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BAG, Ur­teil vom 23.03.2017, 6 AZR 705/15

   
Schlagworte: Probezeit, AGB, Kündigungsfristen
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 705/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.03.2017
   
Leitsätze: Wird in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer Klausel eine Probezeit und in einer anderen Klausel eine Kündigungsfrist festgelegt, ohne dass unmissverständlich deutlich wird, dass diese ausdrücklich genannte Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon von Beginn des Arbeitsverhältnisses an nur mit dieser Kündigungsfrist, nicht aber mit der zweiwöchigen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB kündigen kann.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2015, 15 Ca 6024/14
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2015, 7 Sa 495/15
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

6 AZR 705/15
7 Sa 495/15
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Düssel­dorf

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
23. März 2017

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 23. März 2017 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Spel­ge und Gall­ner so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Knauß und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Tal­ken­berg für Recht er­kannt:

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1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 7. Ok­to­ber 2015 - 7 Sa 495/15 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über den Zeit­punkt, in dem das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis be­en­det wor­den ist.

Die Be­klag­te be­treibt ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Die Par­tei­en, de­ren Ta­rif­bin­dung das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt hat, schlos­sen im März 2014 ei­nen Ar­beits­ver­trag. Der Kläger soll­te ab dem 28. April 2014 als Flug­be­glei­ter an ei­ne Flug­ge­sell­schaft über­las­sen wer­den. Der Ar­beits­ver­trag stand un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung, dass der Kläger ei­ne Schu­lung zum Flug­be­glei­ter, ei­ne flugärzt­li­che Un­ter­su­chung so­wie die er­for­der­li­che Zu­verlässig­keitsprüfung be­ste­he. Die Schu­lung wur­de von der Flug­ge­sell­schaft durch­geführt und be­zahlt. Nach Erfüllen der im Ar­beits­ver­trag ge­nann­ten Be­din­gun­gen wur­de der Kläger als Flug­be­glei­ter ein­ge­setzt.

In § 1 des Ar­beits­ver­trags, der 17 Pa­ra­gra­fen mit ins­ge­samt 68 Un­ter­punk­ten um­fass­te, war un­ter der Über­schrift „Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag“ die Gel­tung des zwi­schen dem Bun­des­ver­band Zeit­ar­beit Per­so­nal-Dienst­leis­tung e. V. (BZA) und den Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten des DGB ge­schlos­se­nen Man­tel­ta­rif­ver­trags für die Zeit­ar­beit (MTV) ver­ein­bart. Gemäß § 9.3 MTV gel­ten die ers­ten sechs Mo­na­te des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses als Pro­be­zeit. In den ers­ten drei Mo­na­ten der Pro­be­zeit kann das Ar­beits­verhält­nis mit ei­ner Frist von ei­ner Wo­che gekündigt wer­den. Da­nach gel­ten die ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten während der Pro­be­zeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB.

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Der Ar­beits­ver­trag ent­hielt aus­zugs­wei­se fol­gen­de wei­te­re Re­ge­lun­gen, wo­bei die Ziff. 4 in § 3 dop­pelt ver­ge­ben war:

„§ 3 Be­ginn und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses

1. Der Ar­beits­ver­trag wird im Rah­men ei­ner Neu­ein­stel­lung be­fris­tet ab­ge­schlos­sen gemäß § 14 Abs. 2 Tz­B­fG (sach­grund­lo­se Be­fris­tung) für die Zeit vom 28.04.2014 bis zum 31.12.2015. ...

2. Der Mit­ar­bei­ter bestätigt mit sei­ner Un­ter­schrift, dass vor Ab­schluss die­ses Ar­beits­ver­tra­ges kein be­fris­te­tes oder un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit der G be­stan­den hat.

3. Auch während ei­ner et­wai­gen Be­fris­tung kann das Ar­beits­verhält­nis von bei­den Par­tei­en nach Maßga­be der Be­stim­mun­gen des MTV und den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen gekündigt wer­den.

4. Nach Ab­lauf der ver­ein­bar­ten Be­fris­tungs­zeit en­det das Ar­beits­verhält­nis, oh­ne dass es ei­ner ent­spre­chen­den Erklärung ei­ner der Par­tei­en be­darf, so­fern nicht zu­vor die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses schrift­lich ver­ein­bart wur­de.

4. Die ers­ten 6 Mo­na­te nach Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses wer­den als Pro­be­zeit ver­ein­bart.
...

§ 8 Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses

1. Für die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses gilt ei­ne Kündi­gungs­frist von 6 Wo­chen zum Mo­nats­en­de. Die nach den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen für den Ar­beit­ge­ber gel­ten­den länge­ren Kündi­gungs­fris­ten gel­ten auch für ei­ne Kündi­gung durch den Mit­ar­bei­ter. Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor Ar­beits­an­tritt ist aus­ge­schlos­sen.
...“

Mit Schrei­ben vom 5. Sep­tem­ber 2014, das dem Kläger am sel­ben Tag zu­ging, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis in­ner­halb der Pro­be­zeit zum 20. Sep­tem­ber 2014, hilfs­wei­se zum nächstmögli­chen Ter­min. Mit sei­ner am 8. Ok­to­ber 2014 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge wen­det sich der Kläger nur noch ge­gen die Länge der Kündi­gungs­frist.

