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LAG Hamburg, Urteil vom 29.09.2009, 2 Sa 127/09
Schlagworte: | Direktversicherung, Insolvenz, Versorungszusage, Unverfallbarkeit | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamburg | |
Aktenzeichen: | 2 Sa 127/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.09.2009 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 06.09.2006, 10 Ca 183/05 Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.02.2010, 3 AZN 1000/09 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2012, 3 AZR 176/10 |
|
Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes
Geschäftszeichen:
2 Sa 127/09
(10 Ca 183/05 ArbG Hamburg)
In dem Rechtsstreit
Verkündet am:
29. September 2009
Dietl
Angestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Zweite Kammer,
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Beck als Vorsitzenden
den ehrenamtlichen Richter Herr Dr. Stark-Veltel
die ehrenamtliche Richterin Frau Milevczik
für Recht:
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6. September 2006 – 10 Ca 183/05 – abgeändert:
2
Die Klage zu Ziffer 1 wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6. September 2006 – 10 Ca 183/05 – wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht – hat der Kläger zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
3
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist zu begründen. Die Begründung muss enthalten
1. die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, oder
2. die Bezeichnung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, sowie die Darlegung, dass die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht, oder
3. die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
Die Beschwerde kann nur ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, der bzw. die bei einem deutschen Gericht zugelassen ist, oder eine Gewerkschaft, eine Vereinigung von Arbeitgebern oder ein Zusammenschluss solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder einlegen und begründen. Dies gilt entsprechend für juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu begründen.
Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
Die Revisionsbegründung muss enthalten:
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- die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge),
- die Angabe der Revisionsgründe, und zwar,
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt,
b) soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Zur Begründung der Revision kann auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.
Die Revision kann nur ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, der bzw. die bei einem deutschen Gericht zugelassen ist, oder eine Gewerkschaft, eine Vereinigung von Arbeitgebern oder ein Zusammenschluss solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder begründen. Dies gilt entsprechend für juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Frist für die Begründung der Revision beträgt zwei Monate. Die Revisionsbegründungsfrist kann auf Antrag einmal bis zu einem weiteren Monat verlängert werden.
Hinweis:
1. Die Anschrift des Bundesarbeitsgerichts lautet:
Hugo-Preuß-Platz 1 – 99084 Erfurt
2. Aus technischen Gründen sind die Beschwerdeschrift, die Beschwerde-/Revisionsbegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Beschwerde-/Revisionsverfahren in siebenfacher Ausfertigung (und für jeden weiteren Beteiligten eine Ausfertigung mehr) bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
3. Zur Möglichkeit der Einlegung der Beschwerde/Revision mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung vom 9. März 2006 (BGBl I, 519 ff) hingewiesen.
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T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von dem Beklagten erklärten Kündigung. Der Kläger verlangt vom dem Beklagten des Weiteren die Übertragung einer Lebensversicherung.
Der 1954 geborene Kläger war seit dem 01. Dezember 1998 für die DM. Hamburg-Mitte gGmbH (im Folgenden: Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgänger zuletzt als Personalleiter tätig. Rechtsgrundlage der arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien waren der Anstellungsvertrag mit dem Rechtsvorgänger der Schuldnerin vom 21. September 1998 (Anlage K 1, Bl. 4ff. d. A.). Außerdem schloss der Kläger mit der Schuldnerin einen Geschäftsführer-Vertrag unter dem Datum des 29. April 1999 (Anlage K 2, Bl. 8ff. d. A.).
Der Kläger unterhielt zunächst bei dem Rechtsvorgänger der Schuldnerin – dem DK. Hamburg-Mitte e.V. – eine Altersversorgung bei der VBL. Der Kläger und die Schuldnerin vereinbarten mit Vertrag vom 30. August 1999 (Anlage K 7, Bl. 29 d. A.) den Abschluss einer Direktversicherung bei der NL.. Der Beklagte zahlt den Versicherungsbeitrag seit Insolvenzeintritt in Barform als Gehalt aus.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 16. September 2005 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Bei der Schuldnerin bestand ein Betriebsrat, zu dessen Mitgliedern auch der Kläger gehörte. Der Beklagte beschäftigte im Unternehmen der Schuldnerin im November 2005 noch 45 Arbeitnehmer.
Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin umfasste die beiden Bereiche Notfallrettung und Krankentransport. Diesen Tätigkeiten lag ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Schuldnerin und der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) vom 13. Juli 1999 (Anl. B 1, Bl. 88 ff. d. A.) zugrunde. Der o. g. Vertrag wurde von der FHH mit Schreiben vom 14. September 2005 (Anl. B 3, Bl.126 d. A.) fristlos gekündigt.
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Der Beklagte schloss am 16. September 2005 mit der FHH vor dem Verwaltungsgericht Hamburg einen Vergleich (Anl. B 4, Bl. 127 ff. d. A.), wonach die Kündigung zum 31. Dezember 2005 wirksam wurde. Des Weiteren wurde dem Beklagten in Ziffer 2 des Vergleichs Gelegenheit gegeben, eine Sanierung für die Schuldnerin herbeizuführen.
Am 19. September 2005 fand eine Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin statt (Anl. B 7, Bl. 134ff. d.A.).
Die Schuldnerin war auch für andere Auftraggeber tätig. Sie unterhielt unter der Anschrift Büroräume. Des Weiteren unterhielt sie mindestens 2 Rettungswagen, 7 Transportfahrzeuge, 7 Behindertentransportfahrzeuge und vier Pkw.
Am 21. September 2005 fand zwischen dem Betriebsrat und dem Beklagten ein Termin über den Abschluss eines Interessenausgleichs statt. Daran nahm auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers teil. Zwischen dem Beklagten und dem Betriebsrat wurde am 23. September 2005 ein Interessenausgleich geschlossen (Anl. B 6, Bl. 133 d. A.). § 5 des Interessenausgleichs lautet:
„Der Betriebsrat erklärt, dass er nach § 102 BetrVG informiert wurde und den zur Stilllegung erforderlichen Einzelmaßnahmen nicht widersprechen wird.“
Mit Schreiben vom 28. September 2005 (Anlage K 3, Bl. 11 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 nachdem das Integrationsamt mit Bescheid vom gleichen Tage die Zustimmung zur Kündigung erteilt hatte (Bl. 383f. d. A.).
Im Rahmen einer Insolvenzversteigerung am 31. Januar 2006 (vgl. Anlage B 1, Bl. 52 ff. d. A.) wurden die Fahrzeuge und Geräte der Schuldnerin öffentlich zum Kauf angeboten. Der erstinstanzliche Beklagte zu 2), K. Krankentransporte, Behinderten-und Altenhilfe e.V., erwarb keine Betriebsmittel. Auch die ehemaligen Geschäftsräume der Schuldnerin nutzte der Beklagte zu 2. nicht.
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Bei dem ursprünglichen Beklagten zu 2. waren im Dezember 2005 ca. 60 Mitarbeiter beschäftigt. Dieser beteiligte sich an einer Ausschreibung der LBK Hamburg GmbH vom 7. November 2005 (Anl. B 2, Bl. 56 ff. d. A.) zur Vergabe von Kranken- und Materialtransporten für sechs Allgemeine Krankenhäuser (AK) und erhielt am 22. Dezember 2005 (Anl. B 3, Bl. 77 d. A.) den Zuschlag für 4 Allgemeine Krankenhäuser, nämlich das AK E., das AK SG., das AK Wa. und – ab dem 01. April 2006 – das AK A.. Der ursprüngliche Beklagte zu 2) hat seit Dezember 2005 29 Arbeitnehmer eingestellt. Hiervon sind 12 Mitarbeiter, die zuvor bei der Schuldnerin tätig waren. Hierzu gehört Herr Sc., der Leiter der Verwaltung und Geschäftsführer der Schuldnerin war. Herr Sc. ist bei dem erstinstanzlichen Beklagten zu 2) in der Kundenbetreuung und im Qualitätsmanagement tätig.
