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BAG, Ur­teil vom 10.11.2011, 6 AZR 481/09

   
Schlagworte: Diskriminierung: Alter, BAT, Lebensaltersstufen
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 481/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.11.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Marburg, Urteil vom 26.09.2008, 2 Ca 183/08
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 22.04.2009, 2 Sa 1689/08
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


6 AZR 481/09
2 Sa 1689/08

Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

10. No­vem­ber 2011

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

be­klag­tes, be­ru­fungs­be­klag­tes und re­vi­si­ons­kla­gen­des Land,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 10. No­vem­ber 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt

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Dr. Brühler, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Spel­ge so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Lauth und Jos­tes für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 22. April 2009 - 2 Sa 1689/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Das be­klag­te Land hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, wel­che Le­bens­al­ters­stu­fe bei der Be­rech­nung der ta­rif­li­chen Vergütung des Klägers zu­grun­de zu le­gen war.


Der 1976 ge­bo­re­ne, nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Kläger war vom 1. Au­gust 2005 bis zum 31. De­zem­ber 2008 beim be­klag­ten Land an der Uni­ver­sität M als An­ge­stell­ter tätig, zu­letzt auf­grund ei­nes schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags vom 27. Ju­ni 2007. In die­sem ist ua. ver­ein­bart, dass der Kläger ab dem 1. Au­gust 2007 bis zum 31. De­zem­ber 2008 als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter mit der Hälf­te der re­gelmäßigen Ar­beits­zeit ei­nes voll­beschäftig­ten An­ge­stell­ten wei­ter­beschäftigt wird, das Ar­beits­verhält­nis sich nach dem Bun­des-An­ge­stell­ten­ta­rif­ver­trag (BAT) und den sons­ti­gen ein­schlägi­gen Ta­rif­verträgen für den Be­reich der Ta­rif­ge­mein­schaft deut­scher Länder (TdL) be­stimmt, so­weit kei­ne ab­wei­chen­den Ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fen sind, und der Kläger in der Vergütungs­grup­pe II a der An­la­ge 1 a/1 b zum BAT ein­grup­piert ist.


Das be­klag­te Land ist mit Ab­lauf des 31. März 2004 aus der TdL aus­ge­tre­ten, die Ta­rif­ver­trags­par­tei des BAT ist. Der BAT und der Vergütungs­ta­rif­ver­trag Nr. 35 zum BAT vom 31. Ja­nu­ar 2003 sind für den Be­reich des Bun­des mit Wir­kung vom 1. Ok­to­ber 2005 und für den Be­reich der TdL mit Wir­kung vom 1. No­vem­ber 2006 durch an­de­re ta­rif­li­che Re­ge­lun­gen er­setzt wor­den. Mit Wir­kung zum 1. Ja­nu­ar 2010 hat das be­klag­te Land mit ver­schie­de­nen Ge-

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werk­schaf­ten den Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst des Lan­des Hes­sen (TV-H) und den Ta­rif­ver­trag zur Über­lei­tung der Beschäftig­ten des Lan­des Hes­sen in den TV-H und zur Re­ge­lung des Über­g­angs­rechts (TVÜ-H) ab­ge­schlos­sen.

§ 3 TVÜ-H und die Pro­to­kollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H lau­ten:

„§ 3 Über­lei­tung in den TV-H.


(1) Die von § 1 Ab­satz 1 er­fass­ten Beschäftig­ten wer­den am 1. Ja­nu­ar 2010 nach den fol­gen­den Re­ge­lun­gen in den TV-H über­ge­lei­tet.


(2) Die Über­lei­tung für Beschäftig­te aus dem Gel­tungs­be­reich des BAT er­folgt ent­spre­chend der nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fe un­abhängig von der Wirk­sam­keit die­ses Vergütungs­sys­tems. Die Über­lei­tungs­re­ge­lun­gen re­geln nicht die Rechts­fol­gen für die Zeit bis zum 31. De­zem­ber 2009.

Pro­to­kollerklärung zu § 3 Ab­satz 2 Satz 1:

Durch Ab­satz 2 Satz 1 wird si­cher­ge­stellt, dass die Über­lei­tung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund ent­spre­chend der nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fe, die im Ein­zel­fall er­reicht war, er­folgt. Der Schutz die­ses be­ste­hen­den, auf den bis­he­ri­gen in­di­vi­du­el­len Le­bens­al­ters­stu­fen ba­sie­ren­den Be­sitz­stands wird durch die An­knüpfung der Über­lei­tungs­re­ge­lun­gen an das nach Maßga­be von § 5 fest­ge­leg­te Ver­gleichs­ent­gelt ge­re­gelt. Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en sind sich - un­ter aus­drück­li­cher Be­zug­nah­me auf das Ur­teil des LAG Köln, Ur­teil vom 6. Fe­bru­ar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber ei­nig, kol­lek­tiv ei­ne ver­bind­li­che Re­ge­lung für das Über­lei­tungs-und Über­g­angs­recht ge­trof­fen zu ha­ben.“


Die Bezüge­stel­le des be­klag­ten Lan­des be­rech­ne­te die Grund­vergütung des Klägers für die Mo­na­te Au­gust 2007 bis Fe­bru­ar 2008 ver­se­hent­lich statt nach der auf­grund sei­nes Al­ters zu­tref­fen­den Le­bens­al­ters­stu­fe 31 nach der Le­bens­al­ters­stu­fe 45, der letz­ten Le­bens­al­ters­stu­fe der Vergütungs­grup­pe II a der An­la­ge 1 a zum BAT. Der Kläger er­hielt auf­grund die­ses Ver­se­hens in dem ge­nann­ten Zeit­raum nicht wie im Ju­li 2007 mo­nat­lich 1.317,83 Eu­ro brut­to,
 


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son­dern 1.709,96 Eu­ro brut­to. Das be­klag­te Land for­der­te den Kläger in ei­nem Schrei­ben vom 25. Fe­bru­ar 2008 auf, 2.148,46 Eu­ro net­to zurück­zu­zah­len, und be­hielt den gel­tend ge­mach­ten Be­trag im We­ge der Ver­rech­nung von der Vergütung des Klägers ein. Da­ge­gen wand­te sich der Kläger mit sei­ner dem be­klag­ten Land am 19. Ju­ni 2008 zu­ge­stell­ten Kla­ge.

Der Kläger hat ge­meint, die Be­mes­sung der ta­rif­li­chen Grund­vergütung nach Le­bens­al­ters­stu­fen be­inhal­te ei­ne nicht zulässi­ge Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung. Das be­klag­te Land ha­be des­halb bei der Be­rech­nung der Grund­vergütung die Le­bens­al­ters­stu­fe 45 zu­grun­de zu le­gen.


Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt 


fest­zu­stel­len, dass das be­klag­te Land ver­pflich­tet ist, ihm Grund­vergütung gemäß Vergütungs­grup­pe II a der An­la­ge 1 a zum BAT nach der Le­bens­al­ters­stu­fe „nach voll­ende­tem 45. Le­bens­jahr“ für die Mo­na­te Au­gust 2007 bis De­zem­ber 2008 zu zah­len,
hilfs­wei­se das be­klag­te Land zu ver­ur­tei­len, an ihn 2.747,01 Eu­ro brut­to zu zah­len.