Der Kläger hat die An­sicht ver­tre­ten, die maßgeb­li­che Kündi­gungs­frist er­ge­be sich aus § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags, der die Kündi­gungs­frist oh­ne

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ei­ne Aus­nah­me fest­ge­legt ha­be. Die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit in § 3 zwei­te Ziff. 4 des Ar­beits­ver­trags ha­be nicht zur Fol­ge, dass die in § 622 Abs. 3 BGB vor­ge­se­he­ne Kündi­gungs­frist von zwei Wo­chen gel­te. In § 3 des Ar­beits­ver­trags, der nach sei­ner Über­schrift nur Be­ginn und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses be­tref­fe, sei­en bis auf die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit in Ziff. 4 aus­sch­ließlich Re­ge­lun­gen zur Be­fris­tung ent­hal­ten.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung vom 5. Sep­tem­ber 2014 erst zum 31. Ok­to­ber 2014 be­en­det wur­de.

Die Be­klag­te hat zur Be­gründung ih­res Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trags vor­ge­tra­gen, schon aus der Be­zug­nah­me­klau­sel in § 1 des Ar­beits­ver­trags und dem da­nach maßgeb­li­chen § 9.3 MTV fol­ge, dass das Ar­beits­verhält­nis mit ei­ner kürze­ren Frist als der­je­ni­gen des § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags ha­be gekündigt wer­den können. Die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit sei nach all­ge­mei­ner Le­bens­auf­fas­sung so zu ver­ste­hen, dass an­de­re Kündi­gungs­fris­ten gel­ten soll­ten. An­de­ren­falls wäre die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit sinn­los, weil sie kei­ne ei­genständi­ge Be­deu­tung ha­be. Hätte der Kläger den Ver­trag als Gan­zes ge­le­sen, wäre ihm die ex­pli­zi­te Her­aus­stel­lung der Pro­be­zeit in § 3 zwei­te Ziff. 4 auf­ge­fal­len, die nach dem MTV und dem Ge­setz ei­ne kürze­re Kündi­gungs­frist be­wir­ke. Die in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags vor­ge­se­he­ne Kündi­gungs­frist gel­te un­miss­verständ­lich nur für den Zeit­raum nach der Pro­be­zeit. Sch­ließlich ha­be der Kläger wis­sen müssen, dass der Be­klag­ten an ei­ner kurz­fris­ti­gen Tren­nungsmöglich­keit in den ers­ten sechs Mo­na­ten ge­le­gen ge­we­sen sei. Dar­an ände­re nichts, dass er vor dem Ein­satz als Flug­be­glei­ter noch ge­schult ha­be wer­den müssen. Ein ge­stei­ger­ter Bin­dungs­wil­le der Be­klag­ten ge­he dar­aus nicht her­vor. Sie ha­be die Schu­lung we­der durch­geführt noch be­zahlt.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ab­geändert und der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Da­ge­gen rich­tet sich die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on der Be­klag­ten.

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Be­klag­te muss­te be­reits in der Pro­be­zeit die von ihr in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags fest­ge­leg­te Kündi­gungs­frist wah­ren. Ih­re Kündi­gung vom 5. Sep­tem­ber 2014 hat das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en dar­um erst zum 31. Ok­to­ber 2014 be­en­det. Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt mit Recht er­kannt.

I. Der Um­stand, dass der Kläger die Frist des § 4 KSchG nicht ge­wahrt hat, steht dem Er­folg der Kla­ge nicht ent­ge­gen, weil sich die Kündi­gung als Erklärung mit der recht­lich ge­bo­te­nen Kündi­gungs­frist aus­le­gen lässt (BAG 15. De­zem­ber 2016 - 6 AZR 430/15 - Rn. 69 ff. mwN). Das hat be­reits das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men, oh­ne dass dem die Be­klag­te im wei­te­ren Ver­lauf des Ver­fah­rens noch ent­ge­gen­ge­tre­ten ist.

II. Für die Kündi­gung in der War­te­zeit war al­lein die Kündi­gungs­frist aus § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags maßgeb­lich. Der Kläger durf­te den von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­ten Ar­beits­ver­trag da­hin ver­ste­hen, dass die in § 8 Ziff. 1 des Ver­trags ver­ein­bar­te Frist schon für Kündi­gun­gen in der Pro­be­zeit gel­ten soll­te.

