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Geschäftsführer können nach Abberufung zum Arbeitsgericht
06.01.2015. In der Vergangenheit hatten es Geschäftsführer schwer, vor den Arbeitsgerichten zu klagen, und zwar auch dann, wenn ihr Anstellungsvertrag ein Arbeitsvertrag war.
Denn die Arbeitsgerichte erklärten sich generell für unzuständig bei Klagen, die mit dem Vertragsverhältnis zu tun hatten, das der Tätigkeit als "Organ" der Gesellschaft zugrunde lag - einerlei, ob dieses Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis war.
Damit ist nun Schluss: Künftig steht dem Arbeitnehmer-Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seiner Abberufung als Geschäftsführer der Weg zum Arbeitsgericht offen: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2014, 10 AZB 46/14.
- Wo klagt man als GmbH-Geschäftsführer nach einer Kündigung, einer Freistellung oder einer Abberufung - vor dem Landgericht oder vor dem Arbeitsgericht?
- Im Streit: Geschäftsführer mit nur einem Vertragsverhältnis wird abberufen und am Folgetag ordentlich gekündigt
- BAG: Arbeitnehmer-Geschäftsführer können nach Abberufung vor dem Arbeitsgericht klagen, soweit sie ihre Ansprüche auf ein Arbeitsverhältnis stützen
Wo klagt man als GmbH-Geschäftsführer nach einer Kündigung, einer Freistellung oder einer Abberufung - vor dem Landgericht oder vor dem Arbeitsgericht?
Nach jahrzehntelang "geltender" Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) konnte ein Geschäftsführer wegen Streitigkeiten aus dem Anstellungsvertrag nie vor den Arbeitsgerichten gegen "seine" Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) klagen, denn dem stand nach bisherigem Verständnis § 5 Abs.1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) entgegen. Diese Vorschrift lautet:
"Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind."
Und da § 2 Abs.1 Nr.3 ArbGG wiederum für bürgerlich-rechtliche Klagen, also z.B. für Gehaltsklagen, für Klagen auf Zeugniserteilung oder Kündigungsschutzklagen, die Arbeitsgerichte nur dann für zuständig erklärt, wenn die Parteien Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind, können Geschäftsführer wegen solcher Streitigkeiten nicht vor die Arbeitsgerichte ziehen, denn sie "gelten" ja gemäß § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer.
Das Tor zum Arbeitsgericht blieb auch dann verschlossen, wenn der Geschäftsführervertrag als Arbeitsvertrag anzusehen war, weil der Geschäftsführer von den Weisungen der Gesellschafter abhängig und daher als "Arbeitnehmer" im Sinne der BAG-Rechtsprechung einzuordnen war. Denn auch ein Geschäftsführer, der materiell-rechtlich als Arbeitnehmer anzusehen ist, ist kraft Gesetzes vertretungsberechtigtes Organ "seiner" GmbH und gilt daher prozessrechtlich nicht als Arbeitnehmer (§ 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG).
Vor diesem Hintergrund mussten sich Geschäftsführer bzw. deren Anwälte, wenn sie vor dem Arbeitsgericht klagen wollten, um den Nachweis bemühen,
- dass es neben dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag noch ein weiteres (ruhendes) Vertragsverhältnis gab, und zwar ein Arbeitsverhältnis, und dass dieses Vertragsverhältnis Grundlage der Klage war, z.B. weil
- das Arbeitsverhältnis, das der Geschäftsführertätigkeit zugrunde lag, nach Abberufung vom Geschäftsführeramt weiter durchgeführt wurde, aber mit anderen Aufgaben, oder weil
- mit der Beförderung vom Arbeitnehmer zum Geschäftsführer ein mündlicher Geschäftsführervertrag vereinbart wurde und daher das bis dahin maßgebliche Arbeitsverhältnis ruhend gestellt wurde, oder weil
- der Geschäftsführer neben dem Geschäftsführervertrag mit einer Konzerntochter noch einen (ruhenden) Arbeitsvertrag mit der Muttergesellschaft hat.
All diese anstrengenden und oft erfolglosen juristischen Klimmzüge sind künftig überflüssig, denn nach der Abberufung als Geschäftsführer können Arbeitnehmer-Geschäftsführer künftig praktisch immer vor dem Arbeitsgericht klagen, d.h. auch dann, wenn keine der o.g. Fallkonstellationen vorliegt.
Im Streit: Geschäftsführer mit nur einem Vertragsverhältnis wird abberufen und am Folgetag ordentlich gekündigt
Geklagt hatte ein GmbH-Geschäftsführer, der zunächst im Jahre 2001 als Arbeitnehmer begonnen hatte und 2005 zum Geschäftsführer befördert worden war. Im März 2013 unterzeichnete er einen schriftlichen Geschäftsführervertrag, der alle bisherigen Vereinbarungen ersetzte, die Dienstzeiten seit 2001 aber anerkannte.
Nachdem er im September 2013 zunächst abberufen und darüber per E-Mail informiert worden war, erhielt er am Folgetag eine schriftliche ordentliche Kündigung zum 30.09.2014, in der ihm die Abberufung nochmals mitgeteilt wurde. Außerdem wurde er für die gut einjährige Restlaufzeit des Anstellungsverhältnisses von der Arbeit freigestellt.
Der Geschäftsführer erhob vor dem Arbeitsgericht Neumünster fristgemäß innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage, Klage auf Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Zeugnisses. Noch bevor die Klage an die GmbH zugestellt wurde, wurde die Abberufung im Handelsregister eingetragen.
