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Verlängerte Kündigungsfrist als Benachteiligung des Arbeitnehmers
23.05.2016. Im Normalfall sind lange Kündigungsfristen aus Sicht des Arbeitnehmers etwas Gutes, denn sie schützen ihn davor, bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber allzu rasch auf der Straße zu sitzen.
Dass man als Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung meist dieselben langen Kündigungsfristen beachten muss, kann man normalerweise verschmerzen.
Wie mit allem Guten, so kann man es auch mit Kündigungsfristen übertreiben. In einem aktuellen Fall kam das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) zu dem Ergebnis, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Klausel, die die beiderseits zu beachtende ordentliche Kündigungsfrist auf drei Jahren zum Monatsende festsetzt, als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers anzusehen und daher unwirksam ist: Sächsisches LAG, Urteil vom 19.01.2016, 3 Sa 406/15.
- Wie lang dürfen Kündigungsfristen sein, die der Arbeitgeber mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dem Arbeitnehmer auferlegt?
- Im Streit: Arbeitgeber gewährt per Änderungsvertrag eine Gehaltserhöhung und nimmt dabei eine Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende in seine Vertragsklauseln auf
- Sächsisches LAG: Eine im Kleingedruckten enthaltene Kündigungsfrist von drei Jahren benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen
Wie lang dürfen Kündigungsfristen sein, die der Arbeitgeber mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dem Arbeitnehmer auferlegt?
Nach § 622 Abs.1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können Arbeitnehmer auch nach einer langen Beschäftigungsdauer mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats ordentlich kündigen. Diese vierwöchige "Grundkündigungsfrist" verlängert sich nämlich nur für Arbeitgeber im Laufe der Zeit, nicht aber für Arbeitnehmer (§ 622 Abs.2 Satz 1 BGB).
Möglich ist allerdings, die vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Kündigungsfristen durch Arbeits- oder Tarifvertrag zu verlängern, vorausgesetzt, diese Fristen sind nicht länger als die vom Arbeitgeber zu beachtenden Fristen (§ 622 Abs.6 BGB). Eine häufige Regelung besagt, dass die je nach Beschäftigungsdauer zwischen einem und sieben Monaten liegenden Kündigungsfristen, die der Arbeitgeber gemäß § 622 Abs.2 Satz 1 BGB zu beachten hat, auch vom Arbeitnehmer einzuhalten sind.
Grenzen nach oben hin setzt das Gesetz der vertraglichen Verlängerung von Kündigungsfristen nicht. Dahinter steht die Überlegung, dass lange Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer vorteilhaft sind, weil sie seinen Arbeitsplatz sicherer machen.
Eine indirekte Obergrenze lässt sich allerdings § 15 Abs.4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) entnehmen. Danach kann ein auf Lebenszeit des Arbeitnehmers abgeschlossenes Arbeitsverhältnis erstmals nach fünf Jahren gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von sechs Monaten. Das TzBfG akzeptiert damit eine maximale Vertragsbindung des Arbeitnehmers (bei einem Lebenszeitarbeitsvertrag) von fünfeinhalb Jahren.
Eine allzu lange Vertragsbindung kann berufliche Veränderungen des Arbeitnehmers erschweren und damit seine Berufsfreiheit (Art.12 Grundgesetz - GG) beeinträchtigen. Diese Bewertung liegt jedenfalls in den Fällen nahe, in denen eine jahrelange Kündigungsfrist nicht in einem individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag enthalten ist, sondern Bestandteil der vom Arbeitgeber vorformulierten AGB ist.
Im Streit: Arbeitgeber gewährt per Änderungsvertrag eine Gehaltserhöhung und nimmt dabei eine Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende in seine Vertragsklauseln auf
Im Streitfall konnte sich ein sächsischer Speditionskaufmann, der 45 Stunden pro Woche arbeiten musste, im Sommer 2012 über eine Gehaltserhöhung von 1.400,00 EUR brutto auf 2.400,00 EUR brutto freuen. Die Gehaltserhöhung war in einer vom Arbeitgeber ausgearbeiteten Vertragsergänzung festgehalten.
