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Mitbestimmung beim Speichern von Anwesenheitszeiten in Excel
29.11.2018. Setzt der Arbeitgeber Software ein, die mithilfe ausgefuchster Algorithmen die Arbeitsgeschwindigkeit, die Arbeitsqualität sowie Anwesenheitszeiten erfasst und verarbeitet, hat der Betriebsrat unstreitig gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) über das Ob und Wie des Einsatzes einer solchen Software mitzubestimmen.
Aber gilt das auch für mittlerweile alltägliche und daher von vielen als „harmlos“ angesehene Programme wie z.B. das Tabellenprogramm "Excel" von Microsoft, wenn der Arbeitgeber Anwesenheits- und Fehlzeiten von Arbeitnehmern per Hand in Excel-Tabellen einpflegen lässt?
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass der Betriebsrat auch in solchen Fällen ein Mitbestimmungsrecht hat: BAG, Beschluss vom 23.10.2018, 1 ABN 36/18.
- Gilt das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG ausnahmsweise nicht bei einem „geringfügigen“ Einsatz von Standard-Bürosoftware?
- Im Streit: Anwesenheitszeiten von Krankenhausmitarbeitern sollen per Hand eine Excel-Tabelle eingetragen und einem konzernangehörigen Unternehmen übermittelt werden
- BAG: Auch alltägliche Standardsoftware wie das Microsoft-Programm Excel unterliegt der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG
Gilt das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG ausnahmsweise nicht bei einem „geringfügigen“ Einsatz von Standard-Bürosoftware?
Gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen bei der
„Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“.
Das BAG interpretiert dieses Mitbestimmungsrecht seit jeher weitherzig zugunsten des Betriebsrats. Daher sind von dem Mitbestimmungsrecht alle Maschinen, Vorrichtungen oder auch Softwareprogramme erfasst, mit deren Hilfe leistungs- oder verhaltensbezogene Daten über Arbeitnehmer gewonnen und/oder verwertet werden können.
Dabei kommt es auf die objektive Eignung der technischen Einrichtung zur Arbeitnehmerüberwachung an, d.h. es werden bei weitem nicht nur Einrichtungen erfasst, deren eigentlicher Zweck die Überwachung ist wie z.B. Stechuhren, elektronische Zeiterfassungssysteme oder Überwachungskameras. Auch die Verwendungsabsicht des Arbeitgebers spielt bei der „Bestimmung“ zur Überwachung keine Rolle.
Von diesem Mitbestimmungsrecht werden daher alle Vorrichtungen erfasst, die leistungs- oder verhaltensbezogene Daten über Arbeitnehmer gewinnen oder verwerten, falls der Effekt einer Überwachung durch die technische Einrichtung ermöglicht wird.
Im Ergebnis sind praktisch alle EDV-Programme, die arbeitnehmerbezogene Eingaben erfassen und speichern, mitbestimmungspflichtig, denn mit ihrer Hilfe kann das Verhalten und/oder die Leistung von Arbeitnehmern überwacht werden. Der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG unterliegt daher z.B. die Nutzung einer Telefonanlage, von Mobiltelefonen, von EDV-Arbeitsplätzen, von Bürosoftware, von Internetbrowsern oder von E-Mail-Programmen.
In dem hier besprochenen Streitfall musste das BAG entscheiden, ob auch die Verwendung einer „alltäglichen Standardsoftware“ wie des Microsoft-Programms „Excel“ der Mitbestimmung des Betriebsrats untersteht, wenn Mitarbeiter der Personalabteilung Anwesenheits- und Fehlzeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen per Hand in eine Excel-Tabelle eintragen.
Im Streit: Anwesenheitszeiten von Krankenhausmitarbeitern sollen per Hand eine Excel-Tabelle eingetragen und einem konzernangehörigen Unternehmen übermittelt werden
In einem zu einem Klinikkonzern gehörenden Krankenhaus stritten Betriebsrat und Arbeitgeber darüber, ob die Erfassung von Anwesenheits- und Fehlzeiten der Mitarbeiter in einer Excel-Tabelle der Mitbestimmung des örtlichen Krankenhausbetriebsrats unterfiel oder nicht.
Bis Ende Januar 2016 waren Anwesenheitslisten nur in Papierform geführt worden, ab dann sollten die Zeiten in eine Excel-Tabelle eingetragen werden. Die Excel-Tabellen sollten regelmäßig an eine von der Konzernleitung bestimmte Konzerngesellschaft übermittelt werden.
Der Arbeitgeber bat erst den Gesamtbetriebsrat (GBR) um Zustimmung, die dieser verweigerte, so dass es zu einem arbeitsgerichtlichen Verfahren kam. In diesem Verfahren wurde rechtskräftig festgestellt, dass der GBR nicht zuständig war. Das war auf den ersten Blick nicht offensichtlich, da es eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Gesamt-BV) zur EDV-Nutzung gab, die allerdings das Programm Excel nicht ausdrücklich erwähnte und außerdem klarstellte, dass die Gesamt-BV die Rechte der örtlichen Betriebsräte nicht beschränken sollte.