Der Kläger hat bestritten, dass der Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Kündigung die unternehmerische Entscheidung getroffen hatte, den Betrieb stillzulegen. Er hat bestritten, dass dem Beklagten die in dem Anlagenkonvolut K 5 (Bl. 130 ff. d. A.) vorgelegten Schreiben bereits zum Kündigungszeitpunkt vorgelegen haben. Zudem sei die vollständige Stilllegung des Betriebes zum 31. Dezember 2005 nicht erfolgt. Er hat behauptet, es seien mindestens 2 Mitarbeiter über den 31. Dezember 2005 hinaus für den Beklagten tätig gewesen. Er hat ferner die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates der Schuldnerin bestritten. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei zur Übertragung der Lebensversicherung verpflichtet. Der vertraglich vereinbarte Widerruf der Versorgungszusage sei im Hinblick auf tarifvertragliche und gesetzliche Regelungen unwirksam. Im Übrigen sei der Antrag zu 2) aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung begründet. Der Beklagte habe zahlreichen anderen Mitarbeitern die Direktversicherung ausgehändigt. Der Kläger hat vorgetragen, es habe ein Betriebsübergang auf den ursprünglichen Beklagten zu 2) stattgefunden. Unter dessen Führung seien eingehende Aufträge des AK Wa., AK SG. und AK E. ab dem 27. Dezember 2005 im Namen und auf Rechnung des ursprünglichen Beklagten zu 2) erfüllt worden. Bis Ende Dezember 2005 habe der Beklagte zu 2) bis zu 10 Arbeitnehmer der Schuldnerin übernommen. Mit Herrn Sc. sowie dem Sicherheitsbeauftragten der Schuldnerin Herrn G. und dem Ausbildungsleiter Herrn K. habe der ursprüngliche Beklagte zu 2) auch Know-How-Träger übernommen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, den Betriebsmitteln, insbesondere
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den Fahrzeugen, komme keine erhebliche Bedeutung zu, weil diese teilweise erheblich beliehen oder bereits älteren Datums gewesen seien und daher keinen erheblichen Wert darstellten. Der erstinstanzliche Beklagte zu 2) habe sowohl die Dienstpläne als auch die Form der Abrechnung von der Schuldnerin bzw. dem Beklagten übernommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der DM. Hamburg-Mitte gGmbH bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 28. September 2005 nicht aufgelöst wurde;
2. der Beklagte wird verpflichtet, die bei der NL. AG bestehende Direktversicherung mit der Versicherungsnummer L auf den Kläger zu übertragen;
3. die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen einzustellen;
hilfsweise
4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, er habe im Nachgang zum verwaltungsgerichtlichen Vergleich vom 16. September 2005 die Entscheidung getroffen, den Betrieb stillzulegen. Diese Entscheidung habe darauf beruht, dass ein potentieller Investor aus dem Bereich der Hilfsorganisationen nicht ersichtlich gewesen sei. Andere Hilfsorganisationen hätten eine Übernahme des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin ausdrücklich abgelehnt, wie sich aus verschiedenen Schreiben (Anl. B 5, Bl. 130 ff. d. A.) ergebe. An diesem Entschluss ändere auch nichts, dass der Beklagte in dem vor dem Verwaltungsgericht geschlossenen Vergleich vereinbart habe, weitere
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Investoren zu suchen. Diese Suche sei negativ verlaufen. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Am 21. September 2005 sei mit dem Betriebsrat über den verwaltungsgerichtlichen Vergleich sowie die Betriebsstilllegung nebst Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer gesprochen worden. Ihm seien sämtliche relevanten Unterlagen (Anlagen B 4, B 5, B 7, B 8 – B 11) vorgelegt worden. Des Weiteren sei dem Betriebsrat eine Liste der zu entlassenden Mitarbeiter (Anlage B 16, Bl. 217 ff. d. A.) vorgelegt worden. Die Betriebsstilllegung sei zum 31. Dezember 2005 erfolgt. Es hätten sich lediglich zwei Mitarbeiter bereit erklärt, Abrechnungsarbeiten aus dem Dezember 2005 in den ersten beiden Wochen des Januars 2006 durchzuführen. Hinsichtlich der Direktversicherung stehe dem Kläger ein Aussonderungsrecht nicht zu.
Der ursprüngliche Beklagte zu 2) hat vorgetragen, ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Bei den im Wege der Ausschreibung erworbenen Aufträgen handele es sich um eine Auftragsneuvergabe. Er hat behauptet, seit dem 28. Dezember 2005 die Fahrten für das AK Wa., seit dem 15. Februar 2006 die Fahrten für das AK E. und seit dem 01. April 2006 die Fahrten für das AK SG. durchzuführen. Bis Ende 2005 habe er sechs Mitarbeiter der Schuldnerin übernommen. Er hat behauptet, keine internen und externen Organisationsstrukturen der Schuldnerin oder des Beklagten übernommen zu haben. Ihm seien weder die Dienstplanstrukturen der Schuldnerin und des Beklagten noch die Form der Abrechnung bekannt.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06. September 2006 – 10 Ca 183/05 (Bl. 225ff. d. A.) - unter Klagabweisung im Übrigen festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der DM. Hamburg-Mitte gGmbH bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 28. September 2005 nicht aufgelöst wurde. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 231ff. d. A.).
