HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Thü­rin­ger LAG, Ur­teil vom 10.04.2001, 5 Sa 403/00

   
Schlagworte: Mobbing, Persönlichkeitsrecht, Mobbing: Beweiserleichterung
   
Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 Sa 403/00
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.04.2001
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Gera, Urteil vom 11.08.2000, 2 Ga 8/2000
   

Ak­ten­zei­chen: 5 Sa 403/2000
2 Ga 8/2000
Ar­beits­ge­richt Ge­ra


verkündet am 10.04.2001
 

gez. ..............
Jus­tiz­an­ge­stell­te
als Ur­kunds­be­am­te
der Geschäfts­stel­le

 

Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt

IM NA­MEN DES VOL­KES

U R T E I L

In dem Rechts­streit


Spar­kas­se G. – G.


- Verfügungs­be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin -


PV.: Rechts­anwälte


g e g e n

 

Herrn M.

- Verfügungskläger und Be­ru­fungs­be­klag­ter -


PV.: Herrn Rechts­an­walt ..............

2


hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt in Er­furt auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 15.02.2001
durch.............
als Vor­sit­zen­den
und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ................. und .........................
als Bei­sit­zer
für Recht er­kannt.

 

Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ge­ra vom 11.08.2000, 2 Ga 8/2000 ab­geändert.

Mit dem zu Zif­fer 1) ge­stell­ten An­trag wird die auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung ge­rich­te­te Kla­ge als un­zulässig zurück­ge­wie­sen.

Im übri­gen wird die Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens wer­den der Be­klag­ten zu 2/3 und dem Kläger zu 1/3 auf­er­legt.

5 Sa 403/2000

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten im einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren um die Be­rech­ti­gung der Be­klag­ten, den Kläger in ih­rer Rechts­ab­tei­lung als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten zu beschäfti­gen und darüber, ob der Kläger von der Be­klag­ten die Un­ter­las­sung ei­ner Zu­wei­sung von außer­halb der Vergütungs­grup­pe BAT II lie­gen­den Auf­ga­ben ver­lan­gen kann.

Der Kläger war vor sei­ner Tätig­keit bei der Be­klag­ten im Raum München als Geschäfts­stel­len­lei­ter ei­ner Spar­kas­se mit der Vergütungs­grup­pe BAT IVa beschäftigt. Am 17.5.1991 be­warb er sich auf ei­ne Zei­tungs­an­zei­ge der Stadt- und Kreis­spar­kas­se G, in der die­se für ih­ren Geschäfts­be­reich Führungs­mit­ar­bei­ter such­te. Mit Schrei­ben vom 6.8.1991 bot ihm de­ren Vor­stand die Stel­le des Fi­li­al­be­reichs­lei­ters für ei­nen Teil der Stadt- und Land­zweig­stel­len an. Aus­drück­lich wies der Vor­stand dar­auf hin, daß die Stel­le nach BAT II West be­wer­tet wird und ent­spre­chend den west­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten das Jah­res­ge­halt aus 14 Mo­nats­gehältern be­steht. Mit Schrei­ben vom 15.8.1991 teil­te der Kläger mit, daß er die an­ge­bo­te­ne Stel­le zum

3

1.1.1992 an­neh­men möch­te und da­von aus­ge­he, daß die Fra­ge der Wohn­raum­be­schaf­fung bis zu die­sem Zeit­punkt geklärt sei. In der Fol­ge­zeit stell­te sich her­aus, daß die Auf­nah­me der Tätig­keit aus Gründen der Wohn­raum­be­schaf­fung erst zum 1.4.1992 er­fol­gen konn­te. Mit Schrei­ben vom 20.12.1991 bestätig­te die Stadt- und Kreis­spar­kas­se G ihr An­ge­bot vom 6.8.1991 für den Dienst­be­ginn am 1.4.1992. Am 3.4.1992 wur­de ein ent­spre­chen­des Ar­beits­ver­trags­for­mu­lar un­ter­zeich­net. § 4 die­ses Ver­tra­ges lau­tet: „Der An­ge­stell­te wird in die Vergütungs­grup­pe II der An­la­ge zum BAT ein­grup­piert (§ 22 Abs. 3 BAT).“

Der Kläger wur­de zur Her­stel­lung kun­den­ori­en­tier­ter Struk­tu­ren zunächst im Be­reich der Or­ga­ni­sa­ti­on und des Auf­baus der Haupt­geschäfts­stel­le ein­ge­setzt. Ab 1.9.1993 wur­de ihm die Lei­tung der Geschäfts­stel­le Ber­li­ner Straße über­tra­gen, um dort ei­nen ord­nungs­gemäßen Geschäfts­be­trieb und kun­den­ori­en­tier­te Ar­beits­abläufe ein­zuführen.

Mit Schrei­ben vom 8.12.1994 wur­den ihm für das Jahr 1994 bei­spiel­haf­te Er­geb­nis-se auf dem Ge­biet des Bau­spa­rens be­schei­nigt.

Im Frühjahr 1995 fu­sio­nier­ten die Stadt- und Kreis­spar­kas­se G und die Spar­kas­se G - Z zur Spar­kas­se G - G, der Be­klag­ten. Am 1.6.1995 wur­de das Geschäfts­feld der Be­klag­ten in 4 Markt­be­rei­che auf­ge­teilt. Dem Kläger wur­de die Lei­tung des Markt­be­reichs G - Land als Ab­tei­lungs­lei­ter und zusätz­lich die Lei­tung der Geschäfts­stel­le W über­tra­gen.

