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BAG, Ur­teil vom 03.12.2008, 5 AZR 74/08

   
Schlagworte: Lohn und Gehalt, Gleichbehandlung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 74/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.12.2008
   
Leitsätze: Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet jedenfalls dann unternehmensweit Anwendung, wenn die verteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben ist nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Darmstadt
Hessisches Landesarbeitsgericht
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


5 AZR 74/08
5 Sa 1816/06

Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
3. De­zem­ber 2008

UR­TEIL

Met­ze, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 3. De­zem­ber 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Müller-Glöge, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt
 


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Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Laux so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Busch­mann und Il­gen­fritz-Donné für Recht er­kannt:


1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 15. No­vem­ber 2007 - 5 Sa 1816/06 - auf­ge­ho­ben.

2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Der Kläger ver­langt un­ter dem Ge­sichts­punkt des all­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes die Teil­nah­me an ei­ner un­ter­neh­mens­wei­ten Loh­nerhöhung.


Die Be­klag­te ist Teil ei­ner welt­weit täti­gen Lo­gis­tik- und Pa­ket­dienst­leis­tungs­grup­pe. Sie beschäftigt bun­des­weit in 72 Be­trie­ben et­wa 15.000 Ar­beit­neh­mer. Zum 1. Sep­tem­ber 2005 erhöhte sie die Löhne und Gehälter na­he­zu al­ler Mit­ar­bei­ter um 2,1 %. An­de­re Stei­ge­rungs­beträge wur­den für die Be­trie­be in A, C, E, H, K und M fest­ge­setzt. Le­dig­lich die ca. 120 Ar­beit­neh­mer des Be­triebs G er­hiel­ten kei­ne Erhöhung der Vergütung.


Der Kläger war als Pa­ket­zu­stel­ler mit ei­nem Brut­to­stun­den­lohn von 14,75 Eu­ro im Be­trieb G beschäftigt. Die Ar­beit­neh­mer die­ses Be­triebs sind ar­beits­ver­trag­lich zur Leis­tung von Über­stun­den auf An­ord­nung der Be­klag­ten in­ner­halb der ge­setz­li­chen Höchst­gren­zen ver­pflich­tet. Außer­dem galt ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 16. April 1997, nach der die Be­klag­te oh­ne wei­te­re Zu­stim­mung des Be­triebs­rats Mehr­ar­beit bis zu fünf St­un­den/Wo­che an­ord­nen durf­te, so­fern die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer im Ein­zel­fall ein­ver­stan­den wa­ren. Nach­dem der Be­triebs­rat die Be­triebs­ver­ein­ba­rung am 21. Sep­tem­ber 2004 gekündigt hat­te, kam im Rah­men ei­nes Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­rens am
 


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18. No­vem­ber 2005 ei­ne in­halts­glei­che Re­ge­lung zu­stan­de. Der Be­trieb in G ist nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts der ein­zi­ge Be­trieb der Be­klag­ten im Ta­rif­ge­biet Hes­sen, in dem Mehr­ar­beit in­so­weit nicht ein­sei­tig an­ge­ord­net wer­den kann.

Der Kläger ist auf­grund ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags vom 10. Ju­li 2008 zum 31. Ok­to­ber 2008 aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­ge­schie­den. Er wur­de „un­ter Fort­zah­lung sei­ner Bezüge“ bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­wi­der­ruf­lich frei­ge­stellt. Wei­ter heißt es im Auf­he­bungs­ver­trag, die Par­tei­en sei­en sich ei­nig, dass mit Erfüllung der be­zeich­ne­ten Re­ge­lun­gen al­le ge­gen­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis und sei­ner Be­en­di­gung, gleichgültig aus wel­chem Rechts­grund, ab­ge­gol­ten sei­en.


Der Kläger hat sich auf ei­ne un­ter­neh­mens­wei­te Gel­tung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes be­ru­fen. Die Wahr­neh­mung von Mit­be­stim­mungs­rech­ten durch den Be­triebs­rat könne kein sach­li­cher Grund für ei­ne Schlech­ter­stel­lung sein und sa­ge auch nichts über die Leis­tungs­be­reit­schaft der Ar­beit­neh­mer aus. Nach ei­nem Be­richt in der Mit­ar­bei­ter­zei­tung der Be­klag­ten „Das Päck­chen“ schnei­de der Be­trieb G bei den Kos­ten im bun­des­wei­ten Ver­gleich be­son­ders gut ab. Es be­ste­he ei­ne tatsächli­che Ver­mu­tung dafür, dass die Loh­nerhöhung wie auch schon in den Vor­jah­ren ei­nen Aus­gleich des Kauf­kraft­ver­lus­tes be­zweckt ha­be. Hier­von hätten die Mit­ar­bei­ter in G nicht aus­ge­nom­men wer­den dürfen. Die Aus­gleichs­klau­sel im Auf­he­bungs­ver­trag las­se die kor­rek­te Vergütungs­zah­lung bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­berührt.


