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BAG, Be­schluss vom 17.03.2016, 8 AZR 501/14 (A)

   
Schlagworte: Religion, Bewerbung, Diskriminierung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 AZR 501/14 (A)
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 17.03.2016
   
Leitsätze:

Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV die folgenden Fragen vor:

1. Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, wie der Beklagte des vorliegenden Falles, - bzw. die Kirche für ihn - verbindlich selbst bestimmen kann, ob eine bestimmte Religion eines Bewerbers nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts seines/ihres Ethos darstellt?

2. Sofern die erste Frage verneint wird:
Muss eine Bestimmung des nationalen Rechts - wie hier § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG -, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten Einrichtungen auch zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses dieser Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungs-recht eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, in einem Rechtsstreit wie hier unangewendet bleiben?

3. Sofern die erste Frage verneint wird, zudem:
Welche Anforderungen sind an die Art der Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zu stellen?

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.5.2014, 4 Sa 157/14, 4 Sa 238/14 Nachgehend: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14.04.2018, C 414/16
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

8 AZR 501/14 (A)
4 Sa 157/14
4 Sa 238/14
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Ber­lin-Bran­den­burg

Verkündet am
17. März 2016

BESCHLUSS

Wirth, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und

Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­ter, Be­ru­fungskläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und

Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Ach­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 17. März 2016 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Schlewing, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt

 

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Dr. Win­ter, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Vo­gel­sang so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Ei­mer und von Schuck­mann be­schlos­sen:

I. Dem Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on wer­den gemäß Art. 267 AEUV die fol­gen­den Fra­gen vor­ge­legt:

1. Ist Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass ein Ar­beit­ge­ber, wie der Be­klag­te des vor­lie­gen­den Fal­les, - bzw. die Kir­che für ihn - ver­bind­lich selbst be­stim­men kann, ob ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on ei­nes Be­wer­bers nach der Art der Tätig­keit oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts sei­nes/ih­res Ethos dar­stellt?

2. So­fern die ers­te Fra­ge ver­neint wird:

Muss ei­ne Be­stim­mung des na­tio­na­len Rechts - wie hier § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG -, wo­nach ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on bei der Beschäfti­gung durch Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten und die ih­nen zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen auch zulässig ist, wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses die­ser Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft im Hin­blick auf ihr Selbst­be­stim­mungs­recht ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt, in ei­nem Rechts­streit wie hier un­an­ge­wen­det blei­ben?

3. So­fern die ers­te Fra­ge ver­neint wird, zu­dem:

Wel­che An­for­de­run­gen sind an die Art der Tätig­keit oder die Umstände ih­rer Ausübung als we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG zu stel­len?

II. Das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren wird bis zur Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on über das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen aus­ge­setzt.

 

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Gründe

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, an die Kläge­rin ei­ne Entschädi­gung we­gen ei­ner Be­nach­tei­li­gung aus Gründen der Re­li­gi­on zu zah­len. Der Be­klag­te (Evan­ge­li­sches Werk für Dia­ko­nie und Ent­wick­lung e.V./l'OEu­vre Évangéli­que de Di­a­co­nie et Déve­lop­pe­ment, im Fol-gen­den Evan­ge­li­sches Werk) ist ein „Hilfs­werk“ der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land (im Fol­gen­den EKD). Er ist ein ein­ge­tra­ge­ner, nach dem deut­schen Steu­er­recht als ge­meinnützig an­er­kann­ter Ver­ein, der aus­sch­ließlich und un­mit­tel­bar ge­meinnützi­ge, mildtäti­ge und kirch­li­che Zwe­cke ver­folgt (§ 2 sei­ner Ver­eins­sat­zung). Die kon­fes­si­ons­lo­se Kläge­rin hat sich bei dem Evan­ge­li­schen Werk oh­ne Er­folg auf ei­ne Stel­len­an­zei­ge be­wor­ben.

A. Recht­li­cher Rah­men 

I. Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG, auch un­ter Berück­sich­ti­gung von Art. 17 AEUV.

II. Vor­ga­ben des deut­schen Rechts 

1. Grund­ge­setz für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (im Fol­gen­den GG) und Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts

Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG lau­ten: 

„(1) Die Frei­heit des Glau­bens, des Ge­wis­sens und die Frei­heit des re­li­giösen und welt­an­schau­li­chen Be­kennt­nis­ses sind un­ver­letz­lich.

(2) Die un­gestörte Re­li­gi­ons­ausübung wird gewähr­leis­tet.“

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts schützt Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG auch die kor­po­ra­ti­ve Re­li­gi­ons­frei­heit. De­ren ele­men­ta­rer Be­stand­teil ist die For­mu­lie­rung der Ei­gen­art des kirch­li­chen Diens­tes - das kirch­li­che Pro­pri­um -. Al­lein den Kir­chen ob­liegt es, die­ses zu for­mu­lie­ren

 

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(vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 85, 113 f., BVerfGE 137, 273).

In Art. 140 GG heißt es: 

„Die Be­stim­mun­gen der Ar­ti­kel 136, 137, 138, 139 und 141 der deut­schen Ver­fas­sung vom 11. Au­gust 1919 sind Be­stand­teil die­ses Grund­ge­set­zes.“

Art. 137 Abs. 3 Satz 1 der deut­schen Ver­fas­sung vom 11. Au­gust 1919 9 (im Fol­gen­den WRV) lau­tet:

„Je­de Re­li­gi­ons­ge­sell­schaft ord­net und ver­wal­tet ih­re An­ge­le­gen­hei­ten selbständig in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes.“

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts sind Träger die­ses durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV ga­ran­tier­ten kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts („Pri­vi­leg der Selbst­be­stim­mung“) nicht nur die Kir­chen selbst als Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten/Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten ent­spre­chend ih­rer recht­li­chen Ver­fasst­heit, son­dern auch al­le ih­nen in be­stimm­ter Wei­se zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen, wenn und so­weit sie nach dem glau­bens­de­fi­nier­ten Selbst­verständ­nis der Kir­chen ih­rem Zweck oder ih­rer Auf­ga­be ent­spre­chend be­ru­fen sind, Auf­trag und Sen­dung der Kir­chen wahr­zu­neh­men und zu erfüllen (näher BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 91 ff., BVerfGE 137, 273).

Das hier be­klag­te Evan­ge­li­sche Werk ist ei­ne sol­che Ein­rich­tung. 1

Bei den kirch­lich ge­tra­ge­nen Ein­rich­tun­gen iSv. Art. 140 GG iVm. Art. 137 WRV um­fasst das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht al­le Maßnah­men, die in Ver­fol­gung der vom kirch­li­chen Grund­auf­trag her be­stimm­ten dia­ko­ni­schen und ca­ri­ta­ti­ven Auf­ga­ben zu tref­fen sind, zB Vor­ga­ben struk­tu­rel­ler Art, die Per­so­nal­aus­wahl und die mit die­sen Ent­schei­dun­gen un­trenn­bar ver­bun­de­ne Vor­sor­ge zur Si­cher­stel­lung der „re­li­giösen Di­men­si­on“ des Wir­kens im Sin­ne kirch­li­chen Selbst­verständ­nis­ses (vgl. BVerfG 4. Ju­ni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 70,

 

- 5 - 

138; 17. Fe­bru­ar 1981 - 2 BvR 384/78 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 57, 220; vgl. auch BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 95, BVerfGE 137, 273).