In ei­ner Haus­mit­tei­lung der Be­klag­ten vom 28.3.1996, in der für den Be­reich Bau­spar­geschäft der Be­klag­ten ins­ge­samt die Nicht­er­rei­chung der Ziel­vor­ga­ben bemängelt wird, hob die Be­klag­te die Leis­tun­gen des Klägers wie folgt her­vor: „Mus­tergültig läuft im Ge­gen­satz die Bau­spar­pro­duk­ti­on im Markt­be­reich G - Land un­ter Lei­tung von AL M, in des­sen Geschäfts­stel­le be­reits über 50% der Jah­res­pro­duk­ti­on rea­li­siert wur­den. Rech­ne­risch wur­de hier ...... die fünf­fa­che Pro­duk­ti­on ge­genüber dem Durch­schnitt er­reicht.“

In ei­ner Haus­mit­tei­lung der Be­klag­ten vom 8.1.1999 zur Jah­res­ab­schlußwer­tung des LBS-Bau­spar­geschäfts teil­te die Be­klag­te 1998 mit, daß das bes­te Er­geb­nis mit 135% (Zie­l­erfüllung) der (vom Kläger geführ­te) Markt­be­reich G - Land er­bracht hat.

In ei­ner wei­te­ren Haus­mit­tei­lung der Be­klag­ten vom 11.1.1999 zur Jah­res­ab­schluss­wer­tung der Spar­kas­sen­ver­si­che­rung 1998 be­nann­te die Be­klag­te als Spit­zen­rei­ter in der Zie­l­erfüllung mit 124% den vom Kläger geführ­ten Markt­be­reich G - Land. Die 100%ige Zie­l­erfüllung wur­de an­sons­ten von kei­nem an­de­ren Markt­be­reich er­reicht.

Mit Schrei­ben vom 13.1.1999 dank­te die Be­klag­te dem Kläger für das mit ei­ner Bau-spar­sum­me von 13.524.000,-- DM bis­her bes­te Re­sul­tat in sei­nem Be­reich un­ter Hin­weis dar­auf, daß es der Be­klag­ten da­durch auch ins­ge­samt möglich war, ein Re­kord­er­geb­nis zu er­rei­chen, wel­ches zum ers­ten Platz un­ter Thürin­gens Spar­kas­sen geführt ha­be.

Mit Schrei­ben vom 22.6.1999 setz­te die Be­klag­te den Kläger nach vor­he­ri­ger Ab­spra­che ne­ben sei­ner Tätig­keit als Ab­tei­lungs­lei­ter des Markt­be­reichs G - Land vorüber­ge­hend ver­tre­tungs­wei­se als Markt­be­reichs­lei­ter Z und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter Z ein. Gleich­zei­tig ent­band sie ihn von sei­ner Funk­ti­on als Geschäfts­stel­len­lei­ter W. Der Markt­be­reich G - Land um­fass­te 6 Geschäfts­stel­len mit 43 Mit­ar­bei­terIn

4

nen, der Markt­be­reich Z 6 Geschäfts­stel­len mit 19 Mit­ar­bei­terIn­nen und die Haupt­geschäfts­stel­le Z 22 Mit­ar­bei­terIn­nen.

Im Herbst 1999 sprach der Kläger mehr­fach den Vor­stand W dar­auf an, daß es ihm auf­grund sei­ner Mehr­be­las­tung bei der Wahr­neh­mung sei­ner Führungs­auf­ga­ben nicht auch noch möglich sei, lücken­los sämt­li­che ad­mi­nis­tra­ti­ven Auf­ga­ben im Be­reich der Geschäfts­stel­len­lei­tung wahr­zu­neh­men. Die dies­bezügli­che Bit­te um per­so­nel­le und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ent­las­tung hat­te kei­nen Er­folg.

Ab 1.1.2000 nahm der Vor­stand B sei­ne Tätig­keit bei der Be­klag­ten auf. Am 1.2.2000 fand zwi­schen ihm und ver­schie­de­nen Mit­ar­bei­tern ein Gespräch statt, in dem es um den Vor­schlag des Vor­stands B ging, die Woh­nungs­bau­kre­dit­ver­ga­be von der Zen­tra­le auf die Geschäfts­stel­len zu de­zen­tra­li­sie­ren. Der Vor­stand B war un­zu­frie­den mit der vom Kläger ge­zeig­ten Re­ak­ti­on. Der In­halt des Gesprächs ist strei­tig.

Ab En­de Fe­bru­ar wur­de der Vor­stand B auch für das Per­so­nal zuständig. In die­sem Zu­sam­men­hang er­hielt er ei­ne Einschätzung des Per­so­nal­be­reichs, un­ter an­de­rem auch über den Kläger von dem Vor­stands­mit­glied H. Es han­del­te sich da­bei um die all­ge­mei­ne In­for­ma­ti­on, daß Kla­gen aus dem Be­reich der Mit­ar­bei­terIn­nen und der Kund­schaft ge­gen den Kläger vorlägen, oh­ne daß kon­kre­te Na­men ge­nannt wur­den. Der Vor­stand B frag­te in­so­weit nicht wei­ter nach und ver­folg­te auch nicht, wo­her Frau H die­se In­for­ma­tio­nen hat­te.