Der Kläger hat, so­weit in der Re­vi­si­on noch zur Ent­schei­dung ge­stellt, 


sinn­gemäß be­an­tragt,


1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 181,77 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 17,36 Eu­ro seit dem 1. Ok­to­ber 2005, aus 23,93 Eu­ro seit dem 1. No­vem­ber 2005, aus 91,70 Eu­ro seit dem 1. De­zem­ber 2005 und aus 48,88 Eu­ro seit dem 1. Ja­nu­ar 2006 zu zah­len,


2. fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, dem Kläger ab dem 1. Fe­bru­ar 2006 bis zum 31. Ok­to­ber

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2008 ei­nen um 2,1 % erhöhten St­un­den­lohn iHv. 15,06 Eu­ro brut­to zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Die Er­le­di­gungs­klau­sel im Auf­he­bungs­ver­trag er­fas­se auch die streit­ge­genständ­li­chen Ansprüche. Der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz sei auf den Be­trieb, nicht auf das Un­ter­neh­men be­zo­gen. Je­den­falls feh­le es an ei­nem un­ter­neh­mens­weit ge­ne­ra­li­sie­ren­den Prin­zip, nach dem die frei­wil­li­ge Leis­tung ver­teilt wor­den sei. Bei ei­ner Ver­gleichs­grup­pen­bil­dung müsse auch das un­ter­schied­li­che Markt­um­feld, ins­be­son­de­re das Lohn­ni­veau des je­wei­li­gen Ta­rif­ge­biets, berück­sich­tigt wer­den. Im Übri­gen sei die Her­aus­nah­me des be­tref­fen­den Be­triebs aus der all­ge­mei­nen Ge­halts­erhöhung ge­recht­fer­tigt. Für de­ren Gewährung sei­en die ob­jek­ti­ven Wirt­schaft­lich­keits­zah­len und der da­mit ver­bun­de­ne Bei­trag zum Er­folg des Ge­samt­un­ter­neh­mens maßge­bend ge­we­sen. Zum ei­nen wer­de der er­for­der­li­che fle­xi­ble Per­so­nal­ein­satz an­ge­sichts von Auf­trags­schwan­kun­gen durch die Not­wen­dig­keit, die Zu­stim­mung der Mit­ar­bei­ter zur Mehr­ar­beit zu er­hal­ten, er­heb­lich ein­ge­schränkt; in­so­weit gel­te für die Ar­beit­neh­mer ein nied­ri­ge­res An­for­de­rungs­pro­fil als im übri­gen Ta­rif­ge­biet Hes­sen. Zum an­de­ren sei­en in der Nie­der­las­sung G die an­fal­len­den Kos­ten je beförder­tem Pa­ket bun­des­weit die höchs­ten. Sie lägen durch­schnitt­lich ca. 15 % höher als in der übri­gen Di­vi­si­on F. Nur die Nie­der­las­sung R, die aus or­ga­ni­sa­to­ri­schen Gründen nicht ver­gleich­bar sei, ha­be noch höhe­re Kos­ten. Sch­ließlich lägen die in G ge­zahl­ten ef­fek­ti­ven Löhne deut­lich über de­nen an­de­rer Nie­der­las­sun­gen in Hes­sen.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sie ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt der Kläger die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils.
 


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Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts kann der An­spruch auf Loh­nerhöhung noch nicht ab­sch­ließend be­ur­teilt wer­den.


