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BAG, Ur­teil vom 10.12.2009, 2 AZR 400/08

   
Schlagworte: Krankheit, Kündigung: Krankheitsbedingt, Betriebliches Eingliederungsmanagement, BEM
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 400/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.12.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Hessisches Landesarbeitsgericht, Ureil vom 13.07.2007, 10 Sa 140/07
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


2 AZR 400/08
10 Sa 140/07 Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
10. De­zem­ber 2009

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen


Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 20. Au­gust 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Ey­lert und Schmitz-Scho­le­mann so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Bar­tel und Fal­ke für Recht er­kannt:


 

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Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 13. Ju­li 2007 - 10 Sa 140/07 - auf­ge­ho­ben.

Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen, krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung.

Die Be­klag­te be­treibt ein Kran­ken­haus. Die im Jahr 1970 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist seit dem 13. Mai 1991 als Ar­bei­te­rin im „Zen­tra­len Haus­dienst“ beschäftigt. Die Be­klag­te über­trug die­sen Be­reich vor Jah­ren auf ein an­de­res Un­ter­neh­men. Auf­grund ei­ner Ver­ein­ba­rung mit der Kläge­rin vom 30. Sep­tem­ber/18. Ok­to­ber 1999 blieb das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en be­ste­hen. Bei der Be­klag­ten be­steht ein Per­so­nal­rat, im Er­wer­ber­un­ter­neh­men ein Be­triebs­rat.

Die Kläge­rin wies seit 2003 er­heb­li­che Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten auf; Ur­sa­che wa­ren vor al­lem ein Schul­ter-Arm-Syn­drom und ein phy­si­sches Erschöpfungs­syn­drom. Sie fehl­te im Jahr 2003 in fünf In­ter­val­len an 37 Ar­beits­ta­gen, im Jahr 2004 in sie­ben In­ter­val­len an 53 Ar­beits­ta­gen, im Jahr 2005 in 17 In­ter­val­len an 96 Ar­beits­ta­gen und bis zum 26. Mai 2006 in fünf In­ter­val­len an 33 Ar­beits­ta­gen. Die Be­klag­te wand­te in die­sem Zeit­raum ins-ge­samt rund 21.400,00 Eu­ro an Ent­gelt­fort­zah­lungs­kos­ten auf.

In den Jah­ren 2004 und 2005 führ­te die Be­klag­te mit der Kläge­rin meh­re­re „Fehl­zei­ten­gespräche“. In ei­nem ers­ten „Rück­keh­rer­gespräch“ am 27. Fe­bru­ar 2004 emp­fahl die Be­triebsärz­tin ei­ne Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit
 


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oder ei­ne Ver­set­zung der Kläge­rin in die Bet­ten­zen­tra­le. Bei­de Al­ter­na­ti­ven lehn­te die Kläge­rin sei­ner­zeit ab. Im No­vem­ber 2004 wur­de sie in die Bet­ten­zen­tra­le ver­setzt. Am 8. Fe­bru­ar 2005 schlug der die Kläge­rin be­han­deln­de Fach­arzt für Or­thopädie ei­ne stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung in der Zeit vom 14. bis zum 20. Fe­bru­ar 2005 bei ei­ner tägli­chen Beschäfti­gung von vier St­un­den und an­sch­ließend ei­ne Voll­zeittätig­keit vor. Die Be­klag­te hielt die­se Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me für un­ge­eig­net und führ­te sie nicht durch. Über ein Gespräch vom 17. Ju­ni 2005 ver­merk­te die Be­klag­te, die Kläge­rin sei „körper­lich den An­for­de­run­gen (der Ar­beit) nicht ge­wach­sen“. Der im Ja­nu­ar 2006 ein­ge­schal­te­te be­triebsärzt­li­che Dienst teil­te der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 5. April 2006 ua. mit:

„zu Fra­ge 1: Die Ur­sa­che der Fehl­zei­ten liegt nicht in ers­ter Li­nie an der Be­schaf­fen­heit des Ar­beits­plat­zes.