Am 20.3.2000 er­hielt der Vor­stand B vom Vor­stand W ein nicht un­ter­zeich­ne­tes, an den Per­so­nal­rat ge­rich­te­tes Schrei­ben zur Kennt­nis­nah­me, in dem das Führungs-ver­hal­ten des Klägers an­ge­grif­fen und ge­gen die­sen Be­schwer­den er­ho­ben wur­den, so­wie ein an die­sen ge­rich­te­tes Be­schwer­de­schrei­ben der Stell­ver­tre­te­rin E des Klägers, in der dem Kläger oh­ne Wie­der­ga­be nach­voll­zieh­ba­rer Tat­sa­chen in stich­punkt­ar­ti­ger Dar­stel­lung das Zurück­be­hal­ten von In­for­ma­tio­nen, un­zu­rei­chen­de Geschäfts­stel­len­lei­ter­sit­zun­gen, aus­ufern­de Feh­ler­su­che, Nicht­beschäfti­gung mit sei­nen Auf­ga­ben so­wie Über­tra­gung von in sei­nen Kom­pe­tenz­be­reich fal­len­den Auf­ga­ben zur Last ge­legt wur­de. Die­se von dem Vor­stand W über­mit­tel­ten Schrei­ben, sei­ne da­zu­gehöri­gen Äußerun­gen und die „aus dem Be­reich der Mit­ar­bei­ter“ vor­lie­gen­den Be­schwer­den, die al­le­samt nicht kon­kre­ti­siert wa­ren, nahm der Vor­stand B als all­ge­mei­ne In­for­ma­ti­on auf. Wei­te­re Re­cher­chen zu kon­kre­ten Fällen ei­nes Fehl­ver­hal­tens des Klägers er­folg­ten nicht.

Am 21.3.2000 fand dann ein Per­so­nal­gespräch des Vor­stands B mit dem Kläger statt. Die­ses Gespräch war das ers­te persönli­che Gespräch zwi­schen den bei­den Her­ren. In die­sem Gespräch bot Herr B dem Kläger ei­nen un­ter­halb der Führungs­ebe­ne lie­gen­den Ein­satz an. Dem wi­der­sprach der Kläger. Dar­auf­hin schloß Herr B ge­genüber dem Kläger ei­nen wei­te­ren Ein­satz mit Führungs­auf­ga­ben aus, ent­band ihn mit so­for­ti­ger Wir­kung von den Auf­ga­ben als Markt­be­reichs­lei­ter und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter und ver­bot ihm, Gespräche mit Mit­ar­bei­tern und Kun­den zu führen. Darüber­hin­aus mußte der Kläger sei­ne Schlüssel ab­ge­ben.

Dar­auf­hin nahm der Kläger Ur­laub vom 22.3. bis 24.3.2000.

Am 24.3.2000 kam es zu ei­nem er­neu­ten Gespräch mit dem Vor­stand B, in wel­chem dem Kläger ein Auf­he­bungs­ver­trag zum 31.3.2000 na­he­ge­legt wur­de, oh­ne daß wei­te­re Ein­zel­hei­ten ge­nannt wur­den. Nach Ab­leh­nung des Wech­sels in ein

5

an­de­res Tätig­keits­ge­biet er­hielt der Kläger Wei­sung, sich am 27.3.2000 bei Frau N (Per­so­nal­ab­tei­lung) zu mel­den und de­ren Wei­sun­gen Fol­ge zu leis­ten.

Am 27.3.2000 er­hielt der Kläger ein von den Vorständen B und W un­ter­zeich­ne­tes Schrei­ben glei­chen Da­tums, in dem ihm mit­ge­teilt wur­de, daß sein Führungs­ver­hal­ten und sei­ne Auf­ga­ben­erfüllung nicht den an ei­nen Markt­be­reichs- und Ab­tei­lungs­lei­ter un­ter­halb der Führungs­ebe­ne des Vor­stan­des zu stel­len­den An­for­de­run­gen entspräche und daß ei­ne Ände­rung der Ein­stel­lung oder des Ver­hal­tens nach den bis­lang geführ­ten Gesprächen mit den Vor­stands­mit­glie­dern nicht fest­ge­stellt wer­den könne. Als letz­ten Ab­satz enthält das Schrei­ben fol­gen­den Text: „Wie mit Ih­nen be­spro­chen, ent­bin­den wir Sie des­halb mit Wir­kung vom 27.3.2000 von Ih­ren Auf­ga­ben als Markt­be­reichs­lei­ter und Ab­tei­lungs­lei­ter und wer­den Ih­nen zunächst ei­ne Auf­ga­be über­tra­gen, die mehr als die bis­he­ri­ge Tätig­keit Ih­ren Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen ent­spricht. Über De­tails wer­den Sie in Kürze un­ter­rich­tet.“ Gleich­zei­tig teil­te der Vor­stand B dem Kläger mit, daß ge­gen ihn Ab­mah­nun­gen vor­be­rei­tet würden und for­der­te ihn auf, zu den be­ab­sich­tig­ten neu­en Struk­tu­ren im Hau­se Stel­lung zu neh­men, oh­ne daß dem Kläger mit­ge­teilt wur­de, wel­che neu­en Struk­tu­ren ge­meint sei­en.

Vom 27.3. bis 10.4.2000 war der Kläger ar­beits­unfähig er­krankt. Die der Kran­ken­kas­se mit­ge­teil­te ärzt­li­che Dia­gno­se lau­te­te Neu­rasthe­nie, An­pas­sungsstörun­gen, Zer­vi­kal­neur­al­gie.

