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Kündigungsfrist in der Probezeit und Arbeitsvertrag
24.03.2017. Viele Arbeitsverträge verweisen auf einen Tarifvertrag, der dann aufgrund einer solchen Bezugnahme-Klausel für das Arbeitsverhältnis gilt.
Meist machen solche Klauseln den kompletten Inhalt des in Bezug genommenen Tarifvertrags zum Inhalt des Arbeitsvertrags. Da aber kaum jemand die vielen tariflichen Vorschriften bei Vertragsschluss überblickt, kommt es vor, dass Tarifvertrag und Arbeitsvertrag miteinander unvereinbare Regelungen enthalten, z.B. zum Thema Kündigungsfristen, Ausschlussfristen oder Urlaub.
In einem gestern ergangenen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass sich der Arbeitgeber auf eine kurze (zweiwöchige) Probezeit-Kündigungsfrist gemäß einem Tarifvertrag nicht berufen kann, wenn der Arbeitsvertrag andererseits eine sechswöchige Kündigungsfrist vorsieht: BAG, Urteil vom 23.03.2017, 6 AZR 705/15 (Pressemeldung des BAG).
- Was geht vor: Eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Kündigungsfrist von sechs Wochen oder eine Probezeitklausel?
- Flugbegleiter wird im sechsten Monat der Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist gekündigt
- BAG: Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Wochen geht einer Probezeitklausel mit pauschalem Verweis auf einen Tarifvertrag vor
Was geht vor: Eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Kündigungsfrist von sechs Wochen oder eine Probezeitklausel?
Arbeitsverträge werden in der Regel einseitig vom Arbeitgeber vorformuliert, so dass der Arbeitnehmer sie letztlich nur unterschreibt, ohne auf den Inhalt der vom Arbeitgeber entworfenen Vertragsklauseln Einfluss nehmen zu können. Die Regelungen eines solchen Arbeitsvertrages sind dann Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und müssen den gesetzlichen Vorgaben des AGB-Rechts entsprechen.
Eine wichtige Vorschrift des AGB-Rechts besagt, dass Vertragsklauseln unwirksam sind, wenn sie den Arbeitnehmer „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“ (§ 307 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Und gemäß § 307 Abs.1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass eine Vertragsklausel nicht klar und verständlich ist.
Fraglich ist, ob diese Vorschrift auch dann zu Gunsten des Arbeitnehmers anzuwenden ist, wenn der Arbeitsvertrag neben einer sechswöchigen Kündigungsfrist zugleich auch eine Probezeitklausel enthält, d.h. eine Regelung, der zufolge die ersten (sechs) Monate als Probezeit gelten sollen. Denn infolge einer solchen Probezeitklausel gilt gemäß § 622 Abs.3 BGB eine kürzere Kündigungsfrist als sechs Wochen, nämlich von zwei Wochen.
Außerdem muss sich der Arbeitnehmer bei einer Probezeitvereinbarung nach der Rechtsprechung im Allgemeinen die Mühe machen, im Gesetz nachzuschauen und sich klarzumachen, dass wegen der Probezeit eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt. Allerdings hilft ein Blick ins Gesetz nicht weiter, wenn der Arbeitsvertrag einerseits eine Probezeitklausel und andererseits eine sechswöchige Kündigungsfrist enthält. Denn dann widerspricht die Probezeitklausel (bzw. die daraus folgende zweiwöchige Kündigungsfrist) der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist von sechs Wochen.
In einem solchen Fall spricht viel dafür, zu Gunsten des Arbeitnehmers die gesetzliche Unklarheiten-Regelung des § 307 Abs.1 Satz 2 BGB anzuwenden.
Flugbegleiter wird im sechsten Monat der Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist gekündigt
Im Streitfall hatte ein Flugbegleiter seinen Arbeitgeber verklagt, eine Zeitarbeitsfirma, bei der er seit April 2014 beschäftigt war und die ihn an eine Fluglinie ausgeliehen hatte.
Der Arbeitsertrag, den die Zeitarbeitsfirma vorformuliert hatte, enthielt in § 1 eine Bezugnahme auf einen Zeitarbeits-Manteltarifvertrag (MTV), der eine sechsmonatige Probezeit vorsah. Während der ersten drei Monate der Probezeit sollte die Kündigungsfrist gemäß MTV eine Woche betragen und während der folgenden drei Probezeit-Monate zwei Wochen. Dazu passend war in § 3 des Arbeitsvertrags vereinbart, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten sollten.
Im Unterschied dazu war allerdings in § 8 des Vertrags unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ eine allgemeine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende festgeschrieben. Eine Einschränkung auf die Zeit nach Ablauf der Probezeit enthielt diese Kündigungsfristen-Regelung nicht.
Am 05.09.2014 wurde der Flugbegleiter gekündigt, und zwar mit kurzer Frist zum 20.09.2014. Dagegen klagte er mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der sechswöchigen Kündigungsfrist und demzufolge erst zum 31.10.2014 geendet hatte. Sein Argument: Aus der vertraglichen Regelung zur Kündigungsfrist ergab sich nicht, dass während der Probezeit eine kürzere Kündigungsfrist gelten sollte.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die Klage ab (Urteil vom 23.03.2015, 15 Ca 6024/14), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf dem Arbeitnehmer recht gab (LAG Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2015, 7 Sa 495/15).
BAG: Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Wochen geht einer Probezeitklausel mit pauschalem Verweis auf einen Tarifvertrag vor
Auch vor dem BAG zog der Arbeitgeber den Kürzeren. In der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemeldung heißt es zur Begründung:
Die Regelungen des Arbeitsvertrages wurden einseitig von der Zeitarbeitsfirma vorformuliert und sind daher AGB. Als AGB sind sie so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer versteht, der im Normalfall „nicht rechtskundig“ ist. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt das Nebeneinander
- einer sechswöchigen Kündigungsfrist gemäß Arbeitsvertrag und
- einer Probezeitklausel plus Verweis auf einen Tarifvertrag
nicht erkennen, dass eine Probezeit-Kündigungsfrist von zwei Wochen gelten soll, so das BAG.
Daher war hier die für den Arbeitnehmer deutlich erkennbare sechswöchige Kündigungsfrist maßgeblich, und zwar auch während der Probezeit.
Für die Vertragsgestaltung bedeutet das: Eine Probezeit führt gemäß § 622 Abs.3 BGB im Allgemeinen zu einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen. Ist aber in dem vom Arbeitgeber einseitig vorformulierten Arbeitsvertrag in einer anderen Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, gilt die längere Kündigungsfrist auch in der Probezeit, wenn die Kündigungsfristenregelung nicht klar erkennen lässt, dass sie erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll.
Fazit: Enthalten die AGB des Arbeitgebers widersprüchliche Vereinbarungen zu den Kündigungsfristen, so ist es nicht Aufgabe des Arbeitnehmers darüber zu rätseln, welche Fristen gelten sollen. Vielmehr sind dann die aus seiner Sicht günstigeren Fristen anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn dadurch eine Probezeitklausel, die ja rechtlich allein den Zweck einer Verkürzung der Kündigungsfrist hat, leer läuft bzw. keine Rechtswirkung mehr hat.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2017, 6 AZR 705/15 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2017, 6 AZR 705/15
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2015, 7 Sa 495/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 29. Oktober 2018
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