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Botschaftsangestellte ausländischer Staaten können vor deutschen Arbeitsgerichten klagen
27.07.2012. In Berlin gibt es viele Botschaften ausländischer Staaten und dementsprechend viele Arbeitnehmer, die für Botschaften arbeiten. Die Arbeitsbedingungen von Botschaftsangestellten sind aber oft alles andere als gut. Schlechte Bezahlung, Angst vor unbegründeten Entlassungen und Lohnprellerei sind an der Tagesordnung.
Aus anwaltlicher Sicht ist das kein Wunder, können Botschaftsangestellte ihren Arbeitgeber doch praktisch nie mit Aussicht auf Erfolg verklagen. Denn Botschaften unterliegen nach dem Völkerrecht ebenso wie der Entsendestaat, der hinter ihnen steht, nicht der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats, d.h. sie sind "immun“ gegen dessen Rechtsprechung.
Diese Abschottung ausländischer Botschaften gegen die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte lässt sich aber sachlich nur rechtfertigen, wenn es um Streitigkeiten zwischen der Botschaft und "hoheitlich" tätigen Botschaftsangehörigen geht. Warum dagegen Hilfskräfte wie Fahrer, Reinigungskräfte oder Pförtner keine Klagen vor deutschen Arbeitsgerichten erheben können sollten, ist nicht verständlich.
Das hat jetzt auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Berliner Fall klargestellt, in dem es um einen Angestellten der algerischen Botschaft ging. EuGH, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 - „Mahamdia“.
- Welches Gericht ist für arbeitsrechtliche Klagen gegen die Botschaft eines fremden Staates zuständig?
- EuGH: Die Verordnung Nr.44/2001 kann die Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte begründen
Welches Gericht ist für arbeitsrechtliche Klagen gegen die Botschaft eines fremden Staates zuständig?
In Deutschland ist Berlin Sitz aller ausländischen Botschaften. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Botschaftsangestellten und der Botschaft, d.h. dem hinter der Botschaft stehenden Entsendestaat, ist die Frage der örtlichen Zuständigkeit daher schnell geklärt: Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht Berlin und in der zweiten Instanz das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg.
Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob die deutschen Arbeitsgerichte überhaupt für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen ausländischen Botschaften und dem Botschaftspersonal zuständig sind, d.h. ob sie die "internationale Zuständigkeit" besitzen.
Diese Zuständigkeit könnte man aus der Verordnung (EG) Nr.44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGGVO) herleiten. Das setzt aber voraus, dass eine Botschaft als eine „Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung“ des Entsendestaates anzusehen ist.
EuGH: Die Verordnung Nr.44/2001 kann die Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte begründen
Der Kläger des Ausgangsverfahrens, Ahmed Mahamdia, ist algerischer Herkunft und lebt in Berlin. Er wurde von seinem Arbeitgeber, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, in der Berliner Botschaft als Fahrer beschäftigt. Nachdem ihm Ende 2007 gekündigt worden war, erhob er Kündigungsschutzklage in Berlin.
Algerien berief sich auf seine Immunität als Staat und meinte außerdem, wegen einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Gerichtsstandsklausel seien die algerischen Gerichte zuständig. Das Arbeitsgericht folgte dieser Argumentation und wies die Klage als unzulässig ab (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 02.07.2008, 86 Ca 13143/07).
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg dagegen verneinte die Immunität Algeriens, da Herr Mahamdia als Fahrer keine hoheitlichen Aufgaben erfüllte (Urteil vom 14.01.2009, 17 Sa 1719/08). Weiterhin hielt das LAG die algerische Botschaft für eine „Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung“ im Sinne der EuGGVO. Die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung ließ das LAG nicht gelten, da sie seiner Meinung nach gegen die EuGGVO verstößt.
Schließlich wandte das LAG bei seinem Urteil deutsches Recht an, da es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Rechtswahl zugunsten des algerischen Rechts erkennen konnte. Folglich war die Kündigungsschutzklage zulässig und auch nach deutschem Recht begründet, so das LAG.
