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Gleichbehandlung bei betriebsübergreifender Lohnerhöhung
26.01.2009. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Lohnerhöhung, die er im Prinzip in allen Betrieben seines Unternehmens gewähren will, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden ist.
Das bedeutet, dass nicht einzelne wenige Betriebe von einer solchen Lohnwelle ausgenommen werden können, weil sie einer pauschalen Bewertung des Arbeitgebers zufolge "unwirtschaftlich" arbeiten.
Schon gar nicht genügt es als Grund für den Ausschluss einzelner Betriebe, dass dort aus Betriebsvereinbarungen zum Thema Überstunden vereinbart wurden, die aus Unternehmenssicht zu "unwirtschaftlichen" Folgen führen: BAG, Urteil vom 03.12.2008, 5 AZR 74/08.
- Gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz betriebsübergreifend, so dass Arbeitnehmer in anderen Betrieben gewährte Vergünstigungen beanspruchen können?
- Der Streitfall: Großunternehmen nimmt einige wenige Betriebe von einer unternehmensweiten freiwilligen Lohnerhöhung aus
- BAG: Nimmt der Arbeitgeber eines Großunternehmerns einige wenige Betriebe von einer unternehmensweiten Lohnerhöhung aus, braucht er dafür triftige objektive Sachgründe
Gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz betriebsübergreifend, so dass Arbeitnehmer in anderen Betrieben gewährte Vergünstigungen beanspruchen können?
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber bei zugunsten seiner Arbeitnehmern getroffenen allgemeinen Maßnahmen keinen einzelnen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen schlechter als andere vergleichbare Arbeitnehmer behandeln darf.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz hat zwar wegen des Prinzips der Vertragsfreiheit nicht zur Folge, dass gleiche Arbeit stets in gleicher Höhe zu vergüten wäre, d.h. Löhne können frei - und damit in „ungleicher“ Höhe - ausgehandelt werden.
Allerdings ist der Arbeitgeber auch bei der Lohngestaltung an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, wenn er
- eine Vielzahl von Arbeitnehmern
- nach einem einheitlichen Prinzip begünstigen will,
wie das z.B. bei der allgemeinen Gewährung von Einmalzahlungen oder von Gratifikationen oder auch bei allgemeinen prozentualen Lohnerhöhungen der Fall ist.
Besteht ein solcher kollektiver Bezug bei einer vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnaufbesserung, d.h. wendet er zugunsten der Arbeitnehmer eine allgemeine Regel an, muss diese für alle Arbeitnehmer gelten. Einzelne Arbeitnehmer darf der Arbeitgeber nur dann von der Regel ausnehmen, wenn diese Arbeitnehmer mit den anderen nicht vergleichbar sind oder wenn besondere Sachgründe dies rechtfertigen.
Verstößt der Arbeitgeber gegen diesen Grundsatz, kann der Arbeitnehmer, der von einer begünstigenden allgemeinen Maßnahme ausgeschlossen wurde, vom Arbeitgeber deren Anwendung - sprich: Zahlung - verlangen.
Um zu ermitteln, welche Arbeitnehmer miteinander verglichen werden können, darf der Arbeitgeber Gruppen von Arbeitnehmern bilden, die miteinander vergleichbar sind. Auf diese Weise bestimmt der Arbeitgeber ein Stück weit über den Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes in seinem Betrieb bzw. Unternehmen.
Unklar war bisher, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber alle Mitarbeiter des Unternehmens in allen Betrieben berücksichtigen muss, wenn er begünstigende Maßnahmen ergreift.
Der Streitfall: Großunternehmen nimmt einige wenige Betriebe von einer unternehmensweiten freiwilligen Lohnerhöhung aus
Der klagende Arbeitnehmer machte vor dem Arbeitsgericht Lohnansprüche geltend und stützte sich dabei auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Er ist für ein großes Logistik- und Paketdienstleistungsunternehmen als Zusteller tätig, das in Deutschland zahlreiche Niederlassungen unterhält und insgesamt ca. 15.000 Arbeitnehmer beschäftigt.
Zum 01.09.2005 erhöhte die Beklagte freiwillig die Vergütung aller ihrer Mitarbeiter um 2,1 Prozent. Hiervon nahm sie lediglich die Betriebe in B, C, D, E, F und G, für die ein anderer Erhöhungssatz angewandt wurde, sowie den Betrieb in A, dessen Mitarbeiter gar keine Gehaltserhöhung erhielten, aus. Der Kläger hatte das Pech, in Hessen und hier wiederum in dem in A gelegenen Betrieb zu arbeiten. Er ging daher bei der Lohnwelle leer aus.
Die Mitarbeiter des Betriebs in A sind zwar arbeitsvertraglich zur Leistung von Überstunden auf Anordnung der Beklagten innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen verpflichtet. Allerdings galt im Betrieb in A eine Betriebsvereinbarung, nach der der Betriebsrat der Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit bis zu fünf Stunden je Vollzeitmitarbeiter zugestimmt hatte, sofern der betroffene Arbeitnehmer in jedem Einzelfall hiermit einverstanden war. Der Betrieb in A ist daher der einzige im Tarifgebiet Hessen, in dem Mehrarbeit nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden kann.
