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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/219

Ge­schäfts­füh­rer mit Ar­beits­ver­trag kann vor Ar­beits­ge­richt kla­gen

BAG er­wei­tert Mög­lich­keit zur Kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt für ab­be­ru­fe­ne Ge­schäfts­füh­rer: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Be­schluss vom 23.08.2011, 10 AZB 51/10
Dokument mit Unterschriftenzeile und Füller Bei Ge­schäfts­füh­rer­ver­trä­gen ist die Schrift­form an­ge­zeigt

08.11.2011. Ge­schäfts­füh­rer mit Ar­beits­ver­trag kön­nen vor Ar­beits­ge­richt kla­gen - das klingt selbst­ver­ständ­lich, ist es aber nicht. Denn ge­mäß § 5 Abs.1 Satz 2 Ar­beits­ge­richts­ge­setz (ArbGG) kön­nen GmbH-Ge­schäfts­füh­rer ge­ne­rell nicht vor dem Ar­beits­ge­richt kla­gen, denn sie „gel­ten“ als Or­ga­ne der GmbH nicht als Ar­beit­neh­mer, auch wenn sie auf Grund­la­ge ei­nes Ar­beits­ver­trags ih­re Ge­schäfts­füh­rer­tä­tig­keit aus­üben.

Oben­drein kommt es nicht oft vor, dass Ge­schäfts­füh­rer Ar­beits­ver­trä­ge ha­ben. Denn wenn man als An­ge­stell­ter zum Ge­schäfts­füh­rer be­för­dert wird und ei­nen schrift­li­chen Ge­schäfts­füh­rer­ver­trag ab­schließt, liegt nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) ei­ne schrift­li­che und da­mit wirk­sa­me Auf­he­bung des al­ten Ar­beits­ver­trags vor - auch wenn der Ge­schäfts­füh­rer­ver­trag die Auf­he­bung des al­ten Ar­beits­ver­trags mit kei­ner Sil­be er­wähnt.

Ei­ne kos­ten­güns­ti­ge und ri­si­ko­ar­me Kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt ist für Ge­schäfts­füh­rer da­her meist nicht mög­lich, auch nach Ab­be­ru­fung. Die­se Recht­spre­chung hat das BAG jetzt zu­guns­ten der Ge­schäfts­füh­rer ver­än­dert: Gibt es kei­nen schrift­li­chen Ge­schäfts­füh­rer­ver­trag, kann man nach Ab­be­ru­fung mit dem al­ten Ar­beits­ver­trag in der Ta­sche meist vors Ar­beits­ge­richt zie­hen: BAG, Be­schluss vom 23.08.2011, 10 AZB 51/10.

Geschäftsführer mit Ar­beits­ver­trag - wann bleibt trotz Geschäftsführer­ver­trag ein (vor­he­ri­ges) Ar­beits­verhält­nis er­hal­ten?

Wird man als lei­ten­der An­ge­stell­ter zum Geschäftsführer be­ru­fen und un­ter­schreibt ei­nen Geschäftsführer­ver­trag, ist der schrift­li­che Geschäftsführer­ver­trag nach An­sicht des BAG zu­gleich ein Auf­he­bungs­ver­trag für das bis­he­ri­ge Ar­beits­verhält­nis. Da­her hat der Geschäftsführer, soll­te er später ab­be­ru­fen wer­den, kein recht­li­ches Auf­fang­netz. Der frisch­ge­ba­cke­ne Geschäftsführer steht viel­mehr dau­er­haft oh­ne Kündi­gungs­schutz da (§ 14 Abs.1 Nr.1 Kündi­gungs­schutz­ge­setz - KSchG) und kann nicht mehr vor dem Ar­beits­ge­richt kla­gen (§ 5 Abs.1 Satz 2 ArbGG).

Bei ei­ner Geschäftsführ­er­be­stel­lung ganz oh­ne (schrift­li­chen oder münd­li­chen) Geschäftsführer­ver­trag kann der Geschäftsführer al­ler­dings trotz fort­be­ste­hen­den Ar­beits­ver­trags nicht vor dem Ar­beits­ge­richt kla­gen, da § 5 Abs.1 Satz 2 ArbGG auch für den Fall gilt, dass der Geschäftsführer auf Grund­la­ge ei­nes Ar­beits­ver­trags tätig ist. Ei­ne gu­te recht­li­che Grund­la­ge, um als ab­be­ru­fe­ner Geschäftsführer zum Ar­beits­ge­richt zu kom­men, gibt es da­her nur, wenn es ne­ben dem (ru­hen­den oder nach Ab­be­ru­fung funk­ti­ons­los ge­wor­de­nen) Ar­beits­verhält­nis zu­min­dest ei­nen münd­li­chen oder still­schwei­gen­den Geschäftsführer­ver­trag gibt. Die­se Möglich­keit lässt das BAG mit Be­schluss vom 23.08.2011, 10 AZB 51/10 zu.

Bun­des­ar­beits­ge­richt: form­los zum Geschäftsführer be­stell­te Ar­beit­neh­mer können nach ih­rer Ab­be­ru­fung vor den Ar­beits­ge­rich­ten kla­gen

Nach­dem der Kläger zunächst als Ar­beit­neh­mer tätig war, wur­de er oh­ne aus­drück­li­chen Geschäftsführer­ver­trag zum Geschäftsführer be­stellt und an­dert­halb Jah­re später wie­der ab­be­ru­fen. Dar­auf­hin klag­te er vor dem Ar­beits­ge­richt Frank­furt of­fe­ne Vergütung und Ar­beits­pa­pie­re ein. Das hielt sich je­doch we­gen § 5 Abs.1 Satz 2 ArbGG für un­zuständig und wur­de dar­in vom Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt bestätigt (Be­schluss vom 11.10.2010, 17 Ta 312/10). Das BAG ent­schied da­ge­gen, dass der Kläger nach sei­ner Ab­be­ru­fung wie­der Ar­beit­neh­mer war und da­her vor dem Ar­beits­ge­richt kla­gen durf­te.

Fa­zit: Wird ein Ar­beit­neh­mer oh­ne schrift­li­chen Geschäftsführer­ver­trag zum Geschäftsführer be­ru­fen, „ruht“ das Ar­beits­verhält­nis und wird mit der Ab­be­ru­fung re­ak­ti­viert. Wer oh­ne Ge­halts­auf­bes­se­rung vom Ar­beit­neh­mer zum Geschäftsführer befördert wird, soll­te da­her ei­nen schrift­li­chen Geschäftsführer­ver­trag ver­mei­den. Noch bes­ser ist ein Geschäftsführer­ver­trag mit „Rück­fahrt­schein“ für den Fall der Ab­be­ru­fung.

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Letzte Überarbeitung: 5. November 2018

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