Be­die­nen sich die Kir­chen oder ih­re Ein­rich­tun­gen der Pri­vat­au­to­no­mie zur Be­gründung von Ar­beits­verhält­nis­sen, so fin­det auf die­se Ar­beits­verhält­nis­se als Fol­ge der Rechts­wahl zwar das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. Die Ein­be­zie­hung der kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se - ein­sch­ließlich der Ar­beits­verhält­nis­se ua. bei den kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen - in das staat­li­che Ar­beits­recht hebt die Zu­gehörig­keit die­ser Ar­beits­verhält­nis­se zu den „ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten“ der Kir­che al­ler­dings nicht auf (BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 110, BVerfGE 137, 273; 4. Ju­ni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Kir­chen können des­halb der Ge­stal­tung des kirch­li­chen Diens­tes auch dann, wenn sie ihn auf der Grund­la­ge von Ar­beits­verträgen re­geln, das be­son­de­re Leit­bild ei­ner christ­li­chen Dienst­ge­mein­schaft al­ler ih­rer Mit­ar­bei­ter zu­grun­de le­gen (BVerfG 4. Ju­ni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - aaO).

Bei ar­beits­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten in kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­sen ha­ben die staat­li­chen Ge­rich­te die Vor­ga­ben der ver­fass­ten Kir­che, ins­be­son­de­re das glau­bens­de­fi­nier­te Selbst­verständ­nis der Kir­che (das bei­spiels­wei­se in ei­ner „Grund­ord­nung“ nie­der­ge­legt sein kann) und die Ei­gen­art des kirch­li­chen Diens­tes als Maßstab zu be­ach­ten. Sie ha­ben die­se ih­ren Wer­tun­gen und Ent­schei­dun­gen zu­grun­de zu le­gen, so­lan­ge sie nicht in Wi­der­spruch zu grund­le­gen­den ver­fas­sungs­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen ste­hen (vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 118, BVerfGE 137, 273). Sind Ar­beit­neh­mer­schutz­ge­set­ze - zB das Kündi­gungs­schutz­ge­setz - an­zu­wen­den, sind die­se im Lich­te der ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tent­schei­dung zu­guns­ten der kirch­li­chen Selbst­be­stim­mung aus­zu­le­gen. Das be­deu­tet nicht nur, dass Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten Ge­stal­tungs­spielräume, die das dis­po­si­ti­ve Recht eröff­net, voll ausschöpfen dürfen. Auch bei der Hand­ha­bung zwin­gen­der Vor­schrif­ten sind Aus­le­gungs­spielräume, so­weit er­for­der­lich, zu­guns­ten der Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten zu nut­zen, wo­bei dem Selbst­verständ­nis der Kir­chen ein be­son­de­res

 

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Ge­wicht zu­zu­mes­sen ist (vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 110, aaO; 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - zu C I 2 d der Gründe, BVerfGE 53, 366).

Darüber hin­aus sind die staat­li­chen Ge­rich­te bei kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­sen - an­ders als dies bei welt­li­chen Ar­beits­verhält­nis­sen der Fall ist - zum Teil in ih­rer Kon­trol­le ein­ge­schränkt und ha­ben die Dar­le­gun­gen des kirch­li­chen Ar­beit­ge­bers nur auf ih­re Plau­si­bi­lität hin zu über­prüfen. So­weit dies der Fall ist, ha­ben sie in Zwei­felsfällen die ein­schlägi­gen Maßstäbe der ver­fass­ten Kir­che durch Rück­fra­gen bei den zuständi­gen Kir­chen­behörden oder, falls dies er­geb­nis­los bleibt, durch ein kir­chen­recht­li­ches oder theo­lo­gi­sches Sach­verständi­gen­gut­ach­ten auf­zuklären (BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 116, BVerfGE 137, 273). Dies folgt aus der Pflicht zur welt­an­schau­li­chen Neu­tra­lität, die es dem Staat auch ver­wehrt, Glau­ben und Leh­re ei­ner Kir­che oder Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft als sol­che zu be­wer­ten. Die in­di­vi­du­el­le und kor­po­ra­ti­ve Frei­heit, das ei­ge­ne Ver­hal­ten an den Leh­ren des Glau­bens aus­zu­rich­ten und in­ne­rer Glau­bensüber­zeu­gung gemäß zu han­deln, würde ent­leert, wenn der Staat bei ho­heit­li­chen Maßnah­men un­ein­ge­schränkt sei­ne ei­ge­ne Wer­tung zu In­halt und Be­deu­tung ei­nes Glau­bens­sat­zes an die Stel­le der­je­ni­gen der ver­fass­ten Kir­che set­zen und sei­ne Ent­schei­dun­gen auf die­ser Grund­la­ge tref­fen könn­te (BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 88, aaO). Des­halb kommt es auch nicht dar­auf an, ob die je­wei­li­gen Ar­beits­verhält­nis­se „verkündi­gungs­na­he“ oder „verkündi­gungs­fer­ne“ Tätig­kei­ten be­tref­fen. Auch in­so­weit ha­ben die staat­li­chen Ge­rich­te die Ent­schei­dung der Kir­che darüber, was Teil ih­res Be­kennt­nis­ses ist, ob ei­ne sol­che Dif­fe­ren­zie­rung ih­rem Be­kennt­nis ent­spricht und sich auf die Dienst­ge­mein­schaft aus­wirkt, ih­rer Be­wer­tung zu­grun­de zu le­gen und nicht zu über­prüfen, ob und in­wie­weit die­se Dif­fe­ren­zie­rung ge­recht­fer­tigt ist (vgl. BVerfG 4. Ju­ni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138).

In wel­chem Um­fang die staat­li­chen Ge­rich­te die Ent­schei­dun­gen der Kir­che oder ih­rer Ein­rich­tun­gen über­prüfen können, wur­de vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt bis­lang al­ler­dings noch nicht für den - hier vor­lie­gen­den - Fall ei-

 