Die Beklagte hatte im gerichtlichen Verfahren als Grund für die Differenzierung bei der Lohnerhöhung angeführt, "die objektiven Wirtschaftlichkeitszahlen und der damit verbundene Beitrag zum Erfolg" sollten an die Mitarbeiter weitergegeben werden.
Das für die Klage in erster Instanz zuständige Arbeitsgericht Darmstadt gab der Klage statt. Das in der zweiten Instanz zuständige Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Klage hingegen mit Urteil vom 15.11.2007, 5 Sa 1816/06 ab.
Seine Entscheidung begründete das LAG damit, dass die Beklagte einen bestimmten Zweck der Zahlung festgelegt und eine freiwillige Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt habe. Die grundsätzlich mögliche Gruppenbildung habe sie auch sachgerecht vorgenommen.
Die beschriebene Vorgehensweise verletze daher den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht. Dies gelte letztlich auch, weil nach dem Vortrag der Beklagten auch die Vergütungshöhe in absoluten Zahlen in der Niederlassung A im Vergleich zu anderen hessischen Betrieben an der Spitze liege.
BAG: Nimmt der Arbeitgeber eines Großunternehmerns einige wenige Betriebe von einer unternehmensweiten Lohnerhöhung aus, braucht er dafür triftige objektive Sachgründe
Das Bundesarbeitsgericht folgte den Überlegungen des Hessischen LAG nur in Ansätzen und verwies den Rechtstreit zur weiteren Aufklärung der Sachgründe an das Gericht der zweiten Instanz zurück.
Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes stellt das BAG klar, dass das Gebot der Gleichbehandlung im Bereich der Vergütung dann eingreift, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer generellen Regelung gewährt, insbesondere wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt.
Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz im Prinzip unternehmensweit, d.h. auch bei betriebsübergreifenden Lohnerhöhungen. Wenn eine Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe seines Unternehmens bezieht, ist die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer betriebsübergreifend zu gewährleisten, so das BAG.
Daraus folgt: Eine unterschiedliche Behandlung einzelner Betriebe setzt voraus, dass es hierfür sachliche Gründe gibt. Zwar kann ein unterschiedliches Ausgangsniveau der Löhne in verschiedenen Betrieben, ihr unterschiedlicher wirtschaftlicher Erfolg der höhere Leistungsanforderungen in einzelnen Betrieben eine unterschiedliche Behandlung bei Lohnerhöhungen rechtfertigen. Hierfür wäre aber im Streitfall ein unternehmensweiter Vergleich aller Betriebe nötig gewesen, und zwar unter Einbeziehung der möglichen Gründe für die bestehenden Unterschiede.
Auf betriebliche Regelungen, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden unzulässig beschränken, kann sich der Arbeitgeber dabei nicht berufen.
Fazit: Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt unternehmensweit.
Dabei kann das unterschiedliche Ausgangsniveau der Löhne und der unterschiedliche wirtschaftliche Erfolg einzelner Betriebe einen Sachgrund darstellen, um einzelne Betrieb von einer Lohnerhöhung auszunehmen. Solche Vergleiche müssen aber viel genauer vorgenommen werden als es das Hessische LAG hier getan hat.
In keinem Fall kann der Arbeitgeber einzelne Betriebe von der Gewährung unternehmensweiter Lohnwellen ausschließen, weil die Betriebspartner dort "unbequeme" Vereinbarungen getroffen haben.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.12.2008, 5 AZR 74/08
- Bundesarbeitsgericht (Webseite)
- Hessisches LAG, Urteil vom 15.11.2007, 5 Sa 1816/06
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Arbeitsrecht aktuell: 19/011 Betriebsrat steht Einsicht in Gehaltslisten mit Arbeitnehmernamen zu
- Arbeitsrecht aktuell: 18/011 Kein Einsichtsrecht des Betriebsrats in Lohn- und Gehaltslisten anderer Betriebe desselben Unternehmens
- Arbeitsrecht aktuell: 18/005 Gleichbehandlungsgrundsatz bei Betriebsvereinbarungen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/166 Sonderzahlung steht kraft Gleichbehandlung allen zu, wenn Betriebstreue honoriert wird.
- Arbeitsrecht aktuell: 09/159 Keine Gleichbehandlung bei Lohnerhöhung, die vorherigen Einkommensverlust ausgleicht
- Arbeitsrecht aktuell: 09/106 Strenge Voraussetzungen für Ausnahmen bei unternehmensweiter Lohnerhöhung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext und eine Besprechung der Urteilsgründe finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.12.2008, 5 AZR 74/08
- Arbeitsrecht aktuell: 09/106 Strenge Voraussetzungen für Ausnahmen bei unternehmensweiter Lohnerhöhung
Letzte Überarbeitung: 30. Januar 2019
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