Das be­klag­te Land hat zu sei­nem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Le­bens­al­ters­stu­fen­re­ge­lung des BAT be­nach­tei­li­ge jünge­re An­ge­stell­te nicht we­gen ih­res Al­ters ge­genüber älte­ren An­ge­stell­ten. Je­den­falls wäre ei­ne Be­nach­tei­li­gung bei der ge­bo­te­nen ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tung durch le­gi­ti­me Zie­le gemäß § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG ge­recht­fer­tigt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, dürfe kei­ne An­pas­sung „nach oben“ vor­ge­nom­men wer­den. § 7 Abs. 2 AGG ord­ne als Rechts­fol­ge ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot die Un­wirk­sam­keit ent­ge­gen­ste­hen­der Ver­ein­ba­run­gen an. Der Ge­setz­ge­ber ha­be je­doch nicht ge­re­gelt, was an Stel­le der un­wirk­sa­men Re­ge­lun­gen gel­ten sol­le. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­te Ta­rif­au­to­no­mie bil­de die ver­fas­sungs­recht­li­che Gren­ze der Sch­ließung ei­ner ent­stan­de­nen Re­ge­lungslücke durch die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen. Die­se Gren­ze sei über­schrit­ten, wenn ei­ne Norm, die be­stimm­ten Ar­beit­neh­mer­grup­pen ei­ne Leis­tung gewähren wol­le, in ei­ne Re­ge­lung um­ge­wan­delt wer­de, die al­len Ar­beit­neh­mern die­se Leis­tung zu­er­ken­ne. Durch ei­ne An­pas­sung „nach oben“ entstünde ei­ne
 


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mas­si­ve rück­wir­ken­de Be­las­tung des Ar­beit­ge­bers, die in die Ta­rif­au­to­no­mie ein­grei­fe, in­dem sie die Ge­samt­be­las­tung des Ar­beit­ge­bers verände­re und nicht berück­sich­ti­ge, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en bei Kennt­nis der Un­wirk­sam­keit des Sys­tems das Ge­samt­be­las­tungs­vo­lu­men an­ders ver­teilt hätten. Aus die­sen Gründen sei es rich­tig, die vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zur Nich­tig­keit von Ge­set­zen ent­wi­ckel­ten Grundsätze auch auf Ta­rif­verträge an­zu­wen­den und dis­kri­mi­nie­ren­de Be­stim­mun­gen ei­nes Ta­rif­ver­trags für die Zu­kunft für un­wirk­sam zu erklären, oh­ne die Nich­tig­keit ex tunc ein­tre­ten zu las­sen. Da­mit wer­de ei­ne nach­hal­ti­ge Er­wei­te­rung des Do­tie­rungs­rah­mens ver­mie­den und der Bin­dung des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers an das Haus­halts­recht Rech­nung ge­tra­gen. Ei­ne mas­si­ve Ver­schie­bung des Do­tie­rungs­rah­mens wi­derspräche auch dem Wil­len der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en. Dies be­le­ge der am 1. Ja­nu­ar 2010 in Kraft ge­tre­te­ne TV-H. Es tref­fe nicht zu, dass nur ei­ne Möglich­keit der Kor­rek­tur be­ste­he. So könn­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zB für die Ver­gan­gen­heit die Le­bens­al­ters­stu­fen durch ei­ne Stu­fung nach Beschäfti­gungs­jah­ren er­set­zen und da­bei ei­ne Er­hal­tung des Be­sitz­stands zu­guns­ten der älte­ren An­ge­stell­ten fest­le­gen. Bei An­nah­me ei­ner nicht ge­recht­fer­tig­ten Vergütung nach Le­bens­al­ters­stu­fen sei von der Ge­samt­nich­tig­keit des Ent­gelt­sys­tems aus­zu­ge­hen. Dies ha­be zur Fol­ge, dass kein An­ge­stell­ter An­spruch auf ei­ne höhe­re Vergütung ha­be.


Die Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on ge­bie­te kei­ne An­pas­sung „nach oben“. So­weit der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on in Fällen der Ge­schlech­ter­dis­kri­mi­nie­rung ei­ne An­pas­sung „nach oben“ vor­ge­nom­men ha­be, sei es an­ders als im Ent­schei­dungs­fall je­weils „nur“ um die Be­nach­tei­li­gung ei­ner verhält­nismäßig klei­nen Grup­pe ge­gan­gen. Sei­en Aus­nah­me­be­stim­mun­gen auf­grund von Verstößen ge­gen Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­te nich­tig, lie­ge es na­he, die Re­gel an­zu­wen­den. Um ei­nen Ver­s­toß ei­ner Aus­nah­me­be­stim­mung ge­gen ein Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot ge­he es bei der Vergütung nach Le­bens­al­ters­stu­fen aber nicht.
 


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Un­ter Berück­sich­ti­gung des ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­lens, wie er in § 15 Abs. 3 AGG zum Aus­druck kom­me, müss­te al­len­falls ei­ne An­pas­sung „nach un­ten“ er­fol­gen. Das Haf­tungs­pri­vi­leg die­ser Vor­schrift grei­fe auch bei der An­wen­dung des § 27 Ab­schn. A BAT. Gro­be Fahrlässig­keit lie­ge erst dann vor, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­ne Ta­rif­norm an­wen­de, die nach ge­fes­tig­ter Recht­spre­chung „AGG-wid­rig“ sei. § 8 Abs. 2 AGG ste­he ei­ner An­pas­sung „nach un­ten“ nicht ent­ge­gen. Für ei­ne An­pas­sung „nach un­ten“ spre­che, dass die An­fangs­grund­vergütung die Re­gel sei, von der Stu­fe für Stu­fe Aus­nah­men vor­ge­se­hen sei­en. Sei­en sämt­li­che mit Er­rei­chen ei­nes höhe­ren Le­bens­al­ters ver­bun­de­ne Stei­ge­run­gen als gleich­heits­wid­ri­ge Aus­nah­men gemäß § 7 Abs. 2 AGG un­wirk­sam, blei­be al­lein die An­fangs­grund­vergütung wirk­sam.


Sch­ließlich würde auch der Ver­trau­ens­schutz den An­spruch des Klägers hin­dern. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner zulässi­gen un­ech­ten Rück­wir­kung lägen nicht vor. Bei der letz­ten Ände­rung des BAT im Ja­nu­ar 2003 hätte den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des BAT nicht be­wusst sein können, dass sie ein un­ge­schrie­be­nes primärrecht­li­ches Al­ters­dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot be­ach­ten müss­ten. Ei­ne durch das AGG rück­wir­kend her­bei­geführ­te Un­wirk­sam­keit des § 27 Ab­schn. A BAT wäre un­verhält­nismäßig. Die Mehr­kos­ten bei ei­ner An­pas­sung „nach oben“ be­lie­fen sich oh­ne Berück­sich­ti­gung der So­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trags­an­tei­le auf jähr­lich ca. 100 Mil­lio­nen Eu­ro. Dem Ver­trau­ens­schutz ste­he nicht ent­ge­gen, dass die Par­tei­en den letz­ten be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag am 27. Ju­ni 2007 und da­mit nach Aus­tritt des be­klag­ten Lan­des aus der TdL ab­ge­schlos­sen hätten. Ei­ne Möglich­keit, von den Vergütungs­re­ge­lun­gen im BAT ab­zu­wei­chen, ha­be in der Pra­xis nicht be­stan­den. Hin­zu kom­me, dass die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Bil­dung des Ver­gleichs­ent­gelts bis­her nicht in Fra­ge ge­stellt ha­be, dass bei der Er­mitt­lung des Ver­gleichs­ent­gelts die Grund­vergütung mit der al­tersmäßig zu­tref­fen­den Le­bens­al­ters­stu­fe zu­grun­de zu le­gen sei.
 