Zugleich mit der Gehaltsaufbesserung ließ sich der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende abzeichnen, die für beide Parteien gelten sollte. Außerdem war der Arbeitgeber ab dem Zeitpunkt einer Kündigungserklärung zur Freistellung berechtigt.
Als sich im Dezember 2014 herausstellte, dass der Arbeitgeber Daten von den Arbeitsplatzrechnern mithilfe einer Spähsoftware auslesen ließ, kündigten sechs der sieben im Betrieb tätigen Arbeitnehmer, unter anderem der Speditionskaufmann. In seinem Kündigungsschreiben vom 27.12.2014 erklärte er, dass er "ordnungsgemäß und fristgerecht" zum 31.01.2015 kündige, wobei er offenbar die gesetzliche Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. bzw. zum Monatsende (§ 622 Abs.1 BGB) einhalten wollte.
Der Arbeitgeber wollte diese Kündigung nicht hinnehmen und verklagte den Speditionskaufmann unter Berufung auf die vertraglich vereinbarte dreijährige Kündigungsfrist auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis fortbestehe. Damit hatte er in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Leipzig Erfolg (Urteil vom 12.06.2015, 3 Ca 184/15).
Sächsisches LAG: Eine im Kleingedruckten enthaltene Kündigungsfrist von drei Jahren benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen
Das Sächsische LAG entschied andersherum und wies die Klage ab. Seiner Ansicht nach gehörte die arbeitsvertragliche Fristenregelung zu den AGB des Arbeitgebers und war wegen unangemessener Benachteiligung des Speditionskaufmanns (§ 307 Abs.1 Satz 1 BGB) unwirksam. Dieser konnte daher mit der gesetzlichen Kündigungsfrist und somit zum 31.01.2015 kündigen.
Dass eine dreijährige Kündigungsfrist zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führt, begründet das LAG damit, dass Arbeitnehmer mit nicht sehr seltenen Qualifikationen meist kurzfristig, jedenfalls aber nicht mit einem zeitlichen Vorlauf von drei Jahren gesucht würden.
Bei einer dreijährigen Kündigungsfrist ist es ausgeschlossen, dass der Speditionskaufmann zum Zeitpunkt einer Eigenkündigung bereits einen Folgearbeitsvertrag in der Tasche hätte, so das LAG. Er wäre daher gezwungen, auf gut Glück zu kündigen, um dann erst Jahre später bzw. kurz vor Ablauf der dreijährigen Kündigungsfrist herauszufinden, ob er eine angemessene Folgebeschäftigung finden würde. Dies bewertete das LAG als unzumutbare Erschwernis des Arbeitsplatzwechsel, die mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art.12 Grundgesetz - GG) nicht im Einklang steht.
Fazit: Eine für beide Parteien geltende Kündigungsfrist von drei Jahren hat für einen "normal" qualifizierten Arbeitnehmer keinen Vorteil, sondern nur Nachteile beim beruflichen Fortkommen. Möglicherweise kann eine so lange Kündigungsfrist in einer einzeln ausgehandelten Vereinbarung festgelegt werden - in AGB des Arbeitgebers hat sie nichts zu suchen.
Arbeitnehmer sollten sich darauf allerdings nicht verlassen, sondern bei arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auf normallange Fristen bestehen. Denn möglicherweise hebt das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Entscheidung des Sächsischen LAG wieder auf. Das LAG hat nämlich die Revision zugelassen, die der Arbeitgeber mittlerweile auch eingelegt hat, so dass jetzt das BAG über den Fall entscheiden muss.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19.01.2016, 3 Sa 406/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Fall entschieden und das Urteil des Sächsischen LAG bestätigt. Informationen zu dem BAG-Urteil finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2017, 6 AZR 158/16 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2017, 6 AZR 158/16
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Letzte Überarbeitung: 29. Oktober 2018
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