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BAG, Ur­teil vom 07.07.2005, 2 AZR 581/04

   
Schlagworte: Kündigung: Außerordentlich, Kündigung: Private Internetnutzung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 581/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 07.07.2005
   
Leitsätze: Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang ("ausschweifend") nutzt und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Ludwigshafen Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

2 AZR 581/04

7 Sa 1243/03

Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 7. Ju­li 2005

UR­TEIL

An­derl, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 7. Ju­li 2005 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Rost, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Bröhl und Dr. Ey­lert so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Fi­scher und Dr. h.c. Wal­ter für Recht er­kannt:


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Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Rhein­land-Pfalz vom 12. Ju­li 2004 - 7 Sa 1243/03 - auf­ge­ho­ben.

Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen, hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung we­gen un­er­laub­ter pri­va­ter Nut­zung des In­ter­nets während der Ar­beits­zeit mit Zu­griff auf por­no­gra­fi­sche Sei­ten.

Der am 28. Ju­ni 1962 ge­bo­re­ne, ge­schie­de­ne und zwei Kin­dern zum Un­ter­halt ver­pflich­te­te Kläger ist bei der Be­klag­ten seit dem 3. Ja­nu­ar 1985 beschäftigt.

Zu­letzt ar­bei­te­te der Kläger als Che­mi­kant und sog. Erst­mann (Schichtführer) in der T-Fa­brik. Nach der Ar­beits­platz­be­schrei­bung ver­tritt der Erst­mann bei Ab­we­sen­heit den Vor­ar­bei­ter. Zu den Auf­ga­ben des Klägers gehört ua. die Über­wa­chung und Kon­trol­le der An­la­gen. Der Kläger war in voll­kon­ti­nu­ier­li­cher Wech­sel­schicht ein­ge­setzt. Je 12-St­un­den-Schicht beträgt die Pau­sen­zeit ei­ne St­un­de, wo­bei die La­ge der Pau­sen nicht fest­liegt.

Seit Sep­tem­ber 1999 be­fin­det sich auf der In­tra­net-Start­sei­te der Be­klag­ten oben links ein rot un­ter­leg­ter Hin­weis „In­tra­net und In­ter­net nur zum dienst­li­chen Ge­brauch“. Wird die­ser Hin­weis an­ge­klickt, er­folgt ei­ne War­nung, dass je­der Zu­griff auf In­ter­net­sei­ten mit por­no­gra­fi­schem, ge­walt­ver­herr­li­chen­dem oder ras­sis­ti­schem In­halt re­gis­triert und ge­spei­chert wird und Mit­ar­bei­ter, die ent­spre­chen­de In­ter­net­sei­ten auf­ru­fen, mit ar­beits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen rech­nen müssen. Die Be­klag­te hat­te über die Werks­zei­tung und den sog. On­line-Re­por­ter auf die­ses Ver­bot hin­ge­wie­sen.

An­fang 2002 wur­de für die Mit­ar­bei­ter der T-Fa­brik der Zu­gang zum In­ter­net frei­ge­schal­tet. Ei­ne Schu­lung für die In­ter­net­nut­zung fand aus die­sem An­lass nicht statt.


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Im Ok­to­ber 2002 fie­len dem Be­triebs­lei­ter der T-Fa­brik die ge­stie­ge­nen In­ter­net-Nut­zungs­kos­ten des Be­triebs von 13,83 Eu­ro im Ju­ni 2002 auf über 400,00 Eu­ro im Ok­to­ber 2002 auf. Der werks­ei­ge­ne Er­mitt­lungs­dienst stell­te für den Zeit­raum Sep­tem­ber bis No­vem­ber 2002 ei­nen Zu­griff auf In­ter­net­sei­ten mit ero­ti­schen und por­no­gra­fi­schen In­hal­ten von den Schichtführer-Zim­mern D 3 und D 3 fest, und zwar in Zei­ten, in de­nen der Kläger und/oder der stell­ver­tre­ten­de Schichtführer R. bzw. der Schichtführer C. im Be­trieb an­we­send wa­ren. Es wur­de wei­ter fest­ge­stellt, dass die vom Sys­tem au­to­ma­tisch an­ge­leg­te Lis­te der im In­ter­net an­gewähl­ten Sei­ten gelöscht wor­den war.

Bei ei­ner ers­ten Be­fra­gung durch den Er­mitt­lungs­dienst am 26. No­vem­ber 2002 räum­te der Kläger ein, den Rech­ner im Schichtführer-Zim­mer D 3 vor al­lem in den Pau­sen­zei­ten in un­re­gelmäßigen Abständen öfter pri­vat ge­nutzt zu ha­ben. Er ha­be im In­ter­net ge­surft und vor­ran­gig Sei­ten mit ero­ti­schem In­halt, manch­mal aber auch Sei­ten, die man als por­no­gra­fisch be­zeich­nen könne, auf­ge­ru­fen.