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Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­geände­rung, die sich auf den Fest­stel­lungs­an­trag des Klägers zur Be­mes­sung der Grund­vergütung nach der Le­bens­al­ters­stu­fe „nach voll­ende­tem 45. Le­bens­jahr“ be­zog, für nicht zulässig ge­hal­ten und hat die Kla­ge größten­teils ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung des Klägers das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert und der Kla­ge gemäß dem Haupt­an­trag des Klägers statt­ge­ge­ben. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt das be­klag­te Land die Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung. Der Kläger be­an­tragt, die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Dem Kläger steht für die Mo­na­te Au­gust 2007 bis De­zem­ber 2008 die be­an­spruch­te Vergütung nach der Vergütungs­grup­pe II a der An­la­ge 1 a zum BAT un­ter Zu­grun­de­le­gung der Le­bens­al­ters­stu­fe „nach voll­ende­tem 45. Le­bens­jahr“ zu.

I. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist zulässig. Trotz des Ver­gan­gen­heits­be­zugs der Fest­stel­lungs­kla­ge liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se vor. Der ver­lang­te Ge­gen­warts­be­zug wird da­durch her­ge­stellt, dass der Kläger die Erfüllung kon­kre­ter Vergütungs­ansprüche aus ei­nem in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Zeit­raum und da­mit ei­nen ge­genwärti­gen recht­li­chen Vor­teil er­strebt. Das gilt je­den­falls dann, wenn - wie hier - das an­ge­streb­te Fest­stel­lungs­ur­teil ge­eig­net ist, den Kon­flikt der Par­tei­en endgültig bei­zu­le­gen und wei­te­re Pro­zes­se zwi­schen ih­nen zu ver­mei­den. Es kann vom be­klag­ten Land als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts er­war­tet wer­den, dass es ei­nem statt­ge­ben­den Fest­stel­lungs­ur­teil nach­kom­men wird (vgl. BAG 21. Ja­nu­ar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienst­ord­nungs-An­ge­stell­te Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienst­ord­nungs-An­ge­stell­te Nr. 3).
 


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II. Das be­klag­te Land ist auf­grund der Ver­ein­ba­rung im Ar­beits­ver­trag vom 27. Ju­ni 2007, dass sich das Ar­beits­verhält­nis nach dem BAT be­stimmt, ver­pflich­tet, dem Kläger für die Mo­na­te Au­gust 2007 bis De­zem­ber 2008 Vergütung gemäß der Vergütungs­grup­pe II a der An­la­ge 1 a zum BAT un­ter Zu­grun­de­le­gung der Le­bens­al­ters­stu­fe „nach voll­ende­tem 45. Le­bens­jahr“ zu zah­len. Nur so kann die Dis­kri­mi­nie­rung des Klägers be­sei­tigt wer­den.


1. Mit dem Ur­teil der Zwei­ten Kam­mer des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on vom 8. Sep­tem­ber 2011 in den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass die in § 27 Ab­schn. A BAT an­ge­ord­ne­te Be­mes­sung der Grund­vergütun­gen in den Vergütungs­grup­pen des BAT nach Le­bens­al­ters­stu­fen ge­gen das Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters, das in Art. 21 der Char­ta der Grund­rech­te der Eu­ropäischen Uni­on vom 12. De­zem­ber 2007 (GRC) ver­an­kert und durch die Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf (RL 2000/78) kon­kre­ti­siert wor­den ist, verstößt und ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters im Sin­ne von Art. 2 RL 2000/78 dar­stellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 ge­recht­fer­tigt ist. Da­mit ist nur noch darüber zu ent­schei­den, auf wel­che Art und Wei­se der Ver­s­toß ge­gen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot zu be­sei­ti­gen ist.


2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des steht dem Kläger auf­grund der Un­wirk­sam­keit der in § 27 Ab­schn. A BAT an­ge­ord­ne­ten Be­mes­sung der Grund­vergütun­gen in den Vergütungs­grup­pen des BAT nach Le­bens­al­ters­stu­fen nicht nur in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 612 Abs. 2 BGB die übli­che Vergütung zu (Hens­s­ler/Till­manns FS Rolf Birk S. 179, 193; Mei-nel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c). Bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags vom 27. Ju­ni 2007, in dem auf die Vergütungs­re­ge­lun­gen des BAT Be­zug ge­nom­men wur­de, war we­der der Kläger noch das be­klag­te Land ta­rif­ge­bun­den. Bei ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me nicht ta­rif­ge­bun­de­ner Ar­beits­ver­trags­par­tei­en auf ein un­wirk­sa­mes ta­rif­li­ches Vergütungs­sys­tem kommt zwar in Be­tracht, in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 612 Abs. 2 BGB auf die
 


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übli­che Vergütung ab­zu­stel­len (Beh­rendt/Gau­mann/Lie­ber­mann ZTR 2009, 614, 620 f.). Be­trifft die Nich­tig­keit al­lein die Vergütungs­ver­ein­ba­rung, fin­giert § 612 Abs. 1 BGB die Vergütungs­ver­ein­ba­rung, während sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB be­stimmt (Münch­KommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 7). Je­doch würde da­durch, dass dem Kläger die übli­che Vergütung ge­zahlt wird, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des die Dis­kri­mi­nie­rung des Klägers we­gen sei­nes Al­ters nicht be­sei­tigt. Man­gels ei­ner Ta­rif­bin­dung des be­klag­ten Lan­des am 27. Ju­ni 2007 liegt zwar kei­ne Gleich­stel­lungs­ab­re­de vor (vgl. BAG 14. De­zem­ber 2005 - 4 AZR 536/04 - BA­GE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 54 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Be­zug­nah­me­klau­sel Nr. 7). Es macht für die Fra­ge ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters je­doch kei­nen ent­schei­den­den Un­ter­schied, ob die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en bei­der­seits ta­rif­ge­bun­den sind und da­mit die ta­rif­li­chen Vergütungs­vor­schrif­ten un­mit­tel­bar und zwin­gend auf das Ar­beits­verhält­nis An­wen­dung fin­den (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder ob die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en wie hier auf ein ta­rif­li­ches Vergütungs­sys­tem Be­zug ge­nom­men ha­ben. Die Dis­kri­mi­nie­rung ei­nes Ar­beit­neh­mers we­gen sei­nes Al­ters wird noch nicht da­durch be­sei­tigt, dass ihm die übli­che Vergütung ge­zahlt wird. Die­se könn­te so­gar nied­ri­ger sein als das Ar­beits­ent­gelt, das der auf­grund sei­nes Al­ters dis­kri­mi­nier­te Ar­beit­neh­mer bis­her er­hal­ten hat. Zur Be­sei­ti­gung der Be­nach­tei­li­gung ist viel­mehr er­for­der­lich, dass der Ar­beit­neh­mer die Vergütung erhält, die sein Ar­beit­ge­ber den nicht we­gen ih­res Al­ters dis­kri­mi­nier­ten Ar­beit­neh­mern ge­zahlt hat.