A. Die Kla­ge ist zulässig. Der Kläger hat im Ver­hand­lungs­ter­min vor dem 10 Se­nat klar­ge­stellt, dass es ihm um die Klärung der Höhe sei­nes St­un­den­lohns geht. Der hier­auf ge­rich­te­te Fest­stel­lungs­an­trag ist so­wohl nach § 256 Abs. 2 ZPO als auch nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Höhe des St­un­den­lohns im Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en stellt als Teil der ge­gen­sei­ti­gen Pflich­ten­bin­dung ein be­ste­hen­des Rechts­verhält­nis iSv. § 256 ZPO dar. Sie ist für die Ent­schei­dung über die Zah­lungs­kla­ge vor­greif­lich und kann auch darüber hin­aus Be­deu­tung ge­win­nen. Das genügt für die Zulässig­keit der Zwi­schen­fest-stel­lungs­kla­ge. Zusätz­lich be­sitzt der Kläger ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se gem. § 256 Abs. 1 ZPO, da das Rechts­verhält­nis durch das Be­strei­ten der Be­klag­ten gefähr­det wird und das Ur­teil mit sei­ner ide­el­len Rechts­kraft­wir­kung ge­eig­net ist, die Un­si­cher­heit zu be­sei­ti­gen. Der Kläger muss­te nicht nach der Kla­ge­er­he­bung am 9. Fe­bru­ar 2006 we­gen der je­weils fällig wer­den­den Vergütungs­ansprüche auf Leis­tungs­anträge über­ge­hen. Die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses lässt ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht das Rechts­schutz­in­ter­es­se für den Zeit­raum bis zum 31. Ok­to­ber 2008 ent­fal­len.


B. Die Kla­ge ist noch nicht zur Ent­schei­dung reif.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat aus­geführt, der gel­tend ge­mach­te An­spruch las­se sich nicht aus dem all­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz her­lei­ten, auch wenn man des­sen un­ter­neh­mens­wei­te Gel­tung an­neh­me. Die Be­klag­te ha­be ei­ne frei­wil­li­ge Leis­tung mit ei­nem be­stimm­ten Zweck und nach ei­nem all­ge­mei­nen Prin­zip gewährt, nämlich auf die ob­jek­ti­ven Wirt­schaft­lich­keits­zah­len und den da­mit ver­bun­de­nen Bei­trag zum Er­folg des Un­ter­neh­mens ab­ge­stellt. Sie ha­be sich an die selbst ge­setz­te Re­ge­lung ge­hal­ten und ei­ne
 


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sach­ge­rech­te Grup­pen­bil­dung vor­ge­nom­men, in­dem sie den von be­son­de­ren Leis­tungs­an­for­de­run­gen aus­ge­nom­me­nen Be­trieb G von ih­rer Leis­tung aus-ge­schlos­sen ha­be. Da die Mit­ar­bei­ter be­rech­tigt sei­en, die vom Be­triebs­rat grundsätz­lich ge­neh­mig­te Ab­leis­tung von fünf St­un­den Mehr­ar­beit pro Wo­che ab­zu­leh­nen, genössen sie in größerem Maße Zeit­sou­veränität als die Mit­ar­bei­ter der an­de­ren Nie­der­las­sun­gen in Hes­sen. Die Be­klag­te könne in die­sem Be­trieb Be­darfs­schwan­kun­gen nicht durch ein­sei­ti­ge Ar­beits­zu­wei­sung in Form von Mehr­ar­beit aus­glei­chen. Es leuch­te ein, dass der Per­so­nal­ein­satz hier­durch, ori­en­tiert an be­triebs­wirt­schaft­li­chen Bedürf­nis­sen, schwe­rer zu hand­ha­ben sei. Es sei vernünf­tig und wi­der­spre­che nicht über­ge­ord­ne­ten Wer­tent­schei­dun­gen, wenn die Be­klag­te auf ih­re ein­ge­schränk­te Dis­po­si­ti­ons­frei­heit ab­stel­le. Da­mit be­ru­he die vor­ge­nom­me­ne Grup­pen­bil­dung nicht et­wa auf der Wahr­neh­mung des Mit­be­stim­mungs­rechts, son­dern auf der un­ter Wah­rung der Mit­be­stim­mungs­rech­te her­bei­geführ­ten Rechts­la­ge und den sich dar­aus er-ge­ben­den Ein­schränkun­gen im Verhält­nis zu an­de­ren Be­trie­ben. Die Be­klag­te ha­be dar­ge­legt, dass die Kos­ten je beförder­tem Pa­ket in G bun­des­weit nur von R über­trof­fen würden. Die Her­aus­nah­me des Be­triebs mit den schlech­tes­ten Zah­len die­ser Art aus dem begüns­tig­ten Per­so­nen­kreis sei sach­lich nicht un­ge­recht­fer­tigt. Dies gel­te ins­be­son­de­re des­halb, weil nach dem Vor­trag der Be­klag­ten auch die Vergütungshöhe in G im Ver­gleich zu an­de­ren hes­si­schen Be­trie­ben an der Spit­ze lie­ge. Die Be­klag­te ha­be da­nach ins­ge­samt der ihr ob­lie­gen­den Dar­le­gungs­last genügt. Dem­ge­genüber wäre es Sa­che des Klägers ge­we­sen, dies durch Be­weis­an­tritt zu wi­der­le­gen. Ei­ne tatsächli­che Ver­mu­tung, dass die frei­wil­li­ge Loh­nerhöhung ei­nen Kauf­kraft­ver­lust aus¬glei­chen sol­le, be­ste­he nicht. Der Hin­weis des Klägers auf die Mit­ar­bei­ter­zei­tung vermöge den Sach­vor­trag der Be­klag­ten nicht zu erschüttern; dem Zei­tungs­be­richt sei­en die Kri­te­ri­en der Kos­ten­rang­fol­ge nicht zu ent­neh­men.