Am 11.4.2000 wur­de dem Kläger mit­ge­teilt, der Vor­stand sei außer Haus und nicht vor 15.00 Uhr zu er­war­ten. Auch nach Rück­kehr des Vor­stan­des ge­gen 15.00 Uhr fand ein Gespräch mit dem Kläger nicht statt. Der Kläger wur­de an­ge­wie­sen, sich mit der The­ma­tik des Spar­kas­sen-Im­mo­bi­li­en-Cen­ters zu be­fas­sen und sich im 2. Stock der Kre­dit­ab­tei­lung auf­zu­hal­ten.

Am 13.4.2000 er­hielt der Kläger im­mer noch kei­ne kon­kre­te­ren An­ga­ben bezüglich sei­ner Beschäfti­gung.

Vom 14.4. bis 27.4.2000 war er er­neut ar­beits­unfähig er­krankt. Die der Kran­ken­kas-se mit­ge­teil­te ärzt­li­che Dia­gno­se lau­tet Zer­vi­kal­neur­al­gie, bio­me­cha­ni­sche Funk­ti-onsstörun­gen.

Am 20.4.2000 er­hielt der Kläger ein Schrei­ben der Be­klag­ten vom 17.4.2000. Dort wur­de ihm un­ter Be­zug­nah­me auf das Schrei­ben vom 27.3.2000 mit­ge­teilt, daß er zur Ab­de­ckung des vorüber­ge­hen­den Per­so­nal­be­darfs für 3 Mo­na­te in die Ab­tei­lung Mar­ke­ting/Ver­trieb/Ver­bund, Be­reich Im­mo­bi­li­en G, um­ge­setzt wird und der Ab­tei­lungs­lei­te­rin U un­ter­ste­he, die ihn über sei­nen kon­kre­ten Ein­satz in­for­mie­ren wer­de.

Am 28.4.2000 woll­te der Kläger sei­ne ihm mit dem vor­ge­nann­ten Schrei­ben über­tra­ge­ne Tätig­keit auf­neh­men. Am Vor­mit­tag fand ein Gespräch mit der Ab­tei­lungs­lei­te­rin U statt, des­sen In­halt zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist. Am Nach­mit­tag wur­de der Kläger in die Per­so­nal­ab­tei­lung be­stellt. Dort er­hielt er 4 Ab­mah­nungs­schrei­ben mit dem Da­tum die­ses Ta­ges aus­gehändigt. Ge­gen­stand die­ser Ab­mah­nun­gen war der Vor­wurf, daß er je­weils in den Mo­na­ten Sep­tem­ber, Ok­to­ber, No­vem­ber und De­zem­ber 1999 von der Be­klag­ten vor­ge­ge­be­ne, pe­ri­odisch zu wie­der­ho­len­de Si­cher­heits­schu­lun­gen von Mit­ar­bei­tern nicht in persönli­cher An­we­sen­heit der Mit­ar­bei­ter durch­geführt ha­be, son­dern die zu schu­len­de An­wei­sung zu­sam­men mit ei­nem Un­ter­schrifts­blatt in­ner­halb der Geschäfts­stel­le in Um­lauf ge­ge­ben ha­be.

6

In der Zeit vom 2.5. bis 19.5.2000 war der Kläger er­neut ar­beits­unfähig er­krankt. Die der Kran­ken­kas­se mit­ge­teil­te ärzt­li­che Dia­gno­se lau­te­te Ra­di­ku­lo­pa­thie.

Zwi­schen den Par­tei­en ist strei­tig, ob und in wel­chem Um­fang der Kläger bei Dienst­an­tritt am 22.5.2000 in den Auf­ga­ben­be­reich der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung ein­ge­wie­sen wur­de. Je­den­falls er­hielt er von dem Im­mo­bi­li­en­sach­be­ar­bei­ter R ei­ne Map­pe von Im­mo­bi­li­en-Ex­posés mit dem Hin­weis, die­se Map­pe sei nicht mehr auf dem ak­tu­el­len Stand und müßte übe­r­ar­bei­tet wer­den, so­wie 15 zum Teil mehr als 2 Mo­na­te al­te Kun­den­kon­takt­kar­ten. Die­se dort ge­lis­te­ten Kun­den soll­ten vom Kläger ab­te­le­fo­niert wer­den, um die Fra­ge des Fort­be­stands des Kauf- bzw. Ver­kaufs­in­ter­es­ses zu klären. Dies wur­de von dem Kläger mit dem Hin­weis ver­wei­gert, zunächst müsse er in aus­rei­chen­der Wei­se in den Geschäfts­be­reich ein­ge­ar­bei­tet wer­den. Der Kläger verfügte zu die­sem Zeit­punkt über kei­ne Ver­triebs­er­fah­rung im Im­mo­bi­li­en­be­reich.