In ei­ner zwei­ten Be­fra­gung am 16. De­zem­ber 2002 gab er auf Vor­halt an, er ha­be sich zeit­wei­se per In­ter­net kur­ze Vi­deo­se­quen­zen mit por­no­gra­fi­schem In­halt so­wie ein­zel­ne por­no­gra­fi­sche Bil­der an­ge­schaut. Auf die Sei­ten mit den Vi­deo­se­quen­zen sei er mehr oder we­ni­ger zufällig ge­langt, aus Neu­gier­de ha­be er sich die Vi­de­os mehr­mals an­ge­schaut.

Der Er­mitt­lungs­dienst ver­merk­te in sei­nem Ab­schluss­be­richt vom 17. De­zem­ber 2002, der Kläger ha­be nicht ab­ge­strit­ten, von den An­wei­sun­gen und Be­stim­mun­gen der Be­klag­ten über die In­ter­net­nut­zung ge­wusst zu ha­ben.

Mit Schrei­ben vom 17. De­zem­ber 2002 hörte die Be­klag­te den Be­triebs­rat zur be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung des Klägers an. Mit Schrei­ben vom 20. De­zem­ber 2002 er­hob der Be­triebs­rat Be­den­ken ge­gen die be­ab­sich­tig­te frist­lo­se Kündi­gung und wi­der­sprach auch der hilfs­wei­sen or­dent­li­chen Kündi­gung.

Mit Schrei­ben vom 20. De­zem­ber 2002 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis des Klägers frist­los, hilfs­wei­se frist­gemäß zum 31. März 2003.

Hier­ge­gen hat sich der Kläger mit sei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­wandt. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, sein Ver­hal­ten recht­fer­ti­ge oh­ne Ab­mah­nung nicht die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Er ha­be nicht ge­wusst, dass der Zu­gang zum In­ter­net den Mit­ar­bei­tern nur zu dienst­li­chen Zwe­cken ge­stat­tet ge­we­sen sei. Er ha­be kei­ne Kennt­nis von den von der Be­klag­ten hin­ter­leg­ten Warn­hin­wei­sen auf der In­tra-


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net-Start­sei­te ge­habt. Er sei grundsätz­lich über die Win­dows-Schaltfläche und da­mit über ei­nen an­de­ren Weg in das In­ter­net ge­langt. Hin­wei­se, Schu­lun­gen oder an­de­re aus­drück­li­che An­wei­sun­gen der Be­klag­ten bezüglich der In­ter­net­nut­zung ha­be es nicht ge­ge­ben. Das In­ter­net ha­be er nicht um­fang­reich pri­vat ge­nutzt; er ha­be le­dig­lich et­wa 5 bis 5 1/2 St­un­den pri­vat im In­ter­net ge­surft und da­bei ma­xi­mal zwi­schen 55 und 70 Mi­nu­ten Sei­ten mit por­no­gra­fi­schem In­halt auf­ge­ru­fen. Darüber hin­aus­ge­hen­de Zei­ten sei­en ihm nicht zu­zu­rech­nen. Der Be­klag­ten sei durch sei­ne pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets kein fi­nan­zi­el­ler Scha­den ent­stan­den.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung vom 20. De­zem­ber 2002 nicht auf­gelöst wor­den ist;

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihn bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens zu un­veränder­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen als Che­mi­kant wei­ter­zu­be-schäfti­gen.

Die Be­klag­te hat zur Be­gründung ih­res Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trags vor­ge­tra­gen: Es lie­ge ein wich­ti­ger Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor. Der Kläger ha­be in ei­nem nicht mehr to­le­rier­ba­ren Aus­maß und ge­gen ein­deu­ti­ge Ver­bo­te sich Zu­gang zu In­ter­net­sei­ten mit ero­ti­schem und por­no­gra­fi­schem In­halt während der Ar­beits­zeit ver­schafft und da­mit sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten in er­heb­li­chem Um­fang ver­letzt. Der Kläger ha­be oh­ne wei­te­res er­ken­nen können, dass ein ex­zes­si­ver Zu­griff auf das In­ter­net ver­bo­ten sei. Des­halb ha­be es kei­ner Ab­mah­nung vor dem Aus­spruch der Kündi­gung be­durft. Er ha­be in der Zeit vom 9. Sep­tem­ber 2002 bis zum 31. No­vem­ber 2002 ins­ge­samt 18 St­un­den und 14 Mi­nu­ten vom Rech­ner des Schichtführer­zim­mers D 3 und 22 Mi­nu­ten vom Rech­ner des Schichtführer­zim­mers D 3 zu pri­va­ten Zwe­cken auf das In­ter­net zu­ge­grif­fen. Da­von ent­fie­len 4 St­un­den und 53 Mi­nu­ten auf Sei­ten mit por­no­gra­fi­schem In­halt. Al­le Mit­ar­bei­ter der T-Fa­brik sei­en im Rah­men ei­ner Schu­lung ei­nes An­wen­dungs­pro­gramms auf die Warn­hin­wei­se der In­tra­net-Start­sei­te und das Ver­bot des Zu­griffs auf In­ter­net­sei­ten mit por­no­gra­fi­schen In­hal­ten durch den zuständi­gen EDV-Ver­ant­wort­li­chen aus­drück­lich hin­ge­wie­sen wor­den. Anläss­lich der erst­ma­li­gen Frei­schal­tung des In­ter­nets im Jah­re 2002 sei die In-ter­net­nut­zung auch all­ge­mei­nes Gesprächs­the­ma im Be­trieb ge­we­sen. Der Kläger könne nicht ernst­haft be­haup­ten, er ha­be als ein­zi­ger die­se Dis­kus­si­on nicht mit­be­kom­men. Im Übri­gen ha­be der Kläger mit sei­ner pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets wäh-


