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LAG Hamm, Beschluss vom 23.10.2009, 10 TaBV 39/09
Schlagworte: | Betriebsrat: Mitbestimmungsrecht, Kündigung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 10 TaBV 39/09 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 23.10.2009 | |
Leitsätze: | 1. Im Verfahren nach § 104 BetrVG auf Entlassung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter. 2. Das Entlassungsbegehren des Betriebsrats nach § 104 BetrVG verlangt neben einem gesetzwidrigen Verhalten oder einer groben Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze als zusätzliches Tatbestandsmerkmal die wiederholte ernstliche Störung des Betriebsfriedens. Eine bloße Gefährdung des Betriebsfriedens reicht nicht aus, es muss zumindest eine wiederholte erhebliche Beunruhigung unter der Belegschaft entstanden sein |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Paderborn, Beschluss vom 26.02.2009, 1 BV 97/08 | |
Tenor:
Auf die Beschwerden der Arbeitgeberin und des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.02.2009 – 1 BV 97/08 – abgeändert.
Die Anträge des Betriebsrats werden abgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
A
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Betriebsrats auf Entlassung bzw. Versetzung eines Arbeitnehmers nach § 104 BetrVG.
Die Arbeitgeberin produziert und vertreibt Backwaren und beschäftigt ca. 980 Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat gewählt, der aus 13 Personen besteht.
Der 41jährige Beteiligte zu 3., der zwei Kindern unterhaltsverpflichtet ist, ist seit dem 04.07.1988 bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Zuletzt war er regelmäßig als Abteilungsleiter der sogenannten Brotschicht in der Nachtschicht eingesetzt, in der ca. 20 Mitarbeiter tätig sind.
Der Beteiligte zu 3. war Ersatzmitglied des Betriebsrats. Am 03.09.2008 und am 16.09.2008 nahm er als Ersatzmitglied für verhinderte ordentliche
Betriebsratsmitglieder an Betriebsratssitzungen teil. Am 24.09.2008 nahm er auch an einer Wirtschaftsausschusssitzung teil.
Am 17.11.2006 hatte der Beteiligte zu 3. von der Arbeitgeberin eine Abmahnung (Bl. 10 d.A.) erhalten, weil er am 08.11.2006 gegen 22.30 Uhr im Rahmen einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer B5 L2 diesen in das Gesäß getreten hatte.
Ob es zuvor noch weitere handgreifliche oder sexuelle Übergriffe durch den Beteiligten zu 3. gegenüber anderen Mitarbeitern gegeben hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am 19.11.2008 kam es wiederum in der Nachtschicht, in der der Beteiligte zu 3. als Abteilungsleiter in der sogenannten Brotschicht tätig war, zu einer Auseinandersetzung mit dem Mitarbeiter F1 D2, wobei der Beteiligte zu 3. den Mitarbeiter D2 in Brusthöhe am T-Shirt packte und ihn im Brustbereich verletzte. Ob der Beteiligte zu 3. von dem Mitarbeiter D2 hierzu provoziert worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Mitarbeiter D2 war daraufhin vom 19. bis zum 22.11.2008 arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 11 d.A.).
Nachdem der Mitarbeiter D2 sich unter anderem auch beim Betriebsrat wegen der Auseinandersetzung mit dem Beteiligten zu 3. vom 19.11.2008 beschwert hatte, prüfte der Betriebsrat die Beschwerde des Mitarbeiters D2. Mit Schreiben vom 26.11.2008 (Bl. 15 d.A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass er aufgrund seiner Prüfung zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Beschwerde des Mitarbeiters D2 gerechtfertigt sei; er forderte die Arbeitgeberin auf, bis zum 28.11.2008 Abhilfe zu schaffen und teilte gleichzeitig mit, dass er überprüfen lasse, ob ein Verfahren nach § 104 BetrVG einzuleiten sei.
Bereits mit Schreiben vom 23.11.2008 (Bl. 9 d.A.) hatte der Beteiligte zu 3. mitgeteilt, dass er als "stellvertretendes Betriebsratsmitglied" mit sofortiger Wirkung am 24.11.2008 zurücktrete.
Mit Schreiben vom 28.11.2008 (Bl. 13 d.A.) erteilte die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 3. eine "letzte Abmahnung" wegen des Vorfalles vom 19.11.2008. Auf den Inhalt des Abmahnungsschreibens vom 28.11.2008 wird Bezug genommen. Gleichzeitig wurde mit dem Beteiligten zu 3. wegen der Vorkommnisse vom 19.11.2008 folgende Vereinbarung getroffen:
"1. Herr B4 G1 übernimmt die Kosten für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall des Herrn D2 für den Zeitraum vom 19.11. – 22.11.2008, mithin 461,45 EUR inkl. Arbeitgeberanteil Sozialversicherung.