zu Fra­ge 2: Mei­nes Er­ach­tens ist die Pro­gno­se auch bei Wech­sel des Ar­beits­plat­zes un­verändert. Maßnah­men zur Bes­se­rung des Krank­heits­bil­des wur­den mit Frau B. mehr­fach und um­fang­reich erörtert. Falls kei­ne sorgfälti­ge ärzt­li­che Be­treu­ung und ei­ne dis­zi­pli­nier­te Ge­sund­heitsförde­rung zu er­rei­chen ist, muss wei­ter­hin mit Fehl­zei­ten ge­rech­net wer­den. Als wei­te­res Mit­tel zur Re­du­zie­rung der Fehl­zei­ten soll­te ei­ne sta­ti­onäre Re­ha­maßnah­me an­ge­strebt wer­den.

zu Fra­ge 3: Ei­ne Teil­zeittätig­keit kann die Be­an­spru­chung von Frau B. zwar ver­min­dern, ist aber nicht als ein­zi­ge Lösung zu emp­feh­len.“

Die Kläge­rin lehn­te ge­genüber der Be­triebsärz­tin ei­ne sta­ti­onäre Re­ha­bi­li­ta­ti­on we­gen der Be­treu­ung ih­rer Kin­der ab.

Am 30. Mai 2006 fand ein Gespräch mit der Kläge­rin statt, an dem ein Be­triebs­rats­mit­glied des Er­wer­ber­un­ter­neh­mens teil­nahm.

Nach Be­tei­li­gung so­wohl des Per­so­nal­rats der Be­klag­ten als auch des Be­triebs­rats des Er­wer­ber­un­ter­neh­mens kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 1. Ju­ni 2006 zum 31. De­zem­ber 2006 we­gen er­heb­li­cher Fehl­zei­ten.

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Da­ge­gen hat die Kläge­rin die vor­lie­gen­de Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben. Da­nach be­an­trag­te sie ei­ne sta­ti­onäre me­di­zi­ni­sche Re­ha­bi­li­ta­ti­on, die ihr mit Be­scheid vom 24. Au­gust 2006 be­wil­ligt wur­de.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt. Ursächlich für ih­re Er­kran­kun­gen sei ih­re Tätig­keit bei der Be­klag­ten. Die­se ha­be ihr ei­nen lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz an­bie­ten müssen. Es ha­be ei­nen Schon­ar­beits­platz in der Schwes­tern­schu­le ge­ge­ben. Ein ord­nungs­gemäßes be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment (BEM) sei nicht durch­geführt wor­den. Die Be­klag­te ha­be we­der von sich aus ei­ne sta­ti­onäre Re­ha-Maßnah­me ein­ge­lei­tet noch ab­ge­war­tet, bis sie - die Kläge­rin - die­se selbst or­ga­ni­siert und mit Er­folg durch­geführt ha­ben würde. An den „Fehl­zei­ten­gesprächen“ sei­en we­der die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tun­gen noch die Ser­vice­stel­len der So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger aus­rei­chend be­tei­ligt wor­den. Eben­so we­nig sei­en ei­ne Verände­rung ih­res Ar­beits­plat­zes oder ei­ne Ver­set­zung in ei­ne an­de­re Ab­tei­lung oder die im Fe­bru­ar 2005 vor­ge­schla­ge­ne Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me in Erwägung ge­zo­gen wor­den.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt 

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 1. Ju­ni 2006 nicht auf­gelöst wor­den ist.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Die Kündi­gung sei auf­grund der um­fang­rei­chen Fehl­zei­ten der Kläge­rin und der durch sie ver­ur­sach­ten er­heb­li­chen be­trieb­li­chen Störun­gen so­zi­al ge­recht­fer­tigt. Die Gespräche mit der Kläge­rin genügten den An­for­de­run­gen an ein ord­nungs­gemäßes BEM. Das Ge­setz stel­le an ein BEM kei­ne be­son­de­ren in­halt­li­chen An­for­de­run­gen. Es sei Sa­che der Kläge­rin ge­we­sen, die vom be­triebsärzt­li­chen Dienst emp­foh­le­ne sta­ti­onäre Re­ha-Maßnah­me recht­zei­tig ein­zu­lei­ten. Die ärzt­lich vor­ge­schla­ge­ne Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me sei nicht ge­eig­net ge­we­sen, die Ar­beitsfähig­keit der Kläge­rin auf Dau­er wie­der­her­zu­stel­len. Per­so­nal- und Be­triebs­rat sei­en hin­rei­chend be­tei­ligt wor­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt 



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hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die­se ihr Be­geh­ren wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung der Be­ru­fungs­ent­schei­dung und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Ob die Kündi­gung vom 1. Ju­ni 2006 aus per­so­nen­be­ding­ten Gründen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist, kann auf­grund der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts noch nicht ab­sch­ließend be­ur­teilt wer­den.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zwar zu­tref­fend die Grundsätze an­ge­wandt, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt zur Kündi­gung we­gen häufi­ger Er­kran­kun­gen ent­wi­ckelt hat. Auf­grund der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen lässt sich je­doch nicht fest­stel­len, ob die Kündi­gung un­ter Berück­sich­ti­gung des not-wen­dig durch­zuführen­den BEM verhält­nismäßig ist.