3. Al­ler­dings ist dem be­klag­ten Land ein­zuräum­en, dass mit dem Ur­teil der Zwei­ten Kam­mer des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on vom 8. Sep­tem­ber 2011 in den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen - C-297/10 und C¬298/10 - (NZA 2011, 1100) nur geklärt ist, dass die in § 27 Ab­schn. A BAT an­ge­ord­ne­te Be­mes­sung der Grund­vergütun­gen in den Vergütungs­grup­pen des BAT nach Le­bens­al­ters­stu­fen un­wirk­sam ist, je­doch noch nicht ent­schie­den ist, ob der Ver­s­toß ge­gen das primärrecht­li­che Ver­bot der Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters nur durch ei­ne An­pas­sung „nach oben“ oder auch auf an­de­re Art und Wei­se be­sei­tigt wer­den kann.


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a) Wenn­gleich über­wie­gend bei ei­nem Ver­s­toß ei­nes ta­rif­ver­trag­li­chen Vergütungs­sys­tems ge­gen das primärrecht­li­che Ver­bot der Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters ei­ne An­pas­sung „nach oben“ befürwor­tet wird und die­se An­pas­sung auch der all­ge­mei­nen Sys­te­ma­tik ent­spricht (vgl. Hens­s­ler/Till­manns FS Rolf Birk S. 179, 187 ff.; Mei­nel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 7 Rn. 52 mwN), be­steht doch kei­ne völli­ge Ei­nig­keit, wie der Ver­s­toß des Vergütungs­sys­tems des BAT ge­gen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot zu be­he­ben ist. Dies ist der Be­son­der­heit ge­schul­det, dass nicht ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer oder Ar­beit­neh­mer­grup­pen von ei­ner Leis­tung des Ar­beit­ge­bers aus­ge­nom­men und da­durch be­nach­tei­ligt wer­den, son­dern ein ta­rif­li­ches Vergütungs­sys­tem ins­ge­samt gemäß § 7 Abs. 2 AGG un­wirk­sam ist und dies zu ei­nem Re­ge­lungs­va­ku­um führt (vgl. Lin­ge­mann/Go­tham NZA 2007, 663, 667; Ka­man­ab­rou ZfA 2006, 327, 333).

aa) So wird im Schrift­tum die Auf­fas­sung ver­tre­ten, das Dog­ma ei­ner ge­ne­rel­len An­pas­sung „nach oben“ hätte ab­sur­de prak­ti­sche Kon­se­quen­zen (Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 29). Auch soll das An­fangs­grund­ge­halt in den Vergütungs­grup­pen des BAT die Re­gel­leis­tung sein, von der Stu­fe für Stu­fe gleich­heits­wid­ri­ge Aus­nah­men vor­ge­se­hen wer­den (Kreb­ber Eu­ZA 2009, 200, 213). Dies soll zur Fol­ge ha­ben, dass sich der An­spruch al­ler An­ge­stell­ten auf die­se Re­gel­leis­tung be­schränkt, wenn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en nicht in­ner­halb ei­ner ih­nen ein­zuräum­en­den Über­g­angs­frist die dis­kri­mi­nie­ren­den Re­ge­lun­gen er­set­zen.

bb) Die An­nah­me, die An­fangs­grund­vergütung sei die Re­gel­leis­tung, über­zeugt je­doch nicht. Die Be­mes­sung der Grund­vergütun­gen in den Vergütungs­grup­pen des BAT nach Le­bens­al­ters­stu­fen ist nach § 27 Ab­schn. A Abs. 1 BAT die Re­gel. Die höhe­ren Grund­vergütun­gen wer­den nicht nur „aus­nahms­wei­se“ ge­zahlt. Viel­mehr ist dies bei der An­fangs­grund­vergütung der Fall. Im Übri­gen wird An­ge­stell­ten nie die An­fangs­grund­vergütung ge­zahlt, wenn sie bei ih­rer Ein­stel­lung be­reits das 23. bzw. 25. Le­bens­jahr voll­endet ha­ben. Hin­zu kommt, dass nach Art. 16 Buchst. b RL 2000/78 die ver­bots­wid­ri­gen Re­ge­lun-
 


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gen ent­we­der für nich­tig erklärt wer­den müssen oder erklärt wer­den können oder si­cher­ge­stellt wer­den muss, dass sie geändert wer­den. Hätten al­le An­ge­stell­ten nur An­spruch auf die An­fangs­grund­vergütung ih­rer Vergütungs­grup­pe, wenn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en kei­ne dis­kri­mi­nie­rungs­freie Re­ge­lung tref­fen, fehl­te es an ei­ner Sank­ti­on, die ei­nen tatsächli­chen und wirk­sa­men Rechts­schutz gewährt und ab­schre­cken­de Wir­kung hat (vgl. Ka­man­ab­rou ZfA 2006, 327, 330; Hens­s­ler/Till­manns FS Rolf Birk S. 179, 191).


b) Die Un­gleich­be­hand­lung kann nur durch ei­ne An­pas­sung „nach oben“ be­sei­tigt wer­den.

aa) Stellt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ei­nen Gleich­heits­ver­s­toß fest, hat der Ge­setz­ge­ber in der Re­gel meh­re­re Möglich­kei­ten, die­sen zu be­he­ben. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt überlässt ihm aus kom­pe­tenz­recht­li­chen Gründen des­halb grundsätz­lich die Ent­schei­dung, in wel­cher Wei­se er den An­for­de­run­gen des Gleich­heits­sat­zes genügen will, sieht re­gelmäßig vom Nich­tig­keits­aus­spruch ab und be­schränkt sich auf ei­ne Un­ver­ein­bar­keits­erklärung (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 52). Bei gleich­heits­wid­ri­gen Ta­rif­verträgen ha­ben die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen zwar die Ver­wer­fungs­kom­pe­tenz, auch hier stellt sich je­doch die Fra­ge, ob die Ent­schei­dung, auf wel­che Art und Wei­se die Be­nach­tei­li­gung be­sei­tigt wird, auf­grund der Gewähr­leis­tung der Ta­rif­au­to­no­mie des Art. 9 Abs. 3 GG den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ob­liegt oder ob die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen ei­ne An­pas­sung „nach oben“ vor­neh­men dürfen, in­dem sie die für die Bes­ser­ge­stell­ten gel­ten­den Ta­rif­be­stim­mun­gen auf die Be­nach­tei­lig­ten er­stre­cken (Wie­de­mann/Pe­ters RdA 1997, 100, 107). Ei­ne An­pas­sung „nach oben“ für die Ver­gan­gen­heit ist bis­her grundsätz­lich nur bei Nich­tig­keit ei­ner Aus­nah­me­re­ge­lung er­folgt, wenn nach dem Re­ge­lungs­tat­be­stand un­ter Berück­sich­ti­gung der Zu­satz­be­las­tung des Ar­beit­ge­bers an­zu­neh­men war, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die Re­ge­lung auch mit er­wei­ter­tem An­wen­dungs­be­reich ge­trof­fen hätten (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BA­GE 79, 236), oder die Be­nach­tei­li­gung für die Ver­gan­gen­heit nur durch ei­ne An­pas­sung „nach oben“ be­sei­tigt wer­den konn­te (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5
 