2. Herr G1 verpflichtet sich, außerhalb seiner Arbeitszeit eine Maßnahme zur Vermeidung von Fehlverhalten gegenüber Mitarbeitern (z.B. Besuch eines Seminars zur Gewaltprävention/Stressmanagement oder psychologische Behandlung mit einem Mindestgesamtumfang von 10 Stunden durchzuführen). Herr G1 trägt die Gesamtkosten dieses Seminars persönlich. Herr G1 erbringt über die Teilnahme bis zum 31.05.2008 gegenüber der Geschäftsleitung einen schriftlichen Nachweis gegenüber der Geschäftsleitung. Wird der Nachweis nicht fristgemäß erbracht, so erfolgt ersatzweise die Anmeldung zu einer vergleichbaren Veranstaltung des Herrn G1 durch die Fa. B2 S1. Herr G1 hat dann die Kosten vollständig zu tragen.
3. Herr G1 entschuldigt sich persönlich bei Herrn D2 vor seiner Abteilung.
4. Sollten weitergehende Kosten für die B2 S1 GmbH & Co. OHG, gleich welcher 16 Art, entstehen, so bleibt eine Geltendmachung durch die B2 S1 GmbH & Co. OHG vorbehalten. Verjährungsklauseln sind nicht zu beachten.
5. Herr G1 stimmt ausdrücklich der Verrechnung der Beträge der Ziffern 1 und 2 mit der jeweils nächsten Lohnabrechnung zu.
6. Herr G1 akzeptiert die heute an ihn übergebene Abmahnung für sein Fehlverhalten am 19.11.2008 sowohl inhaltlich als auch in rechtlicher Hinsicht."
Am Sonntag, den 30.11.2008 entschuldigte sich der Beteiligte zu 3. bei dem Mitarbeiter D2 vor der versammelten Abteilung für sein Verhalten vom 19.11.2008.
Am 02.12.2008 fasste der Betriebsrat auf seiner Sitzung den Beschluss, die Entlassung des Beteiligten zu 3. nach § 104 BetrVG zu verlangen. Da die Arbeitgeberin diesem Begehren nicht nachkam, leitete der Betriebsrat am 24.12.2008 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, sein Entlassungsbegehren sei gerechtfertigt. Mindestens müsse dem Beteiligten zu 3. die Personalführungsfunktion entzogen und er in die Tagschicht versetzt werden.
Die von der Arbeitgeberin getroffenen Maßnahmen seien nämlich unzureichend. Dies ergebe sich daraus, dass der Vorfall vom 19.11.2008 und die Anwendung von körperlicher Gewalt gegenüber dem Mitarbeiter L2, die zu der Abmahnung vom 17.11.2006 geführt habe, nicht die einzigen Vorfälle gewesen seien. Insoweit hat der Betriebsrat behauptet, dass es vor drei Jahren bereits einen Vorfall gegeben habe, bei der der Beteiligte zu 3. eine sexuelle Belästigung vorgenommen habe.
Im Übrigen sei der Beteiligte zu 3. insgesamt für sein aufbrausendes Wesen und seine Gewaltbereitschaft bekannt. Er habe den Betriebsfrieden erheblich gestört.
Die von der Arbeitgeberin erteilte Abmahnung vom 28.11.2008 sei unzureichend. Auch die Entschuldigung des Beteiligten zu 3. vom 30.11.2008 habe der betroffene Mitarbeiter, Herr D2, nicht vollständig akzeptiert. Auch die anderen Kollegen hätten die Entschuldigung des Beteiligten zu 3. nicht ganz ernst genommen. Alle Mitarbeiter gingen davon aus, dass sich ein solcher oder ähnlicher Vorfall wiederholen werde.
Mindestens sei der Hilfsantrag gerechtfertigt. Der Beteiligte zu 3. müsse in die Tagschicht versetzt werden, weil dann eine bessere Aufsicht des Beteiligten zu 3. durch seine Vorgesetzten gewährleistet sei.
Der Betriebsrat hat beantragt,
1. der Arbeitgeberin aufzugeben, den Beteiligten zu 3. zu entlassen;
2. hilfsweise der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Beteiligten zu 3. die Personalführungsfunktion zu entziehen und ihn in die Tagschicht zu versetzen;
3. für den Fall, dass die Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung gemäß Ziffer 1. bzw. 2. nach rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung nicht nachkommt, ihr für jeden Tag der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € anzudrohen.
Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. haben beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass vom Betriebsrat gestellte Entlassungsbegehren sei unverhältnismäßig. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Betriebsrat es nicht einmal für nötig erachtet habe, den Beteiligten zu 3. vor dem Entlassungsbegehren selbst anzuhören. Aus Enttäuschung über dieses Verhalten habe der Beteiligte zu 3. daraufhin sein Mandat als Ersatzmitglied des Betriebsrats niedergelegt.
Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. haben behauptet, der Beteiligte zu 3. sei am 19.11.2008 von dem Mitarbeiter D2 provoziert worden. Der Beteiligte zu 3. sei damit beschäftigt gewesen, Rollwagen aus dem Garraum zum Ofen zu schieben. Dabei habe er auch den Arbeitsplatz von Herrn D2 passieren müssen. Da Herr D2 den Weg mit Körben versperrt habe, habe der Beteiligte zu 3. den Weg freigeräumt und Herrn D2 darauf hingewiesen, dass er den Weg frei lassen solle, da er noch mit einem weiteren Wagen zum Ofen müsse. Als der Beteiligte zu 3. dann kurz darauf mit einem weiteren Rollwagen zum Ofen gewollt habe, habe Herr D2 die Körbe demonstrativ wieder in den Weg geschoben, sodass der Beteiligte zu 3. nicht vorbei gekommen sei. Dabei habe Herr D2 den Beteiligten zu 3. bewusst angegrinst. Der Beteiligte zu 3. habe die Körbe zur Seite gestoßen, um sich Platz zu verschaffen. Herr D2 habe daraufhin zum Beteiligten zu 3. in einem herablassenden Ton gesagt: "Was willst Du denn?". Der Beteiligte zu 3. habe sich daraufhin dazu hinreißen lassen, den Mitarbeiter D2 in Brusthöhe am T-Shirt zu packen und ihn zurückzudrängen. Dabei habe er sinngemäß gesagt, dass Herr D2 das zu tun habe, was er ihm sage. Nachdem der Beteiligte zu 3. nach entsprechender Aufforderung durch Herrn D2 diesen losgelassen habe, habe er noch sinngemäß geäußert, dass er ihn "wie eine Fliege zerquetschen" könne.
Die Arbeitgeberin habe das Verhalten des Beteiligten zu 3. aufs Schärfste missbilligt und ihm aufgrund dieses Vorfalls eine letzte Abmahnung erteilt. Der Beteiligte zu 3. habe sich einsichtsfähig und reuig gezeigt. Entsprechend der getroffenen Abmahnung habe er die Lohnfortzahlungskosten für den Mitarbeiter D2 übernommen. Der Beteiligte zu 3. nehme inzwischen an einer Schulung zur Gewaltprävention und Stressbewältigung teil. Er habe auch selbst inzwischen eingeräumt, sich am 19.11.2008 völlig falsch verhalten zu haben. Sein Verhalten bedauere er zutiefst. Nach Erteilung der Abmahnung gebe es keine Probleme mit dem Beteiligten zu 3. mehr. Aufgrund der Entschuldigung des Beteiligten zu 3. sei der Betriebsfrieden wieder hergestellt. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht.
Auch der vom Betriebsrat gestellte Hilfsantrag sei wegen fehlender Wiederholungsgefahr unbegründet. Im Übrigen sei der Arbeitgeberin eine
Versetzung des Beteiligten zu 3. in die Tagschicht nicht zumutbar. Der Beteiligte zu 3. sei als hochspezialisierter Mitarbeiter für das Backen der Brote als Abteilungsleiter verantwortlich. Brote würden bei der Arbeitgeberin nur in der Nachtschicht gebacken. Die Arbeitgeberin habe daher ein berechtigtes Interesse da-ran, den Beteiligten zu 3. auch weiterhin als Abteilungsleiter in der Nachtschicht einzusetzen.
Durch Beschluss vom 26.02.2009 hat das Arbeitsgericht dem Hauptantrag des Betriebsrats stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 3. habe sich in der Nachtschicht vom 19.11.2008 gesetzwidrig im Sinne des § 104 BetrVG verhalten. Ein Entlassungsbegehren komme auch bei Tätlichkeiten und vorsätzlichen körperlichen Angriffen in Betracht. Durch sein grobes gesetzwidriges Verhalten und den körperlichen Angriff auf den Mitarbeiter D2 habe der Beteiligte zu 3. den Betriebsfrieden erheblich gestört. Auch die Entschuldigung des Beteiligten zu 3. vermöge hieran nichts zu ändern, da sie lediglich auf der mit der Arbeitgeberin geschlossenen Vereinbarung beruhe. Zudem sei der Beteiligte zu 3. bereits zuvor einschlägig abgemahnt worden.