1. Für die so­zia­le Recht­fer­ti­gung ei­ner auf Krank­heit gestütz­ten Kündi­gung ist zunächst ei­ne ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­pro­gno­se er­for­der­lich (1. Stu­fe). Die pro­gnos­ti­zier­ten, er­heb­li­chen Fehl­zei­ten müssen zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen In­ter­es­sen führen (2. Stu­fe). Da­bei können ne­ben Be­triebs­ab­laufstörun­gen auch wirt­schaft­li­che Be­las­tun­gen, et­wa für Ent­gelt­fort­zah­lungs­kos­ten für ei­nen Zeit­raum von mehr als sechs Wo­chen pro Jahr, zu ei­ner der­ar­ti­gen Be­ein­träch­ti­gung führen.

2. Nach dem das gan­ze Kündi­gungs­recht be­herr­schen­den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz ist ei­ne krank­heits­be­ding­te Kündi­gung auch dann un­ge­recht­fer­tigt, wenn sie zur Be­sei­ti­gung der be­trieb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen und der ein­ge­tre­te­nen Ver­tragsstörung nicht er­for­der­lich ist. Sie ist nicht er­for­der­lich, so­lan­ge der Ar­beit­ge­ber nicht al­le an­de­ren ge­eig­ne­ten mil­de­ren Mit­tel zur Ver­mei­dung künf­ti­ger Störun­gen aus­geschöpft hat. Zu den die Kündi­gung be­din­gen­den Tat­sa­chen gehört des­halb auch das Feh­len al­ter­na­ti­ver Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten, die ei­nen zukünf­ti­gen störungs­frei­en
 


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Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses möglich er­schei­nen las­sen. Dafür trägt der Ar­beit­ge­ber nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Er kann zunächst pau­schal be­haup­ten, es bestünden kei­ne an­de­ren Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten für den er­krank­ten Ar­beit­neh­mer. Dar­in liegt re­gelmäßig zu­gleich die Be­haup­tung, es be­ste­he kei­ne Möglich­keit ei­ner lei­dens-ge­rech­ten Aus­ge­stal­tung des Ar­beits­plat­zes und der Ar­beits­be­din­gun­gen. Dar­auf­hin hat der Ar­beit­neh­mer kon­kret dar­zu­le­gen, wie er sich ei­ne Ände­rung des bis­he­ri­gen Ar­beits­plat­zes oder sei­ne wei­te­re Beschäfti­gung - ggf. zu geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen - un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen vor­stellt.

3. In die­sem Rah­men ge­winnt die Er­for­der­lich­keit ei­nes BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX Be­deu­tung für die Ver­tei­lung der Dar­le­gungs- und Be­weis­last.

a) Die Durchführung des BEM ist nach der Recht­spre­chung des Se­nats kei­ne for­mel­le Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung für ei­ne Kündi­gung. § 84 Abs. 2 SGB IX ist aber auch kein bloßer Pro­gramm­satz. Die Norm kon­kre­ti­siert viel-mehr den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz. Das BEM ist nicht selbst ein mil­de­res Mit­tel. Mit sei­ner Hil­fe können aber mil­de­re Mit­tel als die Kündi­gung, zB ei­ne Um­ge­stal­tung des Ar­beits­plat­zes oder ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren - ggf. durch Um­set­zun­gen frei­zu­ma­chen­den - Ar­beits­platz, er­kannt und ent­wi­ckelt wer­den. Da­bei wird das Verhält­nismäßig­keits­prin­zip nicht al­lein da­durch ver­letzt, dass kein BEM durch­geführt wur­de. Es muss hin­zu­kom­men, dass über­haupt Möglich­kei­ten ei­ner al­ter­na­ti­ven (Wei­ter-)Beschäfti­gung be­stan­den ha­ben, die ei­ne Kündi­gung ver­mie­den hätten (Se­nat 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 27, EzA KSchG § 1 Krank­heit Nr. 55; 12. Ju­li 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 41 f., BA­GE 123, 234).