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Abs. 2 Orts­zu­schlag Nr. 20; 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 54, BA­GE 133, 354; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dis­kri­mi­nie­rung se­xu­el­le Ori­en­tie­rung Nr. 1; 18. De­zem­ber 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 37, BA­GE 129, 93; 13. No­vem­ber 1985 - 4 AZR 234/84 - BA­GE 50, 137). Im Ur­teil vom 28. Mai 1996 (- 3 AZR 752/95 - AP TVG § 1 Ta­rif­verträge: Me­tall­in­dus­trie Nr. 143 = EzA GG Art. 3 Nr. 55) hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts an­ge­nom­men, dass die be­nach­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer für zurück­lie­gen­de Zei­ten ei­nen An­spruch auf den ih­nen vor­ent­hal­te­nen Zu­schuss ha­ben, wenn der Ar­beit­ge­ber nicht si­cher­ge­stellt hat, dass sei­ne Rück­for­de­rungs­ansprüche ge­gen die­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer, de­nen er den Zu­schuss gewährt hat, nicht ver­fal­len und wenn ihm be­wusst war, dass die Zu­schuss­re­ge­lung mögli­cher­wei­se ins­ge­samt un­wirk­sam ist.


bb) Für die Zeit bis zum 31. De­zem­ber 2009 ist ei­ne An­glei­chung „nach oben“ schon des­halb ge­recht­fer­tigt, weil der An­spruch auf ein höhe­res Grund­ge­halt den älte­ren An­ge­stell­ten nicht rück­wir­kend ent­zo­gen wer­den kann, so dass nur die­se Möglich­keit be­steht (vgl. Wank FS Wißmann S. 599, 617; Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger/Zwan­zi­ger KSchR 8. Aufl. Art. 3 GG Rn. 35).

(1) Das be­klag­te Land wäre be­reits auf­grund der ta­rif­li­chen sechs­mo­na­ti­gen Aus­schluss­frist des § 70 BAT bzw. des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-H ge­hin­dert, be­reits ver­fal­le­ne Ge­haltsrück­for­de­rungs­ansprüche ge­genüber älte­ren An­ge­stell­ten mit Er­folg gel­tend zu ma­chen.

(2) Auch so­weit die ta­rif­li­che Aus­schluss­frist nicht ent­ge­gen­steht, muss die Be­sei­ti­gung von in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Fol­gen der Be­nach­tei­li­gung das Ver­trau­en der älte­ren An­ge­stell­ten auf die Wirk­sam­keit des Vergütungs­sys­tems des BAT schützen (Schlach­ter FS Schaub S. 651, 662). Die Nor­mun­ter­wor­fe­nen und da­mit auch die älte­ren An­ge­stell­ten dürfen grundsätz­lich auf den Fort­be­stand der ta­rif­li­chen Ord­nung ver­trau­en. Nur so kann der Ta­rif­ver­trag sei­ner Auf­ga­be ge­recht wer­den und den In­di­vi­dual­par­tei­en bei­der­seits Pla­nungs­si­cher­heit gewähren (Däubler/Dei­nert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 35). In der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist des­halb an­er­kannt, dass die Ge­stal­tungs­frei­heit der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zur rück­wir­ken­den Ände­rung

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ta­rif­ver­trag­li­cher Re­ge­lun­gen durch den Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes der Nor­mun­ter­wor­fe­nen be­grenzt ist (BAG 23. No­vem­ber 1994 - 4 AZR 879/93 - BA­GE 78, 309; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dis­kri­mi­nie­rung se­xu­el­le Ori­en­tie­rung Nr. 1). Je­den-falls vor Be­kannt­wer­den des Vor­la­ge­be­schlus­ses des Se­nats muss­ten älte­re An­ge­stell­te nicht da­von aus­ge­hen, dass ih­re Grund­vergütung rück­wir­kend neu be­rech­net wird und sie ei­ne nied­ri­ge­re Vergütung er­hal­ten. Des­halb hilft dem be­klag­ten Land auch sein Hin­weis nicht wei­ter, die nachträgli­che Re­ge­lungslücke sei im Rah­men ei­ner ergänzen­den Aus­le­gung in An­leh­nung an die ent­spre­chen­den Re­ge­lun­gen im TV-L und TVöD durch ei­ne pau­scha­lier­te Berück­sich­ti­gung der Be­rufs­er­fah­rung in Form von Dienst­al­ters­stu­fen zu schließen.

cc) Ent­schei­dend kommt hin­zu, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des TV-H und des TVÜ-H we­der für die Zeit vor dem 1. Ja­nu­ar 2010 ei­ne vom Vergütungs­sys­tem des BAT ab­wei­chen­de, dem Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters ge­recht wer­den­de Re­ge­lung rück­wir­kend ge­trof­fen ha­ben noch be­reit sind, ei­ne sol­che rück­wir­ken­de Er­satz­re­ge­lung zu ver­ein­ba­ren.

(1) In § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en be­stimmt, dass die Über­lei­tung für Beschäftig­te aus dem Gel­tungs­be­reich des BAT ent­spre­chend der nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fe un­abhängig von der Wirk­sam­keit die­ses Vergütungs­sys­tems er­folgt. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-H re­geln die Über­lei­tungs­re­ge­lun­gen nicht die Rechts­fol­gen für die Zeit bis zum 31. De­zem­ber 2009. Be­reits dies zeigt, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne ab­sch­ließen­de Re­ge­lung tref­fen woll­ten und nicht be­reit sind, das vor dem 1. Ja­nu­ar 2010 be­ste­hen­de Vergütungs­sys­tem rück­wir­kend zu ändern oder durch ein an­de­res Vergütungs­sys­tem zu er­set­zen oder den in § 3 Abs. 1 TVÜ-H auf den 1. Ja­nu­ar 2010 fest­ge­leg­ten Zeit­punkt der Über­lei­tung der Beschäftig­ten in den TV-H vor­zu­ver­le­gen (aA Beh­rendt/Gau­mann/Lie­ber­mann ZTR 2009, 614, 621). Dies hätte nämlich zur Fol­ge, dass die Über­lei­tung nicht mehr ent­spre­chend den nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fen er­fol­gen könn­te, son­dern die Ver­gleichs­ent­gel­te neu er­mit­telt wer­den müss­ten. Bei ei­ner Vor­ver­le­gung des Über­lei­tungs­zeit­punkts könn­ten bei der Er­mitt­lung

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des Ver­gleichs­ent­gelts nicht mehr gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-H die den Beschäftig­ten im De­zem­ber 2009 zu­ste­hen­den Bezüge nebst ehe­gat­ten- und kin­der­be­zo­ge­nen Ent­gelt­be­stand­tei­len zu­grun­de ge­legt wer­den. Wenn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des TV-H bzw. TVÜ-H im Fal­le ei­ner Un­wirk­sam­keit des auf Le­bens­al­ters­stu­fen ab­stel­len­den Vergütungs­sys­tems des BAT an den am 1. Ja­nu­ar 2010 von ih­nen in Kraft ge­setz­ten Ent­gelt­re­ge­lun­gen nicht hätten fest­hal­ten wol­len, hätten sie in § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H nicht for­mu­lie­ren dürfen, dass die Über­lei­tung ent­spre­chend der nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fe un­abhängig von der Wirk­sam­keit die­ses Vergütungs­sys­tems er­folgt.