Gegen den der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 3. am 09.04.2009 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, haben die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. am 30.04.2009 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 09.07.2009 mit den Schriftsätzen vom 09.07.2009 begründet.
Während des laufenden Beschwerdeverfahrens teilte der Mitarbeiter D2 dem Betriebsrat mit Schreiben vom 28.09.2009 (Bl. 142 d.A.) folgendes mit:
"Hiermit möchte ich Sie bitten, das Beschwerdeverfahren gegen Herrn G1 einzustellen.
Herr G1 hat sich mittlerweile mehrfach bei mir persönlich für den Vorfall am 19.11.2008 entschuldigt.
Für mich ist diese Geschichte damit erledigt und ich sehe dies als meine persönliche Angelegenheit an.
Daher meine Bitte, das Verfahren gegen Herrn G1 einzustellen."
Unter Vorlage einer Teilnahmebestätigung für den Beteiligten zu 3. vom 10.05.2009 (Bl. 85 d.A.) sind die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. weiter der Auffassung, dass das Entlassungsbegehren des Betriebsrats nicht gerechtfertigt sei. Bereits der erste Vorfall, der zur Abmahnung vom 17.11.2006 geführt habe, sei nicht so schwerwiegend gewesen und stelle auch keine ernstliche Störung des Betriebsfriedens dar. Es habe sich nämlich bei dem Vorfall vom 08.11.2006 eigentlich um keine Tätlichkeit gehandelt. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Mitarbeiters L2 gemäß dessen Schreiben vom 20.05.2009 (Bl. 84 d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Im Übrigen habe der Beteiligte zu 3. an Sitzungen über ein "Training zur Stressbewältigung und Stressmanagement" teilgenommen. Dies ergebe sich aus der Teilnahmebestätigung vom 10.05.2009 (Bl. 85 d.A.). Der Beteiligte zu 3. sei damit seiner Verpflichtung aus der mit der Arbeitgeberin abgeschlossenen Vereinbarung nachgekommen. Im Übrigen sei der Beteiligte zu 3. kein unkontrollierter Gewalttäter, wie der Betriebsrat vortrage. Eine wiederholte ernstliche Störung des Betriebsfriedens liege nicht vor, auch wenn das Verhalten des Beteiligten zu 3. vom 08.11.2006 und vom 19.11.2008 nicht in Ordnung gewesen sei.
Das Arbeitsgericht habe im Übrigen nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Beteiligte zu 3. bei dem Vorfall vom 19.11.2008 von dem Mitarbeiter D2 provoziert worden sei.
Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass im vorliegenden Fall wegen der Teilnahme des Beteiligten zu 3. an Betriebsratssitzungen vom 03. und 16.09.2008 lediglich eine außerordentliche Kündigung in Betracht gekommen wäre. Der Betriebsrat habe aber das vorliegende Verfahren erst am 24.12.2008 eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB bereits verstrichen gewesen. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sei zum Zeitpunkt der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens bereits nicht mehr möglich gewesen.
Mindestens müsse davon ausgegangen werden, dass das Recht des Betriebsrats die Entlassung oder Versetzung des Beteiligten zu 3. zu verlangen, verwirkt sei. Bereits am 30.11.2008 habe der Beteiligte zu 3. sich wegen seines Verhaltens vom 19.11.2008 entschuldigt. Alle Mitarbeiter, insbesondere auch der Mitarbeiter D2, hätten diese Entschuldigung angenommen. Zudem habe der Beteiligte noch am 19.11.2008 bei Herrn D2 auf dessen Handy angerufen und, als er ihn nicht erreicht habe, eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, in der er sich bei ihm entschuldigt und Herrn D2 um Rückruf gebeten habe. Seit dem Vorfall vom 19.11.2008 und seiner Entschuldigung arbeiteten alle Mitarbeiter in der Brotschicht vorbehaltlos miteinander zusammen. Ende Dezember 2008 habe niemand mehr mit einem Entlassungsbegehren seitens des Betriebsrats zu rechnen brauchen. Es habe auch seit dem 19.11.2008 keine weiteren Vorfälle mehr gegeben. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht.
Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. beantragen,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.02.2009 – 1 BV 97/08 – 49 abzuändern und die Anträge des Betriebsrats zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, die Vorfälle, auf die der Betriebsrat sich beziehe, rechtfertigten das
Entlassungsbegehren. Insoweit behauptet der Betriebsrat erneut, es habe bereits im Jahre 2005 einen Vorfall wegen einer durch den Beteiligten zu 3. vorgenommenen sexuellen Belästigung gegeben. Auch der Vorfall vom 08.11.2006 könne nicht bagatellisiert werden. Am 08.11.2006 habe der Beteiligte zu 3. den Mitarbeiter L2 bewusst in das Gesäß getreten. Wegen dieses Vorfalles habe der Beteiligte zu 3. am 17.11.2006 eine Abmahnung erhalten, die der Beteiligte zu 3. hingenommen habe. Die nunmehr von dem Mitarbeiter L2 abgegebene Stellungnahme vom 20.05.2009 ändere hieran nichts.
Der Beteiligte zu 3. sei gegenüber ihm untergebenen Mitarbeitern aggressiv und werde diese auch weiterhin in Zukunft tätlich angreifen. Dass der Beteiligte zu 3. seine aggressive Grundeinstellung beibehalten habe, zeige gerade der Vorfall vom 19.11.2008. Die vorangegangene Abmahnung vom 17.11.2008 habe keine Wirkung gezeigt. Hieraus ergebe sich die Wiederholungsgefahr.
Der Beteiligte zu 3. habe sich auch erst ca. 10 Tage nach der Attacke vom 19.11.2008 bei dem Mitarbeiter D2 entschuldigt, dies aber nur deshalb, weil er sich gegenüber der Arbeitgeberin hierzu verpflichtet habe. Die Entschuldigung hätten weder Herr D2 noch sämtliche anderen Arbeitskollegen ernst genommen. Alle Mitarbeiter gingen davon aus, dass sich ein solcher oder ähnlicher Vorfall wiederholen werde, da der Beteiligte zu 3. für sein aufbrausendes Temperament und seine Gewaltbereitschaft bekannt sei. Die Beschäftigten gerade in der Nachtschicht seien dem Beteiligten zu 3. schutzlos ausgeliefert. Der Beteiligte zu 3. werde in seiner Schicht gemieden, nach Kenntnis des Betriebsrats spreche nach dem Vorfall vom 19.11.2008 niemand mehr als nötig mit ihm.
Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. könnten sich auch nicht auf das Schreiben des Mitarbeiters D2 vom 28.09.2009 berufen. Inzwischen sei nämlich Herr D2 in die Tagschicht versetzt und dort zum Teigführer ernannt worden. Er arbeite nunmehr nicht mehr unmittelbar mit dem Beteiligten zu 3. zusammen. Auch durch die Akzeptanz der Entschuldigung durch Herrn D2 sei nicht das Interesse des Betriebsrats an der Fortführung des vorliegenden Verfahrens weggefallen. Dem Beteiligten zu 3. werde nämlich weiterhin keine Personalführungskompetenz zugesprochen. Die Stimmung der Mitarbeiter in der Nachtschicht sei immer noch schlecht und gegenüber dem Beteiligten zu 3. von Angst und Anspannung geprägt.
Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. könnten sich auch nicht darauf berufen, dass der Beteiligte zu 3. im September 2008 an Betriebsratssitzungen teilgenommen habe. Der Beteiligte zu 3. sei kein ordentliches Betriebsratsmitglied, eine außerordentliche Kündigung sei nicht ausgeschlossen. Im Übrigen habe der Betriebsrat bereits mit Schreiben vom 26.11.2008 die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Auf den Zeitpunkt der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens komme es nicht an. Der Betriebsrat habe auch nicht seinen Anspruch auf Entlassung des Beteiligten zu 3. verwirkt.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
B
Die zulässigen Beschwerden der Arbeitgeberin und des Beteiligten zu 3. sind begründet.
Der Zulässigkeit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerden der Arbeitgeberin und des Beteiligten zu 3. steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeschriftsätze der Arbeitgeberin und des Beteiligten zu 3. kein volles Rubrum enthalten. Mit den Beschwerdeschriftsätzen vom 29.04.2009 ist nämlich klargestellt worden, für wen die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingelegt worden ist. Im Übrigen haben die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3. mit dem Beschwerdeschriftsatz vom 29.04.2008 eine Kopie des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Beschlusses beigefügt, der ein volles Rubrum der Beteiligten enthält.
I.
Der Hauptantrag des Betriebsrats ist zulässig.
1. Zutreffend verfolgt der Betriebsrat sein Entlassungsbegehren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist nämlich eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 104 BetrVG streitig.
2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG, § 104 BetrVG.