II. Die­sen Ausführun­gen ver­mag der Se­nat nicht in al­len Punk­ten zu fol­gen.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass das Kla­ge­be­geh­ren al­lein auf den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ge-
 


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stützt wer­den kann. Ei­ne rechts­geschäft­li­che oder sons­ti­ge An­spruchs­grund­la­ge kommt nicht in Be­tracht.

2.a) Der ge­wohn­heits­recht­lich an­er­kann­te ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ver­bie­tet die sach­frem­de Schlech­ter­stel­lung ein­zel­ner Ar­beit­neh­mer ge­genüber an­de­ren Ar­beit­neh­mern in ver­gleich­ba­rer La­ge eben­so wie die sach­frem­de Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen Grup­pen von Ar­beit­neh­mern. Ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung ist sach­fremd, wenn es für die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung kei­ne bil­li­gens­wer­ten Gründe gibt, wenn al­so bei ei­ner am Gleich­heits­ge­dan­ken ori­en­tier­ten Be­trach­tungs­wei­se die Re­ge­lung als willkürlich an­zu­se­hen ist. Im Be­reich der Vergütung gilt der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz nur ein­ge­schränkt, weil der Grund­satz der Ver­trags­frei­heit für in­di­vi­du­ell ver­ein­bar­te Löhne und Gehälter Vor­rang hat. Das Ge­bot der Gleich­be­hand­lung greift je­doch dann ein, wenn der Ar­beit­ge­ber Leis­tun­gen auf­grund ei­ner ge­ne­rel­len Re­ge­lung gewährt, ins­be­son­de­re wenn er be­stimm­te Vor­aus­set­zun­gen oder Zwe­cke fest­legt. Von ei­ner sol­chen Re­ge­lung darf er Ar­beit­neh­mer nur aus sach­li­chen Gründen aus­sch­ließen. Zunächst ist der Zweck der in Be­tracht kom­men­den Maßnah­me zu er­mit­teln und da­nach zu be­ur­tei­len, ob der von der begüns­ti­gen­den Maßnah­me aus­ge­schlos­se­ne Per­so­nen­kreis be­rech­tig­ter­wei­se außer­halb der all­ge­mei­nen Zweck­rich­tung steht (Se­nat 26. Sep­tem­ber 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).


b) Der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ver­pflich­tet den Ar­beit­ge­ber in Be­zug auf sei­ne Ar­beit­neh­mer. Je­den­falls dann, wenn ei­ne ver­tei­len­de Ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers nicht auf ei­nen ein­zel­nen Be­trieb be­schränkt ist, son­dern sich auf al­le oder meh­re­re Be­trie­be des Un­ter­neh­mens be­zieht, ist auch die Gleich­be­hand­lung be­triebsüberg­rei­fend zu gewähr­leis­ten. Ei­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen den ein­zel­nen Be­trie­ben ist nur zulässig, wenn es hierfür sach­li­che Gründe gibt (vgl. Se­nat 8. No­vem­ber 2006 - 5 AZR 5/06 - mwN, BA­GE 120, 97, 102; BAG 2. Au­gust 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 34 ff., EzA Be­trVG 2001 § 75 Nr. 3; Se­nat 14. Ju­ni 2006 - 5 AZR 584/05 - BA­GE 118, 268, 272 ff.; wenn BAG 12. Ok­to­ber 2005 - 10 AZR 640/04 - BA­GE 116, 136,
 