b) Hat der Ar­beit­ge­ber ent­ge­gen sei­ner ge­setz­li­chen Pflicht über­haupt kein BEM durch­geführt, darf er sich da­durch kei­ne dar­le­gungs- und be­weis­recht­li­chen Vor­tei­le ver­schaf­fen können (Se­nat 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 26, EzA KSchG § 1 Krank­heit Nr. 55; 12. Ju­li 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 44, BA­GE 123, 234). In die­sem Fall kann sich der Ar­beit­ge­ber nicht dar­auf be­schränken vor­zu­tra­gen, er ken­ne kei­ne al­ter­na­ti­ven Ein­satzmöglich­kei­ten für


 

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den er­krank­ten Ar­beit­neh­mer und es ge­be kei­ne lei­dens­ge­rech­ten Ar­beitsplätze, die der Ar­beit­neh­mer trotz sei­ner Er­kran­kung noch ein­neh­men könne. Er hat viel­mehr von sich aus denk­ba­re oder vom Ar­beit­neh­mer (außer­ge­richt­lich) be­reits ge­nann­te Al­ter­na­ti­ven zu würdi­gen und im Ein­zel­nen dar­zu­le­gen, aus wel­chen Gründen so­wohl ei­ne An­pas­sung des bis­he­ri­gen Ar­beits­plat­zes an dem Ar­beit­neh­mer zu­trägli­che Ar­beits­be­din­gun­gen als auch die Beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren - lei­dens­ge­rech­ten - Ar­beits­platz aus­schei­den. Erst dann ist es Sa­che des Ar­beit­neh­mers, sich hier­auf sub­stan­ti­iert ein­zu­las­sen und dar­zu­le­gen, wie er sich selbst ei­ne lei­dens­ge­rech­te Beschäfti­gung vor­stellt.

c) Das Glei­che gilt, wenn der Ar­beit­ge­ber zur Erfüllung sei­ner Ver­pflich­tung aus § 84 Abs. 2 SGB IX ein Ver­fah­ren durch­geführt hat, das nicht den ge­setz­li­chen Min­dest­an­for­de­run­gen an ein BEM genügt. Zwar enthält § 84 Abs. 2 SGB IX kei­ne nähe­re ge­setz­li­che Aus­ge­stal­tung des BEM (vgl. da­zu Düwell in LPK-SGB IX § 84 Rn. 5; Jous­sen DB 2009, 286, 287). Die­ses ist ein recht­lich re­gu­lier­ter „Such­pro­zess“, der in­di­vi­du­ell an­ge­pass­te Lösun­gen zur Ver­mei­dung zukünf­ti­ger Ar­beits­unfähig­keit er­mit­teln soll (Koh­te DB 2008, 582, 583). Gleich­wohl las­sen sich aus dem Ge­setz ge­wis­se Min­dest­stan­dards ab­lei­ten. Zu die­sen gehört es, die ge­setz­lich dafür vor­ge­se­he­nen Stel­len, Ämter und Per­so­nen zu be­tei­li­gen und zu­sam­men mit ih­nen ei­ne an den ge­setz­li­chen Zie­len des BEM ori­en­tier­te Klärung ernst­haft zu ver­su­chen. Ziel des BEM ist es fest­zu­stel­len, auf­grund wel­cher ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen es zu den bis­he­ri­gen Aus­fall­zei­ten ge­kom­men ist und ob Möglich­kei­ten be­ste­hen, sie durch be­stimm­te Verände­run­gen künf­tig zu ver­rin­gern, um so ei­ne Kündi­gung zu ver­mei­den.

Da­nach ent­spricht je­des Ver­fah­ren den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen, das die zu be­tei­li­gen­den Stel­len, Ämter und Per­so­nen ein­be­zieht, das kei­ne vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht zu zie­hen­de An­pas­sungs- und Ände­rungsmöglich­keit aus­sch­ließt und in dem die von den Teil­neh­mern ein­ge­brach­ten Vor­schläge sach­lich erörtert wer­den.
 