(2) Die Pro­to­kollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H bestätigt, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en nicht zu ei­ner auch den Kla­ge­zeit­raum er­fas­sen­den rück­wir­ken­den Ent­gelt­re­ge­lung be­reit sind. Aus Satz 1 der Pro­to­kollerklärung wird deut­lich, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en durch § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H si­cher­stel­len woll­ten, dass die Über­lei­tung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund ent­spre­chend der nach dem BAT maßgeb­li­chen Le­bens­al­ters­stu­fe, die im Ein­zel­fall er­reicht war, er­folgt. Auch Satz 3 der Pro­to­kollerklärung, wo­nach sich die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en - un­ter aus­drück­li­cher Be­zug­nah­me auf das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 6. Fe­bru­ar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber ei­nig sind, kol­lek­tiv ei­ne ver­bind­li­che Re­ge­lung für das Über­lei­tungs-und Über­g­angs­recht ge­trof­fen zu ha­ben, hin­dert die An­nah­me, die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en würden für die Zeit bis zum 31. De­zem­ber 2009 ein neu­es Vergütungs­sys­tem ver­ein­ba­ren, das nicht ge­gen das primärrecht­li­che Ver­bot der Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters verstößt, son­dern ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters im Sin­ne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 ver­mei­det.

(3) Den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des TVÜ-H bzw. des TV-H darf auch nicht un­ter­stellt wer­den, dass sie nicht vor Au­gen hat­ten, dass sie durch ei­ne rück­wir­ken­de ta­rif­li­che Re­ge­lung ei­ne Be­sei­ti­gung der Dis­kri­mi­nie­rung nur er­rei­chen können, wenn sie ent­we­der al­le Beschäftig­ten der je­weils höchs­ten Le­bens­al­ters­stu­fe ih­rer Vergütungs­grup­pe zu­ord­nen oder die Grund­vergütun­gen der

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den höchs­ten Le­bens­al­ters­stu­fen zu­ge­ord­ne­ten Beschäftig­ten ver­min­dern. Letz­te­re Möglich­keit schied aber auf­grund des auch von Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zu ach­ten­den Ver­trau­ens­schut­zes aus.


(4) Auf­grund des übe­rein­stim­men­den, ein­deu­ti­gen Wil­lens der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, un­abhängig von der Wirk­sam­keit des Vergütungs­sys­tems des BAT kei­ne Er­satz­re­ge­lung zu tref­fen, über­zeugt das Ar­gu­ment des be­klag­ten Lan­des, ei­ne Er­satz­re­ge­lung für die Zeit vor dem In­kraft­tre­ten des TVÜ-H bzw. TV-H am 1. Ja­nu­ar 2010 sei den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en vor­be­hal­ten, nicht.

(5) Kor­rek­tu­ren des Ta­rif­rechts durch den Se­nat für die Zeit vor dem 1. Ja­nu­ar 2010 be­deu­ten ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des an­ge­sichts der Re­ge­lung in § 3 Abs. 2 TVÜ-H und auf­grund des auch in der Pro­to­kollerklärung zu die­ser Be­stim­mung deut­lich zum Aus­druck ge­kom­me­nen Wil­lens der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, kei­ne ta­rif­li­che Er­satz­re­ge­lung für die Ver­gan­gen­heit mehr zu tref­fen, kei­nen un­zulässi­gen Ein­griff in die Ta­rif­au­to­no­mie. Ein sol­cher Ein­griff setzt vor­aus, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en be­reit sind, ei­ne un­wirk­sa­me ta­rif­li­che Re­ge­lung durch ei­ne wirk­sa­me zu er­set­zen. Ein sol­cher Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en fehlt für die Zeit vor dem 1. Ja­nu­ar 2010 und da­mit auch für den Kla­ge­zeit­raum. Der ge­gen­tei­li­ge Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ist zu ach­ten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­te Ta­rif­au­to­no­mie be­inhal­tet auch das Recht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, von ei­ner ta­rif­li­chen Re­ge­lung ab­zu­se­hen, wenn sie dies für an­ge­mes­sen hal­ten. Könn­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zum Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ge­zwun­gen wer­den, wäre dies mit der Ta­rif­au­to­no­mie nicht zu ver­ein­ba­ren. Er­folgt aber kei­ne kol­lek­tiv­recht­li­che Neu­re­ge­lung, fin­det re­gelmäßig ei­ne An­glei­chung „nach oben“ statt (Er­man/Bel­ling BGB 13. Aufl. § 7 AGG Rn. 7).


(6) Des­halb trägt auch das Ar­gu­ment des be­klag­ten Lan­des nicht, der Ge­setz­ge­ber ha­be be­wusst von der im Ent­wurf für die Re­ge­lung in § 7 Abs. 2 AGG vor­ge­se­he­nen Be­stim­mung zur ergänzen­den Aus­le­gung un­wirk­sa­mer kol­lek­tiv­recht­li­cher Re­ge­lun­gen ab­ge­se­hen und sich da­mit dafür ent­schie­den, der be­son­de­ren Rechts­stel­lung der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en im Rah­men von § 7 Abs. 2 AGG Rech­nung zu tra­gen. Im Übri­gen könn­te Art. 9 Abs. 3 GG in Ver-

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bin­dung mit dem Verhält­nismäßig­keits­grund­satz grundsätz­lich nur dann ei­ne be­fris­te­te Aus­set­zung ge­bie­ten, um den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en den Vor­tritt zu las­sen, da­mit die­se re­geln können, auf wel­che Art und Wei­se die Dis­kri­mi­nie­rung be­sei­tigt wer­den soll, wenn es um die Be­sei­ti­gung der Dis­kri­mi­nie­rung für die Zu­kunft geht (vgl. ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 f.; Ka­man­ab­rou ZfA 2006, 327, 332; Wank FS Wißmann S. 599, 617; Schlach­ter FS Schaub S. 651, 668 ff.; Wie­de­mann/Pe­ters RdA 1997, 100, 107).


(7) Im Hin­blick auf den aus § 3 Abs. 2 TVÜ-H und der da­zu­gehöri­gen Pro­to­kollerklärung er­kenn­ba­ren ge­gen­tei­li­gen Wil­len der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en kann der Se­nat eben­so we­nig statt der An­pas­sung „nach oben“ als mil­de­re Maßnah­me die Über­lei­tung der Beschäftig­ten „vor­zie­hen“, in­dem er bis zum 31. De­zem­ber 2009 das Vergütungs­sys­tem des TV-H un­ter Be­sitz­stands­wah­rung an­wen­det. Es geht hier nicht um die Über­lei­tung in ein dis­kri­mi­nie­rungs­frei­es Sys­tem - die­se ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en mit dem TVÜ-H ge­re­gelt -, son­dern um die Be­sei­ti­gung der Dis­kri­mi­nie­rung in­ner­halb ei­nes dis­kri­mi­nie­ren­den Sys­tems.

dd) Für ei­ne An­pas­sung „nach oben“ für die Ver­gan­gen­heit spricht auch, dass ei­ne sol­che An­pas­sung mit der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on zur Be­nach­tei­li­gung beim Ent­gelt im Ein­klang steht.

