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Diskriminierung durch kirchliche Arbeitgeber
11.06.2014. Ende letzten Jahres verurteilte das Arbeitsgericht Berlin eine diakonische Einrichtung zur Geldentschädigung wegen religionsbedingter Diskriminierung, weil sie eine Referentenstelle nur an christliche Bewerber vergeben wollte (Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13 wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/011 Diskriminierung wegen der Religion bei der Diakonie).
Letzte Woche entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg andersherum und wies die Klage ab, weil kirchliche Arbeitgeber die Besetzung von Referentenstellen von der Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche abhängig machen können.
Eine Diskriminierung der Bewerberin aus religiösen Gründen lag daher aus Sicht des LAG nicht vor: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14.
- In welchen Fällen können kirchliche Arbeitgeber von Stellenbewerber verlangen, Kirchenmitglied zu sein?
- Im Streit: Stelle eines wissenschaftlichen Referenten, der für die Diakonie einen Bericht zum Thema Antirassismus erstellen soll
- LAG Berlin-Brandenburg: Ein diakonischer Arbeitgeber darf für akademische Referentenstellen eine Identifikation mit ihm und mit dem Christentum fordern
In welchen Fällen können kirchliche Arbeitgeber von Stellenbewerber verlangen, Kirchenmitglied zu sein?
Diskriminierungen im Erwerbsleben aus Gründen der Religion oder Weltanschauung sind gesetzlich verboten. Das ergibt sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
So müssen Arbeitsplätze gemäß § 11 AGG unter Vermeidung von religiösen Diskriminierungen ausgeschrieben werden, und Arbeitgeber dürfen die Auswahl zwischen gleich gut geeigneten Bewerbern nicht davon abhängig machen, welcher Religion der Bewerber angehört (§ 2 Abs.1 Nr.3 AGG).
Das Verbot der Ungleichbehandlung aus Gründen der Religion gilt aber nicht ohne Ausnahmen. Denn wenn die Religion wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine "wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" ist, ist es gemäß § 8 Abs.1 AGG zulässig, Stellenbewerbern wegen ihrer Religion unterschiedlich zu behandeln: Wer als Pfarrer oder Kirchenmusiker arbeiten möchte, muss die passende Religion haben.
Weitergehend erlaubt § 9 AGG Religionsgemeinschaften und ihren karitativen Einrichtungen, Stellenbewerber je nach ihrer Religion ungleich zu behandeln, wenn die Religion "im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht" oder "nach der Art der Tätigkeit" eine "gerechtfertigte berufliche Anforderung" ist.
Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nicht ganz so klar definiert, denn wenn schon allein das "Selbstbestimmungsrecht" der Kirchen Grund dafür sein kann, die Religion zu einer "gerechtfertigten" Anforderung zu erheben, dann könnten die Kirchen letztlich beliebig darüber entscheiden, welche Stellen sie gerne mit Arbeitnehmern besetzen wollen, die die "richtige" Religion haben, und bei welchen Stellen dies keine Rolle spielen soll.
Im Streit: Stelle eines wissenschaftlichen Referenten, der für die Diakonie einen Bericht zum Thema Antirassismus erstellen soll
In dem Berliner Streitfall suchte eine diakonische Einrichtung einen wissenschaftlich qualifizierten Referenten, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der Antirassismuskonvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen.
In der Stellenausschreibung wurden die mit der Stelle verbundenen Aufgaben so umschrieben:
- "Begleitung des Prozesses zur Staatenberichterstattung 2012 bis 2014
- Erarbeitung des Parallelberichts zum deutschen Staatenbericht sowie von Stellungnahmen und Fachbeiträgen
- Projektbezogene Vertretung der Diakonie Deutschland gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie Mitarbeit in Gremien
- Information und Koordination des Meinungsbildungsprozesses im Verbandsbereich
- Organisation, Verwaltung und Sachberichterstattung zum Arbeitsbereich"
Gesucht wurden Bewerber mit abgeschlossenen Hochschulstudium der Rechtswissenschaften oder mit "vergleichbarer" Qualifikation, die fundierte Kenntnisse im Völkerrecht und in der Antirassismusarbeit besitzen.
