HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 22.06.2011, 8 AZR 48/10

   
Schlagworte: Diskriminierung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 AZR 48/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.06.2011
   
Leitsätze: Die Aufforderung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, an einem Deutschkurs teilzunehmen, um arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse für eine zulässigerweise angeordnete Tätigkeit zu erwerben, stellt keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar. Das gilt auch dann, wenn der Deutschkurs vertrags- oder tarifvertragswidrig außerhalb der Arbeitszeit und auf eigene Kosten des Arbeitnehmers absolviert werden soll.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil vom 12.03.2009, 2 Ca 690 e/08
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.12.2009, 6 Sa 158/09
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

8 AZR 48/10

6 Sa 158/09

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 22. Ju­ni 2011

UR­TEIL

Förs­ter, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Ach­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. Ju­ni 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Hauck, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Böck und Brein­lin­ger so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Volz und Burr für Recht er­kannt:


- 2 -

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 23. De­zem­ber 2009 - 6 Sa 158/09 - wird zurück­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch der Kläge­rin

we­gen Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund ih­rer Ras­se und ih­rer eth­ni­schen Her­kunft.

Die im ehe­ma­li­gen Ju­go­sla­wi­en ge­bo­re­ne und mut­ter­sprach­lich kroa-

tisch spre­chen­de Kläge­rin war von Ju­ni 1985 bis De­zem­ber 1990 und ist seit dem 1. Ja­nu­ar 1992 un­un­ter­bro­chen bei der Be­klag­ten und de­ren Rechts­vorgänge­rin beschäftigt. Sie ist als Rei­ni­gungs­kraft und als Ver­tre­tung der Kas­sen­kräfte im Schwimm­bad der Be­klag­ten ein­ge­setzt. Über die er­for­der­li­che Kas­sen­be­fug­nis verfügt die Kläge­rin seit mehr als 14 Jah­ren.

Im ers­ten Quar­tal 2006 for­der­te der Be­triebs­lei­ter des Schwimm­ba­des

(teil­wei­se auch als Ab­tei­lungs­lei­ter Bäder be­zeich­net) N die Kläge­rin auf, ei­nen Deutsch­kurs in der Volks­hoch­schu­le auf ei­ge­ne Kos­ten und außer­halb der Ar­beits­zeit zu be­su­chen. Dies lehn­te die Kläge­rin ab, erklärte sich aber be­reit, ei­nen Sprach­kurs zu ab­sol­vie­ren, wenn die Be­klag­te die Kos­ten hierfür über­nimmt. Hier­zu war die Be­klag­te nicht be­reit.

Mit Schrei­ben vom 18. Mai 2006, wel­ches der Kläge­rin am 22. Ju­ni

2006 über­ge­ben wor­den ist, ver­pflich­te­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten die Kläge­rin, die An­mel­dung zu ei­nem Deutsch­kurs nach­zu­wei­sen. Aus­zugs­wei­se lau­tet das Schrei­ben:

„auf­grund Ih­rer un­zu­rei­chen­den Deutsch­kennt­nis­se kommt es im­mer wie­der zu Pro­ble­men in der Verständi­gung mit Kol­le­gen, Vor­ge­setz­ten und Kun­den. Es ist nicht möglich, Sie auf­ga­ben­ge­recht ein­zu­set­zen, wenn Sie


- 3 -

Sach­ver­hal­te nicht ver­ste­hen, ge­schwei­ge denn deu­ten können.

Sie wer­den hier­mit ver­bind­lich ver­pflich­tet, uns un­verzüglich die An­mel­dung für ei­nen Deutsch­kurs nach­zu­wei­sen, wo­bei wir ger­ne bei der Aus­wahl be­hilf­lich sein wer­den.

Die­se Kur­se wer­den im­mer wie­der bei al­len Volks­hoch­schu­len, auch der an Ih­rem Wohn­ort, an­ge­bo­ten. Die Or­ga­ni­sa­ti­on und An­mel­dung führen Sie bit­te selbst durch; die Be­schei­ni­gung le­gen Sie bit­te der Per­so­nal­ab­tei­lung vor.“

Nach Rück­kehr der Kläge­rin aus dem Ur­laub am 17. Ju­li 2006 fan­den

am 2. Au­gust, am 10. Au­gust und am 15. Au­gust 2006 wei­te­re Gespräche hin­sicht­lich des ge­for­der­ten Deutsch­kur­ses statt. Während des Gesprächs vom 15. Au­gust 2006 wur­de der Kläge­rin der Ent­wurf ei­ner Ab­mah­nung we­gen der bis­lang un­ter­las­se­nen An­mel­dung zu ei­nem Deutsch­kurs zum Durch­le­sen vor­ge­legt.

Vom 18. Au­gust 2006 bis zum 14. Sep­tem­ber 2006 war die Kläge­rin

ar­beits­unfähig er­krankt. So­wohl am 15. Sep­tem­ber 2006 als auch am

18. Sep­tem­ber 2006 fan­den wei­te­re Gespräche hin­sicht­lich des ge­for­der­ten Deutsch­kur­ses statt. In der zeit­li­chen Fol­ge war die Kläge­rin vom 19. Sep­tem­ber 2006 bis zum 12. Ok­to­ber 2007 ar­beits­unfähig er­krankt.

Am 20. Ok­to­ber 2007 er­hielt die Kläge­rin ei­ne Ab­mah­nung we­gen der

un­ter­las­se­nen An­mel­dung zu ei­nem Deutsch­kurs, wel­che ihr be­reits im Ent­wurf am 15. Au­gust 2006 vor­ge­legt wor­den war, mit fol­gen­der Ergänzung vom

19. Ok­to­ber 2007:

„Die vor­ste­hen­de Ab­mah­nung, ursprüng­lich da­tiert auf den 17.08.2006, konn­te Ih­nen auf­grund Ih­rer Lang­zeit­er­kran­kung nicht zeit­nah aus­ge­spro­chen wer­den.