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139 an den Be­trieb an­knüpft, stellt das kei­ne Ab­wei­chung dar, da die dor­ti­ge Be­klag­te nur ei­nen Be­trieb hat­te und al­lein in­ner­halb des Be­triebs dif­fe­ren­zier­te). Da­bei sind die Be­son­der­hei­ten des Un­ter­neh­mens und der Be­trie­be zu berück­sich­ti­gen. Der Un­ter­neh­mens­be­zug des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes ist mitt­ler­wei­le auch im ar­beits­recht­li­chen Schrift­tum weit­ge­hend an­er­kannt (vgl. nur ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rn. 574 ff., 583 ff.; HWK/Thüsing 3. Aufl. § 611 BGB Rn. 199; Schaub/Linck Ar­beits­rechts-Hand­buch 12. Aufl. § 112 Rn. 15, 27; Jous­sen in Rolfs/Gie­sen/Krei­ke­bohm/Udsching Ar­beits­recht Kom­men­tar § 611 BGB Rn. 267 ff., 273 al­le mwN). Auch § 1b Abs. 1 Satz 4 Be­trAVG als ge­setz­li­che Aus­prägung enthält kei­ne Ein­schränkung (vgl. BAG 27. Ju­ni 2006 - 3 AZR 352/05 (A) - BA­GE 118, 340, 342 f.). Der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Be­trVG wirkt für Ge­samt­be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber eben­falls über­be­trieb­lich (vgl. BAG 18. Sep­tem­ber 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 19 ff., AP Be­trVG 1972 § 77 Be­triebs­ver­ein­ba­rung Nr. 33 = EzA Be­trAVG § 1 Gleich­be­hand­lung Nr. 30).

c) Steht ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach Grup­pen von Ar­beit­neh­mern fest, hat der Ar­beit­ge­ber die Gründe für die Dif­fe­ren­zie­rung of­fen­zu­le­gen und so sub­stan­ti­iert dar­zu­tun, dass die Be­ur­tei­lung möglich ist, ob die Un­ter­schei­dung sach­li­chen Kri­te­ri­en ent­spricht. Sind die Un­ter­schei­dungs­merk­ma­le nicht oh­ne wei­te­res er­kenn­bar und legt der Ar­beit­ge­ber sei­ne Dif­fe­ren­zie­rungs­ge­sichts­punk­te nicht dar oder ist die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung nach dem Zweck der Leis­tung nicht ge­recht­fer­tigt, kann die be­nach­tei­lig­te Ar­beit­neh­mer­grup­pe ver­lan­gen, nach Maßga­be der begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mer­grup­pe be­han­delt zu wer­den (Se­nat 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BA­GE 122, 1, 5; 1. De­zem­ber 2004 - 5 AZR 664/03 - BA­GE 113, 55, 62). Die­se Grundsätze gel­ten auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­ne Grup­pen­bil­dung zwi­schen den Be­trie­ben vor­nimmt, al­so nach Be­trie­ben dif­fe­ren­ziert, in­dem er et­wa ein­zel­ne Be­trie­be von all­ge­mei­nen Leis­tun­gen aus­nimmt.

3. Der Se­nat kann die Ein­hal­tung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes nicht ab­sch­ließend be­ur­tei­len. Der Be­klag­ten ist Ge­le­gen­heit zu ge­ben, die Gründe für die vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung näher dar­zu­le­gen.

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a) Mit der Loh­nerhöhung zum 1. Sep­tem­ber 2005 hat die Be­klag­te ei­ne frei­wil­li­ge, nämlich nicht auf nor­ma­ti­ver Grund­la­ge be­ru­hen­de Leis­tung er­bracht. Sie ist ei­ne rechts­geschäft­li­che Ver­pflich­tung ge­genüber den begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mern im Be­reich der Vergütung nach all­ge­mei­nen, nicht nach in­di­vi­du­el­len Ge­sichts­punk­ten ein­ge­gan­gen. Tra­gen­der Grund war die wirt­schaft­li­che Leis­tung der Be­trie­be, die sich ins­be­son­de­re in den Ar­beits­kos­ten aus­drückt. Das ist am Maßstab des all­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes zu mes­sen.


b) Der Ge­gen­stand der Ent­schei­dung für die Loh­nerhöhung be­traf al­le Be­trie­be der Be­klag­ten. Die Be­klag­te hat nicht ein­zel­fall­be­zo­gen ei­ne Maßnah­me für be­stimm­te Be­trie­be ge­trof­fen, son­dern al­le Be­trie­be in ih­re Be­trach­tung ein­be­zo­gen. Sie hat im Prin­zip ei­ne un­ter­neh­mens­wei­te Loh­nerhöhung ein­geführt und ei­ne un­ter­neh­mens­wei­te Grup­pen­bil­dung durch-geführt. Die Grup­pen wur­den da­bei nicht in­ner­halb der Be­trie­be, son­dern zwi­schen den Be­trie­ben ge­bil­det. Auf sol­che Fälle fin­det der all­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­grund­satz oh­ne wei­te­res An­wen­dung. Der Ar­beit­ge­ber ist hier zu ei­ner (sach)ge­rech­ten Be­hand­lung al­ler Be­trie­be ver­pflich­tet.