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ner auf ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung im Stel­len­be­set­zungs-/Be­wer­bungs­ver­fah­ren gestütz­ten Kla­ge auf Entschädi­gung ent­schie­den. Die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts er­ging aus­sch­ließlich zu Kündi­gungs­schutz­pro­zes­sen, in de­nen sich kirch­li­che Ar­beit­neh­mer ge­gen ei­ne Kündi­gung zur Wehr ge­setzt ha­ben, die der kirch­li­che Ar­beit­ge­ber auf ei­nen Ver­s­toß des Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­ne Loya­litätsob­lie­gen­heit gestützt hat­te. Für den Kündi­gungs­schutz­pro­zess hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in­so­weit ei­ne zwei­stu­fi­ge Kon­trol­le ent­wi­ckelt (vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 81, BVerfGE 137, 273): Da­nach ha­ben die staat­li­chen Ge­rich­te auf ei­ner ers­ten Prüfungs­stu­fe im Rah­men ei­ner Plau­si­bi­litätskon­trol­le auf der Grund­la­ge des glau­bens­de­fi­nier­ten Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Kir­che zu über­prüfen, ob ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on oder Ein­rich­tung an der Ver­wirk­li­chung des kirch­li­chen Grund­auf­trags teil­hat, ob ei­ne be­stimm­te Loya­litätsob­lie­gen­heit Aus­druck ei­nes kirch­li­chen Glau­bens­sat­zes ist und wel­ches Ge­wicht die­ser Loya­litätsob­lie­gen­heit und ei­nem Ver­s­toß hier­ge­gen nach dem kirch­li­chen Selbst­verständ­nis zu­kommt. Auf ei­ner zwei­ten Prüfungs­stu­fe ist so­dann ei­ne Ge­samt­abwägung vor­zu­neh­men, in die ne­ben kirch­li­chen Be­lan­gen auch die Grund­rech­te der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ein­fließen, wo­bei dem Selbst­verständ­nis der Kir­che ein be­son­de­res Ge­wicht bei­zu­mes­sen ist. Aus Sicht des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ste­hen die­se Maßstäbe im Ein­klang mit der Eu­ropäischen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on und der hier­zu er­gan­ge­nen Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te (vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2014 - 2 BvR 661/12 - Rn. 127 ff., aaO). Für den - hier vor­lie­gen­den - Fall ei­ner auf ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung im Stel­len­be­set­zungs-/Be­wer­bungs­ver­fah­ren gestütz­ten Kla­ge auf Entschädi­gung wirkt sich die Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nach Auf­fas­sung des vor­le­gen­den Se­nats da­hin aus, dass der kirch­lich vor­ge­ge­be­ne Maßstab, der bei­spiels­wei­se in ei­ner „Grund­ord­nung“ nie­der­ge­legt sein kann, selbst nicht zu über­prüfen, son­dern oh­ne Wei­te­res zu­grun­de zu le­gen ist, so­fern der kirch­li­che Ar­beit­ge­ber nur plau­si­bel da­zu vor­ge­tra­gen hat, dass die Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zung ei­ner be­stimm­ten Re­li­gi­on Aus­druck des glau­bens­de­fi­nier­ten kirch­li­chen Selbst­verständ­nis­ses ist.

 

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2. Das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (im Fol­gen­den AGG) 

Die Richt­li­ni­en zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung und der An­ti­dis­kri­mi­nie­rung - dar­un­ter die Richt­li­nie 2000/78/EG - wur­den im deut­schen Recht mit dem AGG vom 14. Au­gust 2006 (BGBl. I S. 1897) um­ge­setzt.

§ 1 AGG lau­tet: 

„Ziel des Ge­set­zes ist, Be­nach­tei­li­gun­gen aus Gründen der Ras­se oder we­gen der eth­ni­schen Her­kunft, des Ge­schlechts, der Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung, ei­ner Be­hin­de­rung, des Al­ters oder der se­xu­el­len Iden­tität zu ver­hin­dern oder zu be­sei­ti­gen.“

In § 7 Abs. 1 AGG heißt es: 

„Beschäftig­te dürfen nicht we­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des be­nach­tei­ligt wer­den; dies gilt auch, wenn die Per­son, die die Be­nach­tei­li­gung be­geht, das Vor­lie­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des bei der Be­nach­tei­li­gung nur an­nimmt.“

Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber für ein Beschäfti­gungs­verhält­nis sind nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG „Beschäftig­te“ iSd. § 7 Abs. 1 AGG.

§ 8 AGG re­gelt, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des gleich­wohl we­gen be­ruf­li­cher An­for­de­run­gen zulässig ist.

In § 9 AGG ist un­ter der Über­schrift „Zulässi­ge un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung“ be­stimmt:

„(1) Un­ge­ach­tet des § 8 ist ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on oder der Welt­an­schau­ung bei der Beschäfti­gung durch Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, die ih­nen zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen oh­ne Rück­sicht auf ih­re Rechts­form oder durch Ver­ei­ni­gun­gen, die sich die ge­mein­schaft­li­che Pfle­ge ei­ner Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung zur Auf­ga­be ma­chen, auch zulässig, wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft oder Ver­ei­ni­gung im Hin­blick auf ihr Selbst­be­stim­mungs­recht oder nach der Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht-

 

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fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt.

(2) ...“

Nach der Ge­set­zes­be­gründung ist die­se Vor­schrift dar­auf ge­rich­tet, Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG um­zu­set­zen. Da­bei woll­te der Ge­setz­ge­ber von der Möglich­keit Ge­brauch ma­chen, „be­reits gel­ten­de Rechts­vor­schrif­ten und Ge­pflo­gen­hei­ten bei­zu­be­hal­ten, wo­nach ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung kei­ne Be­nach­tei­li­gung dar­stellt, wenn die Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung ei­ner Per­son nach der Art der Tätig­keit oder der Umstände ih­rer Ausübung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on ei­ne we­sent­li­che und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt“. In die­sem Zu­sam­men­hang hat sich der Ge­setz­ge­ber aus­drück­lich auf die oben (Rn. 10 bis 16) dar­ge­stell­te Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zu Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV be­ru­fen, wo­nach Kir­chen und ih­re Ein­rich­tun­gen - oh­ne Rück­sicht auf ih­re Rechts­form - das Recht ha­ben, über Ord­nung und Ver­wal­tung ih­rer An­ge­le­gen­hei­ten zu ent­schei­den. Von die­sem Recht sei grundsätz­lich auch die Be­rech­ti­gung um­fasst, „die Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung als be­ruf­li­che An­for­de­rung für die bei ih­nen Beschäftig­ten zu be­stim­men“. Vor dem Hin­ter­grund von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG so­wie dem Erwägungs­grund 24 die­ser Richt­li­nie er­lau­be es § 9 Abs. 1 AGG den „Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten und den übri­gen dort ge­nann­ten Ver­ei­ni­gun­gen, bei der Beschäfti­gung we­gen der Re­li­gi­on oder der Welt­an­schau­ung zu dif­fe­ren­zie­ren, wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung im Hin­blick auf ihr Selbst­be­stim­mungs­recht oder nach der Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt“ (Bun­des­tags-Druck­sa­che 16/1780 S. 35).

Beschäftig­te, al­so auch Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber, die ei­ner ver­bo­te­nen Be­nach­tei­li­gung aus­ge­setzt sind, können Er­satz ih­res ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Scha­dens ver­lan­gen:

„§ 15 Entschädi­gung und Scha­dens­er­satz

(1) Bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot ist der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, den hier­durch ent­stan­de­nen Scha­den zu er­set­zen. Dies gilt nicht, wenn der Ar­beit­ge­ber die Pflicht­ver­let­zung nicht zu

 

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ver­tre­ten hat.

(2) We­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den ist, kann der oder die Beschäftig­te ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld ver­lan­gen. Die Entschädi­gung darf bei ei­ner Nicht­ein­stel­lung drei Mo­nats­gehälter nicht über­stei­gen, wenn der oder die Beschäftig­te auch bei be­nach­tei­li­gungs­frei­er Aus­wahl nicht ein­ge­stellt wor­den wäre.

...“

B. Kir­chen­recht der EKD und des­sen An­wen­dung auf das Evan­ge­li­sche Werk

Die Grund­ord­nung der EKD vom 13. Ju­li 1948 (ABl. EKD S. 233; zu­letzt geändert durch Kir­chen­ge­setz vom 12. No­vem­ber 2013, ABl. EKD S. 446) stellt die Grund­la­ge des selbst ge­setz­ten Kir­chen­rechts der EKD dar.