Lei­der müssen wir fest­stel­len, dass sich an den ab­zu­mah­nen­den Tat­sa­chen auch nach über ei­nem Jahr nichts grund­le­gen­des geändert hat. We­der ha­ben sich Ih­re Deutsch­kennt­nis­se ver­bes­sert, noch ha­ben Sie uns ei­nen Nach­weis vor­ge­legt, der Ih­re der­zei­ti­ge oder er­folg­reich ab­ge­schlos­se­ne Teil­nah­me an ei­nem ge­eig­ne­ten Deutsch­kurs be­legt. Da wir bei Ih­nen kei­ne Ver­hal­tensände­rung fest­stel­len können, hal­ten wir auch aus heu­ti­ger


- 4 -

Sicht die Ab­mah­nung für zwin­gend ge­bo­ten.“

Mit Schrei­ben ih­res da­ma­li­gen Rechts­an­walts Dr. S vom 27. No­vem­ber

2007 ließ die Kläge­rin die Be­klag­te auf­for­dern, die Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te zu ent­fer­nen und die in der Ab­mah­nung ent­hal­te­nen Äußerun­gen zu wi­der­ru­fen. Auch ließ die Kläge­rin dar­auf hin­wei­sen, dass sie durch die Auf­for­de­rung, ei­nen Deutsch­kurs zu be­le­gen, auf­grund ih­rer Na­tio­na­lität dis­kri­mi­niert sei.

Auf die­ses Schrei­ben er­wi­der­te die Be­klag­te am 31. Ja­nu­ar 2008 wie

folgt:

„Sehr ge­ehr­ter Herr Dr. S,

hier­mit tei­le ich Ih­nen mit, dass zur Ver­mei­dung ei­ner ge­richt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung die ge­gen Ih­re Man­dan­tin, Frau K, ge­rich­te­te Ab­mah­nung mit dem heu­ti­gen Ta­ge aus der Per­so­nal­ak­te ent­fernt wor­den ist. Dies ge­schieht nicht zu­letzt auf Grund der for­mal­recht­li­chen Pro­ble­ma­tik, die in ei­ner Auf­recht­er­hal­tung der Ab­mah­nung lie­gen würde.

Ge­stat­ten Sie mir gleich­wohl fol­gen­de Hin­wei­se:

Ih­re Man­dan­tin ist nicht nur Rei­ni­gungs­kraft im Hal­len­bad, son­dern glei­cher­maßen Kas­sen- und Ser­vice­kraft am Emp­fang des Hal­len­ba­des der Ko GmbH. Dass sie des­halb in der La­ge sein muss, sich auf Deutsch zu verständi­gen, liegt auf der Hand. Das Pro­blem liegt dar­in, dass Frau K - im Un­ter­schied zu früher - ih­re Sprach­kom­pe­tenz in ei­nem Um­fang ver­lo­ren hat, dass die er­for­der­li­che Verständi­gung mit Ba­degästen nicht mehr aus­rei­chend ge­si­chert ist. Auch die Zu­sam­men­ar­beit mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ist durch die Sprach­pro­ble­ma­tik der Frau K gefähr­det.

Ich bit­te Sie zu ak­zep­tie­ren, dass dann - auch in ei­ner Si­tua­ti­on, in der Ih­re Man­dan­tin ta­rif­recht­lich or­dent­lich unkünd­bar ist - Maßnah­men sei­tens des Un­ter­neh­mens er­grif­fen wer­den. Die­se be­stan­den in der Auf­for­de­rung, ei­nen Deutsch­kur­sus zu be­le­gen. Die - auch vom Be­triebs­rat befürwor­te­te - Ab­mah­nung war da­bei nicht der ers­te Schritt, son­dern der letz­te Schritt nach ver­schie­dens­ten ‚Dis­kus­sio­nen’ mit Frau K. Unsäglich fin­de ich Ih­re Schluss­fol­ge­rung, dass durch die­se Auf­for­de­rung die Ko GmbH Ih­re Man­dan­tin auf­grund ih­rer Na­tio­na­lität dis­kri­mi­niert ha­be. Sch­ließlich wäre auch in dem denk-


- 5 -

ba­ren Fall, dass ein Mit­ar­bei­ter deut­scher Na­tio­na­lität sich nicht auf Deutsch verständi­gen könn­te, die­ser für die Tätig­keit am Emp­fang des Hal­len­ba­des nicht ge­eig­net. Auch dass es in den ver­gan­ge­nen 20 Jah­ren kei­ne Be­schwer­den über Ih­re Man­dan­tin ge­ge­ben ha­be, ent­spricht nicht den Tat­sa­chen. Tatsächlich gab es zu­neh­mend Pro­ble­me mit Ba­degästen und Mit­ar­bei­tern we­gen der Tat­sa­che, dass die sprach­li­che Verständi­gung un­ter der In­kom­pe­tenz der Frau K ge­lit­ten hat.

Wir sind wei­ter­hin der Mei­nung, dass die­se sprach­li­che Verständi­gungsfähig­keit Grund­vor­aus­set­zung des Ar­beits­plat­zes Ih­rer Man­dan­tin ist. Dies be­deu­tet aus un­se­rer Sicht, dass sie sich auch um die er­for­der­li­chen Deutsch­kennt­nis­se zu bemühen hat.

Rich­tig schrei­ben Sie, dass die Ab­mah­nung nicht so­fort er­teilt wur­de. Dies lag dar­an, dass sich die Pro­ble­ma­tik im Gan­zen ‚auf­ge­schau­kelt’ hat und außer­dem aus fürsorg­li­chen Gründen da­von ab­ge­se­hen wur­de, ei­ne Ab­mah­nung in Ab­we­sen­heit der viel­fach er­krank­ten Frau K aus­zu­spre­chen. Dies war Frau K auch ent­spre­chend mit­ge­teilt wor­den.

Viel­leicht können Sie, sehr ge­ehr­ter Herr Rechts­an­walt, auch un­abhängig von ju­ris­ti­schen Ka­te­go­ri­en Ih­rer Man­dan­tin klar ma­chen, dass Ihr Ar­beit­ge­ber an ei­ner gütli­chen und gleich­zei­tig den Un­ter­neh­mens­zie­len die­nen­den Pro­blemlösung in­ter­es­siert ist. Dies würde be­deu­ten, dass Frau K schlicht Ih­re Re­sis­tenz ge­genüber der Spra­che des Lan­des auf­gibt, in dem sie sich seit mehr als 25 Jah­ren aufhält. Wie wir dies hin­be­kom­men, wis­sen wir bis­her nicht. Wir hof­fen aber auf ei­ne ent­spre­chen­de Ko­ope­ra­ti­vität Ih­rer Man­dan­tin.