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rend der Ar­beits­zeit mas­siv ge­gen die Si­cher­heits­be­stim­mun­gen der Be­klag­ten ver­s­toßen und die ihm ob­lie­gen­de Auf­sichts­pflicht über die ihm an­ver­trau­ten An­la­gen er­heb­lich miss­ach­tet.

Das Ar­beits­ge­richt hat nach Durchführung ei­ner Be­weis­auf­nah­me der Kündi gungs­schutz­kla­ge des Klägers statt­ge­ge­ben und die Be­klag­te zur vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers ver­ur­teilt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt konn­te mit der ge­ge­be­nen Be­gründung die Be­ru­fung der Be­klag­ten nicht zurück­wei­sen.

A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zur Be­gründung sei­ner der Kla­ge statt­ge­ben­den Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­geführt: Es lie­ge kein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung iSv. § 626 Abs. 1 BGB vor. Nut­ze der Ar­beit­neh­mer ent­ge­gen ei­ner ein­schlägi­gen Ab­mah­nung oder ei­nem aus­drück­li­chen Ver­bot des Ar­beit­ge­bers das In­ter­net für pri­va­te Zwe­cke, stel­le dies ei­ne die außer­or­dent­li­che Kündi­gung recht­fer­ti­gen­de ar­beits­ver­trag­li­che Pflicht­ver­let­zung dar. Ge­neh­mi­ge oder dul­de der Ar­beit­ge­ber ei­ne pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets, kom­me ei­ne Kündi­gung nur aus­nahms­wei­se in Be­tracht, wenn die Nut­zung in ei­nem sol­chen Aus­maß er­fol­ge, dass der Ar­beit­neh­mer nicht mehr an­neh­men könne, sie sei vom Ein­verständ­nis des Ar­beit­ge­bers ge­deckt. Der Kläger ha­be vor­lie­gend bis­her we­der ei­ne Ab­mah­nung er­hal­ten noch ha­be die Be­klag­te nach­ge­wie­sen, dass er von der An­wei­sung, das In­ter­net nur dienst­lich zu nut­zen, und dem Ver­bot, kei­ne Sei­ten mit por­no­gra­fi­schem In­halt auf­zu­ru­fen, ei­ne po­si­ti­ve Kennt­nis ge­habt ha­be. Auch wenn ein vernünf­ti­ger Ar­beit­neh­mer nicht an­neh­men könne, ein Ar­beit­ge­ber wer­de Aus­flüge in das In­ter­net von bis zu 134 Mi­nu­ten hin­neh­men, er­for­de­re die be­ste­hen­de be­trieb­li­che Un­klar­heit über die be­rech­tig­te In­ter­net­nut­zung und der Um­stand, dass die pri­va­te In­ter­net­nut­zung auch während der Ar­beits­zeit in­zwi­schen so­zi­al­adäquat sei, vor dem Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne ein­deu­ti­ge Klar­stel­lung durch den Ar­beit­ge­ber bzw. ei­ne ver­geb­li­che Ab­mah­nung. Da bei­des nicht vor­lie­ge, sei ein wich­ti­ger Grund zur außer­or­dent­li­chen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht ge­ge­ben. Ob durch die pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets der


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Be­klag­ten ein Scha­den ent­stan­den sei, sei an­ge­sichts der be­ste­hen­den Un­klar­hei­ten un­be­acht­lich. Un­ter Abwägung die­ser Umstände sei auch die or­dent­li­che Kündi­gung nicht ge­recht­fer­tigt.