In der Richt­li­nie des Ra­tes der EKD (nach Art. 9 Buchst. b Grund­ord­nung) über die An­for­de­run­gen der pri­vat­recht­li­chen be­ruf­li­chen Mit­ar­beit in der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land und des Dia­ko­ni­schen Wer­kes vom 1. Ju­li 2005 (im Fol­gen­den Richt­li­nie Mit­ar­beit EKD) heißt es ua.:

„§ 2 Grund­la­gen des kirch­li­chen Diens­tes

1. Der Dienst der Kir­che ist durch den Auf­trag be­stimmt, das Evan­ge­li­um in Wort und Tat zu be­zeu­gen. Al­le Frau­en und Männer, die in An­stel­lungs­verhält­nis­sen in Kir­che und Dia­ko­nie tätig sind, tra­gen in un­ter­schied­li­cher Wei­se da­zu bei, dass die­ser Auf­trag erfüllt wer­den kann. Die­ser Auf­trag ist die Grund­la­ge der Rech­te und Pflich­ten von An­stel­lungs­trägern so­wie Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern.

...

§ 3 Be­ruf­li­che An­for­de­rung bei der Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses

1. Die be­ruf­li­che Mit­ar­beit in der Evan­ge­li­schen Kir­che und ih­rer Dia­ko­nie setzt grundsätz­lich die Zu­gehörig­keit zu ei­ner Glied­kir­che der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land oder ei­ner Kir­che vor­aus, mit der die Evan­ge­li­sche Kir­che in Deutsch­land in Kir­chen­ge­mein­schaft ver­bun­den ist.

2. Für Auf­ga­ben, die nicht der Verkündi­gung, Seel­sor­ge, Un­ter­wei­sung oder Lei­tung zu­zu­ord­nen sind, kann von

 

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Ab­satz 1 ab­ge­wi­chen wer­den, wenn an­de­re ge­eig­ne­te Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter nicht zu ge­win­nen sind. In die­sem Fall können auch Per­so­nen ein­ge­stellt wer­den, die ei­ner an­de­ren Mit­glieds­kir­che der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen in Deutsch­land oder der Ver­ei­ni­gung Evan­ge­li­scher Frei­kir­chen an­gehören sol­len. Die Ein­stel­lung von Per­so­nen, die die Vor­aus­set­zun­gen des Ab­sat­zes 1 nicht erfüllen, muss im Ein­zel­fall un­ter Be­ach­tung der Größe der Dienst­stel­le oder Ein­rich­tung und ih­rer sons­ti­gen Mit­ar­bei­ter­schaft so­wie der wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben und des je­wei­li­gen Um­fel­des ge­prüft wer­den. § 2 Ab­satz 1 Satz 2 bleibt un­berührt.“

In der Dienst­ver­trags­ord­nung der EKD vom 25. Au­gust 2008 (im Fol­gen­den Dienst­ver­trags­ord­nung der EKD), wel­che die all­ge­mei­nen Ar­beits­be­din­gun­gen der pri­vat­recht­lich beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter der EKD, der Haupt­geschäfts­stel­le des Dia­ko­ni­schen Wer­kes und wei­te­rer Wer­ke und Ein­rich­tun­gen re­gelt, heißt es ua.:

„§ 2 Kirch­lich-dia­ko­ni­scher Auf­trag

Kirch­li­cher Dienst ist durch den Auf­trag be­stimmt, das Evan­ge­li­um Je­su Chris­ti in Wort und Tat zu verkünden. Der dia­ko­ni­sche Dienst ist Le­bens- und We­sensäußerung der evan­ge­li­schen Kir­che.

...

§ 4 All­ge­mei­ne Pflich­ten

Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter tra­gen nach ih­ren Ga­ben, Auf­ga­ben und Ver­ant­wor­tungs­be­rei­chen zur Erfüllung ih­res kirch­li­chen und dia­ko­ni­schen Auf­trags bei. Ihr ge­sam­tes Ver­hal­ten im Dienst und außer­halb des Diens­tes muss der Ver­ant­wor­tung ent­spre­chen, die sie als Mit­ar­bei­te­rin oder Mit­ar­bei­ter im Dienst der Kir­che über­nom­men ha­ben.“

Für das Evan­ge­li­sche Werk gilt so­wohl die Richt­li­nie Mit­ar­beit EKD als auch die Dienst­ver­trags­ord­nung der EKD.

C. Das Aus­gangs­ver­fah­ren

Im No­vem­ber 2012 schrieb das Evan­ge­li­sche Werk ei­ne be­fris­te­te Re­fe­ren­ten­stel­le für das Pro­jekt „Par­al­lel­be­richt­er­stat­tung zur UN-An­ti-

 

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ras­sis­mus­kon­ven­ti­on“ aus. In der Stel­len­an­zei­ge/Stel­len­aus­schrei­bung heißt es ua.:

„Das Auf­ga­ben­ge­biet um­fasst:
- Be­glei­tung des Pro­zes­ses zur Staa­ten­be­richt­er­stat­tung 2012 - 2014
- Er­ar­bei­tung des Par­al­lel­be­richts zum deut­schen Staa­ten­be­richt so­wie von Stel­lung­nah­men und Fach­beiträgen
- Pro­jekt­be­zo­ge­ne Ver­tre­tung der Dia­ko­nie Deutsch­land ge­genüber der Po­li­tik, der Öffent­lich­keit und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen so­wie Mit­ar­beit in Gre­mi­en
- In­for­ma­ti­on und Ko­or­di­na­ti­on des Mei­nungs­bil­dungs­pro­zes­ses im Ver­bands­be­reich
- Or­ga­ni­sa­ti­on, Ver­wal­tung und Sach­be­richt­er­stat­tung zum Ar­beits­be­reich

Sie erfüllen fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen:
...

Wir freu­en uns über Be­wer­bun­gen von Men­schen un­ge­ach­tet ih­rer Her­kunft oder Haut­far­be, des Ge­schlechts, ei­ner Be­hin­de­rung, des Al­ters oder ih­rer se­xu­el­len Iden­tität.

Die Mit­glied­schaft in ei­ner evan­ge­li­schen oder der ACK an­gehören­den Kir­che und die Iden­ti­fi­ka­ti­on mit dem dia­ko­ni­schen Auf­trag set­zen wir vor­aus. Bit­te ge­ben Sie Ih­re Kon­fes­si­on im Le­bens­lauf an.“

Die kon­fes­si­ons­lo­se Kläge­rin, de­ren Be­wer­bung nach ei­ner ers­ten Be­wer­bungs­sich­tung des Evan­ge­li­sches Wer­kes noch im Aus­wahl­ver­fah­ren ver­blie­ben war, wur­de letzt­lich nicht zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den. Ein­ge­stellt wur­de ein Be­wer­ber deutsch-gha­nai­scher Her­kunft, der ein po­li­tik­wis­sen­schaft­li­ches Uni­ver­sitäts­stu­di­um mit eng­lisch­spra­chi­ger Di­plom­ar­beit ab­sol­viert hat­te und der an ei­ner Pro­mo­ti­on ar­bei­te­te. Zu sei­ner Kon­fes­si­ons­zu­gehörig­keit hat­te er an­ge­ge­ben, ein „in der Ber­li­ner Lan­des­kir­che so­zia­li­sier­ter evan­ge­li­scher Christ“ zu sein.