Eben­falls am 22.5.2000 er­hielt der Kläger 3 wei­te­re Ab­mah­nun­gen mit dem Da­tum des 17.5.2000. Ge­gen­stand die­ser Ab­mah­nun­gen war zum ei­nen der Vor­wurf, der Kläger ha­be im Zeit­raum 2. Halb­jahr 1999 bis März 2000 ent­ge­gen der Vor­schrift nicht in­ner­halb von 10 Ta­gen nach Er­schei­nen der Lis­te der über­zo­ge­nen Gi­ro­kon­ten die er­for­der­li­che Stich­pro­ben­kon­trol­le durch­geführt. Zum an­de­ren ha­be der Kläger ge­gen die ihm als lei­ten­der Mit­ar­bei­ter und Dienst­vor­ge­setz­ter ob­lie­gen­de Fürsor­ge­pflicht ver­s­toßen, weil er am 20.3.2000 die Mit­ar­bei­te­rin G nicht un­verzüglich nach de­ren am frühen Vor­mit­tag er­folg­ten Mit­tei­lung ei­nes nächt­li­chen Asth­ma­an­falls, son­dern erst am Nach­mit­tag nach Klärung der Ver­tre­tungs­re­ge­lung durch sei­ne Stell­ver­tre­te­rin frei­ge­stellt ha­be. In der drit­ten Ab­mah­nung warf die Be­klag­te dem Kläger vor, er ha­be ei­ner Mit­ar­bei­te­rin er­laubt, sich am 7.10.2000 un­ter sei­ner Be­dien­num­mer am Ter­mi­nal an­zu­mel­den, um ei­nen an die Kom­pe­ten­zen des Klägers ge­bun­de­nen Ar­beits­vor­gang zu er­le­di­gen und da­mit die­ser Mit­ar­bei­te­rin die Möglich­keit ein­geräumt, die Kom­pe­ten­zen des Klägers, die über ih­re ei­ge­nen hin­aus­gin­gen, un­be­merkt zu nut­zen.

Am 25.5.2000 be­schwer­ten sich die Mit­ar­bei­te­rin V und der Mit­ar­bei­ter R der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung bei der Ab­tei­lungs­lei­te­rin U darüber, daß der Kläger ihm über­tra­ge­ne Auf­ga­ben nicht er­le­di­ge, pri­va­te Un­ter­la­gen aus dem Schrank des Mit­ar­bei­ters R ent­nom­men ha­be und ei­ne Zu­sam­men­ar­beit unmöglich sei. Un­mit­tel­bar dar­auf­hin kam es zu ei­nem Gespräch der Ab­tei­lungs­lei­te­rin U mit dem Kläger, zu dem später Frau V und Herr R hin­zu­ge­zo­gen wur­den. In der Fol­ge kam es zu ei­ner ih­rem In­halt und ins­be­son­de­re in Be­zug auf die Fra­ge strei­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung, ob der Kläger ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter R die Hand zum Schlag er­ho­ben hat.

Am 26.5.2000 nahm der Kläger ei­nen Tag Ur­laub. An die­sem Tag fand ein Gespräch des Klägers mit dem Vor­stands­vor­sit­zen­den R und Frau N von der Per­so­nal­ab­tei­lung statt. In die­sem Gespräch wur­de die Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers er­neut ab­ge­lehnt und von ihm ver­langt, bis zum 31.5.2000 um 9.00 Uhr dem Vor­stand Vor­schläge für ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag mit so­for­ti­ger Wir­kung zu un­ter­brei­ten. Dem wi­der­sprach der Kläger.

Mit Schrei­ben vom 2.6.2000 sus­pen­dier­te die Be­klag­te den Kläger ab 29.5.2000 bis zur ab­sch­ließen­den Äußerung des Per­so­nal­rats zur Fra­ge der Kündi­gung.

Am 20.6.2000 er­hielt der Kläger ei­ne in­ter­ne Stel­len­aus­schrei­bung der Be­klag­ten vom 24.5.2000 zur Be­set­zung von Führungs­po­si­tio­nen. Die Stel­len­aus­schrei­bung ent­hielt den Hin­weis, daß die Be­wer­bungs­frist am 20.6.2000 abläuft.

7

Mit Schrei­ben vom 18.7.2000 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis des Klägers zum 31.12.2000 und bot dem Kläger an, ihn ab dem 1.1.2001 in der Rechts­ab­tei­lung als Sach­be­ar­bei­ter un­ter Ein­grup­pie­rung in die Vergütungs­grup­pe VIb BAT wei­ter­zu­beschäfti­gen. Gleich­zei­tig kündig­te sie ei­ne ge­son­der­te Mit­tei­lung an, wo­nach ei­ne Um­set­zung in die Rechts­ab­tei­lung mit der Zu­wei­sung der Ar­beits­auf­ga­be der Pfändungs­sach­be­ar­bei­tung er­fol­gen wird. Die­se dem Kläger auch am 18.7.2000 zu­ge­gan­ge­ne Ände­rungskündi­gung be­gründe­te die Be­klag­te un­ter Be­zug­nah­me auf die vor­an­ge­gan­ge­nen Ab­mah­nun­gen mit ei­ner durch den Vor­fall am 25.5.2000 zu­ta­ge ge­tre­te­nen Fort­set­zung ver­trags­wid­ri­gen Ver­hal­tens und Nich­t­eig­nung zur Wahr­neh­mung von Führungs­auf­ga­ben. Der bei der Be­klag­ten be­ste­hen­de Per­so­nal­rat hat­te der Ände­rungskündi­gung zu­ge­stimmt.

Mit Schrei­ben vom 20.7.2000 ver­setz­te die Be­klag­te den Kläger un­ter Fort­zah­lung der bis­he­ri­gen Bezüge mit so­for­ti­ger Wir­kung in die Rechts­ab­tei­lung und wies ihm die Sach­be­ar­bei­tung von Pfändun­gen zu. Auch hierfür lag die Zu­stim­mung des Per­so­nal­rats vor. Zu die­sem Zeit­punkt war der Kläger 54 Jah­re alt und be­zog ein Brut­to­ge­halt von 8159,11 DM.

Ab dem 19.7.2000 be­fand sich der Kläger zu meh­re­ren kon­flikt­zen­trier­ten Gesprächen in Be­hand­lung bei der Psy­cho­the­ra­peu­tin E in G und klag­te über durch Be­rufs­kon­flik­te aus­gelöste Schlafstörun­gen, in­ne­re Un­ru­he, de­pres­si­ve Ver­stim­mun­gen und Ma­gen­be­schwer­den. Die Psy­cho­the­ra­peu­tin war der Auf­fas­sung, daß die ge­sund­heit­li­chen Störun­gen des Pa­ti­en­ten durch schlech­tes Ar­beits­kli­ma ver­ur­sacht wor­den sei­en.

