigen BAG-Rechtsprechung - die Annahme einer unwirksamen Befristung zu, so Arbeitsgericht und LAG Köln (LAG Köln, Urteil vom 15.05.2009, 4 Sa 877/08).
BAG: Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Rechtsprechung mit dem Unionsrecht
Das BAG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH einige Fragen im Zusammenhang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Vertretungsbefristung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG bzw. zur Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit dem Unionsrecht vor.
Im wesentlichen fragt sich das BAG, ob seine Rechtsprechung Arbeitnehmern zu wenig Schutz vor missbräuchlichen Kettenbefristungen bietet. Immerhin kann der Arbeitgeber nach der bisherigen BAG-Rechtsprechung frei darüber entscheiden ob er, bei einem nach Ablauf eines Zeitvertrags weiterhin bestehenden Vertretungsbedarf, erneut einen Zeitvertrag (mit demselben oder einem anderen Arbeitnehmer) abschließt oder ob er die Zahl seiner festangestellten Arbeitnehmer aufgrund des dauernden Vertretungsbedarfs aufstockt. Diese Rechtsprechung zweifelt das BAG nunmehr an und fragt sich, ob ein dauernder Vertretungsbedarf, den der Arbeitgeber auch durch unbefristete Einstellungen abdecken könnte, dem Sachgrund der Vertretung entgegensteht.
Darüber hinaus stellt das BAG auch die Frage, ob seine Rechtsprechung in der Hinsicht der Richtlinie 1999/70/EG entspricht, dass es auf die Zahl der mit demselben Arbeitnehmer vereinbarten, aufeinander folgenden Verträge bei der Überprüfung eines Vertretungssachgrunds nicht ankommen soll (Beschluss, Rn.30).
Fazit: Bislang erklärte das BAG Vertretungsbefristungen auch dann für wirksam, wenn die Anzahl der Vertragsverlängerungen groß und die gesamte Dauer der Beschäftigung über zehn Jahre oder länger andauerte. Nach dieser Rechtsprechung half dem Arbeitnehmer auch ein ständiger betrieblicher Vertretungsbedarf nichts, da es dem Arbeitgeber freistand, hierauf mit Festeinstellungen oder mit weiteren Zeitverträgen zu reagieren. Diese Rechtsprechung ist ins Rutschen geraten und wird je nachdem, wie der EuGH entscheidet, geändert werden.
Aufgrund des jetzt ergangenen Vorlagebeschlusses des BAG können Arbeitgeber nicht mehr darauf vertrauen, dass diese Rechtsprechung weiter gilt, so dass sie bei dauerndem Vertretungsbedarf überlegen sollten, anstelle von befristeten Arbeitsverträgen Festeinstellungen vorzunehmen. Betroffenen Arbeitnehmern, deren aus Vertretungsgründen befristete Arbeitsverträge auslaufen, ist zu raten, die Wirksamkeit der Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.11.2010, 7 AZR 443/09 (A)
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 15.05.2009, 4 Sa 877/08
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27.10.2010, 7 AZR 485/09 (A)
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Arbeitsrecht aktuell: 16/190 Kettenbefristung an Hochschulen
- Arbeitsrecht aktuell: 15/005 Befristete Arbeitsverträge an Schulen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/200 Befristung nach Arbeitgeberwechsel als Missbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle
- Arbeitsrecht aktuell: 13/251 Befristung und Leiharbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/173 Befristung zur Vertretung wegen Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 12/043 Europarecht erlaubt Befristung zur Vertretung - auch jahrelang
- Arbeitsrecht aktuell: 11/189 Befristung des Arbeitsvertrags: Der Sachgrund Haushaltsbefristung erlaubt keine jahrelange Kettenbefristung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/098 Sachgrundlose Befristung trotz Vereinbarung eines Sachgrundes möglich
- Arbeitsrecht aktuell: 11/008 Ist die Haushaltsbefristung mit Europarecht vereinbar?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/140 Sind Kettenbefristungen aus Haushaltsgründen europarechtswidrig?
Letzte Überarbeitung: 21. Juni 2016
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