B. Dem folgt der Se­nat nicht. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten führt zur Auf­he­bung der Be­ru­fungs­ent­schei­dung und zur Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die Re­vi­si­on rügt zu Recht ei­ne feh­ler­haf­te An­wen­dung von § 626 Abs. 1 BGB und § 1 KSchG. Mit der bis­he­ri­gen Be­gründung kann die Un­wirk­sam­keit der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung wie auch der hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung nicht be­gründet wer­den.

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf Grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Da der in § 626 Abs. 1 BGB ver­wen­de­te Be­griff des wich­ti­gen Grun­des ein un­be­stimm­ter Rechts­be­griff ist, kann sei­ne An­wen­dung durch die Tat­sa­chen­ge­rich­te im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nur dar­auf über­prüft wer­den, ob das Be­ru­fungs­ge­richt den Rechts­be­griff selbst ver­kannt hat, ob es bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter die Rechts­norm Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt und ob es al­le vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht kom­men­den Umstände, die für oder ge­gen die außer­or­dent­li­che Kündi­gung spre­chen, wi­der­spruchs­frei be­ach­tet hat (st. Rspr. des Se­nats, vgl. bei­spw. 4. Ju­ni 1997 - 2 AZR 526/96 - BA­GE 86, 95; 13. April 2000 - 2 AZR 259/99 - BA­GE 94, 228; 15. No­vem­ber 2001 - 2 AZR 605/00 - BA­GE 99, 331; zu­letzt: 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BG 2002 § 626 Nr. 6). Eben­falls ist die Prüfung, ob auf Grund des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung er­for­der­lich ist, weit­ge­hend Auf­ga­be der Tat­sa­chen­in­stanz und un­ter­liegt nur ei­ner ein­ge­schränk­ten re­vi­si­ons­recht­li­chen Prüfung (vgl. bei­spw. zu­letzt 15. No­vem­ber 2001 - 2 AZR 605/00 - aaO).

I. Die­ser ein­ge­schränk­ten Prüfung hält das Be­ru­fungs­ur­teil nicht stand. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat bei der Be­ur­tei­lung des wich­ti­gen Grun­des nicht al­le fall­re­le­van­ten Umstände berück­sich­tigt.

1. Im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend geht das Lan­des­ar­beits­ge­richt von ei­ner zwei stu­fi­gen Prüfung des wich­ti­gen Grun­des aus (vgl. bei­spw. Se­nat 17. Mai 1984 - 2 AZR


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3/83 - AP BGB § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 14 = EzA BGB § 626 nF Nr. 90; 2. März 1989 - 2 AZR 280/88 - AP BGB § 626 Nr. 101 = EzA BGB § 626 nF Nr. 118; 14. Sep­tem­ber 1994 - 2 AZR 164/94 - BA­GE 78, 18). Im Rah­men von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein be­stimm­ter Sach­ver­halt oh­ne die be­son­de­ren Umstände des Ein­zel­falls als wich­ti­ger Kündi­gungs­grund an sich ge­eig­net ist. Liegt ein sol­cher Sach­ver­halt vor, be­darf es der wei­te­ren Prüfung, ob die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le zu­mut­bar ist oder nicht.

2. Schon bei der Prüfung des wich­ti­gen Grun­des „an sich“ hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht al­le fall­re­le­van­ten As­pek­te berück­sich­tigt.

a) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt will ei­nen wich­ti­gen Grund „an sich“ an­neh­men, wenn ein Ar­beit­neh­mer ent­ge­gen ei­nem aus­drück­li­chen Ver­bot oder nach ei­ner ein­schlägi­gen Ab­mah­nung das In­ter­net für pri­va­te Zwe­cke ge­nutzt ha­be. Darüber hin­aus kommt nach Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung bei ei­ner pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets nur aus­nahms­wei­se dann in Be­tracht, wenn ei­ne Nut­zung in ei­nem sol­chen Aus­maß er­fol­ge, dass der Ar­beit­neh­mer nicht an­neh­men könne, sie sei vom Ein­verständ­nis des Ar­beit­ge­bers ge­deckt.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts kommt ei­ne kündi­gungs re­le­van­te Ver­let­zung der ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten je­doch nicht nur in den von ihm skiz­zier­ten Fall­ge­stal­tun­gen in Be­tracht. Ei­ne Ver­let­zung der ar­beits­ver­trag­li­chen Leis­tungs­pflicht so­wie an­de­rer ver­trag­li­cher Ne­ben­pflich­ten kann sich auch aus an­de­ren Umständen er­ge­ben. Ne­ben den vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­nann­ten Pflicht­ver­let­zun­gen kom­men bei ei­ner pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets all­ge­mein und im vor­lie­gen­den Fall im Be­son­de­ren ua. in Be­tracht:

- das Her­un­ter­la­den ei­ner er­heb­li­chen Men­ge von Da­ten aus dem In­ter­net auf be­trieb­li­che Da­ten­sys­te­me („un­be­fug­ter down­load“), ins­be­son­de­re wenn da­mit ei­ner­seits die Ge­fahr mögli­cher Vi­ren­in­fi­zie­run­gen oder an­de­rer Störun­gen des - be­trieb­li­chen - Be­triebs­sys­tems ver­bun­den sein können oder an­de­rer­seits von sol­chen Da­ten, bei de­ren Rück­ver­fol­gung es zu mögli­chen Rufschädi­gun­gen des Ar­beit­ge­bers kom­men kann, bei­spiels­wei­se weil straf­ba­re oder por­no­gra­fi­sche Dar­stel­lun­gen her­un­ter­ge­la­den wer­den (Ha­nau/Hoeren Pri­va­te In­ter­net­nut­zung durch Ar­beit­neh­mer, S. 31; Men­gel NZA 2005, 752, 753);

- die pri­va­te Nut­zung des vom Ar­beit­ge­ber zur Verfügung ge­stell­ten In­ter­nets­an­schlus­ses als sol­che, weil durch sie dem Ar­beit­ge­ber - zusätz­li­che - Kos­ten ent­ste­hen und der Ar­beit­neh­mer die Be­triebs­mit­tel - un­be­rech­tig­ter­wei­se - in An­spruch ge­nom­men hat;


 

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- die pri­va­te Nut­zung des vom Ar­beit­ge­ber zur Verfügung ge­stell­ten In­ter­nets während der Ar­beits­zeit, weil der Ar­beit­neh­mer während des Sur­fens im In­ter­net zu pri­va­ten Zwe­cken sei­ne ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung nicht er­bringt und da­durch sei­ne Ar­beits­pflicht ver­letzt (Kra­mer NZA 2004, 457,459; Men­gel NZA 2005, 752, 753).

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sich le­dig­lich mit dem As­pekt der pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets an sich näher aus­ein­an­der ge­setzt. Ei­ne um­fas­sen­de Prüfung der wei­te­ren As­pek­te hat es un­ter­las­sen, ob­wohl die Be­klag­te hier­zu - teil­wei­se strei­tig - vor­ge­tra­gen hat.

b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat ins­be­son­de­re dem Um­stand, dass der Kläger das In­ter­net während der Ar­beits­zeit pri­vat ge­nutzt und da­mit sei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Leis­tungs­pflicht ver­letzt hat, kei­ne hin­rei­chen­de Be­ach­tung ge­schenkt.

Bei ei­ner pri­va­ten In­ter­net­nut­zung während der Ar­beits­zeit ver­letzt der Ar­beit neh­mer grundsätz­lich sei­ne (Haupt­leis­tungs-) Pflicht zur Ar­beit (Bal­ke/Müller DB 1997, 326; Beck­schul­ze DB 2003, 2777, 2781; Kra­mer NZA 2004, 457, 461; Men­gel NZA 2005, 752, 753). Die pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets darf die Er­brin­gung der ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung nicht er­heb­lich be­ein­träch­ti­gen (Däubler In­ter­net und Ar­beits­recht 3. Aufl. Rn. 189; Ha­nau/Hoeren Pri­va­te In­ter­net­nut­zung durch Ar­beit­neh­mer S. 29; Kra­mer NZA 2004, 457, 460). Die Pflicht­ver­let­zung wiegt da­bei um so schwe­rer, je mehr der Ar­beit­neh­mer bei der pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets sei­ne Ar­beits­pflicht in zeit­li­cher und in­halt­li­cher Hin­sicht ver­nachlässigt.

aa) Un­strei­tig ist der Kläger mehr­fach sei­ner Ar­beits­pflicht nicht nach­ge­kom­men. Er hat ein­geräumt, 5 bis 5 1/2 St­un­den pri­vat im In­ter­net ge­surft zu ha­ben. Er hat wei­ter ein­geräumt, am 3. Ok­to­ber 2002 von 7.05 Uhr bis 8.32 Uhr, am 16. Ok­to­ber 2002 von 23.06 Uhr bis 1.20 Uhr, am 2. No­vem­ber 2002 von 11.24 Uhr bis 12.12 Uhr und am 10. No­vem­ber 2002 von 0.18 Uhr bis 0.38 Uhr das In­ter­net für pri­va­te Zwe­cke ge­nutzt zu ha­ben. Selbst wenn man un­ter­stellt und zu­guns­ten des Klägers berück­sich­tigt, dass er täglich ei­ne einstündi­ge Pau­se hat und zu­min­dest der ganz über­wie­gen­de Teil der pri­va­ten In­ter­net­nut­zung in sei­nen Pau­sen­zei­ten er­folg­te, liegt zu­min­dest am 3. Ok­to­ber 2002 und 16. Ok­to­ber 2002 ein über die - ma­xi­ma­le tägli­che - Pau­sen­zei­ten hin­aus­ge­hen­de zeit­lich un­gewöhn­li­che um­fang­rei­che pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets vor, die mit den ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten des Klägers zwin­gend nicht zu ver­ein­ba­ren ist.