Mit freund­li­chem Gruß Ko GmbH

F

Geschäftsführer

Mit An­walts­schrei­ben vom 31. März 2008 ließ die Kläge­rin un­ter Hin-

weis auf die Ab­mah­nung, die For­de­rung nach ei­nem Deutsch­kurs und das Schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 auf das Be­ste­hen ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung we­gen ih­rer Ras­se und ih­rer Na­tio­na­lität hin­wei­sen und for­der­te die Be­klag­te zur Zah­lung ei­ner Entschädi­gung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe


- 6 -

von 15.000,00 Eu­ro auf. Mit der am 30. April 2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen vor­lie­gen­den Kla­ge ver­folgt die Kläge­rin die­sen An­spruch wei­ter.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te dis­kri­mi­nie­re sie

be­wusst we­gen ih­rer Ras­se und ih­rer eth­ni­schen Zu­gehörig­keit. Es lägen so­wohl be­nach­tei­li­gen­de Ein­zel­maßnah­men als auch ei­ne Be­nach­tei­li­gung in Form ei­ner Belästi­gung im Sin­ne von § 3 Abs. 3 AGG vor. Die Kläge­rin hat be­haup­tet, sie sei erst­mals am 20. Ja­nu­ar 2004 von dem Be­triebs­lei­ter N und von dem Be­triebs­rats­mit­glied P auf­ge­for­dert wor­den, ei­nen Deutsch­kurs zu ab­sol­vie­ren, da sich - an­geb­lich - das von ihr ge­spro­che­ne Deutsch ver­schlech­tert ha­be. Die­se Auf­for­de­rung ha­be N bis zum Zu­gang des Auf­for­de­rungs­schrei­bens vom 18. Mai 2006 am 22. Ju­ni 2006 min­des­tens drei­mal wie­der­holt. We­der die­se erst­ma­li­ge Auf­for­de­rung noch die zeit­lich nach­fol­gen­den Auf­for­de­run­gen sei­en ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Al­le ihr über­tra­ge­nen Auf­ga­ben ha­be sie stets ausführen können. Be­schwer­den von Kun­den oder Kol­le­gen über feh­len­de sprach­li­che Fähig­kei­ten ha­be es - zu­min­dest ihr ge­gen­über - nicht ge­ge­ben. Die Kläge­rin hat be­strit­ten, dass sie Sprach­kom­pe­tenz ver­lo­ren ha­be. Sie hat wei­ter be­haup­tet, der vierwöchi­gen Ar­beits­unfähig­keit im Au­gust 2006 ha­be ei­ne leich­te De­pres­si­on zu­grun­de ge­le­gen. Die­se De­pres­si­on sei dar­auf zurück­zuführen, dass sie ständig das Gefühl ge­habt ha­be, je­de ih­rer Äußerun­gen wer­de auf sprach­li­che Kor­rekt­heit hin über­prüft. Wei­ter­hin hat die Kläge­rin vor­ge­tra­gen, der Be­triebs­lei­ter N ha­be ihr nach Rück­kehr aus die­ser Ar­beits­unfähig­keit im Sep­tem­ber 2006 die Kas­sen­zuständig­keit ent­zo­gen und ihr mit­ge­teilt, dass sie zukünf­tig nur noch Kol­le­gin­nen während de­ren Pau­sen an der Kas­se ver­tre­ten wer­de. Die­se Demüti­gung ha­be stärke­re De­pres­sio­nen aus­gelöst, die der Grund für die Er­kran­kung von Sep­tem­ber 2006 bis Ok­to­ber 2007 ge­we­sen sei­en. Darüber hin­aus hat die Kläge­rin be­haup­tet, ab Ok­to­ber 2007 sei sie als ein­zi­ge Rei­ni­gungs­kraft in der Spätschicht an zahl­rei­chen Ta­gen nur noch bis 21:00 Uhr ein­ge­setzt wor­den. Die zu­schlags­be­rech­tig­te Ar­beit zwi­schen 21:00 und 22:15 Uhr sei ihr oh­ne sach­li­chen Grund teil­wei­se ent­zo­gen wor­den. Die Kläge­rin hat ge­meint, da al­le an­de­ren Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten nicht auf­ge­for­dert wor­den sei­en, ei­nen Deutsch­kurs zu be­su­chen, sei nach § 22 AGG von ei­ner


- 7 -

In­dizwir­kung für ih­re dis­kri­mi­nie­ren­de Be­nach­tei­li­gung durch die Be­klag­te aus­zu­ge­hen. Be­reits aus der mehr als 20 Jah­re dau­ern­den be­an­stan­dungs­frei­en Tätig­keit für die Be­klag­te fol­ge, dass man­geln­de sprach­li­che Fähig­kei­ten nicht der Grund für die ge­trof­fe­nen An­ord­nun­gen und Schi­ka­nen sein könn­ten. Auch die in dem - nach Auf­fas­sung der Kläge­rin be­lei­di­gen­den - Schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 ver­wen­de­ten For­mu­lie­run­gen, wie die der „sprach­li­chen Re­sis­tenz“, be­leg­ten, dass es der Be­klag­ten aus­sch­ließlich um An­grif­fe ge­gen die eth­ni­sche Her­kunft und Ras­se der Kläge­rin ge­gan­gen sei.

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie ei­ne an­ge­mes­se­ne, in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stell­te Entschädi­gung nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und die Auf­fas­sung ver-