1. Die Re­ge­lun­gen des Ar­beits­ver­trags sind All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen, die vom Se­nat als ty­pi­sche Erklärun­gen selbst aus­ge­legt wer­den können (da­zu BAG 17. No­vem­ber 2016 - 6 AZR 487/15 - Rn. 20). Das folgt aus dem äußeren Er­schei­nungs­bild der for­mu­larmäßigen Ver­trags­ge­stal­tung. Die Be­klag­te ist dem­ent­spre­chend der An­wen­dung der §§ 305 ff. BGB auf den Ver­trag durch die Vor­in­stan­zen nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

2. Der In­halt All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist nach ei­nem ob­jek­tiv-ge­ne­ra­li­sie­ren­den Maßstab zu er­mit­teln. Sie sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den. Da­bei sind die Verständ­nismög-

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lich­kei­ten des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen (BAG 17. No­vem­ber 2016 - 6 AZR 487/15 - Rn. 22 mwN). Ab­zu­stel­len ist da­bei auf den ty­pi­scher­wei­se bei Ar­beits­verträgen der ge­re­gel­ten Art zu er­war­ten­den nicht rechts­kun­di­gen Ar­beit­neh­mer (vgl. BAG 21. April 2016 - 8 AZR 753/14 - Rn. 30; BGH 26. No­vem­ber 1984 - VIII ZR 188/83 - zu I der Gründe). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten kommt es des­halb dar­auf an, wie der Ver­trag bzw. sei­ne ein­zel­nen Klau­seln nach der „nicht­ju­ris­ti­schen Lai­en­sphäre“ zu ver­ste­hen sind.

3. Aus Sicht des verständi­gen, nicht rechts­kun­di­gen durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers enthält der von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­te Ar­beits­ver­trag nur ei­ne ein­zi­ge Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung, die sich in § 8 Ziff. 1 fin­det. Die Be­klag­te hat nicht un­miss­verständ­lich deut­lich ge­macht, dass die­se Frist erst nach dem En­de der in § 3 zwei­te Ziff. 4 des Ver­trags fest­ge­leg­ten Pro­be­zeit gel­ten soll. Die­se Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung ist aus Sicht des durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers dar­um ei­genständig und ab­sch­ließend und soll von Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses an gel­ten, al­so auch schon während der ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit Wir­kung ent­fal­ten.

a) Un­ter­wer­fen nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ihr Ar­beits­verhält­nis nicht aus­sch­ließlich ei­nem in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trag, son­dern enthält ein vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­lier­ter Ar­beits­ver­trag zu ein­zel­nen, ta­rif­lich ge­re­gel­ten Ar­beits­be­din­gun­gen selbst Be­stim­mun­gen, kann das aus Sicht des durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers so zu ver­ste­hen sein, dass in­so­weit al­lein die­se Klau­seln für das Ar­beits­verhält­nis maßgeb­lich sein sol­len (vgl. für Aus­schluss­fris­ten BAG 28. Ja­nu­ar 2015 - 5 AZR 122/13 - Rn. 16 mwN; vgl. zur „ge­staf­fel­ten“ Ein­be­zie­hung meh­re­rer Klau­sel­wer­ke BGH 22. Ju­li 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 32 f.). In­so­weit darf und muss der Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich an­neh­men, dass die „un­ter­schrifts­na­he Be­stim­mung“ in dem vom Ar­beit­ge­ber als Ver­wen­der auf die Bedürf­nis­se des kon­kre­ten Ar­beits­verhält­nis­ses zu­ge­schnit­te­nen For­mu­lar­ar­beits­ver­trag Vor­rang vor der ver­trags­fer­ne­ren, in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­re­ge­lung ha­ben soll (vgl. Lind­a­cher/Hau in Wolf/Lind­a­cher/ Pfeif­fer 6. Aufl. § 305c Rn. 121). Er darf da­von aus­ge­hen, dass an­de­ren­falls der

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Ar­beit­ge­ber die­se Be­stim­mung nicht auf­ge­nom­men, son­dern es bei der Be­zug­nah­me auf die Ta­rif­re­ge­lung be­las­sen hätte. Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn die Klau­sel ei­nen von dem in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trag ab­wei­chen­den In­halt hat. Et­was an­de­res ist nur dann an­zu­neh­men, wenn ei­ne Klau­sel als bloße Aus­for­mu­lie­rung der be­reits auf­grund der Be­zug­nah­me­klau­sel an­wend­ba­ren Ta­rif­re­ge­lung oh­ne ei­genständi­gen Re­ge­lungs­ge­halt zu ver­ste­hen ist (vgl. BAG 28. Ja­nu­ar 2015 - 5 AZR 122/13 - Rn. 19).