c) Der Ar­beit­ge­ber darf bei frei­wil­li­gen Loh­nerhöhun­gen zwi­schen den Be­trie­ben nach de­ren wirt­schaft­li­cher Leis­tung und dem be­reits be­ste­hen­den Lohn­ni­veau dif­fe­ren­zie­ren. Es ist grundsätz­lich ein le­gi­ti­mer Zweck, ei­ne Kon­kur­renz un­ter den Be­trie­ben zu fördern und Leis­tungs­an­rei­ze zu set­zen. Der Ar­beit­ge­ber darf als sach­ge­rech­te Kri­te­ri­en zum Bei­spiel die Ar­beits­an­for­de­run­gen an die Ar­beit­neh­mer, die Er­trags­si­tua­ti­on der Be­trie­be all­ge­mein oder in be­stimm­ter Hin­sicht, die Lohn­ent­wick­lung in der Ver­gan­gen­heit und die ab­so­lu­te Lohnhöhe berück­sich­ti­gen. Die sich aus erhöhten Fle­xi­bi­litäts- und da­mit Ar­beits­an­for­de­run­gen er­ge­ben­de ein­ge­schränk­te Dis­po­si­ti­ons­frei­heit von Ar­beit­neh­mern kann zusätz­li­che Ge­gen­leis­tun­gen be­gründen und den Aus­schluss nicht ent­spre­chend be­las­te­ter Ar­beit­neh­mer recht­fer­ti­gen. Der Ar­beit­ge­ber darf die­se und an­de­re vernünf­ti­ge Ge­sichts­punk­te bis zur Gren­ze der Willkür selbst einschätzen. Gehören die Be­trie­be zu un­ter­schied­li­chen Bran­chen oder lie­gen sie in ver­schie­de­nen Ta­rif­ge­bie­ten, kommt dem Ar­beit-
 


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ge­ber ein be­son­ders wei­ter Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu. Aber auch bei gleich­ar­ti­ger Struk­tur und ähn­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen der Be­trie­be ist es in ers­ter Li­nie Sa­che des Ar­beit­ge­bers, den er­ziel­ten wirt­schaft­li­chen Er­folg zu be­wer­ten und den an­ge­streb­ten Er­folg zu be­stim­men. In je­dem Fall muss der von ihm ge­setz­te Zweck den zwin­gend gel­ten­den nor­ma­ti­ven Re­ge­lun­gen stand­hal­ten.


d) Nach dem von der Be­klag­ten zu­grun­de ge­leg­ten Zweck der Be­loh­nung des be­trieb­li­chen Bei­trags zum wirt­schaft­li­chen Er­folg des Un­ter­neh­mens ein­sch­ließlich ent­spre­chen­der An­rei­ze für die Zu­kunft schei­det der Be­zug zu den ge­stie­ge­nen Kos­ten der Le­bens­hal­tung als An­knüpfungs­punkt aus. Die Be­klag­te darf die­sen Ge­sichts­punkt, der bei all­ge­mei­nen Loh­nerhöhun­gen an­sons­ten re­gelmäßig ei­ne maßgeb­li­che Rol­le spielt, eben­so aus­blen­den wie die Un­ter­schie­de der Ta­rif­ge­bie­te hin­sicht­lich Lohn­ni­veau und Lohn­ent­wick­lung. Der zu­grun­de ge­leg­te Zweck und die vor­ge­tra­ge­nen Dif­fe­ren­zie­rungs­gründe müssen frei­lich in sich stim­mig sein. Da­mit ist nicht das Er­for­der­nis ei­ner Ge­wich­tung oder Rang­fol­ge un­ter meh­re­ren Ein­zel­gründen ver­bun­den. Die­se können die Dif­fe­ren­zie­rung ein­zeln oder zu­sam­men recht­fer­ti­gen. Sie dürfen aber nicht völlig iso­liert ge­se­hen, son­dern müssen in ei­nen sach­ge­rech­ten Zu­sam­men­hang ge­stellt wer­den, um ei­ne Über­prüfung zu ermögli­chen.