Das Arbeitsgericht erklärte sich für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht (Beschluss vom 18.12.2013, 3 Ca 1259 a/13). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein wies die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Geschäftsführers zurück (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.04.2014, 4 Ta 52/14).
Denn dass der klagende Geschäftsführer vortrug, sein Dienstverhältnis sei ein Arbeitsverhältnis, ändere nichts an der Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG, so das LAG. Ein weiteres Vertragsverhältnis gebe es unstreitig nicht, d.h. das einzige Vertragsverhältnis war der im März 2013 abgeschlossene Vertrag.
Allerdings ließ das LAG die Rechtsbeschwerde zum BAG zu, da das BAG in zwei neueren Entscheidungen (Beschluss vom 26.10.2012, 10 AZB 55/12, Beschluss vom 04.02.2013, 10 AZB 78/12) angedeutet hatte, dass eine arbeitsgerichtliche Klage jedenfalls dann an § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG scheitert, wenn der Geschäftsführer bei Klageerhebung noch nicht abberufen ist.
Dass § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG aber umgekehrt einer arbeitsgerichtlichen Klage automatisch bzw. ohne weiteres dann nicht mehr im Weg steht, sobald der Geschäftsführer einmal abberufen ist, hatte das BAG in diesen Entscheidungen nicht gesagt.
BAG: Arbeitnehmer-Geschäftsführer können nach Abberufung vor dem Arbeitsgericht klagen, soweit sie ihre Ansprüche auf ein Arbeitsverhältnis stützen
Das BAG hob die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und stellte fest, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig ist.
Zur Begründung führt das BAG zunächst aus, dass die vom Kläger angekündigten Anträge nur Erfolg haben könnten, wenn zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Diese Auffassung hatte der Kläger vertreten, so dass nach den allgemeinen Regeln über die Zuständigkeit die Arbeitsgerichte zu prüfen hatten, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht (sog. sic-non-Fall).
Im nächsten Schritt meint das BAG, dass § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG arbeitsgerichtlichen Klagen immer dann nicht (mehr) im Weg steht, wenn der Geschäftsführer einmal abberufen ist.
Dabei kommt es, so das BAG, auf die Abberufung als Beschluss der Gesellschafter und auf die Mitteilung der Abberufung gegenüber dem Geschäftsführer an und nicht etwa auf die (spätere und nur rechtsverkündende = deklaratorische) Eintragung der Abberufung im Handelsregister. Eine solche, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnende Abberufung muss nicht bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen, sondern kann auch später vorgenommen werden. Spätester Zeitpunkt ist die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über den Rechtsweg.
Mit diesem Beschluss hat das BAG die bisher geltenden Maßstäbe zur Klärung der Rechtswegfrage in Geschäftsführerfällen weitgehend über Bord geworfen. Neu ist vor allem, dass § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG nach einer Abberufung ohne weitere Voraussetzungen als Hindernis für eine Arbeitsgerichtsklage fortfällt. Das hatten die Gerichte bisher anders gesehen, worauf das LAG mit Zitaten zur bisherigen Rechtsprechung hinweist.
Fazit: Wer als Geschäftsführer nach einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagen möchte, tut gut daran, denn erstens kennen sich die Arbeitsgerichte im Kündigungsschutzrecht besser aus als die ordentlichen Gerichte und zweitens gilt dann § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG, der das Kostenrisiko für den Fall der Klageabweisung erheblich vermindert, da man dieser Vorschrift zufolge als Verlierer dem Prozessgewinner nicht dessen Anwaltskosten erstatten muss.
Einzige Voraussetzung für eine arbeitsgerichtliche Klage sind Anträge, die das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen, und die entsprechende Rechtsbehauptung des Klägers. Dass die verklagte Gesellschaft aus prozesstaktischen Gründen die zur Risikominderung notwendige Abberufung und deren Eintragung im Register verzögert, ist unwahrscheinlich, aber letztlich auch egal, denn anstatt wochen- und monatelang vergeblich auf eine Abberufung zu warten, kann der Geschäftsführer sein Amt auch niederlegen. Auch dann ist er nicht mehr Geschäftsführer, und auch dann gilt nach der aktuellen BAG-Rechtsprechung § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG nicht mehr.
Eine Amtsniederlegung ist jedenfalls dann mit keinen rechtlichen Risiken verbunden, wenn der Geschäftsführer mit ihr auf eine Freistellung reagiert. Denn dann kann er infolge der Freistellung nicht mehr die Geschäfte der GmbH steuern, trägt aber immer noch aufgrund der Geschäftsführerposition umfangreiche Haftungsrisiken, was ihm nicht zuzumuten ist.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2014, 10 AZB 46/14
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.04.2014, 4 Ta 52/14
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 04.02.2013, 10 AZB 78/12
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26.10.2012, 10 AZB 55/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Freistellung, Suspendierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführer (GmbH)
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführerkündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 15/201 Bei Massenentlassungen zählen Geschäftsführer als Arbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 13/066 Wann können Geschäftsführer vor dem Arbeitsgericht klagen?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/219 Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag kann vor Arbeitsgericht klagen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/037 Kündigungsschutz nach Beförderung zum Geschäftsführer
- Arbeitsrecht aktuell: 10/035 Geschäftsführer vor dem Arbeitsgericht
- Arbeitsrecht aktuell: 09/030 Kündigungsschutzklagen von Geschäftsführern gehören nicht vor das Arbeitsgericht
- Arbeitsrecht aktuell: 07/12e Geschäftsführerklage vor dem Arbeitsgericht
Letzte Überarbeitung: 30. September 2016
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