b) Der Kläger durf­te und muss­te die mit „Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses“ über­schrie­be­ne Re­ge­lung in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags, die von den ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten des § 622 Abs. 1 und Abs. 3 BGB zu sei­nen Guns­ten ab­weicht, als die von der Be­klag­ten auf sein Ar­beits­verhält­nis zu­ge­schnit­te­ne und dar­um al­lein maßgeb­li­che Fest­le­gung der Kündi­gungs­frist ver­ste­hen. Der Kläger durf­te da­von aus­ge­hen, dass der in § 1 des Ar­beits­ver­trags pau­schal als Gan­zes in Be­zug ge­nom­me­ne MTV in­so­weit kei­ne Be­deu­tung ha­ben soll­te. An­halts­punk­te für die feh­len­de Ei­genständig­keit der Re­ge­lung in § 8 Ziff. 1 des Ver­trags las­sen sich die­ser selbst nicht ent­neh­men. Ins­be­son­de­re fehlt je­der An­halts­punkt dafür, dass die­se Frist nicht be­reits ab dem Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses gel­ten soll­te. Im Ge­gen­teil trifft § 8 Ziff. 1 Satz 3 des Ar­beits­ver­trags mit dem Aus­schluss der Kündi­gung vor Dienst­an­tritt ei­ne Re­ge­lung mit zeit­li­chem Be­zug zum Ver­trags­be­ginn, oh­ne in die­sem Zu­sam­men­hang kürze­re Kündi­gungs­fris­ten für die An­fangs­pha­se des Ar­beits­verhält­nis­ses fest­zu­le­gen.

c) Der er­for­der­li­che An­halts­punkt für die feh­len­de Ei­genständig­keit der in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags fest­ge­leg­ten Kündi­gungs­frist in den ers­ten sechs Mo­na­ten des Ar­beits­verhält­nis­ses er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on auch nicht aus § 3 Ziff. 3 des Ar­beits­ver­trags. Aus Sicht des durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers ist mit der Fest­le­gung, dass das Ar­beits­verhält­nis auch während der Be­fris­tung „nach Maßga­be der Be­stim­mun­gen des MTV und den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen gekündigt“ wer­den kann, al­lein die Künd­bar­keit des Ar­beits­verhält­nis­ses als sol­ches eröff­net. Wel­che Frist da­bei ein­zu­hal­ten ist, lässt sich aus die­ser Sicht al­lein § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags ent­neh­men.

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d) Der Kläger muss­te auch nicht we­gen der Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit in der zwei­ten Ziff. 4 des § 3 des Ar­beits­ver­trags dar­auf schließen, dass die Kündi­gungs­frist des § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags erst nach dem En­de die­ser Pro­be­zeit ei­genständi­ge Wir­kung ent­fal­ten soll­te.

aa) Be­reits die dop­pel­te Ver­ga­be der Ziff. 4 in § 3 des Ar­beits­ver­trags legt na­he, dass die dar­in er­folg­te Be­stim­mung ei­ner Pro­be­zeit nur ver­se­hent­lich in den von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­text auf­ge­nom­men wor­den ist. Im Übri­gen enthält § 3 des Ver­trags aus­sch­ließlich Be­stim­mun­gen, die im Zu­sam­men­hang mit der ver­ein­bar­ten Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ste­hen. Aus Sicht ei­nes durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers ist die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit in die­sem Zu­sam­men­hang ver­fehlt. Das spricht aus sei­ner Sicht für die Un­be­acht­lich­keit der zwei­ten Ziff. 4 in § 3 des Ar­beits­ver­trags.

bb) Un­abhängig da­von konn­te ein nicht rechts­kun­di­ger durch­schnitt­li­cher Ar­beit­neh­mer al­lein der Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit in § 3 zwei­te Ziff. 4 des Ver­trags nicht ent­neh­men, dass in die­ser Pro­be­zeit nicht die in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags fest­ge­leg­te Kündi­gungs­frist, son­dern die in § 9.3 Un­terabs. 2 Satz 2 MTV bzw. § 622 Abs. 3 BGB ge­re­gel­te zweiwöchi­ge Kündi­gungs­frist gel­ten soll­te.

(1) Al­ler­dings gilt in ei­ner ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit die Kündi­gungs­frist des § 622 Abs. 3 BGB grundsätz­lich oh­ne be­son­de­re Ver­ein­ba­rung (vgl. nur APS/Linck 5. Aufl. BGB § 622 Rn. 69 mwN). Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en können je­doch auch für die Kündi­gung in der Pro­be­zeit länge­re Kündi­gungs­fris­ten ver­ein­ba­ren (ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 622 BGB Rn. 15).

(2) Ei­ne sol­che ab­wei­chen­de Re­ge­lung ist in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags ge­trof­fen.

