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Aufsichtsratswahl und Leiharbeit
16.11.2015. Gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) können Arbeitnehmer in bestimmten Kapitalgesellschaften mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern Aufsichtsratsvertreter wählen. Der Aufsichtsrat setzt sich dann paritätisch aus Vertretern des Unternehmens (Anteilseigner) und Vertretern der Arbeitnehmer zusammen (§ 7 MitbestG).
Die Wahl der Arbeitnehmervertreter wird gemäß § 9 MitbestG je nach Unternehmensgröße bzw. Arbeitnehmeranzahl als unmittelbare Wahl (bis 8.000 Arbeitnehmer) oder mittelbare Wahl bzw. Delegiertenwahl (mehr als 8.000 Arbeitnehmer) durchgeführt.
Fraglich ist, ob Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl im Sinne von § 9 MitbestG mitzählen. Ja, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung: BAG, Beschluss vom 04.11.2015, 7 ABR 42/13 (Pressemitteilung).
- Sind Leiharbeitnehmer "Arbeitnehmer" im Sinne von § 9 Abs.1 Mitbestimmungsgesetz?
- Der Streitfall: In einem mitbestimmten Unternehmen sind 7.875 Stammarbeitnehmer, 22 Leitende und 444 Leiharbeitnehmer beschäftigt
- BAG: Leiharbeitnehmer zählen beim Schwellenwert des § 9 Abs.1 MitbestG mit
Sind Leiharbeitnehmer "Arbeitnehmer" im Sinne von § 9 Abs.1 Mitbestimmungsgesetz?
§ 9 Abs.1 und Abs.2 MitbestG schreibt vor, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eines Unternehmens
- mit in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern mittelbar (durch Delegierte) gewählt werden (falls die Arbeitnehmer nicht doch eine unmittelbare Wahl beschließen), und
- mit in der Regel nicht mehr als 8.000 Arbeitnehmern unmittelbar gewählt werden (falls die Arbeitnehmer nicht doch eine mittelbare Wahl beschließen).
Bei der unmittelbaren Wahl werden die Aufsichtsratsmitglieder direkt von allen Wahlberechtigten gewählt. Bei der mittelbaren Wahl müssen die Wahlvorstände dagegen zunächst die Wahl der Delegierten organisieren. Im nächsten Schritt wählen dann die Delegierten in der Delegiertenversammlung die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer.
Ob Leiharbeitnehmer zu den Arbeitnehmern im Sinne von § 9 MitbestG gehören und damit bei der Ermittlung der Regelwahlart berücksichtigt werden müssen, ist nicht eindeutig geregelt.
Wörtlich genommen könnte § 9 MitbestG gegen die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer sprechen, denn § 9 Abs.1 und Abs.2 MitbestG spricht von den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer "eines Unternehmens". Leiharbeitnehmer werden aber nach § 14 Abs.1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) dem Betrieb des Verleihers zugeordnet, d.h. sie bleiben "auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers".
Andererseits stellt § 10 Abs.2 Satz 2 MitbestG in Verbindung mit § 7 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) klar, dass auch Leiharbeitnehmer wählen dürfen, d.h. das aktive Wahlrecht haben, wenn sie länger als drei Monate in dem Betrieb eingesetzt wurden. Allerdings können sie nicht zum Betriebsrat gewählt werden, denn das schließt § 14 Abs.2 Satz 1 AÜG ausdrücklich aus.
Das BAG hat in den letzten Jahren mehrfach Leiharbeitnehmer bei der Anwendung arbeitsrechtlicher Schwellenwerte mitgezählt (wir berichteten: Arbeitsrecht aktuell 11/204 Interessenausgleich und Sozialplan: Leiharbeitnehmer zählen mit; Arbeitsrecht aktuell: 13/214 Sozialauswahl bei der Kündigung von Leiharbeitnehmern). An dieser Linie hält das BAG auch in seinem aktuellen Beschluss fest: BAG, Beschluss vom 04.11.2015, 7 ABR 42/13.
Der Streitfall: In einem mitbestimmten Unternehmen sind 7.875 Stammarbeitnehmer, 22 Leitende und 444 Leiharbeitnehmer beschäftigt
Im Streitfall ging es um eine Aufsichtsratswahl, die 2011 in einem dem MitbestG unterfallenden Unternehmen stattfinden sollte. Um festzustellen, ob die Wahl als unmittelbare oder mittelbare Wahl durchzuführen wäre, hatte der Hauptwahlvorstand die Zahl der im Unternehmen tätigen Stammkräfte und Leiharbeitnehmer zusammengerechnet. Danach waren im Unternehmen 7.875 Stammarbeitnehmer, 22 leitende Angestellte und 444 auf Stammarbeitsplätzen eingesetzte wahlberechtigte Leiharbeitnehmer beschäftigt, insgesamt 8.341 Arbeitnehmer.