Vom 21.7. bis 18.8.2000 war der Kläger ar­beits­unfähig er­krankt. Die der Kran­ken­kas­se mit­ge­teil­te ärzt­li­che Dia­gno­se lau­te­te de­pres­si­ve Epi­so­de.

Mit Schrei­ben vom 24.7.2000 teil­te die Be­klag­te dem in­zwi­schen vom Kläger ein­ge­schal­te­ten Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten mit, daß sie des­sen Nich­t­er­schei­nen am 24.7.2000 als Ar­beits­ver­wei­ge­rung wer­te und dies zum An­laß neh­me, ei­ne wei­te­re Ab­mah­nung aus­zu­spre­chen. Gleich­zei­tig bat sie dar­um, dem Kläger mit­zu­tei­len, daß sie auf ei­ner Ar­beits­auf­nah­me be­ste­he.

Am 1.8.2000 reich­te der Kläger beim Ar­beits­ge­richt ei­nen An­trag auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung ein und be­an­trag­te:

1. Die An­trags­geg­ne­rin wird ver­pflich­tet, die Ver­set­zung des An­trag­stel­lers als Markt­be­reichs­lei­ter G - Land, Markt­be­reichs­lei­ter Z und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter Z in die Rechts­ab­tei­lung als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten auf­zu­he­ben;

2. Ge­gen die An­trags­geg­ne­rin für je­den Tag der Zu­wi­der­hand­lung ge­gen die Ver­pflich­tung zu Zif­fer 1 und/oder zu Zif­fer 2 je­weils ein Zwangs­geld von bis zu 500 DM fest­zu­set­zen;

3. hilfs­wei­se: fest­zu­stel­len, daß der An­trag­stel­ler nicht ver­pflich­tet ist, vor ei­ner rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che die Ar­beit als Pfändungsach­be­ar­bei­ter auf­zu­neh­men.

Die­sem An­trag fügte er ei­ne ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung bei, die ei­ne zu­sam­men­ge­fass­te Auf­stel­lung des Ab­laufs des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter be­son­de­rer Berück-

8

sich­ti­gung der Ge­scheh­nis­se ab März 2000 ent­hielt. Die Be­klag­te fügte ih­rem An­trag, die einst­wei­li­ge Verfügung zurück­zu­wei­sen, ih­rer­seits den Ab­lauf der Tätig­keit des Klägers in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung be­tref­fen­de ei­des­statt­li­che Ver­si­che­run­gen der Mit­ar­bei­te­rin U und des Mit­ar­bei­ters R bei.

Mit Schrei­ben vom 3.8.2000 teil­te der Geschäftsführer M der AWO Z - gGmbH (mit ca. 230 Beschäftig­ten der zweit­größte Ar­beit­ge­ber im Raum Z) dem Vor­stands­vor-sit­zen­den der Be­klag­ten sei­ne Un­zu­frie­den­heit mit den geschäft­li­chen Be­zie­hun­gen zur Be­klag­ten in den letz­ten Jah­ren mit. Des­wei­te­ren ver­wies er dar­auf, daß die­se Be­zie­hun­gen An­fang 2000 spürbar fri­schen Wind er­hal­ten hätten. Ver­ur­sa­cher die­ser po­si­ti­ven Wen­de sei der Kläger ge­we­sen, der bis­lang in der Lei­tungs­ebe­ne der Be­klag­ten ver­miss­tes Verständ­nis und Ei­gen­in­itia­ti­ve ge­zeigt ha­be. Darüber­hin­aus bemängel­te der Geschäftsführer der AWO die nicht er­folg­te Kun­den­in­for­ma­ti­on bezüglich des Ab­zugs des Klägers aus der Spar­kas­se Z und be­merk­te, daß das Weg­blei­ben auch in dem Kreis der ihm be­kann­ten Geschäfts­part­ner mit Be­dau­ern auf­ge­nom­men wor­den sei. Das Schrei­ben schließt mit dem Satz: „Da wir demnächst ei­ne In­ves­ti­ti­on von ca. 17 Mio DM durchführen, möch­te ich ei­ne Bank/Spar­kas­se mit sol­chen Mit­ar­bei­tern wie Herrn M“.

Am 7.8.2000 er­hob der Kläger beim Ar­beits­ge­richt G un­ter dem Ak­ten­zei­chen 2 Ca 1817/00 Kla­ge mit dem An­trag fest­zu­stel­len, daß die Ände­rungskündi­gung vom 18.7.2000 un­wirk­sam ist, den Kläger zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen wei­ter­zu­beschäfti­gen und die Ab­mah­nun­gen aus der Per­so­nal­ak­te zu ent­fer­nen.