(a) Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob ei­nem nicht rechts­kun­di­gen durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mer, wie die Re­vi­si­on an­nimmt, die Aus­wir­kung der Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit auf die Länge der in die­ser Zeit ein­zu­hal­ten­den Frist be­kannt ist oder ob ein sol­cher Ar­beit­neh­mer nur da­von aus­geht, dass in die­ser

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Zeit noch kein Kündi­gungs­schutz gilt, al­so die Pro­be­zeit mit der War­te­zeit des § 1 KSchG gleich­setzt (so ver­ein­zelt auch die älte­re Recht­spre­chung des BAG, vgl. 5. Fe­bru­ar 2004 - 8 AZR 639/02 - zu II 3 a der Gründe; 20. Au­gust 1998 - 2 AZR 83/98 - zu II 3 der Gründe, BA­GE 89, 307).

(b) Je­den­falls galt nach dem Verständ­nis ei­nes durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers auf­grund der kon­kre­ten Aus­ge­stal­tung des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en die in die­ser Klau­sel fest­ge­leg­te Kündi­gungs­frist schon während der Pro­be­zeit. § 3 des Ar­beits­ver­trags ist mit „Be­ginn und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses“ über­schrie­ben. Zwar weist die Re­vi­si­on mit Recht dar­auf hin, dass der Be­griff „Dau­er“ deut­lich macht, dass § 3 auch Re­ge­lun­gen enthält, die Be­deu­tung für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ha­ben. Al­le fol­gen­den Klau­seln die­ses Pa­ra­gra­fen be­zie­hen sich je­doch bis zur ers­ten Ziff. 4 aus­sch­ließlich auf die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses. § 3 Ziff. 3 eröff­net während des Be­fris­tungs­laufs ei­ne Kündi­gungsmöglich­keit, § 3 ers­te Ziff. 4 legt die recht­li­chen Fol­gen des Be­fris­tungs­aus­laufs fest. Die fol­gen­de Re­ge­lung der Pro­be­zeit in § 3 zwei­te Ziff. 4 steht mit den da­vor ste­hen­den Klau­seln in kei­nem recht­li­chen oder in­halt­li­chen Zu­sam­men­hang. Zwar steht, wor­auf die Be­klag­te in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat hin­ge­wie­sen hat, die Pro­be­zeit be­griffs­not­wen­dig am An­fang des Ar­beits­verhält­nis­ses. Gleich­wohl muss der durch­schnitt­li­che Ar­beit­neh­mer nicht da­von aus­ge­hen, dass in ei­nem vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­lier­ten Ver­trag un­ter der Über­schrift „Be­ginn und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses“ Be­stim­mun­gen er­fol­gen sol­len, die die Länge der Kündi­gungs­frist berühren, wenn zu­gleich in ei­ner an­de­ren Klau­sel, die aus­drück­lich mit „Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses“ über­schrie­ben ist, die Kündi­gungs­frist oh­ne je­de Aus­nah­me fest­ge­legt ist. Das gilt um­so mehr, als der von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­te Ver­trag außer­or­dent­lich kom­plex ist und zahl­rei­che verästel­te Re­ge­lun­gen enthält. Der Kläger konn­te des­halb er­war­ten, dass die Be­klag­te in dem Ver­trag die Fall­ge­stal­tun­gen aufführen würde, in de­nen sie ei­ne von der Frist des § 8 Ziff. 1 ab­wei­chen­de Frist fest­le­gen woll­te. Das ist nicht ge­sche­hen. An kei­ner Stel­le des Ar­beits­ver­trags wird für den durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mer deut­lich, dass die Be­klag­te als Ver­wen­de­rin kündi­gungs­recht­lich Kon­se­quen­zen aus ei­ner ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit zie­hen, ins­be­son­de­re für den Be­ginn des Ar­beits-

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verhält­nis­ses kürze­re Kündi­gungs­fris­ten vor­se­hen woll­te. Ei­ne Kündi­gungs­frist ist aus­drück­lich nur in § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags oh­ne Aus­nah­me­re­ge­lung für die Dau­er der Pro­be­zeit fest­ge­legt. Al­lein die­se Frist ist des­halb aus Sicht des durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mers von Be­ginn an und da­mit auch be­reits während der Pro­be­zeit für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses maßgeb­lich.