tre­ten, die Kläge­rin nicht dis­kri­mi­niert zu ha­ben. Das Schrei­ben vom 31. Ja­nu­ar 2008 ent­hal­te kei­ne dis­kri­mi­nie­ren­den Äußerun­gen, son­dern be­schrei­be le­dig­lich, dass auf dem Ar­beits­platz der Kläge­rin un­ab­ding­bar aus­rei­chen­de Deutsch­kennt­nis­se er­for­der­lich sei­en, über die die Kläge­rin nicht - mehr - verfüge. Seit En­de 2004 ha­be sich bei der Kläge­rin ei­ne Ent­wick­lung ein­ge­stellt, für die der Be­griff der „aus­rei­chen­den Sprach­kom­pe­tenz“ ver­wen­det wor­den sei. So sei die Kläge­rin bei­spiels­wei­se nicht in der La­ge, hin­rei­chen­de Erklärun­gen zu Kas­sen­dif­fe­ren­zen selbst schrift­lich zu ver­fas­sen. Teil­wei­se ha­be die Kläge­rin die­se Erklärun­gen von an­de­ren Mit­ar­bei­tern ausfüllen las­sen, teil­wei­se sei­en die von ihr selbst ge­schrie­be­nen Erklärun­gen nicht verständ­lich ge­we­sen. Auch ha­be sie an­de­ren Mit­ar­bei­tern selbst ein­fach ge­la­ger­te Pro­ble­me nicht nach­voll­zieh­bar erklären können. Die Be­klag­te hat wei­ter be­haup­tet, Mit­ar­bei­ter und Kun­den hätten sich über die Kläge­rin we­gen de­ren Sprach­pro­ble­men be­schwert. Die Be­klag­te hat be­strit­ten, dass sie der Kläge­rin die Kas­sen­be­fug­nis ent­zo­gen ha­be. Viel­mehr ha­be sie ihr mit­ge­teilt, dass sie zukünf­tig so we­nig wie möglich an der Kas­se ein­ge­setzt wer­den sol­le. Aus­drück­lich sei der Kläge­rin erklärt wor­den, dass sie zukünf­tig hauptsächlich als Ur­laubs- und Krank­heits­ver­tre­tung an der Kas­se ar­bei­ten sol­le. Die Be­klag­te


- 8 -

hat be­strit­ten, dass die Dis­kus­sio­nen um die Deutsch­kennt­nis­se der Kläge­rin ei­ne Ur­sa­che für die Er­kran­kun­gen dar­stell­ten und dass bei der Kläge­rin De­pres­sio­nen dia­gnos­ti­ziert wor­den sei­en. Sch­ließlich hat die Be­klag­te die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der Entschädi­gungs­an­spruch sei be­reits des­halb aus­ge­schlos­sen, da die Kläge­rin die Kla­ge nicht in­ner­halb der 3-Mo­nats-Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG er­ho­ben ha­be. Im Schrei­ben vom 27. No­vem­ber 2007 ha­be die Kläge­rin ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund ih­rer Na­tio­na­lität be­an­stan­det. Folg­lich hätte die Kla­ge bis En­de Fe­bru­ar 2008 und nicht erst, wie tatsächlich ge­sche­hen, im April 2008 er­ho­ben sein müssen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, das Lan­des­ar­beits­ge­richt

hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der von dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­ren Kla­ge­an­spruch wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on der Kläge­rin ist un­be­gründet. Ihr steht die gel-

tend ge­mach­te Entschädi­gung nicht zu. Ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Ras­se oder der eth­ni­schen Her­kunft liegt nicht vor.

A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück-

ge­wie­sen und das Be­ste­hen ei­nes Entschädi­gungs­an­spruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ab­ge­lehnt, da die Be­klag­te nicht ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot nach § 7 AGG iVm. § 1 AGG ver­s­toßen ha­be.

Die Kläge­rin ha­be den Tat­be­stand ei­ner Be­nach­tei­li­gung in der Form

ei­ner Belästi­gung nach § 3 Abs. 3 AGG nicht hin­rei­chend dar­ge­legt. Das von der Kläge­rin als un­erwünscht be­zeich­ne­te Ver­hal­ten der Be­klag­ten - die wie­der­hol­ten und nach­drück­li­chen Auf­for­de­run­gen zum Be­such ei­nes Deutsch­kur­ses - ste­he nicht im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Merk­mal nach § 1 AGG. Das Ver­hal­ten sei nicht aus Gründen der Ras­se oder we­gen der eth­ni­schen Her­kunft er­folgt. Die Her­kunft der Kläge­rin aus dem ehe­ma­li­gen Ju­go­sla­wi­en ha­be eben­so we­nig für die Auf­for­de­run­gen ei­ne Rol­le ge­spielt wie ih­re kroa­ti­sche

- 9 -

Mut­ter­spra­che. Die Auf­for­de­run­gen sei­en durch die Be­klag­te viel­mehr er­folgt, weil sie die Deutsch­kennt­nis­se der Kläge­rin nicht für aus­rei­chend er­ach­te­te. Die An­knüpfung sei mit­hin an die Sprach­kom­pe­tenz und nicht an die Eth­nie der Kläge­rin er­folgt. Zwar könne in der Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zung, dass die aus­rei­chen­de Be­herr­schung der deut­schen Spra­che Be­din­gung für ei­ne Tätig­keit sei, ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung we­gen der eth­ni­schen Her­kunft lie­gen, da die Mehr­zahl der Be­trof­fe­nen nicht deut­scher Her­kunft sei. Vor­lie­gend ge­he es aber nicht um ei­ne Ein­stel­lung, son­dern dar­um, ob die be­reits beschäftig­te Kläge­rin noch die er­for­der­li­che sprach­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on be­sit­ze. Die Be­klag­te ha­be die Kläge­rin nicht schlech­ter als mut­ter­sprach­lich deutsch spre­chen­de Mit­ar­bei­ter be­han­deln wol­len.

Aber selbst wenn ein Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Ver­hal­ten der Be-

klag­ten und den geschütz­ten Merk­ma­len der Ras­se oder der eth­ni­schen Her­kunft an­zu­neh­men sei, wäre der Belästi­gungs­tat­be­stand des § 3 Abs. 3 AGG nicht ver­wirk­licht, da die der Norm im­ma­nen­te Er­heb­lich­keits­schwel­le nicht über­schrit­ten sei. Zwar ha­be die Be­klag­te mit er­heb­li­cher Hartnäckig­keit ver­sucht, die Kläge­rin zum Be­such ei­nes Deutsch­kur­ses zu be­we­gen, al­ler­dings sei nicht zu er­ken­nen, dass hier­durch die Würde der Kläge­rin an­ge­grif­fen wor­den sei. Das Ver­hal­ten der Be­klag­ten ha­be, so un­an­ge­nehm es die Kläge­rin auch emp­fun­den ha­ben möge, nicht ober­halb der bloßen Lästig­keits­schwel­le ge­le­gen.

B. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts hält ei­ner re­vi­si­ons­recht-

li­chen Über­prüfung stand. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin war da­her zurück­zu­wei­sen.