Auf die Revision Algeriens hob das BAG das LAG-Urteil auf und verwies den Fall zurück an das LAG (BAG, Urteil vom 01.07.2010, 2 AZR 270/09). Denn nach Ansicht des BAG war es nicht auszuschließen, dass Herr Mahamdia vielleicht doch hoheitliche Aufgaben hatte, da sich die Botschaft darauf berufen hatte, er sei auch als Dolmetscher eingesetzt worden.
Und auch die vom LAG vorgenommene Bewertung der Umstände, die für oder gegen eine Rechtswahl zugunsten des algerischen Rechts sprechen könnten, hätte sich das BAG irgendwie ausführlicher gewünscht, d.h. das BAG deutete an, dass auf den Fall möglicherweise algerisches Recht anzuwenden ist. Und schließlich meinte das BAG, der EuGH hätte sich zur Auslegung der EuGGVO noch eindeutig geäußert.
Daraufhin legte das LAG dem EuGH den Fall vor (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.03.2011, 17 Sa 2620/10).
Am Donnerstag letzter Woche stellte der EuGH klar, dass eine Botschaft als "Niederlassung" des Entsendestaates anzusehen ist (EuGH, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 - "Mahamdia"). Daher kann sich ein fremder Staat gegenüber der arbeitsrechtlichen Klage eines Angestellten seiner Botschaft nicht auf seine Immunität berufen, wenn der Angestellte Aufgaben verrichtet, die nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen.
Die daraus folgende internationale Zuständigkeit der Gerichte des Empfangsstaates kann auch nicht durch eine arbeitsvertragliche Gerichtsstandsklausel ausgehebelt werden, so der EuGH, der damit wie in den meisten Fällen den Entscheidungsvorschlägen des Generalanwalts folgte (Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 24.05.2012, C-154/11 - „Mahamdia“).
Damit ist nach fast fünf Jahren Prozessdauer geklärt, dass der Botschaftsfahrer seine arbeitsvertraglichen Rechte gegenüber der algerische Botschaft in Deutschland bzw. vor deutschen Gerichten verfolgen kann - jedenfalls im Prinzip. Denn das LAG hat bislang noch nicht auf den verfahrensrechtlichen "Rüffel" des BAG reagiert und die Streitfrage einer möglichen Dolmetschertätigkeit Herrn Mahamdias durch Zeugenbeweis genauer aufgeklärt. Und auch die Frage, ob auf den Fall überhaupt deutsches oder nicht vielleicht doch algerisches Arbeitsrecht anzuwenden ist, ist noch nicht so gründlich geprüft worden, wie das BAG dies in seinem Urteil verlangt hatte.
Fazit: Das Urteil des EuGH verbessert die Möglichkeiten von Botschaftsangestellten, ihre Rechte vor den deutschen Arbeitsgerichten einzuklagen. Trotzdem bleiben solche Prozesse weiterhin extrem schwierig. Denn ein Streitpunkt wird auch in Zukunft sein, ob der klagende Botschaftsangehörige mit hoheitlichen Aufgaben betraut war, denn dann kann sich der Entsendestaat auch künftig auf seine staatliche Immunität berufen. Und auch bei Klagen von Botschaftspersonal mit nicht-hoheitlichen Aufgaben kann sich auch künftig ergeben, dass das Arbeitsverhältnis dem Recht des Entsendestaates unterliegt. Dann ist eine rasche und effektive Prozessführung vor deutschen Arbeitsgerichten weiterhin kaum möglich.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 ("Mahamdia")
- Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung Nr.103/12 vom 19.07.2012
- Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 24.05.2012, C-154/11 („Mahamdia“)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.07.2010, 2 AZR 270/09
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.03.2011, 17 Sa 2620/10
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.01.2009, 17 Sa 1719/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 17/246 Internationale Zuständigkeit im Arbeitsrecht
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Letzte Überarbeitung: 28. September 2017
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