e) Die von der Be­klag­ten an­geführ­ten und vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­grun­de ge­leg­ten Gründe für die Dif­fe­ren­zie­rung sind zum Teil sach­wid­rig, zum Teil nicht hin­rei­chend kon­kret dar­ge­legt.


aa) Es stellt kei­nen sach­ge­rech­ten Dif­fe­ren­zie­rungs­grund dar, wenn die Be­klag­te im Ta­rif­ge­biet Hes­sen Mehr­ar­beit über­wie­gend ein­sei­tig an­ord­ne­te und nur im Be­trieb G ei­ne dem ent­ge­gen­ste­hen­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung galt. Vor­zu­neh­men ist ein bun­des­wei­ter, nicht ein auf Hes­sen be­schränk­ter Ver­gleich. Zu­dem ist nicht er­sicht­lich, wel­che be­trieb­li­chen Re­ge­lun­gen in den übri­gen hes­si­schen Be­trie­ben gal­ten und in­wie­fern die Dis­po­si­ti­ons­frei­heit der Be­klag­ten dort wei­ter­ging. Auf ei­nen Aus­schluss oder ei­ne Be­schränkung des Mit­be­stim­mungs­rechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 Be­trVG darf die Be­klag­te nicht ab­stel­len, weil der Be­triebs­rat auf das Mit­be­stim­mungs­recht nicht ver­zich­ten kann (vgl. nur Fit­ting Be­trVG 24. Aufl. § 87 Rn. 5 mwN). Ein et­wai­ger Ver­zicht
 


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würde ei­nen Ge­set­zes­ver­s­toß (§ 134 BGB) be­deu­ten. Ab­ge­se­hen von der Fra­ge der Rechts­wirk­sam­keit hat die Be­klag­te auch die Trag­wei­te der Re­ge­lung nicht aus­rei­chend dar­ge­legt. Es ist zu erläutern, wel­che kon­kre­ten Leis­tungs­an­for­de­run­gen an die Ar­beit­neh­mer in den Be­trie­ben be­stan­den, wel­che tatsächli­che Be­deu­tung dem zu­kam und wel­che prak­ti­schen Aus­wir­kun­gen sich dar­aus für die Be­klag­te er­ga­ben. Der fest­ge­stell­te Sach­ver­halt be­trifft aus­sch­ließlich die Rechts­la­ge in den hes­si­schen Be­trie­ben. Da­mit steht bis­her we­der die Dif­fe­ren­zie­rung im ge­setz­li­chen Rah­men noch der sach­li­che Grund fest.

bb) Die Kos­ten je beförder­tem Pa­ket können ein Dif­fe­ren­zie­rungs­grund für frei­wil­li­ge Loh­nerhöhun­gen sein. Der Ge­sichts­punkt der Wirt­schaft­lich­keit er­for­dert je­doch, auch die Gründe für die Kos­ten­un­ter­schie­de je beförder­tem Pa­ket of­fen­zu­le­gen. Nicht nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt und nach der Zweck­set­zung der Be­klag­ten we­nig plau­si­bel ist, war­um ge­ra­de (nur) der letz­te Be­trieb der Rang­fol­ge aus­ge­nom­men wur­de. Die Be­klag­te hat nicht die Be­trie­be ins­ge­samt nebst den je­wei­li­gen Kos­ten und da­mit auch nicht die Abstände un­ter­ein­an­der ge­nannt. Al­lein die Zah­len für ein­zel­ne Cen­ter in Hes­sen er­ge­ben kein aus­rei­chen­des Bild. Die von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­te feh­len­de Ver­gleich­bar­keit der Nie­der­las­sung R ist bis­her nicht ein­seh­bar, da sich die wirt­schaft­li­che Be­deu­tung der ge­son­der­ten Sor­tie­rung nicht einschätzen lässt und nicht vor­ge­tra­gen ist, wie die Sor­tie­rung in den übri­gen Be­trie­ben ge­hand­habt wird. Mit dem Hin­weis auf die Mit­ar­bei­ter­zei­tung „Das Päck­chen“ hat der Kläger den Sach­vor­trag der Be­klag­ten aus­rei­chend be­strit­ten. Der Kläger muss­te kei­ne spe­zi­el­len Kri­te­ri­en der Kos­ten­rang­fol­ge nen­nen. Die Be­klag­te steht der Wirt­schaft­lich­keits­be­rech­nung in den ein­zel­nen Be­trie­ben deut­lich näher als der Kläger.