(c) Al­ler­dings hat, wor­auf die Re­vi­si­on zu­tref­fend hin­weist, die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit im Re­gel­fall nur den Zweck, während die­ser Zeit mit verkürz­ter Frist kündi­gen zu können. Ist § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags be­reits in der Pro­be­zeit maßgeb­lich, läuft die Ver­ein­ba­rung der Pro­be­zeit leer. Das ist je­doch die Fol­ge der von der Be­klag­ten selbst for­mu­lier­ten Ver­trags­klau­seln, die ih­ren der Ver­ein­ba­rung der Pro­be­zeit zu­grun­de­lie­gen­den Re­ge­lungs­wil­len dem durch­schnitt­li­chen Ar­beit­neh­mer nicht hin­rei­chend deut­lich macht. Hätte die Be­klag­te als Ver­wen­de­rin vor­ge­ben wol­len, dass in der Pro­be­zeit die zweiwöchi­ge Kündi­gungs­frist des § 9.3 Un­terabs. 2 Satz 2 MTV bzw. § 622 Abs. 3 BGB gel­ten soll, hätte sie dies ent­we­der in § 3 im Zu­sam­men­hang mit der Ver­ein­ba­rung der Pro­be­zeit deut­lich ma­chen oder die Re­ge­lung in § 8 des Ver­trags un­zwei­deu­tig auf die Zeit nach dem En­de der Pro­be­zeit be­gren­zen müssen. Dafür hätte die Einfügung der drei Wor­te „nach der Pro­be­zeit“ im An­schluss an die § 8 Ziff. 1 des Ver­trags ein­lei­ten­de Pas­sa­ge „Für die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses gilt“ genügt. An der von ihr vor­ge­ge­be­nen For­mu­lie­rung, die für den durch­schnitt­li­chen, ju­ris­tisch nicht vor­ge­bil­de­ten Ar­beit­neh­mer nur den Schluss zulässt, dass die ein­zi­ge Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung in § 8 des Ar­beits­ver­trags vom ers­ten Tag des Ar­beits­verhält­nis­ses an maßgeb­lich sein soll­te, muss sich die Be­klag­te fest­hal­ten las­sen.

(d) Der Hin­weis der Re­vi­si­on, die Be­klag­te ha­be un­ge­ach­tet der Be­zah­lung der vor Auf­nah­me der Tätig­keit er­for­der­li­chen Schu­lung des Klägers durch den Ent­lei­her ein In­ter­es­se dar­an ge­habt, das Ar­beits­verhält­nis während der Pro­be­zeit mit kürze­rer Frist zu be­en­den, falls sich der Ar­beit­neh­mer - wie im Fall des Klägers ge­sche­hen - als flug­unfähig er­wei­se, führt zu kei­ner an­de­ren Aus­le­gung. Die­ses In­ter­es­se konn­te der Kläger dem von der Be­klag­ten for­mu­lier­ten

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Ver­trag nicht ent­neh­men. Es wäre die­ser un­be­nom­men ge­we­sen, ih­rem Lösungs­in­ter­es­se durch ei­ne kla­re, un­zwei­deu­ti­ge Re­ge­lung der während der Pro­be­zeit gel­ten­den Kündi­gungs­frist Rech­nung zu tra­gen.

(e) Die von der Re­vi­si­on her­an­ge­zo­ge­nen Ent­schei­dun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 20. Ok­to­ber 1995 (- 9 Sa 996/95 -) und des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 14. Mai 2012 (- 17 Sa 15/12 -) ste­hen dem Aus­le­gungs­er­geb­nis nicht ent­ge­gen. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf ist vor der Schuld­rechts­re­form er­gan­gen und be­fasst sich dar­um nicht mit der Aus­le­gung ei­ner vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­lier­ten Klau­sel nach den Grundsätzen des AGB-Rechts. Die Ent­schei­dung des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts be­trifft die Aus­le­gung ei­nes Ar­beits­ver­trags, in dem die Be­stim­mun­gen zu Pro­be­zeit und Kündi­gungs­frist nicht un­ter ver­schie­de­nen Über­schrif­ten ge­trennt ge­re­gelt, son­dern in ei­ner Klau­sel zu­sam­men­ge­fasst wa­ren.

III. Selbst wenn man der still­schwei­gen­den An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts folg­te, die Deu­tungs­spielräume, die der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en belässt, könn­ten nicht durch Aus­le­gung ge­schlos­sen wer­den (zum Vor­rang der Aus­le­gung vor der Prüfung der In­trans­pa­renz vgl.: BGH 25. Fe­bru­ar 2016 - VII ZR 156/13 - Rn. 32; 9. März 2005 - VIII ZR 17/04 - zu II 2 der Gründe; Stau­din­ger/Coes­ter (2013) § 307 Rn. 172; Fuchs in Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen AGB-Recht 12. Aufl. § 307 BGB Rn. 344), wäre die Kla­ge be­gründet. Die ge­gen die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, dann sei die Re­ge­lung der während der Pro­be­zeit gel­ten­den Kündi­gungs­fris­ten in­trans­pa­rent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, was die Gel­tung al­lein der Frist des § 8 Ziff. 1 des Ver­trags zur Fol­ge ha­be, ge­rich­te­ten An­grif­fe der Re­vi­si­on grif­fen nicht durch.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hätte in die­sem Fall zu Recht an­ge­nom­men, dass die Re­ge­lun­gen in §§ 1, 3 zwei­te Ziff. 4 so­wie § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags in ih­rer Ge­samt­schau das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ver­letz­ten.