Daher erklärte der Wahlvorstand per Aushang, dass die Wahl gemäß § 9 Abs.1 MitbestG als mittelbare Wahl stattfinden sollte, falls sich die Arbeitnehmer nicht doch für eine unmittelbare Wahl entscheiden sollten.
14 Stammarbeitnehmer wollten den Wahlvorstand daraufhin gerichtlich dazu verpflichten, die Wahl als unmittelbare Wahl durchzuführen. Das Arbeitsgericht Offenbach wies den Antrag zurück (Beschluss vom 22.08.2012, 10 BV 6/11). Auch die Beschwerde zum Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) hatte keinen Erfolg (Hessisches LAG, Beschluss vom 11.04.2012, 9 TaBV 308/12).
BAG: Leiharbeitnehmer zählen beim Schwellenwert des § 9 Abs.1 MitbestG mit
Das BAG schloss sich den Vorinstanzen an und gab dem Wahlvorstand recht. Demnach zählen wahlberechtigte Leiharbeitnehmer auf Stammarbeitsplätzen bei dem Schwellenwert von in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern im Sinne von § 9 Abs.1 und Abs.2 MitbestG mit.
In der bislang allein veröffentlichten BAG-Pressemeldung bezieht sich das Gericht auf seine neuere Rechtsprechung, "nach der die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs insbesondere von einer normzweckorientierten Auslegung des jeweiligen gesetzlichen Schwellenwertes abhängt".
Dahinter steckt wohl die Überlegung, dass die Delegiertenwahl in großen Unternehmen für mehr Transparenz sorgen soll. Viele Aufsichtsratskandidaten der Arbeitnehmerbank arbeiten nämlich in den Konzernzentralen und sind den Arbeitnehmern in kleineren Betrieben vor Ort oft unbekannt. Eine Delegiertenwahl ist da sinnvoll, weil die Arbeitnehmer ihnen vertraute Kandidaten als Delegierte wählen können.
Unterm Strich soll die Delegiertenwahl bei Unternehmen mit mehr als 8.000 Arbeitnehmern sicherstellen, dass die Arbeitnehmer ihre Kandidaten auch kennen. Diese Zwecksetzung gilt aber für Stammarbeitnehmer genauso wie für wahlberechtigte Leiharbeitnehmer.
Fazit: Angesichts der nach wie vor großen Bedeutung der Leiharbeit ist die Entscheidung des BAG richtig. Außerdem fügt sie sich in die neuere BAG-Rechtsprechung gut ein. Bei Wahlen zum Aufsichtsrat müssen wahlberechtigte Leiharbeitnehmer künftig mitgezählt werden. Andernfalls ist die Aufsichtsratswahl anfechtbar.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 04.11.2015, 7 ABR 42/13 (Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 04.11.2015, 7 ABR 42/13
- Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 11.04.2012, 9 TaBV 308/12
- Arbeitsgericht Offenbach, Beschluss vom 22.08.2012, 10 BV 6/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Arbeitsrecht aktuell: 17/290 Schwellenwerte bei Massenentlassungen und Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 17/212 Deutsche Mitbestimmung ist mit EU-Recht vereinbar
- Arbeitsrecht aktuell: 17/146 Welche Auswirkungen hat das AÜG 2017 für den Betriebsrat?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/128 Massenentlassungsanzeige und Leiharbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 17/020 Verlängerung von befristeten Verträgen bei der Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 15/330 Gesetzentwurf zur Zeitarbeit 2015
- Arbeitsrecht aktuell: 13/214 Sozialauswahl bei der Kündigung von Leiharbeitnehmern
- Arbeitsrecht aktuell: 13/018 Beim Kündigungsschutz zählen Leiharbeitnehmer mit
- Arbeitsrecht aktuell: 11/204 Interessenausgleich und Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 11/025 Anfechtung einer Betriebsratswahl
- Arbeitsrecht aktuell: 10/190 Abbruch einer mit Sicherheit anfechtbaren Betriebsratswahl
- Arbeitsrecht aktuell: 10/068 Anwalt auch für Wahlvorstände
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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