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bb) Ob, wie die Be­klag­te be­haup­tet, der Kläger auch an an­de­ren Ta­gen und in noch weit er­heb­li­che­rem Um­fan­ge sei­ne ver­trag­li­che Leis­tungs­pflicht ver­letzt hat, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt.

cc) Selbst un­ter Berück­sich­ti­gung mögli­cher Pau­sen­zei­ten des Klägers lässt sich im Er­geb­nis je­den­falls fest­hal­ten, dass der Kläger zu­min­dest an zwei Ta­gen nicht nur kurz­fris­tig und un­er­heb­lich, son­dern in ei­nem beträcht­li­chen zeit­li­chen Um­fang sei­ner Ar­beits­pflicht nicht nach­ge­kom­men ist, in­dem er während der Ar­beits­zeit pri­vat im In­ter­net ge­surft hat. Die­se Ar­beits­ver­trags­pflicht­ver­let­zung wird auch nicht da­durch re­la­ti­viert, dass die Be­klag­te dem Kläger die pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets - was im Übri­gen vom Kläger zunächst näher dar­zu­le­gen ge­we­sen wäre - ge­stat­tet bzw. die­se ge­dul­det hätte. Ei­ne sol­che Ge­stat­tung oder Dul­dung würde sich nämlich - oh­ne wei­te­re Erklärun­gen - al­len­falls auf ei­ne pri­va­te Nut­zung im nor­ma­len bzw. an­ge­mes­se­nen zeit­li­chen Um­fang er­stre­cken (Ha­nau/Hoeren Pri­vat In­ter­net­nut­zung durch Ar­beit­neh­mer S. 24 und 29; Kra­mer NZA 2004, 457, 459). Et­was an­de­res könn­te al­len­falls dann gel­ten, wenn der Kläger in dem kon­kre­ten Zeit­raum, in dem er das In­ter­net pri­vat ge­nutzt hat, man­gels Ar­beits­an­fall oh­ne­hin untätig ge­we­sen wäre (sie­he hier­zu: Men­gel NZA 2005, 752, 753). Dies wäre aber vom Kläger ggf. zunächst näher dar­zu­le­gen ge­we­sen.

dd) Wei­ter ist zu berück­sich­ti­gen, dass die Ver­let­zung sei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Leis­tungs­pflicht um­so schwe­rer wiegt, als zur Tätig­keit des Klägers als Erst­mann auch we­sent­lich ei­ne Auf­sichts­funk­ti­on gehört. Er hat die Ein­hal­tung von si­cher­heits­re­le­van­ten Stan­dards zu über­wa­chen. Die Außer­acht­las­sung die­ser Auf­sichts­funk­ti­on an den ge­nann­ten Ta­gen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht ein­mal erwähnt.

c) Die un­zu­rei­chen­de Berück­sich­ti­gung der ver­letz­ten Ar­beits­pflicht bei der Prüfung des wich­ti­gen Grun­des durf­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht mit dem Hin­weis auf ei­ne „so­zi­al­adäqua­te“ Nut­zung des In­ter­nets zu pri­va­ten Zwe­cken während der Ar­beits­zeit her­un­ter­spie­len. Zum ei­nen ist nicht er­sicht­lich, wor­aus sich ei­ne sol­che „So­zi­al­adäquanz“ er­ge­ben soll. Zum an­de­ren mag al­len­falls ei­ne kurz­fris­ti­ge pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets während der Ar­beits­zeit all­ge­mein ge­ra­de noch als hin­nehm­bar an­ge­se­hen wer­den, wenn kei­ne aus­drück­li­chen be­trieb­li­chen Ver­bo­te zur pri­va­ten Nut­zung exis­tie­ren. Bei ei­ner sol­chen ex­zes­si­ven pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets während der Ar­beits­zeit wie hier lässt sich je­doch auf kei­nen Fall noch von ei­nem „so­zi­al­adäquan­ten“ Ver­hal­ten spre­chen und ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Pflicht­ver­let­zung ne­gie­ren.


