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Unfall unter Alkoholeinfluss berechtigt nicht immer zur Kündigung
17.11.2014. Im April berichteten wir über ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, mit dem die verhaltensbedingte Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrer für rechtens erklärt wurde, nachdem dieser unter Alkoholeinfluss bei der Arbeit einen Unfall verursacht hatte (Arbeitsrecht aktuell: 14/137 Kündigung wegen Alkohols am Arbeitsplatz).
Fraglich ist in solchen Fällen, wie weit die Krankheit Alkoholismus den Arbeitnehmer vor verhaltensbedingten Kündigung absichert, d.h. ob der Arbeitgeber nur die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Kündigung hat.
Vor kurzem wurde bekannt, dass das Landesarbeitsgericht (LAG) den Fall des Arbeitsgerichts Berlin andersherum entschieden hat, d.h. zugunsten des Arbeitnehmers: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14 (Pressemeldung).
- Welche Pflichtverstöße eines alkoholkranken Arbeitnehmers sind durch seine Krankheit entschuldigt?
- Im Streit: Kraftfahrer steuert bei der Arbeit seinen LKW mit 0,64 Promille und verursacht einen Unfall mit Personenschaden
- LAG Berlin-Brandenburg: Beruht eine Trunkenheitsfahrt auf Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer kein Schuldvorwurf zu machen
Welche Pflichtverstöße eines alkoholkranken Arbeitnehmers sind durch seine Krankheit entschuldigt?
Alkoholkranken Arbeitnehmern kann ihr Alkoholkonsum im Allgemeinen nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil sie ihn krankheitsbedingt nicht steuern können. Auch wiederholte Verstöße alkoholkranker Arbeitnehmer gegen betriebliche Alkoholverbote reichen daher meist für eine verhaltensbedingte Kündigung nicht aus.
Daher können Arbeitgeber in solchen Fällen in der Regel nur eine personen- bzw. krankheitsbedingte Kündigung aussprechen. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer therapieunwillig ist und/oder dass mehrere Therapieversuche gescheitert sind (Arbeitsrecht aktuell: 10/143 Voraussetzungen einer Kündigung wegen Alkoholsucht).
Andererseits fragt sich, ob wirklich jeder Pflichtverstoß eines Alkoholikers, der während der Arbeit unter Alkoholeinfluss begangen wurde, als Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung ausscheidet. Im April 2014 hat das Arbeitsgericht Berlin hier einen Vorstoß unternommen und die verhaltensbedingte Kündigung eines Berufskraftfahrers abgesegnet, der unter Alkoholeinfluss einen LKW gesteuert und einen Unfall mit erheblichem Schaden verursacht hatte (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/137 Kündigung wegen Alkohols am Arbeitsplatz).
Im Streit: Kraftfahrer steuert bei der Arbeit seinen LKW mit 0,64 Promille und verursacht einen Unfall mit Personenschaden
Im Streitfall ging es um einen angestellten Berufskraftfahrer. Er verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.
Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die fristlose Kündigung, hilfsweise kündigte er fristgemäß aus verhaltensbedingten Gründen, allerdings ohne vorherige Abmahnung.
Dagegen erhob der Kraftfahrer Kündigungsschutzklage. Sein Argument: Er sei alkoholkrank und habe daher seine vertraglichen Pflichten nicht schuldhaft verletzt.
Davon hat sich das Arbeitsgericht Berlin wie erwähnt nicht überzeugen lassen und die Klage überwiegend abgewiesen, da es die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung für rechtmäßig hielt. Die zugleich ausgesprochene fristlose Kündigung hielt das Gericht aus formalen Gründen für unwirksam.
LAG Berlin-Brandenburg: Beruht eine Trunkenheitsfahrt auf Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer kein Schuldvorwurf zu machen
Vor dem LAG Berlin-Brandenburg hatte der gekündigte Kraftfahrer Erfolg, denn das LAG bewertete die Kündigung als unwirksam. Zur Begründung heißt es:
Ein angestellter Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich, wenn er bei der Arbeit unter Alkoholeinfluss fährt. Beruht dieses pflichtwidrige Verhalten aber auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen, so das LAG.
Eine Kündigung ist dann nur aus krankheitsbedingten Gründen möglich, und zwar dann, wenn der Arbeitgeber vor Gericht nachweisen kann, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten auch in Zukunft dauerhaft nicht nachkommen kann. Eine solche negative Prognose scheidet aber aus, wenn der Arbeitnehmer ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war.
Außerdem, so das LAG, kann bei einer bestehenden Therapiebereitschaft vom Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Fazit: Ordentliche verhaltensbedingte Kündigungen ohne vorherige einschlägige Abmahnungen sind praktisch immer unwirksam, weil sich der Arbeitgeber mit einem solchen Verhalten widersprüchlich verhält: Denn ist das Fehlverhalten so schlimm, dass eine Abmahnung als milderes Mittel unzumutbar ist, dann wäre eine fristlose Kündigung die angemessene Vorgehensweise.
Mit der ordentlichen Kündigung hätte der Arbeitgeber daher vor Gericht nur durchkommen können, wenn er hätte nachweisen können, dass der Arbeitnehmer zu einer Therapie nicht bereit ist und/oder dass (weitere) Therapieversuche sinnlos wären. Dann wäre die ordentliche Kündigung als krankheitsbedingte Kündigung wirksam gewesen. Diesen Nachweis konnte der Arbeitgeber hier im Streitfall aber offenbar nicht führen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14 (Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.2014, 7 Sa 852/14
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13 (Pressemeldung)
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.04.2014, 24 Ca 8017/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Krankheitsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/327 Fristlose Kündigung wegen Drogenkonsums
- Arbeitsrecht aktuell: 15/073 Lohnfortzahlung bei Alkoholismus
- Arbeitsrecht aktuell: 14/137 Kündigung wegen Alkohols am Arbeitsplatz
- Arbeitsrecht aktuell: 12/107 Fristlose Kündigung wegen eines Fahrverbots
- Arbeitsrecht aktuell: 11/208 Kündigung wegen Alkohols am Steuer
- Arbeitsrecht aktuell: 10/143 Voraussetzungen einer Kündigung wegen Alkoholsucht
- Arbeitsrecht aktuell: 09/203 Keine Kündigung bei Rückfall eines Alkoholikers
- Arbeitsrecht aktuell: 08/089 Kündigung: Keine Kündigung eines Busfahrers wegen des Entzugs einer „betrieblichen Fahrerlaubnis“
- Arbeitsrecht aktuell: 06/14 Arbeitsgericht Hamburg: Drogenkontrollen zulässig
Letzte Überarbeitung: 1. November 2016
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