(1) Nach der bis­he­ri­gen Ent­schei­dungs­pra­xis des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on kann man da­von aus­ge­hen, dass sich im Fal­le ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung die Un­wirk­sam­keit nur auf die be­nach­tei­li­gen­den Re­ge­lun­gen be­zieht (vgl. Hens­s­ler/Till­manns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Ur­teil vom 7. Fe­bru­ar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on an­ge­nom­men, dass im Fal­le ei­ner mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung durch ei­ne Be­stim­mung ei­nes Ta­rif­ver­trags das na­tio­na­le Ge­richt ver­pflich­tet ist, die­se Be­stim­mung - oh­ne dass es ih­re vor­he­ri­ge Be­sei­ti­gung durch Ta­rif­ver­hand­lun­gen oder auf an­de­ren We­gen be­an­tra­gen oder ab­war­ten müss­te - außer Acht zu las­sen und auf die An­gehöri­gen der durch die­se Dis­kri­mi­nie­rung be­nach­tei­lig­ten Grup­pe die glei­che Re­ge­lung wie auf die übri­gen Ar­beit­neh­mer an­zu­wen­den, wo­bei die­se Re­ge­lung, „so­lan­ge Art. 119 EWG-Ver­trag im na­tio-
 


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na­len Recht nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt ist, das ein­zig gülti­ge Be­zugs­sys­tem bleibt“ (vgl. da­zu Wie­de­mann NZA 2007, 950, 951). An die­sem Grund­satz hat der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on ua. im Ur­teil vom 26. Ja­nu­ar 1999 (- C-18/95 - [Ter­hoeve] Slg. 1999, I-345) aus­drück­lich fest­ge­hal­ten und er hat jüngst im Ur­teil vom 22. Ju­ni 2011 (- C-399/09 - [Land­tová]) noch­mals wie­der­holt, dass die Re­ge­lung für die nicht be­nach­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer das ein­zi­ge gülti­ge Be­zugs­sys­tem bleibt, so­lan­ge das Ge­mein­schafts­recht nicht rich­tig durch­geführt ist. Da­mit be­trifft die An­for­de­rung des Uni­ons­rechts, die Dis­kri­mi­nie­rung durch ei­ne An­pas­sung „nach oben“ zu be­sei­ti­gen, nicht nur die Ver­gan­gen­heit, son­dern so­gar die Zu­kunft, weil sie das höhe­re Ent­gelt auch zu­kunfts­be­zo­gen so­lan­ge zu­ge­steht, bis ei­ne uni­ons­rechts­kon­for­me Neu­re­ge­lung ge­trof­fen ist (ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Kreb­ber Eu­ZA 2009, 200, 209, der die Auf­fas­sung ver­tritt, der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on zu den An­ti-Dis­kri­mi­nie­rungs­richt­li­ni­en las­se sich ein Ge­bot der An­glei­chung „nach oben“ nicht ent­neh­men).

(2) Die Vor­ga­be des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on ei­ner An­pas­sung „nach oben“ ist al­ler­dings an­hand von Fällen ent­wi­ckelt wor­den, in de­nen ei­ne klei­ne­re Beschäftig­ten­grup­pe von ei­ner begüns­ti­gen­den Norm aus­ge­nom­men wor­den ist (ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Wie zu ver­fah­ren ist, wenn ei­ne ta­rif­li­che Vergütungs­re­ge­lung ins­ge­samt we­gen Ver­s­toßes ge­gen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot we­gen des Al­ters un­wirk­sam ist und nur die höchs­te Grund­vergütung in den Vergütungs­grup­pen als Be­zugs­sys­tem in Be­tracht kommt, hat der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on zwar noch nicht ent­schie­den. Je­doch wird ei­ne An­pas­sung „nach oben“ auch in die­sem Fall der Vor­ga­be des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on, die dis­kri­mi­nie­ren­de Re­ge­lung außer Acht zu las­sen und auf die durch die Dis­kri­mi­nie­rung be­nach­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer die glei­che Re­ge­lung wie auf die nicht be­nach­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer an­zu­wen­den, je­den­falls dann am ehes­ten ge­recht, wenn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en von ei­ner rück­wir­ken­den Er­satz­re­ge­lung ab­se­hen und von den nicht dis­kri­mi­nier­ten Ar­beit­neh­mern des­halb und auf­grund ta­rif­li­cher Aus­schluss­fris­ten so­wie aus Gründen des Ver­trau­ens­schut­zes Leis­tun­gen nicht mehr mit Aus­sicht auf Er­folg zurück­ge­for­dert wer­den können.
 


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ee) Fi­nan­zi­el­le Be­lan­ge des be­klag­ten Lan­des hin­dern ei­ne An­pas­sung „nach oben“ nicht.

(1) Ei­ne un­ein­ge­schränk­te An­wen­dung des Grund­sat­zes ei­ner An­pas­sung „nach oben“ bei Verstößen ge­gen Be­nach­tei­li­gungs­ver­bo­te kann al­ler­dings zu er­heb­li­chen fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen ei­nes Ar­beit­ge­bers führen. Dies gilt auch dann, wenn ent­spre­chen­de Ansprüche jünge­rer An­ge­stell­ter auf das End­grund­ge­halt ih­rer Vergütungs­grup­pe Verjährungs- und Aus­schluss­fris­ten un­ter­lie­gen (Ka­man­ab­rou ZfA 2006, 327, 334). Ei­ne An­pas­sung „nach oben“, die zu ei­ner nach­hal­ti­gen Er­wei­te­rung des Do­tie­rungs- oder Kos­ten­rah­mens führt, kann frei­lich auch dann vor­lie­gen, wenn ei­ne be­nach­tei­lig­te Grup­pe von Ar­beit­neh­mern groß und der Kreis der gleich­heits­wid­rig Begüns­tig­ten klein ist. Auch in die­sem Fall steht aber den gleich­heits­wid­rig aus­ge­schlos­se­nen Ar­beit­neh­mern für die Ver­gan­gen­heit grundsätz­lich die ih­nen vor­ent­hal­te­ne Leis­tung zu, wenn nur auf die­sem Weg dem Gleich­heits­satz Rech­nung ge­tra­gen wer­den kann (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58).


