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Kündigung wegen Alkohols am Arbeitsplatz
16.04.2014. Als Berufskraftfahrer riskiert man mit einer Trunkenheitsfahrt während der Arbeit seinen Job, d.h. es droht im besten Fall eine Abmahnung, im schlechteren eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung oder sogar eine fristlose Kündigung.
Wie das Arbeitsgericht Berlin vor einigen Tagen entschieden hat, kann einem Berufskraftfahrer ohne vorherige Abmahnung verhaltensbedingt gekündigt werden, wenn er mit seinem Lkw alkoholisiert fährt und einen Unfall mit Personenschaden verursacht, und zwar auch dann, wenn er alkoholkrank ist.
Denn auch ein alkoholkranker Kraftfahrer muss wissen, wo die rote Line ist, die man nicht überschreiten darf, und der Arbeitgeber muss sich darauf verlassen können, dass seine angestellten Fahrer ihre Arbeit in nicht alkoholisiertem Zustand verrichten: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13.
- Wer als Berufskraftfahrer mit Alkohol am Steuer erwischt wird, muss mit einer Kündigung rechnen
- Der Fall des Arbeitsgerichts Berlin: Angestellter Kraftfahrer steuert bei der Arbeit seinen Lkw mit 0,64 Promille und verursacht einen Unfall mit Personenschaden
- Arbeitsgericht Berlin: Einem Berufskraftfahrer kann verhaltensbedingt gekündigt werden, wenn er sein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führt.
Wer als Berufskraftfahrer mit Alkohol am Steuer erwischt wird, muss mit einer Kündigung rechnen
Alkoholkranke Arbeitnehmer, die ihre Sucht nicht überwinden, müssen früher oder später mit einer Kündigung rechnen. Oft werden diese Kündigungen auf die Suchtkrankheit gestützt, d.h. als krankheitsbedingte Kündigungen ausgesprochen, weil der Arbeitgeber immer erneute alkoholbedingte Ausfallzeiten nicht mehr hinnehmen will.
Besonders unter Druck stehen Berufskraftfahrer, wenn es um das Thema Alkohol geht. Sie können bereits aufgrund einer privaten Trunkenheitsfahrt ihren Job verlieren, falls ihnen infolge eines solchen Verkehrsdelikts die Fahrerlaubnis entzogen wird. In diesem Fall kann der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung aussprechen.
Denn ein Kraftfahrer verstößt mit einer privaten Trunkenheitsfahrt zwar nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten (so dass eine verhaltensbedingte Kündigung ausscheidet), aber er kann aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis, d.h. aufgrund eines "persönlichen" Defizits, eben nicht mehr seine Arbeit verrichten. In diesem Sinne hat vor einigen Jahren das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) entschieden (Hessisches LAG, Urteil vom 01.07.2011, 10 Sa 245/11, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/208 Kündigung wegen Alkohols am Steuer).
Heikel sind Fälle, in denen ein Berufskraftfahrer alkoholkrank ist, d.h. unter einer dauerhaften Suchterkrankung leidet, und dann alkoholisiert eine dienstliche Fahrt unternimmt, d.h. eine Trunkenheitsfahrt bei der Arbeit.
Denn im Allgemeinen gehen die Arbeitsgerichte zugunsten alkoholkranker Arbeitnehmer davon aus, dass ihnen ihr Alkoholkonsum nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, weil sie ihn eben nicht steuern können. Auch mehrfache Verstöße alkoholkranker Arbeitnehmer gegen betriebliche Alkoholverbote reichen daher im Allgemeinen nicht für eine verhaltensbedingte Kündigung aus, so dass Arbeitgeber in solchen Fällen in der Regel nur eine personen- bzw. krankheitsbedingte Kündigung aussprechen können (Arbeitsrecht aktuell: 10/143 Voraussetzungen einer Kündigung wegen Alkoholsucht).
Andererseits kommt ein alkoholkranker Berufskraftfahrer, der eine dienstliche Fahrt für seinen Arbeitgeber unternimmt und dabei unter Alkoholeinfluss steht, nicht einfach nur wie andere Arbeitnehmer "alkoholisiert zur Arbeit", so dass er dann vielleicht wieder nach Hause geschickt werden muss. Vielmehr kommt zu dem Verstoß gegen die Pflicht, in arbeitsfähigem (= nicht alkoholisiertem) Zustand pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen, ein weiterer Pflichtverstoß hinzu, nämlich ein Verstoß gegen die Pflicht eines jeden (Berufs-)Kraftfahrers, Gefahren durch Alkohol am Steuer zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund ist unklar, ob ein alkoholkranker Berufskraftfahrer, dem wegen einer dienstlichen Trunkenheitsfahrt verhaltensbedingt gekündigt wird, mit Erfolg auf seine Suchtkrankheit verweisen kann.