Nach Auffassung der Beschwerdekammer hat das Arbeitsgericht am vorliegenden Beschlussverfahren auch zu Recht den Beteiligten zu 3. beteiligt.
Beteiligter in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG, 11.11.1998 – 4 ABR 40/97 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 18; BAG, 16.03.2005 – 7 ABR 40/04 – AP BetrVG 1972 § 15 Nr. 3; BAG, 12.12.2006 – 1 ABR 38/05 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 m.w.N.). Hiernach war auch der Beteiligte zu 3. am vorliegenden Beschlussverfahren zu beteiligen. Zwar sieht § 104 BetrVG – anders als die Regelung in § 103 Abs. 2 Satz 2 BetrVG – nicht ausdrücklich vor, dass der vom Entlassungsbegehren des Betriebsrats betroffene Mitarbeiter in dem vom Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren zu beteiligen ist. Regelmäßig ist auch der betroffene Arbeitnehmer, dessen Entlassung oder Versetzung vom Betriebsrat begehrt wird, nicht unmittelbar in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen. Nach herrschender Auffassung in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und der arbeitsrechtlichen Literatur gebietet es aber die Parallele zu § 103 BetrVG, die dortigen Verfahrensgrundsätze auch auf das Verfahren nach § 104 BetrVG zu übertragen. Dem von einem Entlassungsbegehren betroffenen Arbeitnehmer muss bereits im Beschlussverfahren die Möglichkeit eröffnet werden, alle Rechte eines Beteiligten im Verfahren wahrzunehmen, um eine ihm nachteilige Entscheidung zu vermeiden. Im Verfahren nach § 104 BetrVG hat die Entscheidung, dass ein Grund für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer oder dessen Versetzung vorliegt, in gleicher Weise für das Vorliegen entsprechender Gründe präjudizielle Wirkung für einen nachfolgenden Individualrechtsstreit wie im Verfahren nach § 103 BetrVG (LAG Baden-Württemberg, 24.01.2002 – 4 TaBV 1/01 – AuR 2002, 116 = RzK III 1 a Nr. 3; LAG Hessen, 07.09.1984 – 14/4 TaBV 116/83 –; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., § 104 Rn. 14; Däubler/Kittner/Klebe/Bachner, BetrVG, 11. Aufl., § 104 Rn. 11; Richardi/Thüsing, BetrVG, 11. Aufl., § 104 Rn. 21; WPK/Preis, BetrVG, 4. Aufl., § 104 Rn. 4; APS/Linck, 3. Aufl., § 104 BetrVG Rn. 30; KR/Etzel, 9. Aufl., § 104 BetrVG Rn. 42; andere Auffassung: GK/Raab, BetrVG, 8. Aufl., § 104 Rn. 18; Hauck/Helml, ArbGG, § 83 Rn. 13 m.w.N.). Im vorliegenden Fall gebietet darüber hinaus die Tatsache, dass der Beteiligte zu 3. im September 2008 als Ersatzmitglied zu
Betriebsratssitzungen hinzugezogen worden ist und damit nachwirkenden Kündigungsschutz genießt, seine Beteiligung am vorliegenden Verfahren.
II.
Der Hauptantrag des Betriebsrats ist nicht begründet. Das Entlassungsbegehren des Betriebsrats ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Die Voraussetzungen des § 104 BetrVG liegen nämlich nicht vor.
Nach § 104 BetrVG kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung eines Mitarbeiters verlange, wenn dieser durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört hat.
Das Entlassungs- oder Versetzungsbegehren des Betriebsrats setzt insoweit neben einem gesetzeswidrigen Verhalten oder einer groben Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze weiter voraus, dass das gesetzwidrige Verhalten des Arbeitnehmers zu einer wiederholten und ernstlichen Störung des Betriebsfriedens geführt hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
a) Zutreffend ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass der Vorfall vom 19.11.2008 ein gesetzwidriges Verhalten des Beteiligten zu 3. darstellt, sodass vom Grundsatz her ein Entlassungsbegehren nach § 104 BetrVG in Betracht kommt. Ein gesetzwidriges Verhalten im Sinne des § 104 BetrVG liegt insbesondere dann vor, wenn ein Arbeitnehmer wiederholt Mitarbeiter verleumdet oder beleidigt, Tätlichkeiten, Diebstähle oder sonstige strafbare Handlungen begeht. Ebenso wie bei einem schwerwiegenden tätlichen Angriff auf einen Arbeitskollegen eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 626 BGB in Betracht kommt (vgl. statt aller: LAG Hamm, 29.07.1994 – 18 Sa 2015/93 – BB 1994, 2208; KR/Fischermaier, a.a.O., § 626 BGB Rn. 449 m.w.N), stellen grobe Tätlichkeiten, die zu Körperverletzungen führen, ein gesetzwidriges Verhalten im Sinne des § 104 BetrVG dar (Fitting, a.a.O., § 104 Rn. 4; DKK/Bachner, a.a.O., § 104 Rn. 2; GK/Raab, a.a.O., § 104 Rn. 5 und 8; ErfK/Kania, 10. Aufl., § 104 BetrVG Rn. 2; KR/Etzel, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 8; APS/Linck, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 10). Insoweit geht auch die Beschwerdekammer davon aus, dass der Beteiligte zu 3. sich anlässlich des Vorfalls vom 19.11.2008 gesetzwidrig verhalten hat, als er den Mitarbeiter D2 tätlich angegriffen und im Brustbereich verletzt hat.