I. Die Re­vi­si­on ist zulässig. Sie ist gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statt­haft, da
sie durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Te­nor des an­ge­grif­fe­nen Ur­teils zu­ge­las­sen wor­den ist. Die Re­vi­si­on ist gemäß § 74 Abs. 1 ArbGG frist- und form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

II. Die Re­vi­si­on ist nicht be­gründet. Die zulässi­ge Kla­ge hat kei­nen Er­folg.
Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf ei­ne Entschädi­gung in­fol­ge ei­ner Dis-


- 10 -

kri­mi­nie­rung oder Belästi­gung aus Gründen der Ras­se oder eth­ni­schen Her­kunft.

1. Der auf Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung ge­rich­te­te Kla­ge-
an­trag ist zulässig, ins­be­son­de­re ist er hin­rei­chend be­stimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin die Höhe der von ihr be­gehr­ten Entschädi­gung in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt hat. Die­se Möglich­keit eröff­net be­reits der Wort­laut von § 15 Abs. 2 AGG. Den Ge­rich­ten wird hin­sicht­lich der Höhe der Entschädi­gung ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein­geräumt. Hängt die Be­stim­mung ei­nes Be­tra­ges vom bil­li­gen Er­mes­sen des Ge­richts ab, ist ein un­be­zif­fer­ter Zah­lungs­an­trag zulässig, wenn die Kla­ge­par­tei ei­ner­seits Tat­sa­chen be­nennt, die das Ge­richt bei der Be­stim­mung des Be­tra­ges her­an­zie­hen soll, und an­de­rer­seits die Größen­ord­nung der gel­tend ge­mach­ten For­de­rung an­gibt (vgl. BAG 19. Au­gust 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 20, EzA AGG § 15 Nr. 12; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 17 f., BA­GE 131, 86 = AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; 16. Sep­tem­ber 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 18, BA­GE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind erfüllt. Die Kläge­rin hat ei­nen Sach­ver­halt

dar­ge­legt, wel­chen das Ge­richt im Rah­men der Er­mes­sens­ausübung her­an­zie­hen soll und der grundsätz­lich die Fest­set­zung ei­ner Entschädi­gung, wel­che die Kläge­rin mit 15.000,00 Eu­ro be­zif­fert, ermöglicht.

2. Die Kla­ge ist je­doch nicht be­gründet.

a) Das AGG, das am 18. Au­gust 2006 in Kraft ge­tre­ten ist, fin­det auf den

Streit­fall An­wen­dung. Maßgeb­lich kommt es für die An­wend­bar­keit des AGG auf den Zeit­punkt der Be­nach­tei­li­gungs­hand­lung an (BAG 19. Au­gust 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 28, EzA AGG § 15 Nr. 10; 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 15 mwN, BA­GE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). In Fällen wie­der­hol­ter, mit­ein­an­der in ei­nem un­trenn­ba­ren Zu­sam­men­hang ste­hen­der Be­nach­tei­li­gun­gen, die ei­nen ein­heit­li­chen Le­bens­sach­ver­halt


- 11 -

bil­den, wie et­wa bei sich über ei­nen länge­ren Zeit­raum er­stre­cken­den an­dau­ern­den Belästi­gun­gen oder ei­ner Ket­te von Be­nach­tei­li­gungs­hand­lun­gen ist die An­wend­bar­keit des AGG nur aus­ge­schlos­sen, wenn al­le Be­nach­tei­li­gungs­hand­lun­gen und Belästi­gun­gen in den Zeit­raum vor In­kraft­tre­ten des AGG fal­len und ab­ge­schlos­sen sind. Fällt auch nur ein Be­nach­tei­li­gungs- oder Belästi­gungs­akt in die Zeit nach In­kraft­tre­ten des AGG, fin­det das Ge­setz ins­ge­samt An­wen­dung (vgl. BAG 25. Fe­bru­ar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 18, AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Suckow 3. Aufl. § 33 Rn. 4; Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 33 Rn. 9; Wen­de­ling-Schröder in Wen­de­ling-Schröder/St­ein AGG § 33 Rn. 6).

Die un­strei­ti­gen vier münd­li­chen Auf­for­de­run­gen durch den Be­triebs-

lei­ter des Schwimm­ba­des der Be­klag­ten N im Zeit­raum zwi­schen dem ers­ten Quar­tal 2006 und dem 15. Au­gust 2006, die Kläge­rin möge ei­nen Deutsch­kurs be­su­chen, so­wie die der Kläge­rin im Ju­ni 2006 zu­ge­gan­ge­ne ent­spre­chen­de schrift­li­che Ver­pflich­tung vom 18. Mai 2006 er­folg­ten zwar vor dem In­kraft­tre­ten des AGG. Al­le die­se Hand­lun­gen der Be­klag­ten hat­ten je­weils die Auf­for­de­rung zur Durchführung ei­nes Deutsch­kur­ses zum In­halt. Dies hat die Be­klag­te ih­rer Ab­mah­nung vom 17. Au­gust 2006, die un­ter dem 19. Ok­to­ber 2007 er­stellt und der Kläge­rin im Ok­to­ber 2007 er­teilt wor­den ist, zu­grun­de ge­legt. Die vor­aus­ge­hen­den Auf­for­de­run­gen ste­hen da­her mit der Ab­mah­nung und dem Schrei­ben vom 31. Ja­nu­ar 2008, mit wel­chem die Ent­fer­nung der Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te mit­ge­teilt wur­de (bei­de zeit­lich nach dem In­kraft­tre­ten des AGG), in ei­nem un­trenn­ba­ren Zu­sam­men­hang und bil­den mit die­sen ei­nen ein­heit­li­chen Le­bens­sach­ver­halt. Auf die­sen fin­det das AGG ins­ge­samt An­wen­dung.

b) Die Kläge­rin un­terfällt dem persönli­chen An­wen­dungs­be­reich des AGG,
da sie als Ar­beit­neh­me­rin der Be­klag­ten ei­ne Beschäftig­te iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG ist. Die Be­klag­te ist Ar­beit­ge­be­rin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG, da sie Ar­beit­neh­mer beschäftigt.

c) Vor­aus­set­zung für die von der Kläge­rin nach § 15 Abs. 2 AGG be­gehr­te
Entschädi­gung in Geld we­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den


- 12 -

ist, ist ein Ver­s­toß der Be­klag­ten ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot nach § 7 Abs. 1 AGG. Hier­nach dürfen Beschäftig­te (§ 6 Abs. 1 AGG) nicht we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des be­nach­tei­ligt wer­den. Die Kläge­rin be­ruft sich auf ei­ne Be­nach­tei­li­gung aus Gründen der Ras­se oder der eth­ni­schen Her­kunft.