Mit Schrift­satz vom 7.8.2000 änder­te er im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren nach dem Hin­weis des Ge­richts, daß bezüglich der ge­stell­ten Anträge Be­den­ken bestünden und es dem Kläger er­sicht­lich zunächst um ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung zu den ver­ein­bar­ten Be­din­gun­gen nach Vergütungs­grup­pe II BAT, ggf. um die Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit sei­ner Ver­set­zung ge­he, sei­ne Anträge und be­an­trag­te nun­mehr:

1. Die An­trags­geg­ne­rin wird ver­pflich­tet, die Ver­set­zung des An­trag­stel­lers als Markt­be­reichs­lei­ter G - Land, Markt­be­reichs­lei­ter Z und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter Z in die Rechts­ab­tei­lung als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten auf­zu­he­ben;

2. Der An­trags­geg­ne­rin auf­zu­ge­ben, es zu un­ter­las­sen, dem An­trag­stel­ler Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen, für die nicht min­des­tens ei­ne Vergütung nach BAT II vor­ge­se­hen ist;

3. Ge­gen die An­trags­geg­ne­rin für je­den Tag der Zu­wi­der­hand­lung ge­gen die Ver­pflich­tung zu Zif­fer 1 und/oder zu Zif­fer 2 je­weils ein Zwangs­geld von bis zu 500 DM fest­zu­set­zen.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung änder­te der Kläger sei­nen An­trag zu 2) er­neut und be­an­trag­te in­so­weit:

2. Der An­trags­geg­ne­rin wird auf­zu­ge­ben, es zu un­ter­las­sen, dem An­trag­stel­ler vor dem 31.12.2000 Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen, für die nicht min­des­tens ei­ne Vergütung nach BAT II vor­ge­se­hen ist;

Am 11.8.2000 er­ließ das Ar­beits­ge­richt nach vor­an­ge­gan­ge­ner münd­li­cher Ver­hand­lung fol­gen­de einst­wei­li­ge Verfügung:

9

1. Es wird fest­ge­stellt, daß die Ver­set­zung des Verfügungsklägers als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten un­wirk­sam ist.

2. Der Verfügungs­be­klag­ten wird auf­ge­ge­ben es zu un­ter­las­sen, dem An­trag­stel­ler Auf­ga­ben außer­halb der Vergütungs­grup­pe II BAT bis zum 31.12.2000 zu-zu­wei­sen.

3. Für den Fall der Zu­wi­der­hand­lung wird dem An­trags­geg­ner ein Zwangs­geld in Höhe von bis zu 50000,-- DM an­ge­droht.

We­gen der Be­gründung des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils wird auf die dor­ti­gen Ent­schei­dungs­gründe Be­zug ge­nom­men.

Am 18.8.2000 wur­de die einst­wei­li­ge Verfügung an den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten vom Ar­beits­ge­richt im We­ge der Amts­zu­stel­lung durch Emp­fangs­be­kennt­nis zu­ge­stellt.

Am 18.9.2000 leg­te die Be­klag­te hier­ge­gen Be­ru­fung beim Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt ein. Am 18.10.2000 be­an­trag­te sie die Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 20.11.2000. Nach­dem die­sem An­trag statt­ge­ge­ben wur­de, reich­te sie am 20.11.2000 die Be­ru­fungs­be­gründungs­schrift ein.

Zur Be­gründung ih­rer Be­ru­fung trägt die Be­klag­te vor:

- ein An­spruch auf Er­laß der einst­wei­li­gen Verfügung ha­be nicht be­stan­den, weil die so­for­ti­ge Zu­wei­sung ei­ner an­de­ren Tätig­keit durch das Ver­hal­ten des Klägers ge­recht­fer­tigt ge­we­sen sei. In dem Gespräch am 25.5.2000 ha­be der Kläger ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter R mit der Hand zum Schlag aus­ge­holt. Je­den­falls ha­be die­ser mit dem Vor­fall vom 20.3.2000 ver­gleich­ba­re Vor­fall ge­zeigt, daß er die für ei­ne Führungs­kraft vor­aus­ge­setz­ten Ei­gen­schaf­ten im Um­gang mit Mit­ar­bei­tern nicht be­sit­ze. Bei der vom Ar­beits­ge­richt un­ter­las­se­nen In­ter­es­sen­abwägung sei für die Be­klag­te aus­schlag­ge­bend zu berück­sich­ti­gen, daß dem Kläger durch die Ver­set­zung kein fi­nan­zi­el­ler Nach­teil ent­stan­den und daß es an­de­rer­seits der Be­klag­ten mit Rück­sicht auf ih­re ge­genüber an­de­ren Mit­ar­bei­tern be­ste­hen­de Fürsor­ge­pflicht nicht zu­zu­mu­ten sei, den Kläger in ei­ner Führungs­po­si­ti­on auch nur bis zu dem am 31.12.2000 ein­tre­ten­den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist der Ände­rungskündi­gung wei­ter­zu­beschäfti­gen, weil dies die Ge­fahr wei­te­rer Ausfälle des Klägers ber­ge. Da im Hau­se der Be­klag­ten sämt­li­che Po­si­tio­nen, die in die Vergütungs­grup­pe II BAT ein­zu­stu­fen sind, mit Führungs­auf­ga­ben ver­bun­den sei­en, sei auch ei­ne den An­for­de­run­gen die­ser Vergütungs­grup­pe ent­spre­chen­de Wei­ter­beschäfti­gung nicht möglich ge­we­sen. Als mil­de­res Mit­tel ge­genüber der Frei­stel­lung sei ei­ne Su­s­pen­die­rung bis zum Ab­lauf der Frist der Ände­rungskündi­gung am 31.12.2000 nicht in Fra­ge ge­kom­men, weil es den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der Be­klag­ten zu­wi­der­lau­fe, den Kläger oh­ne Ar­beits­leis­tung zu vergüten;