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a) Das Trans­pa­renz­ge­bot ver­pflich­tet den Ver­wen­der nicht nur da­zu, die ein­zel­nen Klau­seln des von ihm vor­for­mu­lier­ten Ver­trags klar zu for­mu­lie­ren. Die­se müssen auch im Kon­text mit den übri­gen Re­ge­lun­gen des Ver­trags verständ­lich sein. Zu­sam­men­gehören­de Re­ge­lun­gen müssen grundsätz­lich im Zu­sam­men­hang auf­geführt wer­den oder der Be­zug in an­de­rer Wei­se, et­wa durch Be­zug­nah­me auf an­de­re Klau­seln, deut­lich ge­macht wer­den. Ist das nicht der Fall und hat das die Fol­ge, dass die Ver­trags­ge­stal­tung ob­jek­tiv da­zu ge­eig­net ist, den Ar­beit­neh­mer hin­sicht­lich sei­ner Rechts­stel­lung ir­re­zuführen, ist das Trans­pa­renz­ge­bot ver­letzt (BGH 25. Fe­bru­ar 2016 - VII ZR 156/13 - Rn. 31; 29. April 2015 - VIII ZR 104/14 - Rn. 11 ff.). Das gilt ins­be­son­de­re für wi­dersprüchli­che Klau­seln (BAG in st. Rspr. seit 24. Ok­to­ber 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BA­GE 124, 259).

b) Im Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en führ­te aus­ge­hend von die­sem An­satz be­reits die An­ord­nung der Klau­seln zur Kündi­gungs­frist zu de­ren In­trans­pa­renz. Der feh­len­de Hin­weis in § 8 Ziff. 1 des Ver­trags auf die während der Pro­be­zeit nach Vor­stel­lung der Be­klag­ten gel­ten­de ge­setz­li­che Kündi­gungs­frist des § 622 Abs. 3 BGB und um­ge­kehrt der feh­len­de Hin­weis in §§ 1 und 3 des Ver­trags auf die Be­deu­tung der in § 8 Ziff. 1 des Ver­trags fest­ge­leg­te Kündi­gungs­frist für die Dau­er der Pro­be­zeit wären ob­jek­tiv ge­eig­net, ei­nen Ar­beit­neh­mer über die in der Pro­be­zeit gel­ten­de Kündi­gungs­frist und da­mit über sei­ne in die­ser Zeit be­ste­hen­den Rech­te ir­re­zuführen.

c) Darüber hin­aus stünden, wor­auf das Lan­des­ar­beits­ge­richt aus­ge­hend von sei­nem Stand­punkt zu Recht ab­ge­stellt hat, die Klau­seln in §§ 1 und 3 zwei­te Ziff. 4 des Ar­beits­ver­trags auf der ei­nen Sei­te und § 8 Ziff. 1 des Ver­trags auf der an­de­ren Sei­te auch in­halt­lich im un­auflösli­chen Wi­der­spruch. Nach den ers­ten bei­den Klau­seln gilt ei­ne Pro­be­zeit und da­mit während die­ser Zeit die ta­rif­li­che bzw. ge­setz­li­che kürze­re Kündi­gungs­frist. Die letzt­ge­nann­te Klau­sel legt je­doch oh­ne je­de Ein­schränkung hin­sicht­lich des Zeit­punkts, ab dem sie gel­ten soll, ei­ne länge­re Kündi­gungs­frist fest, die so­gar die ge­setz­li­che Kündi­gungs­frist des § 622 Abs. 1 BGB über­steigt. Die­sen Wi­der­spruch, der, wie aus­geführt, durch die Über­schrif­ten der §§ 3 und 8 des Ver­trags noch verstärkt

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wird, löst der Ver­trag nicht auf. Auch das führ­te zur In­trans­pa­renz der Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung, weil der Ar­beit­neh­mer die in der Pro­be­zeit gel­ten­de Kündi­gungs­frist nicht er­ken­nen könn­te.

2. Bestünde hin­sicht­lich der Länge der in der Pro­be­zeit zu be­ach­ten­den Kündi­gungs­frist durch das Zu­sam­men­spiel der Klau­seln in §§ 1, 3 zwei­te Ziff. 4 und § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags ei­ne In­trans­pa­renz, hätte dies gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätz­lich die Un­wirk­sam­keit die­ser Klau­seln zur Fol­ge, so dass kei­ne Pro­be­zeit ver­ein­bart wäre. Dann gölte grundsätz­lich gemäß § 306 Abs. 2 BGB die ge­setz­li­che Kündi­gungs­frist des § 622 Abs. 1 BGB (vgl. BGH 25. Fe­bru­ar 2016 - VII ZR 156/13 - Rn. 33; 29. April 2015 - VIII ZR 104/14 - Rn. 26 f.; aA aus­ge­hend von der An­wend­bar­keit des § 305c BGB auf wi­dersprüchli­che Klau­seln in­ner­halb ei­nes AGB-Werks für die Un­be­acht­lich­keit nur der Klau­sel, die sich ty­pi­scher­wei­se ungüns­ti­ger für den Ar­beit­neh­mer aus­wirkt, und für An­wend­bar­keit des § 306 Abs. 2 BGB nur, wenn sich kei­ne Güns­tig­keit fest­stel­len lässt: Stau­din­ger/Schlos­ser (2013) § 305c Rn. 124; Ul­mer/ Schäfer in Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen AGB-Recht 12. Aufl. § 305c BGB Rn. 88; vgl. auch Däubler/Bo­nin/Dei­nert/Däubler 4. Aufl. § 305c Rn. 33; eben­so für die Rechts­la­ge nach § 5 AGBG BGH 21. März 2002 - VII ZR 493/00 - zu II 2 b (1) der Gründe, BGHZ 150, 226). Das hätte an sich zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 15. Ok­to­ber 2014 geführt.