Vor diesem Hintergrund beanspruchte der Betriebsrat des Krankenhauses ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG, das die Krankenhausleitung bestritt und daher ohne Zustimmung des Betriebsrats Anwesenheits- und Fehlzeiten in die Excel-Tabelle einpflegen ließ. Aus Sicht des Arbeitgebers handelte es sich bei der Tabelle nur um einen „digitalisierten Handzettel“. Die per Hand in das System eingegebenen Informationen würden durch das System nicht verändert. Die Anwesenheitslisten könnten daher ebenso gut in einem Microsoft Word-Dokument erzeugt bzw. abgebildet werden.
Das mit dem Fall befasste Arbeitsgericht Detmold (Beschluss vom 14.10.2016, 3 BV 22/16) und das für die Beschwerde zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm ließen sich von diesen Argumenten nicht überzeugen (LAG Hamm, Beschluss vom 10.04.2018, 7 TaBV 113/16). Sie gaben dem Antrag des Betriebsrats statt und untersagten es dem Arbeitgeber, ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats (bzw. ohne Ersetzung der Zustimmung durch die Einigungsstelle) die Anwesenheitszeiten in einer Excel-Tabelle zu erfassen.
Beide Gerichte waren der Auffassung, dass hier eine technische Überwachungseinrichtung im Sinne von § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG vorlag, denn das Programm Excel ermöglicht es immerhin, die in die Tabelle eingetragenen Anwesenheits- und/oder Fehlzeiten bequem mit der Summenfunktion zusammenzurechnen. Außerdem können Excel-Daten auch mit anderen Funktionen nachbearbeitet bzw. ausgewertet werden.
Da das LAG Hamm die Rechtsbeschwerde zum BAG nicht zuließ, legte der Arbeitgeber Nichtzulassungsbeschwerde ein, über die das BAG zu entscheiden hatte.
BAG: Auch alltägliche Standardsoftware wie das Microsoft-Programm Excel unterliegt der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG
Das BAG wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Arbeitgebers zurück (BAG, Beschluss vom 23.10.2018, 1 ABN 36/18). Dabei setzten sich die Erfurter Richter mit der folgenden, vom Arbeitgeber aufgeworfenen Rechtsfrage auseinander:
„Ist § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG dahingehend auszulegen, dass selbst bei der Verwendung alltäglicher Standardsoftware, wie etwa dem Programm Microsoft Excel, bereits die bloße Erleichterung schlichter Additionsvorgänge oder die bloße Möglichkeit der Verwendung von Funktionen, die allenfalls eine ebenso händisch mögliche Auswertung erleichtern, für die Annahme ausreicht, dass diese Standardsoftware zur Überwachung bestimmt ist, ohne dass hier zumindest eine gewisse Geringfügigkeitsschwelle überschritten werden muss?“
Diese Frage, so das BAG unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung, hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 92a Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) in Verb. mit § 72a Abs.3 Satz 2 Nr.1 ArbGG, denn sie ist nicht klärungsbedürftig. Durch die bisherige BAG-Rechtsprechung ist nämlich bereits geklärt, dass z.B. die Verwendung des Programms SAP ERP zur Personalverwaltung der Mitbestimmung nach § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG unterliegt (BAG, Beschluss vom 25.09.2012, 1 ABR 45/11). Daher ist es nach Ansicht des BAG offenkundig,
„dass für andere softwarebasierte Personalverwaltungssysteme nichts Abweichendes gilt, mag diesen auch >alltägliche Standardsoftware< (hier das Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel als Bestandteil des Office-Pakets) zugrunde liegen“.
Außerdem, so die Erfurter Richter,
„liegt auf der Hand, dass es für die >Bestimmung zur Überwachung< iSv. § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG nicht auf eine - wie auch immer im Einzelnen verfasste - >Geringfügigkeitsschwelle< ankommt.“
Fazit: Das BAG bestätigt mit seiner Entscheidung seine klare Haltung gegenüber dem Einsatz von EDV bzw. von Software, die arbeitnehmerbezogene Daten speichert und verarbeitet - oder auch nur verarbeiten kann. Ob es zu solchen weiteren Verarbeitungsschritten kommt oder nicht, ob diese mit mehr oder weniger geringfügigen Eingriffen in Persönlichkeitsrechte und den Arbeitnehmerdatenschutz verbunden wären und welchen Zwecken eine solche (weitere) Datenverarbeitung dienen könnte, ist Gegenstand der Mitbestimmung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 23.10.2018, 1 ABN 36/18
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.09.2012, 1 ABR 45/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Einigungsstelle
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Musterschreiben: Informationen zur Arbeitnehmer-Datenverarbeitung gemäß Art.13 DS-GVO
- Musterschreiben: Auskunftsverlangen des Arbeitnehmers gemäß Art.15 DS-GVO
- Musterschreiben: Erfüllung des Auskunftsverlangens gemäß Art.15 DS-GVO durch den Arbeitgeber
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- Arbeitsrecht aktuell: 19/116 Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
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Letzte Überarbeitung: 2. November 2020
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