Die Kläge­rin be­an­sprucht mit ih­rer Kla­ge ei­ne Entschädi­gung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. min­des­tens 9.788,65 Eu­ro. Sie ist der Auf­fas­sung, sie ha­be

 

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die Stel­le we­gen ih­rer Kon­fes­si­ons­lo­sig­keit nicht er­hal­ten. Die durch die Stel­len­an­zei­ge er­sicht­li­che Berück­sich­ti­gung der Re­li­gi­on im Be­wer­bungs-ver­fah­ren sei - je­den­falls bei uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung - nicht mit dem Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot des AGG ver­ein­bar; § 9 Abs. 1 AGG könne die­se Be­nach­tei­li­gung nicht recht­fer­ti­gen. Zu­dem wir­ke sich aus, dass das be­klag­te Evan­ge­li­sche Werk nicht durchgängig für al­le aus­ge­schrie­be­nen Stel­len auf die Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit ab­stel­le und dass die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ua. durch pro­jekt­be­zo­ge­ne Förder­mit­tel nicht-kirch­li­cher Drit­ter fi­nan­ziert wer­de.

Das Evan­ge­li­sche Werk trägt vor, ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on sei in die­sem Fall nach § 9 Abs. 1 AGG ge­recht­fer­tigt. Nach den Re­ge­lun­gen der Richt­li­nie Mit­ar­beit EKD und der Dienst­ver­trags­ord­nung der EKD sei die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für die Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses. Das Recht, ei­ne sol­che An­for­de­rung zu stel­len, gehöre zum ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­recht und sei Aus­fluss von Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV. Dies sei, ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf Art. 17 AEUV, mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar. Wei­ter stel­le die Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses des Evan­ge­li­schen Wer­kes nach der Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar.

Das Ar­beits­ge­richt Ber­lin hat der Kla­ge teil­wei­se statt­ge­ge­ben. Es hat ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin be­jaht, je­doch die Höhe der Entschädi­gung auf 1.957,73 Eu­ro be­grenzt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ihr Be­geh­ren nach Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung wei­ter. Das Evan­ge­li­sche Werk be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.

D. Er­for­der­lich­keit der Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs und Erörte­rung der Vor­la­ge­fra­gen

I. Zur Er­for­der­lich­keit der Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs 

 

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1. Das Evan­ge­li­sche Werk ist ei­ne der EKD „zu­ge­ord­ne­te Ein­rich­tung“ iSv. § 9 Abs. 1 AGG. Nach Auf­fas­sung des vor­le­gen­den Se­nats ist ein Ver­ein wie das Evan­ge­li­sche Werk auch iSv. Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG als „pri­va­te Or­ga­ni­sa­ti­on“ an­zu­se­hen, de­ren Ethos auf re­li­giösen Grundsätzen oder Welt­an­schau­un­gen be­ruht.

2. Kla­gen auf Entschädi­gung nach § 15 Abs. 2 AGG - wie die der Kläge­rin - ha­ben die Be­son­der­heit, dass ein Entschädi­gungs­an­spruch nach die­ser Be­stim­mung auch dann be­ste­hen kann, „wenn der oder die Beschäftig­te auch bei be­nach­tei­li­gungs­frei­er Aus­wahl nicht ein­ge­stellt wor­den wäre“. Da­nach ist es für den Entschädi­gungs­an­spruch oh­ne Be­deu­tung, wenn ein/e Be­wer­ber/in we­gen der bes­se­ren Qua­li­fi­ka­ti­on an­de­rer Be­wer­ber/in­nen auch bei be­nach­tei­li­gungs­frei­er Aus­wahl die zu be­set­zen­de Stel­le nicht er­hal­ten hätte. Auch meh­re­re Be­wer­ber/in­nen können für das­sel­be Be­wer­bungs­ver­fah­ren ei­ne Entschädi­gung gel­tend ma­chen, § 61b Abs. 2 Ar­beits­ge­richts­ge­setz.

3. Nicht sel­ten - was auch das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren be­legt - wer­den Kla­gen nach § 15 Abs. 2 AGG ua. auf For­mu­lie­run­gen in Stel­len­aus­schrei­bun­gen gestützt, die grundsätz­lich ge­eig­net wären, das Vor­lie­gen ei­ner Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des, hier: der Re­li­gi­on, ver­mu­ten zu las­sen. Im Aus­gangs­fall hat das be­klag­te Evan­ge­li­sche Werk zwar nicht gel­tend ge­macht hat, dass die Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit im ei­gent­li­chen Aus­wahl­ver­fah­ren kei­ne Rol­le ge­spielt hat. Es hat sich aber aus­drück­lich auf ei­ne ge­recht­fer­tig­te un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on be­ru­fen und dafür auf die Vor­ga­ben des Kir­chen­rechts der EKD (oben Rn. 26 bis 30), die Vor­ga­ben des GG und die oben dar­ge­stell­te Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ver­wie­sen (oben Rn. 5 bis 16).

4. Die Ent­schei­dung des Rechts­streits hängt dem­nach da­von ab, ob die vom Evan­ge­li­schen Werk vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach der Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit zulässig iSv. § 9 Abs. 1 AGG ist.

Da § 9 Abs. 1 AGG uni­ons­rechts­kon­form aus­zu­le­gen ist, kommt es für die Ent­schei­dung des Rechts­streits auf die - bis­her nicht er­folg­te - Aus­le­gung

 

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von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG an, wo­nach ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung ei­ner Per­son - hier der Kläge­rin - kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt, wenn die Re­li­gi­on oder die Welt­an­schau­ung die­ser Per­son nach der Art die­ser Tätig­kei­ten oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on dar­stellt. Zu­dem muss ei­ne sol­che Un­gleich­be­hand­lung die ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen und Grundsätze der Mit­glied­staa­ten so­wie die all­ge­mei­nen Grundsätze des Ge­mein­schafts-/ Uni­ons­rechts - und da­mit wohl auch Art. 17 AEUV - be­ach­ten.

II. Erörte­rung der ers­ten Vor­la­ge­fra­ge 

1. § 9 Abs. 1 AGG er­laubt nach sei­nem Wort­laut ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on „... wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on ... un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft ... im Hin­blick auf ihr Selbst­be­stim­mungs­recht ... ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt“ (Al­ter­na­ti­ve 1) „oder“ „... wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on ... un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft ... nach der Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt“ (Al­ter­na­ti­ve 2).