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Wird das durch­geführ­te Ver­fah­ren nicht ein­mal die­sen Min­dest­an­for­de­run­gen ge­recht, kann das zur Un­be­acht­lich­keit des Ver­fah­rens ins­ge­samt führen.

d) Ist ein BEM ord­nungs­gemäß durch­geführt wor­den, ist der Ar­beit­ge­ber sei­ner Ver­pflich­tung aus § 84 Abs. 2 SGB IX nach­ge­kom­men. Das BEM hat sei­nen Zweck erfüllt und sein En­de ge­fun­den. Die­ser Um­stand hat - je nach dem Er­geb­nis des BEM - wei­te­re Fol­gen für die Dar­le­gungs­last.

aa) Hat das BEM zu ei­nem ne­ga­ti­ven Er­geb­nis, al­so zur Er­kennt­nis geführt, es ge­be kei­ne Möglich­kei­ten, die Ar­beits­unfähig­keit des Ar­beit­neh­mers zu über­win­den oder künf­tig zu ver­mei­den, genügt der Ar­beit­ge­ber sei­ner Dar­le­gungs­last nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wenn er auf die­sen Um­stand hin­weist und be­haup­tet, es bestünden kei­ne an­de­ren Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten. Der nun­mehr dar­le­gungs­pflich­ti­ge Ar­beit­neh­mer genügt sei­ner Dar­le­gungs­last grundsätz­lich nicht da­durch, dass er auf al­ter­na­ti­ve Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten ver­weist, die während des BEM be­han­delt und ver­wor­fen wor­den sind. Auch der Ver­weis auf nicht be­han­del­te Al­ter­na­ti­ven wird grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen sein. Der Ar­beit­neh­mer muss die­se be­reits in das BEM ein­brin­gen. Er kann al­len­falls auf Möglich­kei­ten ver­wei­sen, die sich erst nach Ab­schluss des BEM bis zum Zeit­punkt der Kündi­gung er­ge­ben ha­ben.

bb) Hat das BEM zu ei­nem po­si­ti­ven Er­geb­nis geführt, ist der Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich ver­pflich­tet, die emp­foh­le­ne Maßnah­me - so­weit dies in sei­ner al­lei­ni­gen Macht steht - vor Aus­spruch ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung als mil­de­res Mit­tel um­zu­set­zen (vgl. JbAr­bR Bd. 43 S. 91, 104; Jous­sen DB 2009, 286, 290). Kündigt er, oh­ne sie um­ge­setzt zu ha­ben, muss er im Ein­zel­nen und kon­kret dar­le­gen, war­um die Maßnah­me ent­we­der trotz Emp­feh­lung un­durchführ­bar war oder selbst bei ei­ner Um­set­zung die­se kei­nes­falls zu ei­ner Ver­mei­dung oder Re­du­zie­rung von Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten geführt hätte. Dem wird der Ar­beit­neh­mer re­gelmäßig mit ei­nem ein­fa­chen Be­strei­ten ent­ge­gen­tre­ten können.
 


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4. Liegt ei­ne er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen In­ter­es­sen vor, so ist in ei­nem letz­ten Schritt im Rah­men der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­abwägung zu prüfen, ob die­se Be­ein­träch­ti­gun­gen vom Ar­beit­ge­ber bil­li­ger­wei­se nicht mehr hin­ge­nom­men wer­den müssen (vgl. zum Gan­zen: Se­nat 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 18, EzA KSchG § 1 Krank­heit Nr. 55; 8. No­vem­ber 2007 - 2 AZR 292/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung Nr. 29 = EzA KSchG § 1 Krank­heit Nr. 54).

5. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ses Rah­mens ist die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt über­nom­me­ne Würdi­gung des Ar­beits­ge­richts, die Ge­sund­heits­pro­gno­se der Kläge­rin sei bei ei­nem un­veränder­ten Ein­satz als Ar­bei­te­rin in der Bet­ten­zen­tra­le oder im Be­reich des „Zen­tra­len Haus­diens­tes“ ne­ga­tiv, nicht zu be­an­stan­den. Ge­gen die Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, die wei­ter­hin zu er­war­ten­den Er­kran­kun­gen führ­ten zu er­heb­li­chen wirt­schaft­li­chen Be­las­tun­gen der Be­klag­ten, hat die Kläge­rin Ver­fah­rensrügen nicht er­ho­ben.