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 18. Oktober 2006 zugestellt wurde (Bl. 241 d. A.), hat dieser mit Schriftsatz vom 9. November 2006, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tage eingegangen (Bl. 245 d.A.) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. Januar 2007, der am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist (Bl. 290a d. A.), begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist
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mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2006 (Bl. 258 d. A.) bis zum 18. Januar 2007 verlängert worden war. Der Beklagte, dem das Urteil des Arbeitsgerichts am 16. Oktober 2006 zugestellt worden war (Bl. 242 d. A.), hat mit Schriftsatz vom 15. November 2006, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen (Bl. 250 d. A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2006, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen (Bl. 261 d. A.), begründet.
Der Beklagte begehrt die Abweisung des Kündigungsschutzantrages und hält das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit für rechtsfehlerhaft. Er trägt vor, er habe den Entschluss zur Betriebsstilllegung unmittelbar im Anschluss an die Sitzung vor dem Verwaltungsgericht vom 16. September 2005 gefasst. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bericht an das Insolvenzgericht bereits verfasst gewesen. Der Vergleich vor dem Verwaltungsgericht habe es ihm ermöglicht, den Betrieb der Schuldnerin bis zum 31. Dezember 2005 fortzuführen und nicht sofort stilllegen zu müssen. Wegen der Bedingung zur Sanierung, die sich aus dem Vergleich ergebe, habe er sich trotz fehlender Erfolgsaussichten weiterhin um Investoren bemühen müssen, da die Freie und Hansestadt Hamburg versucht habe, ihn aus dem noch bis zum 31. Dezember 2005 bestehenden Vertrag vorzeitig auszuschließen. Deutlich würden diese Versuche der Stadt durch die unaufgeforderte Übersendung der Schreiben der MH. GmbH sowie der AS. GmbH, die ihm das Fehlen von Sanierungschancen hätten aufzeigen sollen. Er habe zu keinem Zeitpunkt in Verhandlungen mit diesen Gesellschaften gestanden. Eine Betriebsfortführung sei kostendeckend nur mit Fahrten, die über die Leitstelle der Freien und Hansestadt Hamburg angenommen werden, möglich gewesen. Ihm sei durch die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und die Schreiben der verschiedenen Organisationen klar geworden, dass keine der in § 7 HmbRDG genannten Organisationen zur Betriebsübernahme bereit gewesen sei. Vom Gläubigerausschuss habe er sich am 19. September 2005 seinen Stilllegungsbeschluss genehmigen lassen. Es habe zu keinem Zeitpunkt erfolgreiche Gespräche mit Investoren gegeben, die die Voraussetzungen des § 7 HmbRDG erfüllt hätten. Es habe auch zu keinem Zeitpunkt Übernahmeverhandlungen mit der Fa. K., einer privat organisierten Hilfsorganisation, gegeben. Diese habe sich im Dezember 2005 an ihn gewandt, um Informationen über den Rettungsdienstvertrag mit der Freien und Hansestadt Hamburg sowie über
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Vereinbarungen mit dem Krankenhaus Wa. zu erhalten. Er habe am 21. September 2005 den Interessenausgleich mit dem Betriebsrat verhandelt. An der Sitzung hätten der Betriebsratsvorsitzende Herr La., Frau L., der Kläger, der Prozessbevollmächtigte des Klägers als damaliger Berater des Betriebsrates und er, der Beklagte, teilgenommen. Er und der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätten vereinbart, dass dieser die Ergebnisse des Interessenausgleiches zusammenfassen und ihm, dem Beklagten, zukommen lassen solle. Dies sei auch so geschehen und er, der Beklagte, habe die Vereinbarung am 23. September 2005 unterzeichnet, ohne dass eine Abänderung erfolgt sei. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Er – der Beklagte - habe dem Betriebsratsvorsitzenden alle erforderlichen Informationen gegeben, insbesondere, dass durch die Beendigung des Vertrags mit der Freien und Hansestadt Hamburg die Aufträge wegfielen und dies auf Grund der wirtschaftlichen Situation die Stilllegung des Betriebes und damit die Kündigung aller Arbeitnehmer bedinge. Dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers habe er jeweils eine Liste übergeben, auf der alle bei der Schuldnerin noch beschäftigten 47 Arbeitnehmer mit allen kündigungsrelevanten Daten verzeichnet gewesen seien. Der Betriebsrat habe ihm mitgeteilt, dass er den zur Stilllegung erforderlichen Einzelmaßnahmen nicht widersprechen werde.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Hamburg vom 06. September 2006, Geschäftsnummer 10 Ca 183/05, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er trägt vor, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. An der Sitzung hinsichtlich des Interessenausgleichs hätten lediglich zwei Mitglieder des Betriebsrates teilgenommen. Der Betriebsrat habe aber aus sechs Mitgliedern bestanden. Es sei auch in der Sitzung am 21. September 2005 die