Der Fall des Arbeitsgerichts Berlin: Angestellter Kraftfahrer steuert bei der Arbeit seinen Lkw mit 0,64 Promille und verursacht einen Unfall mit Personenschaden
Im Streitfall ging es um einen angestellten Berufskraftfahrer. Er verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.
Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die fristlose Kündigung, hilfsweise kündigte er fristgemäß. Dagegen erhob der Kraftfahrer Kündigungsschutzklage. Sein Argument: Er sei alkoholkrank und habe daher seine vertraglichen Pflichten nicht schuldhaft verletzt.
Arbeitsgericht Berlin: Einem Berufskraftfahrer kann verhaltensbedingt gekündigt werden, wenn er sein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen, da es die ordentliche Kündigung für rechtmäßig hielt. Die zugleich ausgesprochene fristlose Kündigung hielt das Gericht aus formalen Gründen für unwirksam. Das Urteil ist derzeit nur in Form einer gerichtlichen Pressemeldung bekannt. Soweit der Pressemeldung entnommen werden kann, stützt sich das Gericht auf folgende Überlegungen:
Der Kraftfahrer hatte mit der Trunkenheitsfahrt seine arbeitsvertraglichen Pflichten schwerwiegend und in vorwerfbarer Weise verletzt, so das Gericht. Der Arbeitgeber kann von einem Berufskraftfahrer erwarten, dass er nüchtern zum Fahrtantritt erscheint und auch während der Fahrt keine alkoholischen Getränke zu sich nimmt.
Eine Alkoholerkrankung konnte den Kläger hier nach Auffassung des Gerichts nicht entlasten. Denn ihm war
"weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben."
Dieses Fehlverhalten wog derart schwer, so die Berliner Richter, dass eine Abmahnung nicht das geeignete Mittel gewesen wäre. Denn der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass das Alkoholverbot von allen angestellten Fahrern beachtet wird, und dieses Ziel wäre mit einer bloßen Abmahnung nicht zu erreichen.
Bei der Abwägung sprach auch gegen den klagenden Kraftfahrer, dass er "letztlich keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt" hatte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kraftfahrer kann Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg einlegen.
Fazit: Alkoholkranke Kraftfahrer, die bei Dienstantritt (wieder einmal) angetrunken sind, müssen das dem Arbeitgeber mitteilen und können dann an diesem Tag nicht eingesetzt werden. Das rechtfertigt im Normalfall bei Vorliegen einer Alkoholerkrankung keine Abmahnung oder gar Kündigung, denn für sein Suchtverhalten kann ein Alkoholiker nichts (der dann aber irgendwann nach gescheiterten Entzugsversuchen mit einer krankheitsbedingten Kündigung rechnen muss).
Wer sich dann aber im alkoholisierten Zustand auch noch hinters Steuer setzt, begeht allerdings einen weiteren, durch die Suchterkrankung nicht entschuldbaren Pflichtverstoß. Diesen weiteren, d.h. nicht unmittelbar (nur) suchtbedingten Pflichtverstoß hat das Arbeitsgericht Berlin hier für eine verhaltensbedingte Kündigung ausreichen lassen. Fraglich ist allerdings, ob der Arbeitgeber dann eine verhaltensbedingte - ordentliche - Kündigung aussprechen kann, ohne einen ähnlichen Pflichtverstoß zuvor abgemahnt zu haben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13 (Pressemeldung)
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 01.07.2011, 10 Sa 245/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 16/327 Fristlose Kündigung wegen Drogenkonsums
- Arbeitsrecht aktuell: 15/073 Lohnfortzahlung bei Alkoholismus
- Arbeitsrecht aktuell: 14/380 Unfall unter Alkoholeinfluss berechtigt nicht immer zur Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/107 Fristlose Kündigung wegen eines Fahrverbots
- Arbeitsrecht aktuell: 11/208 Kündigung wegen Alkohols am Steuer
- Arbeitsrecht aktuell: 10/143 Voraussetzungen einer Kündigung wegen Alkoholsucht
- Arbeitsrecht aktuell: 09/203 Keine Kündigung bei Rückfall eines Alkoholikers
- Arbeitsrecht aktuell: 09/015 Keine personenbedingte Kündigung bei Entzug einer betrieblichen Qualifikation
- Arbeitsrecht aktuell: 08/089 Kündigung: Keine Kündigung eines Busfahrers wegen des Entzugs einer „betrieblichen Fahrerlaubnis“
- Arbeitsrecht aktuell: 06/14 Arbeitsgericht Hamburg: Drogenkontrollen zulässig
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg über den Fall entschieden, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin aufgehoben und den Fall zugunsten des Arbeitnehmers entschieden. Informationen zu dem LAG-Urteil finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14 (Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14
- Arbeitsrecht aktuell: 14/380 Unfall unter Alkoholeinfluss berechtigt nicht immer zur Kündigung
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13
Letzte Überarbeitung: 1. November 2016
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