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Klage gegen saudischen Diplomaten zulässig
Rechtlicher Hintergrund dieser Ausbeutung von Botschaftsangestellten sind die hohen Hürden, die betroffene Arbeitnehmer überwinden müssen, wenn sie mit Aussicht auf Erfolg vor die deutschen Arbeitsgerichte ziehen wollen. Denn nach dem Völkerrecht unterliegen Botschaften und die hoheitlich tätigen Diplomaten nicht der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats. Daher sind sie in Deutschland "immun“ gegenüber der Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte.
Diese Sonderstellung hatte der Europäischer Gerichtshof (EuGH) vor einem Monat bereits deutlich eingeschränkt (EuGH, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 - Mahamdia, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 12/266 Botschaftsangestellte ausländischer Staaten können vor deutschen Arbeitsgerichten klagen). Mit einer Entscheidung vom gestrigen Tage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nachgezogen und die Klage der bekannten Arbeitsrechtsprofessorin Heide Pfarr für zulässig erklärt. Mit ihrer Klage hatte Prof. Pfarr Lohn- und Schmerzensgeldansprüche einer indonesischen Hausangestellten gemacht, nachdem sie sich diese Ansprüche zuvor hatte abtreten lassen: BAG, Urteil vom 22. August 2012 - 5 AZR 949/11.
- Gilt die Immunität ausländischer Diplomaten von der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit auch bei "schweren" Rechtsverletzungen?
- Diplomat aus Saudi-Arabien soll seine indonesische Hausangestellte misshandelt, gedemütigt und nicht bezahlt haben
- BAG: Nach der Ausreise des verklagten Diplomaten ist die Klage vor den deutschen Arbeitsgerichten zulässig
Gilt die Immunität ausländischer Diplomaten von der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit auch bei "schweren" Rechtsverletzungen?
Gemäß § 18 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sind ausländische Diplomaten, ihre Familienmitglieder und ihre privaten Hausangestellten von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Einzelheiten dazu finden sich im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (Bundesgesetzbl. 1964 II S. 957ff.). Aufgrund dieser Vorschriften kann ein ausländischer Diplomat in Deutschland nicht vor einem Zivilgericht verklagt werden. Auch eine Klage vor einem deutschen Arbeitsgericht ist damit ausgeschlossen.
Man kann sich allerdings fragen, ob diese Privilegierung auch bei "besonders schweren" Rechtsverletzungen gilt. Misshandelt ein ausländischer Diplomat einen Hausangestellten über Monate hinweg, erlaubt ihm keinen Ausgang und zahlt er ihm obendrein nicht einmal den versprochenen Lohn, ist es eine schwer zu ertragende Rechtlosstellung, wenn der Betroffene darauf verwiesen wird, er können den Diplomaten doch in seinem Herkunftsstaat verklagen. Denn solche Klagen sind von Deutschland aus kaum zu führen und daher meist aussichtslos.
Die deutschen Arbeitsgerichte sind allerdings nicht gewillt, von § 18 GVG eine Ausnahme für "schwere" Rechtsverletzungen zu machen.
Diplomat aus Saudi-Arabien soll seine indonesische Hausangestellte misshandelt, gedemütigt und nicht bezahlt haben
In dem Streitfall soll ein Diplomat aus Saudi-Arabien eine indonesische Hausangestellte in der Zeit von April 2009 bis Oktober 2010 angeblich misshandelt, gedemütigt und nicht bezahlt haben.
Die Hausangestellte erhob den Vorwurf, sie habe den Haushalt des Diplomaten nicht verlassen dürfen und sei zur Arbeitsleistung an sieben Tagen in der Woche mit Arbeitszeiten von bis zu zwanzig Stunden am Tag angehalten worden. Außerdem habe sie ständig körperliche Misshandlungen und Erniedrigungen durch den Diplomaten und seine Familienangehörigen dulden müssen.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung habe der Diplomat ihr keine eigene Unterkunft gewährt. Vielmehr habe sie ohne Matratze und warme Kleidung mit einer dünnen Decke auf dem Boden des Kinderzimmers schlafen müssen. Die versprochene Verpflegung habe aus Essensresten bestanden. Der Diplomat bestritt die Vorwürfe.
Im Februar 2011 trat Prof. Dr. Heide Pfarr auf den Plan. Sie war lange Jahre Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung. Sie ließ sich die Ansprüche der Hausangestellten gegen den Diplomaten abtreten und zog vor das Arbeitsgericht Berlin, wo sie Lohn und Schadensersatz einklagte, immerhin etwa 70.000,00 EUR. Das Arbeitsgericht Berlin wies ihre Klage ab und begründete das mit der Immunität des verklagten Diplomaten (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 14.06.2011, 36 Ca 3627/11).
Auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschied gegen Prof. Pfarr, da es die Immunität des saudischen Diplomaten als vorrangig bewertete. Eine Ausnahme von § 18 GVG bei für "schwere" Rechtsverletzungen wollte das LAG nicht machen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2011, 17 Sa 1468/11).
BAG: Nach der Ausreise des verklagten Diplomaten ist die Klage vor den deutschen Arbeitsgerichten zulässig
Das BAG hob das Urteil des Arbeitsgerichts und das des LAG auf und erklärte die Klage für zulässig. Dementsprechend verwies es die Klage wieder zurück an das Arbeitsgericht.
Zur Begründung berief sich das BAG auf Art. 39 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens. Nach dieser Vorschrift endet die Immunität ausländischer Diplomaten mit ihrer Ausreise aus dem Empfangsstaat. Und mittlerweile war der verklagte Diplomat aus Deutschland ausgereist. Das ergab eine Auskunft beim Auswärtigen Amt, die das BAG eingeholt hatte. Demzufolge musste das BAG davon ausgehen, dass der verklagte Diplomat aufgrund der Ausreise seine diplomatischen Vorrechte verloren hatte.
Das BAG lässt die zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen ausdrücklich offen. Die wichtigste dieser Fragen war, ob die Immunität eines Diplomaten bei besonders "schweren" gegen ihn erhobenen Vorwürfe möglicherweise generell eingeschränkt ist, d.h. ob § 18 GVG in solchen Fällen nicht gilt. Zu dieser Frage äußert sich das BAG nicht.
Fazit: Das BAG-Urteil ist eine Einzelfallentscheidung in einem politisch besonders brisanten Fall, enthält aber keine allgemeinen Verbesserungen des Rechtsschutzes zugunsten von Botschaftsangehörigen. Solange sich ein akkreditierter ausländischer Diplomat in Deutschland aufhält, gilt daher weiterhin § 18 GVG in Verbindung mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961. Aufgrund dieser Vorschriften ist eine gegen einen Diplomaten gerichteten Zivilklage in Deutschland ausgeschlossen, und zwar auch bei angeblich "schweren" Rechtsverstößen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.08.2012 - 5 AZR 949/11 (BAG-Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.08.2012 - 5 AZR 949/11
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2011, 17 Sa 1468/11
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 14.06.2011, 36 Ca 3627/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing
- Arbeitsrecht aktuell: 17/246 Internationale Zuständigkeit im Arbeitsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 15/055 Anwendung ausländischer Gesetze in Deutschland
- Arbeitsrecht aktuell: 13/079 Prozess um Ausbeutung einer Hausangestellten
- Arbeitsrecht aktuell: 13/026 Gleichberechtigung für Hausangestellte
- Arbeitsrecht aktuell: 12/266 Botschaftsangestellte ausländischer Staaten können vor deutschen Arbeitsgerichten klagen
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 28. September 2017
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