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Betriebsratsanhörung nicht mit der Verhandlung über den Interessenausgleich verbunden worden. Der Interessenausgleich enthalte keine Zustimmung des Betriebsrates zu den durchgeführten Kündigungen. Es seien am 21. September 2005 keine abschließenden Verhandlungen zum Interessenausgleich durchgeführt worden. Die abschließenden Verhandlungen über diesen Interessenausgleich seien am 23. September 2005 erfolgt. Die von dem Beklagten überreichte Personalliste sei unvollständig gewesen. Auch habe der Beklagte gerade nicht mitgeteilt, dass eine Stilllegung mit letzter Sicherheit von ihm beschlossen sei, sondern vielmehr bekräftigt, dass er sich weiter um die Fortführung des Unternehmens und die Erhaltung der Arbeitsplätze durch einen Investor oder eine Auffanggesellschaft bemühen werde. Eine Stilllegungsentscheidung sei am 16. September 2005 nicht erfolgt. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Beklagten am 21. September 2005 sei vielmehr über verschiedene Möglichkeiten der Fortführung des Betriebes bis hin zur Gründung einer Auffanggesellschaft durch die Mitarbeiter diskutiert worden. Neben Verhandlungen mit dem Landesverband habe der Beklagte Verhandlungen mit dem Kreisverband Harburg und den verantwortlichen Geschäftsführern der K.-Krankentransporte geführt. Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass zwischen dem Kläger und der Schuldnerin die freie Widerruflichkeit der Direktversicherung vereinbart worden sei. Die Schuldnerin sei tarifvertraglich verpflichtet gewesen, dem Kläger einen gesicherten Versorgungsanspruch zu verschaffen. Eine freie Widerruflichkeit stünde dem entgegen. Die Schuldnerin sei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Direktversicherung aus dem Tarifvertrag heraus verpflichtet gewesen, dem Kläger ein gesichertes Bezugsrecht für eine zusätzliche Altersversorgung zu verschaffen. Durch die Weigerung der Übertragung der Direktversicherung auf den Kläger verletze der Beklagte auch das Gleichbehandlungsgebot, denn die Versicherungsverträge von 19 der 22 Mitarbeiter seien übertragen worden. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung nicht anerkannt werde, mache er hilfsweise einen Schadensersatzanspruch geltend. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Schadensersatzanspruches wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 295 f d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt
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das Urteil des Arbeitsgerichtes Hamburg vom 06. September 2006 mit dem Geschäftszeichen 10 Ca 183/05 abzuändern und den Beklagten weiter zu verurteilen,
die bei der NL. AG bestehende Direktversicherung mit der Versicherungsnummer L auf den Kläger zu übertragen;
hilfsweise
an den Kläger € 11.029,07 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt vor, dem Kläger sei kein unwiderrufliches Bezugsrecht der Versicherung eingeräumt worden. Ein tarifvertraglicher Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung entfalle, da kein Tarifvertrag auf sein Vertragsverhältnis anwendbar sei. Das Gleichbehandlungsgebot sei nicht verletzt. Er habe nur die Bezugsrechte des Klägers sowie zweier weiterer Beschäftigter der Schuldnerin widerrufen können, da lediglich deren Bezugsrechte widerruflich gewesen seien. Da er wirksam das Bezugsrecht des Klägers widerrufen habe, stehe dem Kläger kein Anspruch in Höhe des Rückkaufswertes oder ein Schadensersatzanspruch zu.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
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Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
A
Die Berufung des Beklagten ist begründet.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 28. September 2005 zum 31. Dezember 2005 geendet. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, da dringende betriebliche Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Schuldnerin entgegenstehen, die Kündigung bedingen. Andere Unwirksamkeitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere scheitert die Wirksamkeit der Kündigung nicht am besonderen Kündigungsschutz der schwerbehinderten Menschen gemäß §§ 85ff. SGB IX, denn die erforderliche Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung des Klägers liegt mit Bescheid vom 28. September 2005 vor. Auch kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf einen besonderen Kündigungsschutz als Betriebsratsmitglied berufen, da gemäß § 15 Abs. 4 KSchG eine ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern im Falle der Betriebsstilllegung – wie hier – rechtlich zulässig ist.
Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Von den Arbeitsgerichten ist voll nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische
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Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAG AP Nr. 81 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m. w. N. aus der Rechtsprechung).
Der Beklagte hat in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Betrieb der Schuldnerin stillzulegen.
Eine Betriebsstilllegung setzt den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben. Bei der Auflösung der Betriebsorganisation im Falle einer Betriebsstilllegung ist der Arbeitgeber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach deren Durchführung auszusprechen. Vielmehr kann er die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände einer Betriebsstilllegung schon „greifbare Formen“ angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein wird (BAG AP Nr. 175 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Hingegen fehlt es an einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht und gleichwohl wegen Betriebsstilllegung kündigt. Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance biete, und gelingt dann später doch noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (BAG AP Nr. 139 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m. w. N. aus der Rechtsprechung).
Zur Überzeugung der Berufungskammer steht fest, dass der Beklagte den
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stillzulegen. Dies ergibt sich zunächst aus dem Interessenausgleich vom 23. September 2005, der in seiner Ziffer 1 ausdrücklich festhält:
„Der Betrieb soll zum 31.12.2005 stillgelegt werden“.
Berücksichtigt man zusätzlich, dass der Text des Interessenausgleiches von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in seiner Eigenschaft als Berater des seinerzeitigen Betriebsrates auf der Grundlage der Absprache vom 21. September 2005 erfolgte, ist das Bestreiten des Klägers hinsichtlich der endgültigen Stilllegungsentscheidung des Beklagten nicht recht nachvollziehbar. Die Stilllegungsentscheidung zum 31. Dezember 2005 ist zudem durch Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer zum 31. Dezember 2005 auch tatsächlich umgesetzt worden. Schon auf der Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses am 19. September 2005 wurde der Beklagte als Insolvenzverwalter ermächtigt, die zu einer Betriebsstilllegung am 31. Dezember 2005 erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.
Dem steht Ziffer 2 des Vergleiches vor dem Verwaltungsgericht Hamburg vom 16. September 2005 nicht entgegen. Dort heißt es zwar, dass der Schuldnerin Gelegenheit gegeben wird, binnen des Zeitraumes bis zum 31. Dezember 2005 erhaltend oder übertragend innerhalb der Hilfsorganisation im Sinne des § 7 HmbRDG eine Sanierung herbeizuführen. Auch der vorläufige Gläubigerausschuss hat der Fortführung des Geschäftsbetriebes bis zum 31. Dezember 2005 zugestimmt und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass hierdurch der Insolvenzverwalter Gelegenheit erhält, weitere Sanierungsbemühungen zu unternehmen. Damit wurde dem Insolvenzverwalter jedoch nur die Möglichkeit einer Sanierung eingeräumt. Mit der Limitierung der Fortführung des Geschäftsbetriebes auf den 31. Dezember 2005 war eine Fortsetzung über den 31. Dezember 2005 ausgeschlossen und insoweit die Stilllegungsentscheidung endgültig.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Beklagte nicht ernsthaft einen endgültigen Stilllegungswillen hatte. Das Schreiben des Beklagten an den D.-Landesverband Hamburg e. V. vom 21. September 2005
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(Blatt 341 d. A.) enthält eine unverbindliche Anfrage, ob von Seiten der D.-Gruppe Interesse an einer Übernahme des Bereiches der Krankenbeförderung besteht. Aus dem Schreiben der Rechtsanwälte K. u. F. vom 30. September 2005 (Blatt 345 d. A.) ergibt sich, dass die von dem Beklagten beigefügten Unterlagen für einen ernsthaften Einstieg in Übernahmegespräche ganz unzureichend seien. Weitere Bemühungen des Beklagten in dieser Sache sind weder behauptet noch belegt. Eine Besichtigung der Betriebsstätte der Schuldnerin durch den Geschäftsführer der Fa. K. ist zur Widerlegung eines Stilllegungswillens des Beklagten im Zeitpunkt der Kündigung gleichfalls nicht ausreichend.