Die Be­grif­fe der Ras­se und der eth­ni­schen Her­kunft de­fi­niert we­der das

AGG noch die die­sem hin­sicht­lich der Merk­ma­le der Ras­se und der eth­ni­schen Her­kunft zu­grun­de lie­gen­de Richt­li­nie RL 2000/43/EG des Ra­tes vom 29. Ju­ni 2000 zur An­wen­dung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes oh­ne Un­ter­schied der Ras­se oder der eth­ni­schen Her­kunft. Aus­weis­lich der Be­gründung des AGG-Ge­setz­ent­wurfs sind die Merk­ma­le Ras­se bzw. eth­ni­sche Her­kunft in ei­nem um­fas­sen­den Sinn zu ver­ste­hen, denn sie sol­len ei­nen möglichst lücken­osen Schutz vor eth­nisch mo­ti­vier­ten Be­nach­tei­li­gun­gen gewähr­leis­ten (BT-Drucks. 16/1780 S. 30).

d) Als For­men der Be­nach­tei­li­gung kom­men die un­mit­tel­ba­re Be-

nach­tei­li­gung nach § 3 Abs. 1 AGG, die mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung nach § 3 Abs. 2 AGG, die Belästi­gung nach § 3 Abs. 3 AGG so­wie die se­xu­el­le Belästi­gung nach § 3 Abs. 4 AGG und die An­wei­sung zur Be­nach­tei­li­gung nach § 3 Abs. 5 AGG in Be­tracht.

Als Be­nach­tei­li­gungs­hand­lun­gen be­nennt die Kläge­rin die ihr - als ein-

zi­ger Mit­ar­bei­te­rin - mehr­fach er­teil­ten An­wei­sun­gen, ei­nen Deutsch­kurs außer­halb der Ar­beits­zeit auf ei­ge­ne Kos­ten zu be­su­chen und, hier­aus re­sul­tie­rend, das im Ok­to­ber 2007 über­ge­be­ne Ab­mah­nungs­schrei­ben vom 17. Au­gust 2006, den (be­haup­te­ten) Ent­zug der Kas­sen­kom­pe­tenz, die (strei­ti­ge) Ein­schränkung ih­res Ein­sat­zes im zu­schlags­pflich­ti­gen Spätdienst ab 21:00 Uhr so­wie den In­halt des Schrei­bens vom 31. Ja­nu­ar 2008.

aa) Ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin nach § 3 Abs. 1 AGG

ist nicht ge­ge­ben.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung

vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung erfährt, als ei­ne an­de­re Per­son in ei­ner ver-


- 13 -

gleich­ba­ren Si­tua­ti­on erfährt, er­fah­ren hat oder er­fah­ren würde, wo­bei die sich nach­tei­lig aus­wir­ken­de Maßnah­me di­rekt an das ver­bo­te­ne Merk­mal an­knüpfen muss (BAG 22. Ju­li 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 50, EzA AGG § 22 Nr. 2; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - Rn. 19, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Die be­nach­tei­li­gen­de Re­ge­lung oder Maßnah­me wird hier­bei un­mit­tel­bar mit ei­nem in § 1 AGG ge­nann­ten Merk­mal be­gründet (Adom­eit/Mohr Kom­m­AGG § 3 Rn. 25 f.; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 3 Rn. 1).

Die Auf­for­de­run­gen an die Kläge­rin, ih­re Deutsch­kennt­nis­se durch Teil-

nah­me an ei­nem Deutsch­kurs zu ver­bes­sern, die Ab­mah­nung, wel­che die fort­dau­ern­de Ab­leh­nung durch die Kläge­rin zum Ge­gen­stand hat­te, der (be­haup­te­te) Ent­zug der Kas­sen­kom­pe­tenz, die (strei­ti­ge) Ein­schränkung ih­res Ein­sat­zes im zu­schlags­pflich­ti­gen Spätdienst ab 21:00 Uhr und das Schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 knüpfen we­der aus­drück­lich noch ver­deckt zwin­gend an ei­nes der verpönten Merk­ma­le des § 1 AGG an. Ins­be­son­de­re er­folg­ten we­der die Auf­for­de­run­gen noch die Ab­mah­nung aus Gründen der Ras­se oder we­gen der eth­ni­schen Her­kunft der Kläge­rin. Die Be­herr­schung der deut­schen Spra­che in Wort und Schrift ist von ei­ner Ras­se oder Eth­nie un­abhängig (BAG 28. Ja­nu­ar 2010 - 2 AZR 764/08 - Rn. 16, AP AGG § 3 Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung Nr. 24). Auch Mit­glie­der frem­der Eth­ni­en können die deut­sche Spra­che feh­ler­frei in Wort und Schrift be­herr­schen, so dass sie, wären sie an­stel­le der Kläge­rin ge­we­sen, von den Hand­lun­gen der Be­klag­ten nicht be­trof­fen ge­we­sen wären.

bb) Auch ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung der Kläge­rin liegt nicht vor.

Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung vor, wenn

dem An­schein nach neu­tra­le Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren Per­so­nen we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des ge­genüber an­de­ren Per­so­nen in be­son­de­rer Wei­se be­nach­tei­li­gen können, es sei denn, die be­tref­fen­den Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt und die Mit­tel sind zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich.


- 14 -

Der Tat­be­stand ei­ner mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung setzt das Vor­lie­gen

dem An­schein nach neu­tra­ler Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren vor­aus. Neu­tral iSv. § 3 Abs. 2 AGG sind die be­zeich­ne­ten Re­ge­lun­gen stets dann, wenn sie nicht an ein verpöntes Merk­mal nach § 1 AGG un­mit­tel­bar oder ver­deckt zwin­gend an­knüpfen. Als neu­tra­le Re­ge­lun­gen kom­men ne­ben al­len in­di­vi­du­al- und kol­lek­tiv­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen auch sol­che Ein­zel­maßnah­men - et­wa in Ge­stalt von Wei­sun­gen - in Be­tracht, die auf die Auf­stel­lung oder die An­wen­dung ei­ner all­ge­mei­nen Re­gel bzw. ei­nes ver­all­ge­mei­nern­den Kri­te­ri­ums zurück­ge­hen (HWK/An­nuß/Rupp 4. Aufl. § 3 AGG Rn. 6; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 3 Rn. 74; vgl. auch Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 22 f., die von ein­sei­ti­ger Auf­stel­lung von Maßstäben oder Vor­aus­set­zun­gen durch den Ar­beit­ge­ber spre­chen).