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d) Ähn­li­ches gilt für die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­geführ­ten Un­klar­hei­ten zur pri­va­ten Nut­zungs­be­rech­ti­gung des In­ter­nets. Aus ei­ner mögli­chen Be­rech­ti­gung zur pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets - die im Übri­gen vom Lan­des­ar­beits­ge­richt auch nicht po­si­tiv fest­ge­stellt wor­den ist - folgt noch nicht, dass der Ar­beit­neh­mer das Me­di­um in­ten­siv während der Ar­beits­zeit nut­zen darf. Selbst wenn im Be­trieb der Be­klag­ten ei­ne pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets an sich er­laubt bzw. ge­dul­det wäre, lässt sich dar­aus nicht zwin­gend schließen, die­se Nut­zung dürfe auch während der Ar­beits­zeit zeit­lich un­be­grenzt bzw. in er­heb­li­chem Um­fang und nicht nur außer­halb der Ar­beits­zeit, bei­spiels­wei­se während der Pau­sen, er­fol­gen (so auch Kra­mer NZA 2004, 457, 460). Dies gilt um­so mehr, als die Tätig­keit des Klägers nicht zwangsläufig - wie bei­spiels­wei­se bei ei­nem Außen­dienst­mit­ar­bei­ter - zu­meist mit ei­ner Nut­zung des In­ter­nets ver­bun­den ist.

III. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts stellt sich auch nicht aus an­de ren Gründen als rich­tig dar (§ 561 ZPO). Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 20. De­zem­ber 2002 ist nicht schon un­wirk­sam, weil die Be­klag­te - wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men hat - den Kläger vor ih­rem Aus­spruch nicht ab­ge­mahnt hat.

1. Nicht in al­len Fällen ei­ner pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets und da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­der ver­trag­li­chen Pflicht­ver­let­zun­gen muss der Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mer vor­her ab­ge­mahnt ha­ben. Es sind zahl­rei­che Fall­ge­stal­tun­gen denk­bar, in de­nen es ei­ner Ab­mah­nung nicht be­darf.

2. Nutzt der Ar­beit­neh­mer während sei­ner Ar­beits­zeit das In­ter­net in er­heb­li­chem zeit­li­chen Um­fang („aus­schwei­fend“: Däubler In­ter­net und Ar­beits­recht Rn. 189) pri­vat, so kann er grundsätz­lich nicht dar­auf ver­trau­en, der Ar­beit­ge­ber wer­de dies to­le­rie­ren. Er muss da­mit rech­nen, dass der Ar­beit­ge­ber nicht da­mit ein­ver­stan­den ist, wenn sein Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­leis­tung in die­ser Zeit nicht er­bringt und gleich­wohl ei­ne ent­spre­chen­de Vergütung dafür be­an­sprucht. Dies gilt selbst dann, wenn der Ar­beit­ge­ber kei­ne klar­stel­len­de Nut­zungs­re­ge­lun­gen für den Be­trieb auf­ge­stellt hat. Bei ei­ner feh­len­den aus­drück­li­chen Ge­stat­tung oder Dul­dung des Ar­beit­ge­bers ist ei­ne pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets grundsätz­lich nicht er­laubt (Beck­schu!ze DB 2003, 2777; Ernst NZA 2002, 585, 586; Dick­mann NZA 2003, 1010; Kra­mer NZA 2004, 458, 461; Men­ge! NZA 2005, 752, 753). Weist in die­sen Fällen die Nicht­leis­tung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beit ei­nen er­heb­li­chen zeit­li­chen Um­fang, wie hier vor al­lem am 3. und


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16. Ok­to­ber 2002, auf, kann der Ar­beit­neh­mer in kei­nem Fall mit ei­ner Dul­dung bzw. Ge­stat­tung durch den Ar­beit­ge­ber ernst­haft rech­nen.

Der Ar­beit­neh­mer kann wei­ter auch nicht da­mit rech­nen, der Ar­beit­ge­ber sei, selbst wenn er prin­zi­pi­ell ei­ne pri­va­te Nut­zung des In­ter­nets dul­det, da­mit ein­ver­stan­den, dass er sich um­fang­rei­che por­no­gra­fi­sche Da­tei­en aus dem In­ter­net her­un­terlädt (ArbG Frank­furt a.M. 2. Ja­nu­ar 2002 - 2 Ca 5340/01 - NZA 2002, 1093). Der Ar­beit­ge­ber hat ein In­ter­es­se dar­an, von Drit­ten nicht mit sol­chen Ak­ti­vitäten sei­ner Mit­ar­bei­ter in Ver­bin­dung ge­bracht zu wer­den (BAG 6. No­vem­ber 2003 - 2 AZR 631/02 - AP BGB § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 2, sog. In­te­gritätsin­ter­es­se; aA Däubler In­ter­net und Ar­beits­recht Rn. 192).