So­weit es um die An­wen­dung von § 9 Abs. 1 Al­ter­na­ti­ve 1 AGG geht, spricht viel dafür, dass da­nach ein Ar­beit­ge­ber wie das Evan­ge­li­sche Werk - bzw. die Kir­che für ihn - auf­grund des kirch­li­chen Pri­vi­legs der Selbst­be­stim­mung ver­bind­lich selbst be­stim­men kann, ob ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit ei­nes Be­wer­bers - un­ge­ach­tet der Art der Tätig­keit - ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt. Nach dem aus­drück­li­chen Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll­te Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG in der Wei­se um­ge­setzt wer­den, dass die be­reits gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten und Ge­pflo­gen­hei­ten bei­be­hal­ten wer­den (oben Rn. 24); die­se Ent­schei­dung hat der Ge­setz­ge­ber ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die aus­drück­lich ge­nann­te Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zu Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV zum „Pri­vi­leg der Selbst­be­stim­mung“ (oben Rn. 10 bis 16) ge­trof­fen. Dies hätte zur Fol­ge, dass sich die ge­richt­li­che Kon­trol­le auf ei­ne Plau­si­bi­litätskon­trol­le auf der

 

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Grund­la­ge des glau­bens­de­fi­nier­ten Selbst­verständ­nis­ses zu be­schränken hätte (oben Rn. 15 f.). Da­nach wäre in dem Fall, dass das kirch­li­che Selbst­verständ­nis selbst zwi­schen „verkündi­gungs­na­her“ und „verkündi­gungs­fer­ner“ Tätig­keit un­ter­schei­det, nicht zu über­prüfen, ob und in­wie­weit die­se Dif­fe­ren­zie­rung ge­recht­fer­tigt ist. Auch wenn ein kirch­li­ches Selbst­verständ­nis be­inhal­ten würde, dass sämt­li­che Ar­beitsplätze un­abhängig von ih­rer Art nach der Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit be­setzt wer­den, wäre dies oh­ne wei­ter­ge­hen­de ge­richt­li­che Kon­trol­le hin­zu­neh­men.

Da­nach dürf­te die Kla­ge ab­zu­wei­sen sein. Denn nach dem Kir­chen­recht der EKD - ins­be­son­de­re nach § 3 Abs. 1 der Richt­li­nie Mit­ar­beit EKD - ist die Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit grundsätz­lich un­ge­ach­tet der Art der Tätig­keit ei­ne be­ruf­li­che An­for­de­rung bei der Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses. § 3 Abs. 2 der Richt­li­nie Mit­ar­beit EKD ermöglicht zwar für be­stimm­te Si­tua­tio­nen ei­ne Ab­wei­chung, stellt aber die­sen Grund­satz nicht in­fra­ge.

2. Un­geklärt ist je­doch, ob ein sol­ches Verständ­nis von § 9 Abs. 1 AGG dem Ge­bot uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung ge­recht wer­den würde.

a) We­der dem Wort­laut von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG noch de­ren Erwägungs­gründen lässt sich oh­ne Wei­te­res ent­neh­men, dass ein Ar­beit­ge­ber wie das Evan­ge­li­sche Werk - bzw. die Kir­che für ihn - we­gen des kirch­li­chen Pri­vi­legs der Selbst­be­stim­mung ver­bind­lich selbst be­stim­men kann, ob ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit ei­nes Be­wer­bers - un­ge­ach­tet der Art der Tätig­keit - ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt und die staat­li­chen Ge­rich­te dies­bezüglich le­dig­lich ei­ne Plau­si­bi­litätskon­trol­le vor­ne hmen dürfen. Zwar er­laubt Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG nach dem Wort­laut un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ei­ne auf die Re­li­gi­on be­zo­ge­ne Dif­fe­ren­zie­rung, wenn die­se „zum Zeit­punkt der An­nah­me die­ser Richt­li­nie be¬ste­hen­de ein­zel­staat­li­che Ge­pflo­gen­hei­ten“ wi­der­spie­gelt, was hier der Fall ist. Al­ler­dings setzt Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG wei­ter vor­aus, dass „die Re­li­gi­on ... die­ser Per­son nach der Art die­ser Tätig­kei­ten oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on dar­stellt“. Da­bei könnt

 

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ins­be­son­de­re der Satz­teil „we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung“ für ei­ne über ei­ne rei­ne Plau­si­bi­litätskon­trol­le hin­aus­ge­hen­de Prüfungs­kom­pe­tenz und -ver­pflich­tung der staat­li­chen Ge­rich­te spre­chen. Da­nach könn­te ein er­heb­li­cher Un­ter­schied zwi­schen den in Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG und den in § 9 Abs. 1 AGG ent­hal­te­nen Vor­ga­ben hin­sicht­lich des ge­richt­li­chen Prüfungs­maßstabs und Prüfungs­um­fangs be­ste­hen.

b) Al­ler­dings wird in der deut­schen Rechts­dis­kus­si­on teil­wei­se ver­tre­ten, ein sol­cher Un­ter­schied bestünde nicht, da Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG sei­ner­seits im Lich­te von Art. 17 AEUV (bzw. der Erklärung Nr. 11, die der Schluss­ak­te des Ver­trags von Ams­ter­dam bei­gefügt ist) primär-rechts­kon­form da­hin aus­zu­le­gen sei, dass das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht des Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV in sei­ner Aus­prägung durch die Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (oben Rn. 10 bis 16) vollständig ge­wahrt wer­de, mit­hin ein Ar­beit­ge­ber wie hier der Be­klag­te - bzw. die Kir­che für ihn - ver­bind­lich selbst be­stim­men könne, ob ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on ei­nes Be­wer­bers nach der Art der Tätig­keit oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts sei­nes/ih­res Ethos dar­stel­le. Die­se Aus­le­gung präge dann auch die Aus­le­gung von § 9 Abs. 1 AGG. Zur Be­gründung wird im We­sent­li­chen an­geführt, mit dem Er­lass der Richt­li­nie ha­be nicht das im deut­schen Ver­fas­sungs­verständ­nis ver­an­ker­te Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­che verändert wer­den sol­len; viel­mehr ha­be die­ses - wie es auch im Erwägungs­grund 24 der Richt­li­nie 2000/78/EG zum Aus­druck kom­me - un­an­ge­tas­tet blei­ben sol­len (zB vgl. KR-Fi­scher­mei­er 11. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 8; Fi­scher­mei­er ZMV-Son­der­heft Ta­gung 2009, 7, 10 f.; St­ein­mey­er FS Wank 2014 S. 587, 591; Scho­enau­er KuR 2012, 30, 35; Jous­sen NZA 2008, 675, 677 ff.; Thüsing/ Fink-Ja­mann/von Hoff ZfA 2009, 153, 178 ff.). Darüber hin­aus wird teil­wei­se ver­tre­ten, so­weit Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG ei­ne wei­ter­ge­hen­de Prüfungs­kom­pe­tenz staat­li­cher Ge­rich­te ent­hal­te, sei dies mit Art. 17 AEUV nicht ver­ein­bar und da­mit primärrechts­wid­rig (zB Schlie­mann FS Ri­char­di 2007 S. 959 ff.).

 

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3. Bei der er­for­der­li­chen uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung von § 9 Abs. 1 AGG hat der vor­le­gen­de Se­nat die Aus­le­gung von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG durch den Ge­richts­hof zu­grun­de zu le­gen. Erst nach Be­ant­wor­tung der ers­ten Vor­la­ge­fra­ge kann ent­schie­den wer­den, ob und in­wie­weit § 9 Abs. 1 AGG - un­ter Berück­sich­ti­gung des ge­sam­ten in­ner­staat­li­chen Rechts und un­ter An­wen­dung der da­nach an­er­kann­ten Aus­le­gungs­me­tho­den (vgl. ua. EuGH 19. April 2016 - C-441/14 - [Dansk In­dus­tri] Rn. 31 mwN) - so aus­ge­legt wer­den kann, dass die vol­le Wirk­sam­keit des Uni­ons­rechts gewähr­leis­tet wird oh­ne je­doch ei­ne Aus­le­gung con­tra le­gem zu er­for­dern. Da­bei schließt der Grund­satz der uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung im deut­schen Recht - wo dies nötig und möglich ist - das Ge­bot ei­ner richt­li­ni­en­kon­for­men Rechts­fort­bil­dung ein (vgl. ua. BAG 5. De­zem­ber 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 37, BA­GE 144, 85; BGH 28. Ok­to­ber 2015 - VIII ZR 158/11 - Rn. 37; 26. No­vem­ber 2008 - VIII ZR 200/05 - Rn. 21 mwN, BGHZ 179, 27). Ei­ne sol­che Rechts­fort­bil­dung kann in Be­tracht kom­men, wenn der Ge­setz­ge­ber mit der von ihm ge­schaf­fe­nen Re­ge­lung ei­ne Richt­li­nie um­set­zen woll­te, hier­bei aber de­ren In­halt miss­ver­stan­den hat (BGH 28. Ok­to­ber 2015 - VIII ZR 158/11 - aaO; vgl. 21. De­zem­ber 2011 - VIII ZR 70/08 - Rn. 32 f., BGHZ 192, 148).