Insoweit ist die Berufungskammer überzeugt, dass der Beklagte die endgültige Stilllegung des Geschäftsbetriebes der Schuldnerin beschlossen hat, aber sich die Chance vorbehalten hat, bei Interesse eines Dritten eine Betriebsveräußerung vorzunehmen. Dieser Umstand steht aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie dargelegt, einer sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht entgegen.
2. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 102 BetrVG wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam.
Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleiches ist nach § 102 BetrVG eine Anhörung des Betriebsrates erforderlich. Diese Anhörung kann der Arbeitgeber mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden (BAG AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Namensliste). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte Gebrauch gemacht. Nach Ziffer 5 des Interessenausgleiches erklärt der Betriebsrat, dass er nach § 102 BetrVG informiert wurde. Eine solche Klausel reicht zwar im Normalfall nicht aus, um eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu belegen. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit allerdings darin, dass der Text des Interessenausgleiches von einem Rechtsanwalt formuliert ist, der den Betriebsrat in den Verhandlungen über den Interessenausgleich vertreten hat. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass das, was im Interessenausgleich steht, auch so stattgefunden
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hat, ansonsten müsste man von einer vorsätzlichen Täuschung ausgehen, um hinterher die Anhörung des Betriebsrates bestreiten zu können. Zudem ergibt sich aus dem Interessenausgleich, dass der Betrieb zum 31. Dezember 2005 stillgelegt werden soll (§ 1) und sämtlichen Arbeitnehmern eine Kündigung ausgesprochen werden soll. Weitere Informationen waren im Zusammenhang mit den beabsichtigten Kündigungen nicht erforderlich. Wenn eine Sozialauswahl nach der für den Betriebsrat erkennbaren Auffassung des Arbeitgebers wegen der Stilllegung des gesamten Betriebes nicht vorzunehmen ist, braucht der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht nach § 102 BetrVG über Familienstand und Unterhaltspflichten der zu kündigenden Arbeitnehmer zu unterrichten (BAG AP Nr. 140 zu § 102 BetrVG 1972). Soweit der Kläger beanstandet hat, der Interessenausgleich sei nicht ausreichend personalisiert, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher nicht notwendig mit einer Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer verbunden sein muss. Im Streitfall war klar, dass der Betrieb zum Jahresende 2005 stillgelegt und sämtlichen Beschäftigten gekündigt wird. Dass zwei Arbeitnehmer darüber hinaus noch einige Zeit mit restlichen Abwicklungsarbeiten betraut worden sind, steht dem nicht entgegen.
Eine ordnungsgemäße Anhörung scheitert auch nicht daran, dass dem Betriebsrat keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich begannen mit Gesprächen am 21. September 2005. Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, vereinbarten er und der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers als damaliger Berater des Betriebsrates, dass letzterer die Ergebnisse des Interessenausgleiches zusammenfassen und dem Beklagten zur Unterzeichnung zukommen lassen sollte. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 23. September 2005 getan. Wenn denn der Betriebsratsvorsitzende an diesem Tag den Interessenausgleich und die Erklärung, ordnungsgemäß informiert worden zu sein, unterzeichnete, so lagen etwaige Mängel in der Beschlussfassung des Betriebsrates in dessen Sphäre, so dass dies einer ordnungsgemäßen Anhörung nicht entgegenstünde. Im Übrigen hat der Betriebsratsvorsitzende La. bei seiner Vernehmung vor der 5. Kammer des Arbeitsgerichtes Hamburg ausgesagt (Blatt 432 d. A.), dass am 22.
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September 2005 eine Betriebsratssitzung stattgefunden hat. Dem entspricht es, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in einem Schreiben an den Beklagten vom 22. September 2005 mitgeteilt hat, dass Änderungswünsche bitte zeitgleich dem Betriebsrat übermittelt werden sollten, da dieser in der heutigen (!) Sitzung über den Interessenausgleich abstimmen könne (Anl. B 17, Bl. 221 d. A.). Da er am 23. September 2005 den Interessenausgleich unterzeichnet hat, ist von einem zustimmenden Beschluss des Betriebsrates auszugehen.
3. Nach allem ist die Kündigung des Klägers durch den Beklagten mit Schreiben vom 28. September 2005 wirksam, so dass das arbeitsgerichtliche Urteil in diesem Punkt, wie geschehen, abzuändern war.