Des­halb muss es je­dem Ar­beit­neh­mer klar sein, dass er mit ei­ner ex­zes­si­ven Nut­zung des In­ter­nets während der Ar­beits­zeit sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Haupt- und Ne­ben­pflich­ten er­heb­lich ver­letzt. Es be­darf da­her in sol­chen Fällen auch kei­ner Ab­mah­nung. Mit dem Er­for­der­nis ei­ner ein­schlägi­gen Ab­mah­nung vor Kündi­gungs­aus­spruch soll vor al­lem dem Ein­wand des Ar­beit­neh­mers be­geg­net wer­den, er ha­be die Pflicht­wid­rig­keit sei­nes Ver­hal­tens nicht er­ken­nen bzw. nicht da­mit rech­nen können, der Ar­beit­ge­ber wer­de sein ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten als so schwer­wie­gend an­se­hen (KR-Fi­scher­mei­er 7. Aufl. § 626 BGB Rn. 273 mwN). Dem­ent­spre­chend be­darf es ei­ner Ab­mah­nung, wenn der Ar­beit­neh­mer mit ver­tret­ba­ren Gründen an­neh­men konn­te, sein Ver­hal­ten sei nicht ver­trags­wid­rig oder wer­de vom Ar­beit­ge­ber zu­min­dest nicht als ein er­heb­li­ches, den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gefähr­den­des Fehl­ver­hal­ten an­ge­se­hen (Se­nat 9. Ja­nu­ar 1986 - 2 ABR 24/85 - AP BGB § 626 Aus­schluss­frist Nr. 20 = EzA BGB § 626 nF Nr. 98; zu­letzt: 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6).

IV. Der Rechts­streit war an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen. Der Se­nat kann in der Sa­che selbst noch nicht ab­sch­ließend ent­schei­den. Es steht noch nicht fest, ob ein wich­ti­ger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB bzw. ein ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­grund nach § 1 Abs. 2 KSchG zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers vor­liegt.

Auf Grund der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist zwar ei­ne hin­rei­chen­de kündi­gungs­re­le­van­te Pflich­ten­ver­let­zung des Klägers und da­mit ein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung an sich bzw. ein ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­grund im Prin­zip ge­ge­ben. Denn un­strei­tig hat der Kläger an zwei


 

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Ta­gen sei­ne Haupt­leis­tungs­pflicht in er­heb­li­chem zeit­li­chen Um­fang ver­letzt und sei­ne Auf­sichts­funk­ti­on während der pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets er­heb­lich ver­nachlässigt.

Al­ler­dings muss das Lan­des­ar­beits­ge­richt noch die not­wen­di­ge um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung vor­neh­men. Da­bei wird es vor dem Hin­ter­grund der - of­fen­sicht­lich im We­sent­li­chen be­an­stan­dungs­frei­en - bis­he­ri­gen Dau­er des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und der Po­si­ti­on des Klägers als Erst­mann mit Auf­sichts­funk­tio­nen zunächst die Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung zu berück­sich­ti­gen ha­ben. Soll­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt auf Grund der durch­zuführen­den In­ter­es­sen­abwägung zu dem Er­geb­nis kom­men, die un­strei­ti­gen Pflicht­ver­let­zun­gen reich­ten in An­be­tracht der ab­zuwägen­den In­ter­es­sen noch nicht als ein Kündi­gungs­grund für ei­ne außer­or­dent­li­che oder ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung aus, wird es wei­ter aufklären müssen, ob der Kläger nicht auch noch an wei­te­ren Ta­gen - wie die Be­klag­te be­haup­tet - sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt hat, in dem er während der Ar­beits­zeit das In­ter­net pri­vat ge­nutzt hat. Auch wäre wei­ter fest­zu­stel­len, in wel­chem Um­fang er an den ent­spre­chen­den Ta­gen zu wel­chen Zei­ten Pau­se ge­macht hat. Des wei­te­ren müss­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt der Fra­ge ver­tieft nach­ge­hen, ob und in wel­chem Um­fang der Kläger sei­ne Auf­sichts­funk­ti­on während der pri­va­ten Nut­zung des In­ter­nets ver­nachlässigt hat.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird bei der vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­abwägung wei­ter zu berück­sich­ti­gen und ab­zuwägen ha­ben, dass die Be­klag­te die Nut­zungs­be­din­gun­gen für das In­ter­net zwar nicht ein­deu­tig fest­ge­legt hat, ihr aber durch das Her­un­ter­la­den von por­no­gra­fi­schem Bild­ma­te­ri­al nicht nur Kos­ten bzw. ein Scha­den ent­stan­den sein könn­te, son­dern sie sich der Ge­fahr aus­ge­setzt se­hen könn­te, in der Öffent­lich­keit in ein pro­ble­ma­ti­sches Licht ge­setzt zu wer­den. Sch­ließlich wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt auch den Um­stand würdi­gen müssen, dass der Kläger das In­ter­net nicht für un­verfäng­li­che pri­va­te Zwe­cke ge­nutzt (ver­gleich­bar dem Le­sen ei­ner Ta­ges­zei­tung), son­dern sich mit por­no­gra­fi­schen Bil­dern und Vi­deo­se­quen­zen während der Ar­beits­zeit ver­sorgt hat.

Rost Bröhl Ey­lert

Fi­scher J. Wal­ter

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