III. Erörte­rung der zwei­ten Vor­la­ge­fra­ge 

1. Soll­te § 9 Abs. 1 AGG ei­ner uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung letzt­lich nicht zugäng­lich sein, was al­ler­dings erst auf der Grund­la­ge der Aus­le­gung von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG durch den Ge­richts­hof fest­ge­stellt wer­den kann, stellt sich die Fra­ge, ob § 9 Abs. 1 AGG - ge­ge­be­nen­falls (im Fol­gen­den ggf.) teil­wei­se - un­an­ge­wen­det zu las­sen ist.

2. Die­ser Fra­ge ist nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs im­mer dann nach­zu­ge­hen, wenn ein Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot der/m Ein­zel­nen ein sub­jek­ti­ves Recht ver­leiht, das sie/er als sol­ches gel­tend ma­chen kann und das die na­tio­na­len Ge­rich­te auch in Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen Pri­vat­per­so­nen ver­pflich­tet, von der An­wen­dung mit die­sem Ver­bot nicht im Ein­klang ste­hen­der na­tio­na­ler Vor­schrif­ten ab­zu­se­hen (ent­spre­chend zum Ver­bot der Dis­kri­mi­nie-

 

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rung we­gen des Al­ters: ua. EuGH 19. April 2016 - C-441/14 - [Dansk In­dus­tri] Rn. 36 mwN; 19. Ja­nu­ar 2010 - C-555/07 - [Kücükde­ve­ci] Rn. 51, Slg. 2010, I-365). Vor­lie­gend könn­te das hier ein­schlägi­ge, in Art. 21 Abs. 1 der Char­ta nie­der­ge­leg­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der Re­li­gi­on oder der Welt­an­schau­ung schon für sich al­lein der/m Ein­zel­nen ein sub­jek­ti­ves Recht ver­lei­hen, das sie/er als sol­ches gel­tend ma­chen kann (vgl. zur Ab­gren­zung EuGH 15. Ja­nu­ar 2014 - C-176/12 - [As­so­cia­ti­on de média­ti­on so­cia­le] Rn. 47). Die­ses Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot dürf­te grundsätz­lich auch ge­genüber ei­nem Pri­va­ten wie dem be­klag­ten Evan­ge­li­schen Werk gel­ten, der als Ver­ein ei­ne Körper­schaft des Pri­vat­rechts ist. Dafür spricht, dass das Schutz­ni­veau der Char­ta, wie sie vom Ge­richts­hof aus­ge­legt wird, so­wie der Vor­rang, die Ein­heit und die Wirk­sam­keit des Uni­ons­rechts nicht durch na­tio­na­le Schutz­stan­dards für die Grund­rech­te be­ein­träch­tigt wer­den dürfen (insb. EuGH 26. Fe­bru­ar 2013 - C-617/10 - [Åker­berg Frans­son] Rn. 29).

Nicht geklärt ist al­ler­dings, ob die Ver­pflich­tung, von der An­wen­dung mit dem in Art. 21 Abs. 1 der Char­ta nie­der­ge­leg­ten Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der Re­li­gi­on oder der Welt­an­schau­ung nicht im Ein­klang ste­hen­der na­tio­na­ler Vor­schrif­ten - hier des § 9 Abs. 1 (Al­ter­na­ti­ve 1) AGG - ab­zu­se­hen, auch dann gilt, wenn sich ein Ar­beit­ge­ber - wie hier das be­klag­te Evan­ge­li­sche Werk - zur Recht­fer­ti­gung ei­ner Be­nach­tei­li­gung we­gen der Re­li­gi­on nicht nur auf na­tio­na­le Schutz­stan­dards wie Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV in der Aus­prägung der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, son­dern auch auf Primärrecht der Uni­on, wie hier auf Art. 17 AEUV be­ruft.

3. Vor die­sem Hin­ter­grund spricht viel dafür, dass es auf die Fra­ge nach ei­ner even­tu­el­len Haf­tung des Staa­tes Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land für Schäden, die dem Ein­zel­nen durch die dem Staat zu­re­chen­ba­ren Verstöße ge­gen das Uni­ons­recht ent­ste­hen (vgl. ua. EuGH 10. Ju­li 2014 - C-244/13 - [Ogie­riakhi] Rn. 49; 5. März 1996 - C-46/93 und C-48/93 - [Bras­se­rie du pêcheur und Fac­tor­ta­me] Rn. 31, Slg. 1996, I-1029; 19. No­vem­ber 1991 - C-6/90 und C-9/90 - [Fran­co­vich ua.] Rn. 35, Slg. 1991, I-5357), nicht an­kom- 

 

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men wird; für ei­ne dies­bezügli­che Ent­schei­dung wäre der vor­le­gen­de Se­nat zu­dem nicht zuständig.

IV. Erörte­rung der drit­ten Vor­la­ge­fra­ge 

1. Für den Fall, dass die ers­te Vor­la­ge­fra­ge ver­neint wird oder dass dem vor­le­gen­den Se­nat ei­ne Aus­le­gung von § 9 Abs. 1 Al­ter­na­ti­ve 1 AGG im Sin­ne von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG auch dann möglich sein soll­te, wenn da­mit ei­ne über die Vor­ga­ben des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hin­aus­ge­hen­de ge­richt­li­che Über­prüfung des kirch­li­chen Ein­stel­lungs­kri­te­ri­ums der Re­li­gi­on ein­her­gin­ge, so­wie für den Fall der Nicht­an­wen­dung von § 9 Abs. 1 Al­ter­na­ti­ve 1 AGG stellt sich die Fra­ge, wel­che An­for­de­run­gen in ei­nem Fall wie hier an die Art der Tätig­keit oder die Umstände ih­rer Ausübung als we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG zu stel­len sind. Un­abhängig da­von stellt sich die Fra­ge vor­lie­gend auch des­halb, weil das vom be­klag­ten Evan­ge­li­schen Werk auf­ge­stell­te Ein­stel­lungs­kri­te­ri­um ei­ner be­stimm­ten Re­li­gi­on ggf. nach § 9 Abs. 1 Al­ter­na­ti­ve 2 AGG ge­recht­fer­tigt sein könn­te.