Weitere Voraussetzung war laut Stellenausschreibung die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche oder einer Kirche, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehört.
Eine konfessionslose Sozialpädagogin wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt eine Absage, woraufhin sie auf Geldentschädigung gemäß § 15 Abs.2 AGG klagte und vor dem Arbeitsgericht Berlin Erfolg hatte (Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/011 Diskriminierung wegen der Religion bei der Diakonie).
Argument des Arbeitsgerichts: Die Referententätigkeit ziele "nicht unmittelbar auf die Vermittlung, Verkündung und praktischen Umsetzung der Religion". Daher sei die "Übereinstimmung mit dem evangelischen Weltbild" zwar "nützlich", aber eine Kirchenzugehörigkeit nicht wesentlich und erforderlich für die Stelle.
LAG Berlin-Brandenburg: Ein diakonischer Arbeitgeber darf für akademische Referentenstellen eine Identifikation mit ihm und mit dem Christentum fordern
Das LAG Berlin-Brandenburg war hier anderer Ansicht und wies die Klage ab. Die verklagte diakonische Einrichtung war hier im Streitfall berechtigt, die Referentenstelle von der Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche abhängig zu machen, so das LAG. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des LAG:
Die Schlechterstellung der Bewerberin war wegen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art.140 Grundgesetz - GG) nach § 9 AGG gerechtfertigt, so das LAG. Auch aus dem Europarecht ergibt sich nach Ansicht der Berliner Richter nichts anderes, denn der Status, den die Kirchen in den EU-Mitgliedsstaaten genießen, wird durch das Europarecht anerkannt. Hier verweist das LAG auf Art.17 Abs.1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Fazit: Für die Rechtsauffassung des LAG spricht, dass mit der ausgeschriebenen Stelle die Aufgabe verbunden sein sollte, die "Diakonie Deutschland" gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie Mitarbeit in Gremien zu vertreten. Die Repräsentation eines kirchlichen Arbeitgebers nach außen hin ist aber schon ein sachlich nachvollziehbarer Grund, die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche zur Einstellungsbedingung zu machen.
Ob die Klägerin überhaupt für die Stelle ausreichend qualifiziert war, ließ das LAG offen, denn aus seiner Sicht lag ohnehin keine Diskriminierung vor. So ganz selbstverständlich ist das aber nicht. Denn ob ein Sozialpädagogikstudium mit einem "abgeschlossenen Hochschulstudium der Rechtswissenschaften" vergleichbar ist, insbesondere wenn außerdem "fundierte Kenntnisse im Völkerrecht" verlangt werden, ist zweifelhaft.
Da das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen hat, werden wohl demnächst die Erfurter Richter das letzte Wort über den Fall sprechen.
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14 (LAG-Pressemeldung)
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Religion oder Weltanschauung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/262 Kirchen dürfen von Bewerbern keine Religionszugehörigkeit verlangen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/096 Konfession als Voraussetzung der Einstellung?
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/326 Kopftuch am Arbeitsplatz
- Arbeitsrecht aktuell: 14/011 Diskriminierung wegen der Religion bei der Diakonie
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/177 Unsachliche Motive für Ablehnung eines Bewerbers
- Arbeitsrecht aktuell: 08/028 Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig abgefasste Urteil finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14
Hinweis: Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat Bundesarbeitsgericht (BAG) als Revisionsinstanz im März 2016 das Verfahren ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof um Klärung der Frage gebeten, ob die nach deutschem Recht (bisher) anerkannten Sonderrechte kirchlicher Arbeitgeber bei der Festlegung der Konfession als Stellenanforderung mit dem Europarecht vereinbar sind. In einem Grundsatzurteil vom April 2018 hat der EuGH die Fragen des BAG beantwortet und dabei die rechtlichen Spielräume kirchlicher Arbeitgeber beschränkt. Informationen zu diesen Entscheidungen, die in diesem Streitfall ergangen sind, finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.03.2016, 8 AZR 501/14 (A)
- Arbeitsrecht aktuell: 16/094 Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche bei der Bewerbung
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17.04.2018, C-414/16 (Egenberger)
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Arbeitsrecht aktuell: 18/096 Konfession als Voraussetzung der Einstellung?
Letzte Überarbeitung: 28. Oktober 2018
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