a) Gleich­wohl hätte das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom­men, dass sich die Be­klag­te als Ver­wen­de­rin an der Gel­tung der von ihr selbst for­mu­lier­ten, ge­genüber § 622 Abs. 1 BGB für den Kläger güns­ti­ge­ren Kündi­gungs­frist des § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags fest­hal­ten las­sen müss­te. Der Kläger dürf­te sich auf die Wah­rung die­ser in der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on sei­nem Schutz die­nen­den Frist ver­las­sen (vgl. BGH 25. März 1987 - VIII ZR 71/86 - zu B I 2 c der Gründe; 27. Fe­bru­ar 1985 - VIII ZR 328/83 - zu I 1 der Gründe, BGHZ 94, 44; vgl. auch Stau­din­ger/Schlos­ser (2013) § 306 Rn. 11; im Er­geb­nis eben­so für un­wirk­sa­me Frei­wil­lig­keits­vor­be­hal­te bei Son­der­zu­wen­dun­gen BAG in st. Rspr. seit 24. Ok­to­ber 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BA­GE 124, 259). Das vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­fun­de­ne Er­geb­nis stünde

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mit dem Ziel des § 306 Abs. 2 BGB, die durch un­wirk­sa­me All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen ent­stan­de­ne Ver­tragslücke durch dis­po­si­ti­ves Recht zu schließen, in Ein­klang. Die­sem Ziel liegt die An­nah­me zu­grun­de, die un­wirk­sa­men All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen wi­chen zu Guns­ten des Ver­wen­ders vom dis­po­si­ti­ven Recht ab (Schmidt in Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen AGB-Recht 12. Aufl. § 306 BGB Rn. 26). Ist das wie vor­lie­gend nicht der Fall, wi­derspräche die un­ein­ge­schränk­te An­wen­dung des dis­po­si­ti­ven Rechts dem Ziel der AGB-Kon­trol­le, den Ver­wen­der an der ein­sei­ti­gen Aus­nut­zung der Ver­trags­ge­stal­tungs­frei­heit zu sei­nen Guns­ten zu hin­dern (zu die­sem Ziel: BAG 25. April 2007 - 10 AZR 634/06 - Rn. 24, BA­GE 122, 174; Krau­se in Cle­menz/ Kreft/Krau­se AGB-Ar­beits­recht Einführung Rn. 31 mwN). Dar­um blie­be es un­ge­ach­tet der In­trans­pa­renz der Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en bei der Gel­tung der von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­ten Fris­ten­re­ge­lung in § 8 Ziff. 1 (Schmidt aaO Rn. 16). Ein Grund, die Be­klag­te als Ver­wen­de­rin vor ih­ren ei­ge­nen Be­din­gun­gen zu schützen, bestünde nicht (vgl. BGH 30. Ok­to­ber 1990 - IX ZR 9/90 - zu II 3 der Gründe; Er­mann/Ro­loff BGB 14. Aufl. § 306 Rn. 15).

b) Zu­dem ent­fie­le durch die Un­wirk­sam­keit des § 1 des Ar­beits­ver­trags, so­weit er auf § 9.3 MTV ver­weist, so­wie von § 3 zwei­te Ziff. 4 des Ar­beits­ver­trags die Pro­be­zeit. Die Re­ge­lung in § 8 Ziff. 1 des Ver­trags soll aber nicht nur in der Pro­be­zeit gel­ten, son­dern auch die außer­halb ei­ner sol­chen Pro­be­zeit gel­ten­de Frist re­geln. Mit die­sem Re­ge­lungs­ge­halt wäre sie nicht in­trans­pa­rent, son­dern un­zwei­deu­tig und des­halb von der Un­wirk­sam­keits­fol­ge des § 306 Abs. 2 BGB nicht er­fasst. Dar­um gölte auf­grund der von der Be­klag­ten vor­ge­ge­be­nen Ver­trags­ge­stal­tung nach dem von § 306 Abs. 2 BGB be­wirk­ten Weg­fall der Pro­be­zeit­re­ge­lung die Kündi­gungs­frist des § 8 Ziff. 1 des Ar­beits­ver­trags wei­ter­hin.

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IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

Fi­scher­mei­er
Spel­ge
Gall­ner
D. Knauß
Tal­ken­berg

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