6. Gleich­wohl war das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt durf­te nicht oh­ne wei­te­res da­von aus­ge­hen, dass die Kündi­gung auch verhält­nismäßig ist.

a) Die Be­klag­te hat die in den Gesprächen mit der Kläge­rin ent­wi­ckel­te und von der Be­triebsärz­tin vor­ge­schla­ge­ne Maßnah­me, ei­ne Re­ha-Maßnah­me durch­zuführen, we­der um­ge­setzt noch hat sie ver­sucht, sie um­zu­set­zen. Dar­in kann ein Ver­s­toß ge­gen den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz lie­gen. Zwar muss ein Ar­beit­neh­mer zu ei­ner sta­ti­onären Re­ha-Maßnah­me sei­ne Be­reit­schaft erklären und si­gna­li­sie­ren, sie in An­griff neh­men zu wol­len, was die Kläge­rin zunächst nicht ge­tan hat. Der Ar­beit­ge­ber hat aber vor Aus­spruch ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung ei­ne (durch ein BEM) emp­foh­le­ne Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­maßnah­me - wie aus­geführt - schon von sich aus in Erwägung zu zie­hen und ih­re Durchführung in die We­ge zu lei­ten. Be­darf es da­zu der Ein­wil­li­gung oder der Initia­ti­ve des Ar­beit­neh­mers, muss der Ar­beit­ge­ber um die­se nach­su­chen oder den Ar­beit­neh­mer hier­zu auf­for­dern. Da­zu kann er dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Frist set­zen. Der Ar­beit­ge­ber muss den Ar­beit­neh­mer da­bei deut­lich dar­auf hin­wei­sen, dass er im Wei­ge­rungs­fall mit ei­ner Kündi­gung rech­nen müsse.
 


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Lehnt der Ar­beit­neh­mer die Maßnah­me den­noch ab oder bleibt er trotz Auf­for­de­rung untätig, braucht der Ar­beit­ge­ber die Maßnah­me vor Aus­spruch der Kündi­gung nicht mehr als mil­de­res Mit­tel berück­sich­ti­gen.

b) Ob sol­che Auf­for­de­run­gen und Hin­wei­se durch die Be­klag­te im Gespräch vom 30. Mai 2006 er­folgt sind, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Die spon­ta­ne Ab­leh­nung der Kläge­rin ge­genüber der Be­triebsärz­tin mit dem Hin­weis, sie müsse ih­re Kin­der be­treu­en, reicht hier­zu nicht aus. Ihr ging kein Hin­weis auf die für die­sen Fall dro­hen­de Kündi­gung vor­aus.

c) Dar­auf käme es al­ler­dings nicht an, wenn feststünde, dass auch nach Durchführung der vor­ge­schla­ge­nen Re­ha-Maßnah­me kei­ne Bes­se­rung der zu­grun­de lie­gen­den Lei­den ein­tre­ten und es wei­ter­hin zu er­heb­li­chen Fehl­zei­ten kom­men würde (vgl. JbAr­bR Bd. 43 S. 91, 103 f.; Jous­sen DB 2009, 286, 290). Da­zu hat die Be­klag­te bis­her nicht vor­ge­tra­gen.

II. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird des­halb zunächst aufklären müssen, ob die Kläge­rin trotz Hin­wei­sen auf ei­ne an­dern­falls be­ab­sich­tig­te Kündi­gung ei­ne sta­ti­onäre Re­ha-Maßnah­me ge­genüber der Be­klag­ten de­fi­ni­tiv ab­ge­lehnt hat. Es wird so­dann der Be­klag­ten - ggf. - Ge­le­gen­heit ge­ben müssen, da­zu vor­zu­tra­gen, ob auch bei Durchführung der vor­ge­schla­ge­nen Re­ha-Maßnah­me mit wei­te­ren er­heb­li­chen Fehl­zei­ten zu rech­nen war.

Soll­te die Be­klag­te mei­nen, die vor­ge­schla­ge­ne Re­ha-Maßnah­me sei nicht er­folg­ver­spre­chend ge­we­sen, hat sie näher dar­zu­le­gen, war­um auch ei­ne lei­dens­ge­rech­te An­pas­sung des bis­he­ri­gen Ar­beits­plat­zes und ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz, et­wa in der Schwes­tern­schu­le, nicht in Be­tracht ge­kom­men sind oder eben­so we­nig ei­nen Er­folg ver­spra­chen.


Kreft 

Schmitz-Scho­le­mann 

Ey­lert

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