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Betriebsbedingte Kündigung oder Weiterbeschäftigung im Ausland?
03.09.2011. Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine Betriebsschließung, erhalten die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer im Normalfall eine betriebsbedingte Kündigung.
Die Perspektive einer Weiterbeschäftigung gibt es nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn das Unternehmen einen oder mehrere Betriebe an einem anderen Ort unterhält, in die die Arbeitnehmer versetzt oder auf der Grundlage Änderungskündigung weiter eingesetzt werden können.
Auch ein solcher Ortswechsel ist aber oft nicht möglich, denn er setzt voraus, dass dort freie Stelle vorhanden sind.
Und die andere Betriebsstätte des Arbeitgebers darf sich nicht im Ausland befinden, denn auf freie Stellen im Ausland kommt es nicht an, wenn der Arbeitgeber einen Betrieb in Deutschland schließt. Hinter diesen Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag letzter Woche ein Fragezeichen gesetzt: BAG, Urteil vom 29.08.2013, 2 AZR 809/12.
- Muss der Arbeitgeber bei Betriebsschließungen in Deutschland Arbeitnehmern Arbeitsplätze im Ausland anbieten?
- Der Streitfall: Produktionsverlagerung von Nordrhein-Westfalen nach Tschechien
- BAG: Betriebsbedingte Kündigungen sind auch dann rechtens, wenn freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen, aber es gibt Ausnahmen
Muss der Arbeitgeber bei Betriebsschließungen in Deutschland Arbeitnehmern Arbeitsplätze im Ausland anbieten?
Nach § 1 Abs.2 Satz 2 Nr.1 b) Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam, wenn der Arbeitnehmer
- an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder
- an einem anderen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens
weiterbeschäftigt werden kann. Dabei verlangt das KSchG nicht ausdrücklich, dass eine solche Möglichkeit der Weiterbeschäftigung in Deutschland bestehen muss.
Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG meint "Betrieb" im Sinne der ersten beiden Abschnitte des KSchG aber nur in Deutschland gelegene Betriebe. Denn die Vorschriften des KSchG über die Sozialauswahl, die Massenentlassungsanzeige usw. setzen voraus, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer an deutsches Arbeitsrecht gebunden sind (BAG, Urteil vom 26.03.2009, 2 AZR 883/07).
Dieser Rechtsprechung folgen auch die meisten Landesarbeitsgerichte (LAGs), so z.B. das LAG Hamburg (Urteil vom 11.05.2011, 5 Sa 1/11 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/186 LAG Hamburg - Kündigung bei Beschäftigungsmöglichkeit im Ausland) und das LAG Berlin Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom Urteil vom 01.06.2011, 4 Sa 218/11 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/226 Kündigung - LAG Berlin segnet betriebsbedingte Kündigung auch bei Einsatzmöglichkeit im Ausland ab).
Allerdings gab es in den letzten Jahren auch abweichende Entscheidungen (LAG Hamburg, Urteil vom 22.03.2011, 1 Sa 2/11).
Mit seinem Urteil vom Donnerstag letzter Woche hat das BAG angedeutet, dass es Ausnahmen von seiner Rechtsprechung für möglich hält.
Der Streitfall: Produktionsverlagerung von Nordrhein-Westfalen nach Tschechien
Im Streitfall ging es um ein Unternehmen mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, das Verbandsstoffe herstellt. Diese wurden schon seit langem in Tschechien produziert. Die Endfertigung und Verpackung wickelte das Unternehmen aber nach wie vor in Nordrhein-Westfalen ab.
Doch damit sollte zum 01.02.2012 Schluss sein, d.h. ab diesem Zeitpunkt sollte die gesamte Produktion in Jaromer in Tschechien stattfinden. In Deutschland sollte nur die Verwaltung und der kaufmännische Bereich bestehen bleiben.