b) Allein dieses gesetzwidrige Verhalten des Beteiligten zu 3. führt jedoch nicht dazu, dass das Entlassungsbegehren des Betriebsrats gerechtfertigt gewesen ist. Nach § 104 BetrVG muss nämlich zu dem gesetzwidrigen Verhalten eine wiederholte ernstliche Störung des Betriebsfriedens hinzutreten. Im Unterschied zu § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG verlangt § 104 Satz 1 BetrVG nicht nur die begründete Prognose einer künftigen Störung des Betriebsfriedens, sondern deren tatsächliches und zudem wiederholtes Vorliegen in der Vergangenheit. Die Verletzungshandlung im Sinne des § 104 Satz 1 BetrVG ist daher grundsätzlich nicht identisch mit dem von der Norm noch zusätzlich geforderten Störungen des Betriebsfriedens; ein schlüssiger Vortrag erfordert deshalb die Schilderung beider Tatbestandsmerkmale.
Die ernstliche Störung des Betriebsfriedens im Sinne des § 104 Satz 1 BetrVG liegt nur dann vor, wenn das Verhalten eines Arbeitnehmers den Betriebsablauf bzw. das betriebliche Mit-einander so erheblich negativ beeinträchtigt, dass schutzwürdige Interessen anderer Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers eine Entfernung des Arbeitnehmers unbedingt erfordern. Eine Störung des Betriebsfriedens im Sinne des § 104 Satz 1 BetrVG kann nur dann angenommen werden, wenn das friedliche Zusammenarbeiten der Arbeitnehmer untereinander und mit dem Arbeitgeber gestört ist, die Störung von einer gewissen Dauer und von nachhaltiger Wirkung für eine größere Anzahl von Arbeitnehmern ist. Dabei genügt eine bloße Gefährdung des Betriebsfriedens bzw. die Eignung der Verletzungshandlung zur Störung nicht; vielmehr muss der Betriebsfrieden so erheblich beeinträchtigt sein, dass die Zusammenarbeit der Betriebspartner tatsächlich erschüttert ist; zumindest muss eine erhebliche Beunruhigung unter der Belegschaft entstanden sein (LAG Köln, 15.03.1993 – 13 TaBV 36/93 – NZA 1994, 431; LAG Bremen, 28.05.2003 – 2 TaBV 9/02 –; APS/Linck, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 13 ff.; 15; WPK/Preis, a.a.O., § 104 Rn. 2; Fitting, a.a.O., § 104 Rn. 7; GK/Raab, a.a.O., § 104 Rn. 8; KR/Etzel, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 11, 12 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vom Betriebsrat jedoch nicht dargetan worden. Dass durch das Fehlverhalten des Beteiligten zu 3. am 19.11.2008 der Betriebsfrieden im Betrieb der Arbeitgeberin oder auch nur in der sogenannten Brotschicht grob und ernstlich gestört worden ist, ist aus dem Vorbringen des Betriebsrats nicht ersichtlich. Der Betriebsrat hat auch nicht dargetan, dass durch die Auseinandersetzung zwischen dem Beteiligten zu 3. und dem Mitarbeiter D2 eine erhebliche Beunruhigung einer beachtlichen Zahl von Arbeitnehmern entstanden ist. Richtig ist allein, dass der Mitarbeiter D2 sich aufgrund des Vorfalls vom 19.11.2008 beim Betriebsrat beschwert hat. Inwieweit auch andere Mitarbeiter durch den Vorfall vom 19.11.2008 erheblich beeinträchtigt worden sind, hat der Betriebsrat nicht vorgetragen. Allein das Vorbringen des Betriebsrats, der Beteiligte zu 3. sei insgesamt für sein aufbrausendes Wesen und seine Gewaltbereitschaft bekannt, er sei gegenüber Mitarbeitern aggressiv und werde diese auch in Zukunft tätlich angreifen, ist unsubstantiiert. Ebenso stellt es auch keine erhebliche Beunruhigung einer beachtlichen Anzahl von Arbeitnehmern dar, wenn der Betriebsrat darauf hinweist, dass der Beteiligte zu 3. in seiner Schicht gemieden werde und nach dem Vorfall vom 19.11.2008 niemand mehr als nötig mit ihm spreche. Auch der Hinweis darauf, dass die Stimmung der Mitarbeiter in der Nachtschicht noch immer schlecht und von Angst und Anspannung geprägt sei, stellt keine wiederholte ernstliche Störung des Betriebsfriedens im Sinne des § 104 BetrVG dar. Eine erhebliche Beunruhigung innerhalb der Belegschaft oder auch nur unter den Mitarbeitern der sogenannten Brotschicht kann aufgrund des Vorbringens des Betriebsrats nicht festgestellt werden.