Zwar ist der Wort­laut der Al­ter­na­ti­ve 2 des § 9 Abs. 1 AGG („wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on ... un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft ... nach der Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt“) nicht gänz­lich de­ckungs­gleich mit dem Wort­laut von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG. So­weit es um die Al­ter­na­ti­ve 2 des § 9 Abs. 1 AGG geht, könn­te je­doch viel für die Möglich­keit uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung der Be­stim­mung durch den vor­le­gen­den Se­nat spre­chen. Dies er­gibt sich aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te von § 9 Abs. 1 AGG, wo­nach der Ge­set­zes­text in Übe­rein­stim­mung mit der Richt­li­nie klar­stellt, dass es sich in­so­weit bei der Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung „um ei­ne in Be­zug auf die Tätig­keit“ ge­recht­fer­tig­te An­for­de­rung han­deln muss (Bun­des­tags-Druck­sa­che 15/4538 S. 33).

 

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2. Bis­lang ist un­klar, nach wel­chen Kri­te­ri­en sich in ei­nem Fall wie hier kon­kret be­stimmt, ob die Art der Tätig­keit oder die Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on iSv. Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG dar­stel­len. Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs hier­zu ist bis­her nicht er­sicht­lich.

So­weit der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te - auch un­ter Be­zug­nah­me auf die Richt­li­nie 2000/78/EG, al­ler­dings im Hin­blick auf Loya­litätskon­flik­te im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis - ein­zel­ne Kri­te­ri­en ge­nannt hat, schei­nen die­se bis­her im We­sent­li­chen ein­zel­fall­be­zo­gen zu sein. Der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te hat in­so­weit je­weils auf die Na­tur der je­wei­li­gen Tätig­keit ab­ge­stellt. Kri­te­ri­en wa­ren da­bei ins­be­son­de­re die Art der vom Be­trof­fe­nen be­klei­de­ten Stel­le (EGMR 12. Ju­ni 2014 - 56030/07 - [Fernández Martínez] Rn. 131; 23. Sep­tem­ber 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 48 - 51; 23. Sep­tem­ber 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69) und die Nähe der be­tref­fen­den Tätig­keit zum Verkündi­gungs­auf­trag (EGMR 23. Sep­tem­ber 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69). Aber auch an­de­re Ge­sichts­punk­te wie die Glaubwürdig­keit der je­wei­li­gen Kir­che in der Öffent­lich­keit und ge­genüber dem Kli­en­tel ei­ner kirch­li­chen Ein­rich­tung (EGMR 3. Fe­bru­ar 2011 - 18136/02 - [Sie­ben­haar] Rn. 46), der Um­stand ei­ner her­aus­ra­gen­den Po­si­ti­on (EGMR 23. Sep­tem­ber 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 51) oder der Schutz der Rech­te an­de­rer (protéger un «droit d’au­trui»), bei­spiels­wei­se das In­ter­es­se ei­ner ka­tho­li­schen Uni­ver­sität, dass die dor­ti­ge Leh­re vom ka­tho­li­schen Glau­ben ge­prägt ist (EGMR 20. Ok­to­ber 2009 - 39128/05 - [Lom­bar­di Vallau­ri] Rn. 41), wur­den ge­nannt. Be­zo­gen auf Loya­litätskon­flik­te im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis war zu­dem je­weils ei­ne Abwägung der im Spiel be­find­li­chen kon­kur­rie­ren­den Rech­te und In­ter­es­sen vor­zu­neh­men (ua. EGMR 23. Sep­tem­ber 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69).

Ob und ggf. in­wie­weit der­ar­ti­ge Ge­sichts­punk­te im Rah­men von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG von Be­deu­tung sind, so­weit es - wie hier - nicht um Loya­litätskon­flik­te, son­dern um die Fra­ge nach ei­nem ggf. dis­kri­mi­nie-

 

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ren­den Ein­stel­lungs­kri­te­ri­um geht, ist bis­her nicht er­sicht­lich. Eben­so nicht geklärt ist, ob und ggf. in­wie­weit sich die in Art. 17 AEUV ent­hal­te­ne Be­stim­mung auf die Aus­le­gung von Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG aus­wirkt. Hier stellt sich ins­be­son­de­re die Fra­ge, ob Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG im Lich­te von Art. 17 AEUV da­hin aus­zu­le­gen ist, dass es aus­reicht, wenn sich das Ein­stel­lungs­kri­te­ri­um ei­ner be­stimm­ten Re­li­gi­on an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on nach der Art der Tätig­keit als ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt. Frag­lich ist zu­dem, ob es von Be­deu­tung sein kann, wenn die be­trof­fe­ne Stel­le nicht ei­gen­fi­nan­ziert, son­dern durch Drit­te oder den Staat fremd­fi­nan­ziert wird.

3. Bis­her ist auch nicht er­kenn­bar, in wel­chem Um­fang staat­li­che Ge­rich­te zu über­prüfen ha­ben, ob die Art der Tätig­keit oder - so­weit es dar­auf an­kom­men soll­te - die Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on iSv. Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG dar­stel­len. Hier stellt sich die Fra­ge, ob den staat­li­chen Ge­rich­ten ei­ne um­fas­sen­de Kon­trol­le, le­dig­lich ei­ne Plau­si­bi­litätskon­trol­le oder ei­ne rei­ne Miss­brauchs­kon­trol­le, zB da­hin ob­liegt, ob die Kir­chen und ih­re Ein­rich­tun­gen die selbst ge­setz­ten Maßstäbe auch kon­se­quent zur An­wen­dung brin­gen. Da­mit ver­bun­den ist die Fra­ge, wel­che Prüfungs­in­ten­sität über­haupt ge­eig­net ist, so­wohl das Recht der/des Ein­zel­nen si­cher­zu­stel­len, nicht we­gen der Re­li­gi­on be­nach­tei­ligt zu wer­den, als auch zu ga­ran­tie­ren, dass ei­ne Kon­trol­le der aus dem Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen ab­ge­lei­te­ten be­ruf­li­chen An­for­de­run­gen durch staat­li­che Ge­rich­te nicht letzt­lich auf ei­ne (un­zulässi­ge) ge­richt­li­che Kon­trol­le des Ethos der be­trof­fe­nen Kir­chen und Or­ga­ni­sa­tio­nen hin­ausläuft?

So­weit im Übri­gen der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te im Hin­blick auf Loya­litätskon­flik­te im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis - auch un­ter Be­zug­nah­me auf die Richt­li­nie 2000/78/EG - an­er­kennt, dass sich ei­ne be­son­de­re Art be­ruf­li­cher An­for­de­run­gen aus der Tat­sa­che er­ge­ben kann, dass sie von ei­nem Ar­beit­ge­ber fest­ge­legt wur­den, des­sen Ethos auf re­li­giösen Grundsätzen oder Welt­an­schau­un­gen be­ruht, scheint an der grundsätz­li­chen Über- 

 

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prüfbar­keit durch staat­li­che Ge­rich­te kein Zwei­fel zu be­ste­hen (vgl. EGMR 23. Sep­tem­ber 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 51; vgl. fer­ner 3. Fe­bru­ar 2011 - 18136/02 - [Sie­ben­haar] Rn. 46); die Prüfungs­in­ten­sität ist al­ler­dings auch hier nicht deut­lich er­kenn­bar.

Schlewing 

Win­ter 

Vo­gel­sang

Der eh­ren­amt­li­che Rich­ter Horst Ei­mer ist we­gen Ab­laufs der Amts­zeit an der Un­ter­schrifts­leis­tung ver­hin­dert. Schlewing 

v. Schuck­mann

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