cc) Auch die ab­so­lu­te Lohnhöhe in ei­nem Be­trieb ist ge­eig­net, ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung bei frei­wil­li­gen Loh­nerhöhun­gen zu recht­fer­ti­gen. Die Be­klag­te hat sich aber bis­her nur auf die Ver­gleichs­zah­len in Hes­sen gestützt und kei­nen bun­des­wei­ten Ver­gleich vor­ge­nom­men. Sie hat nicht plau­si­bel ge­macht, war­um sie ge­ra­de (nur) den Be­trieb mit dem - nach ih­rem Vor­trag - höchs­ten Lohn­ni­veau in Hes­sen aus­ge­nom­men hat. Die un­ter­neh­mens­weit ge­trof­fe­ne Ent-

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schei­dung müss­te die Lohn­abstände bun­des­weit ein­be­zie­hen. Da­bei können die Gründe für das be­ste­hen­de Lohn­ni­veau und für die Lohn­ent­wick­lung in der Ver­gan­gen­heit nicht außer Acht ge­las­sen wer­den. Ggf. ist ein Zu­sam­men­hang mit der (geänder­ten) Auf­ga­ben­stel­lung der Be­trie­be und ei­ner ge­stei­ger­ten oder ge­min­der­ten Ver­ant­wor­tung der Ar­beit­neh­mer zu ver­deut­li­chen.

dd) Hier­nach ist nicht oh­ne wei­te­re Dar­le­gun­gen ein­sich­tig, dass die Re­ge­lung der Be­klag­ten mit dem von ihr an­ge­ge­be­nen Zweck kor­re­spon­diert. Die Be­klag­te muss Ge­le­gen­heit er­hal­ten, zu wei­te­ren Ge­sichts­punk­ten vor­zu­tra­gen, die in den Rah­men des Zwecks der Leis­tung bzw. des Aus­schlus­ses von der Leis­tung fal­len und die Ent­schei­dung bestäti­gen und recht­fer­ti­gen können. Die Be­klag­te muss auch die Gründe dafür, dass sie für ein­zel­ne Be­trie­be an­de­re, bis­her nicht ge­nann­te Stei­ge­rungs­beträge fest­ge­setzt hat, an­ge­ben. Die­se Gründe sind bei der Ge­samt­be­wer­tung der Ent­schei­dung der Be­klag­ten zu be­ach­ten. Sch­ließlich kann auch die Teil­ha­be an der frei­wil­li­gen Loh­nerhöhung im Jah­re 2004 Be­deu­tung für den Streit­fall ge­win­nen.


f) Die Gründe für die Dif­fe­ren­zie­rung können im neu­en Be­ru­fungs­ver­fah­ren wei­ter sub­stan­ti­iert wer­den. In der ge­for­der­ten Sustan­ti­ie­rung liegt kein Aus­tau­schen oder Nach­schie­ben von Gründen, da die Be­klag­te ih­re Gründe be­reits of­fen­ge­legt hat und es nur an der nöti­gen Kon­kre­ti­sie­rung fehlt (vgl. BAG 12. Ok­to­ber 2005 - 10 AZR 640/04 - BA­GE 116, 136, 142; ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rn. 605). Ins­be­son­de­re be­steht bei der Sub­stan­ti­ie­rung nicht die Ge­fahr ei­ner nachträgli­chen Kon­struk­ti­on von in Wahr­heit über­haupt nicht maßge­bend ge­we­se­nen Gründen.


III. Der Rechts­streit ist nicht aus ei­nem an­de­ren Grund zur End­ent­schei­dung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig ab­ge­schlos­se­ne Auf­he­bungs­ver­trag vom 10. Ju­li 2008 be­grenzt ei­nen et­wai­gen An­spruch auf die Zeit bis zum 31. Ok­to­ber 2008. Ob er ihn ins­ge­samt aus-schließt, hängt von der Aus­le­gung der ver­trag­li­chen Aus­schluss­klau­sel ab. Hierfür sind der Wil­le der Ver­trag­schließen­den und die Umstände des Ver­trags­schlus­ses maßge­bend (§§ 133, 157 BGB). Da es in­so­weit an Fest­stel­lun­gen

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fehlt, bleibt die Aus­le­gung dem Lan­des­ar­beits­ge­richt vor­be­hal­ten.

Müller-Glöge 

Mi­kosch 

Laux

Busch­mann 

Il­gen­fritz-Donné

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