B
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übertragung der bei der NL. AG bestehenden Direktversicherung. Welche Rechte dem Insolvenzverwalter und dem begünstigten Beschäftigten aus dem Versicherungsverhältnis zustehen, hängt allein von der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen das Versicherungsverhältnis und das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Versorgungsverhältnis unterschieden werden (BAG, Urteil vom 08. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 - VersR 2000, 80).
Ein im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherer vereinbartes Widerrufsrecht gibt dem Arbeitgeber nur im Verhältnis zum Versicherer die Möglichkeit zum Widerruf des Bezugsrechtes. Aus dem Arbeitsvertrag kann sich ergeben, dass der Arbeitgeber von dem ihm versicherungsrechtlich eingeräumten Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen darf. Widerruft der Arbeitgeber dennoch, so ist der Widerruf versicherungsrechtlich wirksam,
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verpflichtet den Arbeitgeber jedoch zum Schadensersatz (BAG a.a.O. m. w. N. aus der Rechtsprechung).
Weder der Anstellungsvertrag vom 21. September 1998 noch der Geschäfts-führer-Vertrag vom 29. April 1999 sehen vor, dass der Kläger einen Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Auch durch den Verweis auf den Tarifvertrag über die Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Dr. ergibt sich nichts anderes. § 64 TV-D., der die zusätzliche Altersversorgung regelt (Bl. 385 d. A.), sieht einen Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vor. Nach dieser Norm ist der Arbeitgeber ohnehin frei, wie er die zusätzliche Altersversorgung regelt. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Juni 2005 (IV ZR 30/04) berufen, da diesem Urteil eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen hat.
Auch § 1 b Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) gibt keinen Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urteil vom 26. Februar 1991 - 3 AZR 213/90 - zitiert nach Juris).
2. Auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers kommt nicht in Betracht. Weder ist der Beklagte verpflichtet, das Bezugsrecht des Klägers nicht zu widerrufen, noch folgt ein solcher Anspruch aus § 1 b Abs. 2 BetrAVG. Die Altersversorgung des Klägers war zum Zeitpunkt seines Ausscheidens noch nicht unverfallbar.
Da die Direktversicherungszusage am 30. August 1999 gegeben wurde (Anl. K 7, Bl. 29 d. A.), bestimmt sich die Unverfallbarkeit nach § 30f BetrAVG. Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 01. Januar 2001 zugesagt worden sind, ist danach § 1 b Abs. 1 BetrAVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt
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mindestens 10 Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens 3 Jahre bestanden hat. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Schuldnerin am 31. Dezember 2005 geendet hat, ist wegen der nur siebenjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers eine Unverfallbarkeit nicht eingetreten. Die weitere Möglichkeit der Unverfallbarkeit des § 30f BetrAVG ist ebenfalls nicht gegeben, da die Zusage ab dem 01. Januar 2001 nicht 5 Jahre bestanden hat. Soweit sich der Kläger darauf berufen hat, er habe noch nach dem 1. Januar 2006 im Zusammenhang mit der Zeugniserstellung für ehemalige Beschäftigte der Schuldnerin Tätigkeiten entfaltet, führt dies nicht zum Überschreiten des 5-Jahres-Zeitraums, da eine solche Beschäftigung nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht worden ist und nicht zu einer Verlängerung der Betriebszugehörigkeit führt.
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt eine Pflicht des Beklagten, das Bezugsrecht des Klägers nicht zu widerrufen, nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Wie sich aus dem Schreiben der NV. vom 02. September 2005 (Anlage BB 1, Blatt 312 d. A.) ergibt, handelt es sich bei dem Gruppenvertrag um eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung mit widerruflichem Bezugsrecht für die vereinbarten Personen. Wenn insoweit für andere Arbeitnehmer das Bezugsrecht unwiderruflich geworden ist, beruht dies entweder auf einer abweichenden Vertragsgestaltung oder kann daran liegen, dass deren Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung unverfallbar geworden sind. Insoweit ist keine gleichheitswidrige Benachteiligung des Klägers gegeben, sondern allein eine unterschiedliche Rechtslage kann dazu führen, dass einzelnen Arbeitnehmern gegenüber in Bezug auf die Widerruflichkeit des Bezugsrechtes andere Regelungen gelten als für den Kläger.
C
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1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht gemäß § 72b ArbGG waren dem Kläger aufzuerlegen, da er letztlich im Rechtsstreit unterlegen ist.
2. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen, da die Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat.
Beck
Dr. Stark-Veltel
Milevczik
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