Im Hinblick auf die Schließung seines Produktionsbetriebes kündigte das Unternehmen allen in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmern betriebsbedingt zum 31.01.2012. Eine der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen, die seit 1984 beschäftigt war, erhob Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht Solingen (Urteil vom 27.02.2012, 4 Ca 993/11) und das LAG Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 15 Sa 759/12) wiesen die Klage ab. Die Gründe, auf die sich das LAG stützt, sind in einem Parallelfall dokumentiert (LAG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 15 Sa 485/12).
BAG: Betriebsbedingte Kündigungen sind auch dann rechtens, wenn freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen, aber es gibt Ausnahmen
Das BAG wies die Revision zurück und bekräftigte seine Rechtsprechung, wonach der erste Abschnitt des KSchG nur auf Betriebe anzuwenden ist, die in Deutschland liegen. In diesem Sinne, so das BAG in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung, muss der Betriebsbegriff in gemäß § 23 Abs.1 KSchG und in § 1 Abs.2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden.
Das heißt für Betriebsschließungen wie im vorliegenden Fall:
Die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen anzubieten, ist im Allgemeinen nur auf freie Arbeitsplätze in Deutschland bezogen.
Daher hätte der Arbeitgeber hier im Streitfall keine Änderungskündigung aussprechen müssen. Er war nicht dazu verpflichtet, der gekündigten Arbeitnehmerin anstelle der Entlassung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Tschechien anzubieten.
Dabei deutet das BAG allerdings zwei mögliche Ausnahmen an, die es vielleicht künftig von dem Prinzip machen würde, dass sich gekündigte Arbeitnehmer nicht auf im Ausland bestehende Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung berufen können:
Erstens: Der Arbeitgeber verlagert seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung seiner Identität ins Ausland. Dann muss er möglicherweise seine bisland in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer möglicherweise mitnehmen bzw. ihnen zumindest ein entsprechendes Angebot machen.
Zweitens: Die Wegstrecke zwischen dem in Deutschland geschlossenen Betrieb und dem ausländischen Betrieb des Arbeitgebers, in dem weiter gearbeitet wird, ist kurz. Auch dann muss er möglicherweise eine Weiterbeschäftigung anbieten. Im Streitfall waren bisheriger Betrieb und tschechischer Betrieb aber mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt. Daher ga es hier keine "Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen".
Fazit: Die Erfurter Richter halten an ihrer Rechtsprechung fest, dass betriebsbedingte Kündigungen auch dann zulässig sind, wenn der Arbeitgeber einen Betrieb im Ausland unterhält und es dort freie Arbeitsplätze gibt. Allerdings können freie Arbeitsplätze im Ausland ausnahmsweise doch die Kündigung zu Fall bringen, wenn der ganze Betrieb ins Ausland verlagert wird oder wenn die Wegstrecke zwischen bisherigem Einsatzort und ausländischem Betrieb kurz ist.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.08.2013, 2 AZR 809/12 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 15 Sa 485/12
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 11.05.2011, 5 Sa 1/11
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 22.03.2011, 1 Sa 2/11
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom Urteil vom 01.06.2011, 4 Sa 218/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.05.2011, 8 AZR 37/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 14/110 Kündigung ohne Sozialauswahl?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/055 Kündigungsschutz - Auslandsvertrag zählt bei Wartezeit mit
- Arbeitsrecht aktuell: 11/226 Kündigung - LAG Berlin segnet betriebsbedingte Kündigung auch bei Einsatzmöglichkeit im Ausland ab
- Arbeitsrecht aktuell: 11/186 LAG Hamburg - Kündigung bei Beschäftigungsmöglichkeit im Ausland
- Arbeitsrecht aktuell: 11/131 Betriebsverlagerung ins Ausland als Betriebsübergang
- Arbeitsrecht aktuell: 10/061 Kündigungsschutz durch ausländisches Arbeitsverhältnis
- Arbeitsrecht aktuell: 10/007 Betriebsverlagerung ins Ausland
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 2. April 2018
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