c) Hinzu kommt, dass das Entlassungsbegehren des Betriebsrats, sollte es im Sinne 75 einer außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. gemeint sein, ohnehin nach § 626 Abs. 2 BGB ausgeschlossen war. Will ein Arbeitgeber auf ein Entlassungsbegehren des Betriebsrats den Weg der außerordentlichen Kündigung wählen, so ist die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu beachten (GK/Raab, a.a.O., § 104 Rn. 13, 20; ErfK/Kania, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 5). Bei Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens war die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ohnehin bereits abgelaufen.
Der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. kam demgegenüber zum Zeitpunkt des Entlassungsbegehrens des Betriebsrats nicht in Betracht, weil der Beteiligte zu 3. aufgrund seiner Heranziehung zu Betriebsratssitzungen im September 2008 nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachwirkenden Kündigungsschutz genoss. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG war die ordentliche Kündigung des Beteiligten zu 3. aufgrund der Heranziehung zu Betriebsratssitzungen für verhinderte ordentliche Betriebsratsmitglieder innerhalb eines Jahres ausgeschlossen. Dass noch nach Ablauf dieser Jahresfrist eine ernstliche Störung des Betriebsfriedens durch den Vorfall vom 19.11.2008 vorliegt, ist vom Betriebsrat nicht vorgetragen worden und kann auch aufgrund des Schreibens des seinerzeit betroffenen Mitarbeiters D2 vom 28.09.2009 an den Betriebsrat nicht mehr angenommen werden. Der bloße Umstand, dass die Stimmung der Mitarbeiter in der Nachtschicht immer noch schlecht und von Angst und Anspannung geprägt sei, stellt, wie bereits ausgeführt, keine ernstliche Störung des Betriebsfriedens im Sinne des § 104 Satz 1 BetrVG dar.
III.
Auch dem Hilfsantrag des Betriebsrats, der in der Beschwerdeinstanz zur Entscheidung angefallen ist, konnte nicht stattgegeben werden.
Der Hilfsantrag hat, sowie er vom Betriebsrat gestellt ist, ist bereits nicht statthaft, weil § 104 BetrVG neben der Entlassung nur die Versetzung des Arbeitnehmers, nicht hingegen eine bestimmte Maßnahme, zum Gegenstand eines möglichen Antrags des Betriebsrats macht. Mit dem Hilfsantrag begehrt der Betriebsrat in erster Linie die Entziehung von Personalführungsfunktionen des Beteiligten zu 3. Dafür, dass der Betriebsrat eine ganz konkrete Maßnahme beantragen und im Verfahren nach § 104 BetrVG durchsetzen können soll, gibt es aus der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge keinen Anhaltspunkt. Insbesondere kann der Betriebsrat nicht vom Arbeitgeber unmittelbar konkrete personelle Maßnahmen verlangen. Dem Arbeitgeber kann auch nicht die Versetzung auf einen bestimmten anderen Arbeitsplatz vorgeschrieben werden (LAG Baden-Württemberg, 24.01.2002 - 4 TaBV 1/01 - Rn. 29; KR/Etzel, a.a.O., § 104 BetrVG Rn. 21; Fitting, a.a.O., § 104 Rn. 18 m.w.N.).
Darüber hinaus wäre auch der Hilfsantrag des Betriebsrats unbegründet, weil eine wiederholte ernstliche Störung des Betriebsfriedens aus den genannten Gründen nicht angenommen werden kann.
IV.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.
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