Trotz des et­wai­gen Vor­lie­gens ei­ner Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes ver-

pönten Merk­mals, ist der Tat­be­stand ei­ner mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung den­noch nicht ver­wirk­licht, wenn die Maßnah­me ge­recht­fer­tigt ist. Für ei­ne Recht­fer­ti­gung be­darf es ei­nes sach­li­chen Grun­des für die neu­tra­le und sich be­nach­tei­li­gend aus­wir­ken­de Re­ge­lung. Es muss mit der Re­ge­lung ein le­gi­ti­mes Ziel ver­folgt wer­den. Das Ziel muss mit­hin vom be­rech­tig­ten In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers ge­tra­gen sein und die Dif­fe­ren­zie­rung muss zur Er­rei­chung des Ziels ge­eig­net, er­for­der­lich und an­ge­mes­sen sein. Ge­eig­net ist die Dif­fe­ren­zie­rung be­reits dann, wenn durch sie das an­ge­streb­te Ziel er­reicht wer­den kann. Er­for­der­lich ist sie, wenn es bei glei­cher Er­folgs­ge­eig­net­heit kein mil­de­res Mit­tel gibt und an­ge­mes­sen ist die Dif­fe­ren­zie­rung, wenn auf­grund ei­ner Zweck-Mit­tel-Re­la­ti­on die Schwe­re des Ein­griffs im Verhält­nis zur Be­deu­tung des Ziels zurück­tritt (HWK/An­nuß/Rupp 4. Aufl. § 3 AGG Rn. 10; ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 9).

Die münd­li­chen und schrift­li­chen Auf­for­de­run­gen der Kläge­rin durch die

Be­klag­te, auf ih­re ei­ge­nen Kos­ten außer­halb der Ar­beits­zeit ei­nen Deutsch­kurs zu be­le­gen, la­gen der Ab­mah­nung vom 19. Ok­to­ber 2007 zu­grun­de. Hin­ter­grund der Auf­for­de­run­gen und mit­hin auch der Ab­mah­nung ist die Vor­ga­be der Be­klag­ten, Mit­ar­bei­ter an der Kas­se müssen der deut­schen Spra­che in ei­nem Um­fang mäch­tig sein, der es ge­stat­tet, die er­for­der­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on mit

- 15 -

Gästen, Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten zu führen und die be­trieb­lich ver­wen­de­ten schrift­li­chen „Erklärun­gen zur Kas­sen­dif­fe­renz“ ei­genständig und verständ­lich aus­zufüllen. In die­ser all­ge­mei­nen An­for­de­rung an das Kas­sen­per­so­nal liegt ei­ne merk­mals­neu­tra­le Vor­ga­be im Sin­ne ei­ner Vor­schrift nach § 3 Abs. 2 AGG.

Die­se An­for­de­rung, die deut­sche Spra­che in Wort und Schrift in ei­nem

be­stimm­ten Um­fang zu be­herr­schen, kann ausländi­sche Ar­beit­neh­mer in be­son­de­rer Wei­se ge­genüber deut­schen Ar­beit­neh­mern be­nach­tei­li­gen. Zwar verfügen vie­le ausländi­sche Ar­beit­neh­mer - et­wa weil sie im In­land bzw. im deutsch­spra­chi­gen Aus­land auf­ge­wach­sen sind, sich ent­spre­chend schu­len konn­ten oder in sons­ti­ger Wei­se die ent­spre­chen­den Sprach­kennt­nis­se er­wor­ben ha­ben - über um­fas­sen­de Deutsch­kennt­nis­se in Wort und Schrift, so dass nicht al­le Ausländer von ei­ner sol­chen Vor­ga­be glei­cher­maßen be­trof­fen sind. Dies gilt aber zwangsläufig nicht für die Ar­beit­neh­mer mit ei­ner an­de­ren Mut­ter­spra­che, de­nen sol­che Möglich­kei­ten zum Er­werb der deut­schen Sprach­kennt­nis­se nicht zur Verfügung ge­stan­den ha­ben. Da­her kann die For­de­rung nach dem Be­such von Deutsch­sprach­kur­sen während des be­ste­hen­den Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung von Ausländern dar­stel­len, wenn die For­de­rung nach genügen­den Deutsch­kennt­nis­sen nicht auf­grund der (vor­ge­se­he­nen) Tätig­keit sach­lich ge­recht­fer­tigt ist (vgl. LAG Hamm 17. Ju­li 2008 - 16 Sa 544/08 - Rn. 33 ff., LA­GE KSchG § 1 Nr. 14; ArbG Ber­lin 26. Ja­nu­ar 2010 - 25 Ca 282/09 - Rn. 41 ff.; ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 4; Mei­nel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 14; v. Ro­et-te­ken AGG Stand Au­gust 2011 § 1 Rn. 126 und 128; HWK/An­nuß/Rupp 4. Aufl. § 3 AGG Rn. 11; Greßlin BB 2008, 115, 116; Her­bert/Ober­rath DB 2009, 2434; Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 38; Wiss­kir­chen DB 2006, 1491; KR-Pfeif­fer 8. Aufl. AGG Rn. 40; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 3 Rn. 115 an­ders aber Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 1 Rn. 45).