(2) Die Fra­ge, ob ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Kos­ten­be­las­tung des Ar­beit­ge­bers über­haupt ge­eig­net sein kann, die ge­bo­te­ne Be­sei­ti­gung der Dis­kri­mi­nie­rungs­fol­gen zu hin­dern, oder be­wir­ken kann, dass dem Kos­ten­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers ge­genüber dem Ver­trau­en der Begüns­tig­ten auf die Wirk­sam­keit der Re­ge­lung Vor­rang gebührt, be­darf hier kei­ner Ent­schei­dung. Bezüglich der Mehr­kos­ten hat das be­klag­te Land gel­tend ge­macht, die­se be­lie­fen sich oh­ne Berück­sich­ti­gung der von ihm zu tra­gen­den So­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trags­an­tei­le bei ei­ner An­pas­sung „nach oben“ auf jähr­lich ca. 100 Mil­lio­nen Eu­ro. Al­ler­dings feh­len An­ga­ben des be­klag­ten Lan­des da­zu, wie vie­le An­ge­stell­te für wel­che Zeiträume die Zah­lung der End­grund­vergütung ih­rer Vergütungs­grup­pe be­reits ver­langt ha­ben. Da das be­klag­te Land mit sei­nen An­ge­stell­ten grundsätz­lich ver­ein­bart hat, dass sich das Ar­beits­verhält­nis nach den Be­stim­mun­gen des BAT be­stimmt, und so­mit die ta­rif­li­che Aus­schluss­frist von sechs Mo­na­ten nach Fällig­keit (§ 70 BAT) greift, feh­len aus­rei­chen­de An­halts­punk­te dafür, dass das be­klag­te Land für die Zeit bis zum In­kraft­tre­ten des TV-H und des TVÜ-H am
 


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1. Ja­nu­ar 2010 bei ei­ner An­pas­sung „nach oben“ mit un­verhält­nismäßig ho­hen Mehr­kos­ten be­las­tet wird. Die Zeit bis zum 1. Ja­nu­ar 2010 ist maßge­bend. Mit dem Ur­teil der Zwei­ten Kam­mer des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on vom 8. Sep­tem­ber 2011 in den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen - C-297/10 und C¬298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 so­wie Art. 28 GRC nicht ent­ge­gen­ste­hen, wenn ein Vergütungs­sys­tem, das zu ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters führt, durch ein auf ob­jek­ti­ve Kri­te­ri­en gestütz­tes Vergütungs­sys­tem er­setzt wird und zu­gleich für ei­nen be­fris­te­ten Über­g­angs­zeit­raum ei­ni­ge der dis­kri­mi­nie­ren­den Aus­wir­kun­gen des erst­ge­nann­ten Sys­tems be­ste­hen blei­ben, um für die be­reits in ei­nem Beschäfti­gungs­verhält­nis ste­hen­den Ar­beit­neh­mer den Über­gang zum neu­en Sys­tem oh­ne Ein­kom­mens­ver­lus­te zu gewähr­leis­ten.


ff) Oh­ne Er­folg be­ruft sich das be­klag­te Land auf Ver­trau­ens­schutz. Bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags vom 27. Ju­ni 2007 galt schon das am 18. Au­gust 2006 in Kraft ge­tre­te­ne AGG. Der BAT und der Vergütungs­ta­rif­ver­trag Nr. 35 zum BAT wa­ren be­reits für den Be­reich des Bun­des mit Wir­kung vom 1. Ok­to­ber 2005 und für den Be­reich der TdL mit Wir­kung vom 1. No­vem­ber 2006 durch an­de­re ta­rif­li­che Re­ge­lun­gen er­setzt wor­den. Das be­klag­te Land war in sei­ner Ent­schei­dung frei, mit dem Kläger ei­ne vom Vergütungs­sys­tem des BAT ab­wei­chen­de Ent­gel­tab­re­de zu tref­fen und zB die Vergütungs­be­stim­mun­gen des TV-L bzw. des TVÜ-Länder in Be­zug zu neh­men. Wenn es da­von trotz der im Schrift­tum über­wie­gend ver­tre­te­nen Auf­fas­sung, die Be­mes­sung der Grund­vergütung in den Vergütungs­grup­pen des BAT ver­s­toße ge­gen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot we­gen des Al­ters (vgl. Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN), ab­ge­se­hen hat, ist sein Ver­trau­en auf die Wirk­sam­keit des Vergütungs­sys­tems des BAT nicht schützens­wert.


gg) Der Um­stand, dass die in § 27 Ab­schn. A BAT an­ge­ord­ne­te Be­mes­sung der Grund­vergütun­gen in den Vergütungs­grup­pen des BAT nach Le­bens­al­ters­stu­fen ge­gen das primärrecht­li­che Ver­bot der Un­gleich­be­hand­lung we­gen
 


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des Al­ters verstößt und ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters im Sin­ne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 dar­stellt, führt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des nicht da­zu, dass es an ei­ner Be­zugs­größe für die An­pas­sung „nach oben“ fehlt. Dem be­klag­ten Land ist zwar ein­zuräum­en, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des BAT an­ge­sichts der von ih­nen ver­ein­bar­ten Le­bens­al­ter­stu­fen of­fen­sicht­lich nicht woll­ten, dass al­le An­ge­stell­ten in der­sel­ben Vergütungs­grup­pe ei­ne gleich ho­he Grund­vergütung er­hal­ten. Dies recht­fer­tigt es je­doch nicht, den we­gen ih­res Al­ters be­nach­tei­lig­ten An­ge­stell­ten die Vergütung vor­zu­ent­hal­ten, die den nicht be­nach­tei­lig­ten An­ge­stell­ten zu­stand. In­so­weit be­steht kein ent­schei­den­der Un­ter­schied zwi­schen ei­ner gleich­heits­wid­ri­gen Be­nach­tei­li­gung und ei­ner un­zulässi­gen Dis­kri­mi­nie­rung, wenn dem Gleich­heits­satz bzw. dem Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot nur da­durch Rech­nung ge­tra­gen wer­den kann, dass den Be­nach­tei­lig­ten der­sel­be An­spruch auf Vergütung ein­geräumt wird wie den gleich­heits­wid­rig begüns­tig­ten bzw. nicht dis­kri­mi­nier­ten An­ge­stell­ten (vgl. zum Gleich­heits­satz ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 mwN). Bei ei­ner Ent­gelt­staf­fe­lung nach dem Al­ter in ei­nem Ta­rif­ver­trag be­deu­tet dies, dass bis auf die höchs­te al­le Ent­gelt­stu­fen be­nach­tei­li­gend sind (Hens­s­ler/Till­manns FS Rolf Birk S. 179, 190; Mei­nel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c).


c) Ent­ge­gen der An­sicht des be­klag­ten Lan­des schützt es die Re­ge­lung in § 15 Abs. 3 AGG, wo­nach der Ar­beit­ge­ber bei der An­wen­dung kol­lek­tiv­recht­li­cher Ver­ein­ba­run­gen nur dann zur Entschädi­gung ver­pflich­tet ist, wenn er vorsätz­lich oder grob fahrlässig han­delt, nicht vor ei­ner An­pas­sung „nach oben“. Die Vor­schrift be­zieht sich auf Scha­dens­er­satz­ansprüche und be­grenzt nur Ansprüche auf Entschädi­gungs­leis­tung (Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Zur Be­sei­ti­gung ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung durch ei­ne den Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­ten genügen­de Re­ge­lung verhält sie sich nicht.
 


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III. Das be­klag­te Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten sei­ner er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Fi­scher­mei­er 

Brühler 

Spel­ge

Lauth 

M. Jos­tes

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