Die For­de­rung der Be­klag­ten, die Kläge­rin möge ei­nen Sprach­kurs in

deut­scher Spra­che be­su­chen, ist im Sin­ne von § 3 Abs. 2 AGG sach­lich ge­recht­fer­tigt. So­wohl die Ver­fol­gung ei­nes le­gi­ti­men Zwecks als auch die Ge­eig­net­heit der Maßnah­me sind ge­ge­ben. Die An­wei­sung ist er­for­der­lich und


- 16 -

an­ge­mes­sen. Da­bei ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Verständi­gungsmöglich­keit mit den Ba­degästen und Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen für die Tätig­keit der Kläge­rin er­for­der­lich ist und die von der Kläge­rin ge­leis­te­ten Tätig­kei­ten den ver­trau­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ent­spre­chen und zulässi­ger­wei­se an­ge­ord­net sind. Durch die Ab­sol­vie­rung ei­nes Sprach­kur­ses können - eben­so wie bei deutsch­spra­chi­gen Ar­beit­neh­mern, die zur Erfüllung der von ih­nen ge­schul­de­ten Tätig­kei­ten ei­ne Fremd­spra­che be­herr­schen müssen - die ar­beits­not­wen­di­gen Sprach­kennt­nis­se ver­mit­telt wer­den. Die An­wei­sung, ei­nen Sprach­kurs zu be­su­chen, war er­for­der­lich, weil die ar­beits­not­wen­di­ge Sprach­kom­pe­tenz her­ge­stellt wer­den kann.

cc) Die An­wei­sung, ei­nen Deutsch­kurs zu ab­sol­vie­ren, stellt auch kei­ne

Belästi­gung iSd. § 3 Abs. 3 AGG dar.

Nach § 3 Abs. 3 AGG ist ei­ne Belästi­gung ei­ne Be­nach­tei­li­gung, wenn

un­erwünsch­te Ver­hal­tens­wei­sen, die mit ei­nem in § 1 AGG ge­nann­ten Grund in Zu­sam­men­hang ste­hen, be­zwe­cken oder be­wir­ken, dass die Würde der be­tref­fen­den Per­son ver­letzt und ein von Einschüchte­run­gen, An­fein­dun­gen, Er­nied­ri­gun­gen, Entwürdi­gun­gen oder Be­lei­di­gun­gen ge­kenn­zeich­ne­tes Um­feld ge­schaf­fen wird. Nach dem Ge­set­zes­wort­laut be­darf es mit­hin so­wohl ei­ner be­zweck­ten oder tatsächlich be­wirk­ten Würde­ver­let­zung als auch der Schaf­fung ei­nes sog. „feind­li­chen Um­fel­des“ als Syn­onym für „ein von Einschüchte­run­gen, An­fein­dun­gen, Er­nied­ri­gun­gen, Entwürdi­gun­gen oder Be­lei­di­gun­gen ge­kenn­zeich­ne­tes Um­feld“. Bei­de Vor­aus­set­zun­gen müssen ku­mu­la­tiv vor­lie­gen (BAG 24. Sep­tem­ber 2009 - 8 AZR 705/08 - Rn. 29, AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1).

Der Be­griff der un­erwünsch­ten Ver­hal­tens­wei­se ist um­fas­send zu ver-

ste­hen. Er be­inhal­tet ver­ba­le und non­ver­ba­le Kom­mu­ni­ka­ti­on glei­cher­maßen und kann et­wa in Form von Be­lei­di­gun­gen, Ver­leum­dun­gen, ab­wer­ten­den Äußerun­gen, Schmie­re­rei­en, körper­li­chen Berührun­gen oder Ges­ten zum Aus­druck kom­men. Ob die Ver­hal­tens­wei­se un­erwünscht ist, be­stimmt sich nach ob­jek­ti­ven Maßstäben, so­weit nicht der Be­trof­fe­ne dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass er das Ver­hal­ten als un­erwünscht emp­fin­det. Darüber hin­aus muss


- 17 -

das un­erwünsch­te Ver­hal­ten mit ei­nem verpönten Merk­mal des § 1 AGG in ei­nem un­mit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang ste­hen (HWK/An­nuß/ Rupp 4. Aufl. § 3 AGG Rn. 12 ff.).

Sch­ließlich muss durch die un­erwünsch­te Ver­hal­tens­wei­se ein feind

li­ches Um­feld ge­schaf­fen wer­den. Ei­ne Ver­hal­tens­wei­se un­ter­halb ei­ner bloßen Lästig­keits­schwel­le, die sich in ei­nem ein­zel­nen Zwi­schen­fall erschöpft, führt re­gelmäßig nicht zur Schaf­fung ei­nes feind­li­chen Um­fel­des.

Die Auf­for­de­rung durch den Ar­beit­ge­ber, ei­nen Sprach­kurs zu ab-

sol­vie­ren, weil die­ser die Sprach­kennt­nis­se des Ar­beit­neh­mers zur Durchführung der ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit für un­zu­rei­chend hält, ist kei­ne Belästi­gung in die­sem Sin­ne, wenn der Sprach­kurs da­zu dient, ar­beits­not­wen­di­ge Sprach­kennt­nis­se zu ver­mit­teln.

e) Ist der Ar­beit­ge­ber ver­trag­lich oder ta­rif­ver­trag­lich ver­pflich­tet, den
Deutsch­kurs während der Ar­beits­zeit und auf sei­ne Kos­ten durchführen zu las­sen, ist die Wei­sung, ei­nen Deutsch­kurs auf ei­ge­ne Kos­ten und außer­halb der Ar­beits­zeit zu be­su­chen, zwar ta­rif- und/oder ver­trags­wid­rig. So sieht der TVöD zum Bei­spiel die Über­nah­me der Qua­li­fi­zie­rungs­kos­ten durch den Ar­beit­ge­ber vor. Das be­rech­tigt aber nicht zur An­nah­me ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung der Kläge­rin we­gen der Ras­se oder der eth­ni­schen Her­kunft.

Al­lein die Ver­let­zung all­ge­mei­ner ar­beits­ver­trag­li­cher Ver­pflich­tun­gen

durch den Ar­beit­ge­ber im Zu­sam­men­hang mit ei­ner an sich nicht ge­gen § 7 AGG ver­s­toßen­den Maßnah­me führt nicht da­zu, dass die­se nun­mehr zu ei­ner un­zulässi­gen Be­nach­tei­li­gung iSd. § 1 AGG wird. Die Ar­beit­neh­me­rin muss in die­sem Fall ih­re ver­trag­li­chen oder ta­rif­ver­trag­li­chen Rech­te - not­falls auch ge­richt­lich - gel­tend ma­chen.

f) Ob die Kläge­rin den Entschädi­gungs­an­spruch nach § 15 Abs. 2 AGG
auch form- und frist­ge­recht gel­tend ge­macht hat, kann da­hin­ste­hen.


- 18 -

C. Die Kläge­rin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen

Re­vi­si­on zu tra­gen.

Hauck Böck Brein­lin­ger

Volz Burr

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 8 AZR 48/10