- es be­ste­he auch kein Grund für den Er­laß der be­an­trag­ten einst­wei­li­gen Verfügung. Da der Kläger bis zum 31.12.2000 sei­ne Bezüge un­verändert fort­er­hal­te, lägen kei­ne fi­nan­zi­el­len Be­ein­träch­ti­gun­gen vor. Das Ar­beits­ge­richt ha­be auch die er­for­der­li­che Abwägung der In­ter­es­sen der Be­klag­ten an ei­nem un­gestörten Be­triebs­ab­lauf und dem Schutz der Mit­ar­bei­ter vor schwer­wie­gen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen durch Vor­ge­setz­te und dem In­ter­es­se des Klägers an der Wahr­neh-

10

mung sei­ner ursprüng­li­chen Auf­ga­ben nicht vor­ge­nom­men. Es sei über das von ihr in Be­zug ge­nom­me­ne Ur­teil des LAG Köln vom 26.8.1992 (LA­GE § 940 ZPO Nr. 1) oh­ne Be­gründung hin­weg­ge­gan­gen. Der Kläger ha­be nicht dar­ge­legt und glaub­haft ge­macht, daß er bei Be­schrei­tung des nor­ma­len Kla­ge­ver­fah­rens schwer­wie­gen­de Nach­tei­le er­lei­den würde, der ide­el­le Nach­teil ei­ner be­fris­te­ten Ver­rin­ge­rung des be­ruf­li­chen An­se­hens sei al­lein nicht so gra­vie­rend, daß ihm vorläufi­ger Rechts­schutz zu­ge­bil­ligt wer­den könne;

- Zur Ein­hal­tung der für einst­wei­li­ge Verfügun­gen vor­ge­se­he­nen Voll­zie­hungs­frist des § 929 Abs. 2 ZPO sei der Kläger ver­pflich­tet ge­we­sen, das die einst­wei­li­ge Verfügung ent­hal­ten­de Ar­beits­ge­richts­ur­teil der Be­klag­ten im Par­tei­be­trieb zu­stel­len zu las­sen. Die im Streit­fall vor­lie­gen­de Amts­zu­stel­lung rei­che nicht aus. Die da­mit vor­lie­gen­de Nicht­voll­zie­hung der einst­wei­li­gen Verfügung be­gründe die An­nah­me des Nicht­vor­lie­gens der für den Verfügungs­grund er­for­der­li­chen Dring­lich­keit;

- Zif­fer 1 des Ur­teils­te­nors ent­hal­te ei­ne un­zulässi­ge Vor­weg­nah­me der Haupt­sa­che, es sei­en kei­ne Gründe für ei­ne der­ar­ti­ge Fest­stel­lung im Rah­men des vorläufi­gen Rechts­schut­zes er­sicht­lich;

- da der Zeit­raum der Ur­teils­verkündung bis zum 31.12.2000 nur 96 Ar­beits­ta­ge um­fass­te, hätte nach dem An­trag des Klägers al­len­falls ein Zwangs­geld von 48000,-- DM an­ge­droht wer­den dürfen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ge­ra vom 11.8.2000, AZ.: 2 Ga 8/2000 auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger trägt vor:

- die Be­klag­te ha­be ihm ge­genüber sys­te­ma­ti­sches Mob­bing be­trie­ben, das er un­ter an­de­rem dar­auf zurückführe, daß sei­ne Stell­ver­tre­te­rin Frau E seit ge­rau­mer Zeit In­ter­es­se an sei­ner Po­si­ti­on ha­be.

- er ha­be ei­nen An­spruch, ent­spre­chend den ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen und un­ter Ein­hal­tung des Grund­rechts der Men­schenwürde beschäftigt und nicht von der Be­klag­ten ge­maßre­gelt und vor sämt­li­chen Mit­ar­bei­tern ge­demütigt zu wer­den;

- er ha­be seit dem 1.8.1999 drei Voll­zeit­stel­len in­ne­ge­habt. Zu den ihm z.T. auf­grund die­ser Über­las­tung zu Un­recht er­teil­ten Ab­mah­nun­gen sei er nicht an­gehört wor­den. Die­se sei­en Be­stand­teil des sys­te­ma­ti­schen Mob­bings;

- kon­kre­te Auf­ga­ben­ge­bie­te für sei­ne Tätig­keit in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung sei­en ihm nicht ge­nannt wor­den. Auch von den Kol­le­gen der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung ha­be er we­der In­for­ma­tio­nen noch Ar­beits­ma­te­ria­li­en er­hal­ten. Die Zu­sam­men­ar­beit sei schlicht ver­wei­gert wor­den. Die in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung zur Be­ar­bei­tung

11

er­hal­te­nen Kar­tei­kar­ten sei­en größten­teils schon meh­re­re Mo­na­te alt ge­we­sen. Le­dig­lich um sich und die Be­klag­te nicht zu bla­mie­ren, ha­be er die Kar­tei­kar­ten nicht oh­ne wei­te­re In­for­ma­tio­nen be­ar­bei­ten wol­len;

- das Gespräch am 25.5.2000 sei zunächst mit der Ab­tei­lungs­lei­te­rin U in ru­hi­gem Ton un­ter vier Au­gen er­folgt. Nach­dem die Im­mo­bi­li­en­sach­be­ar­bei­ter V und R hin­zu­ge­zo­gen wur­den, sei er mit ver­schie­de­nen Vorwürfen kon­fron­tiert wor­den und zwar u.a da­mit, daß kei­ne Mit­ar­beit mit ihm möglich sei, daß er Pri­vat­un­ter­la­gen aus dem Schrank von Herrn R ent­nom­men ha­be (wo­bei es sich um die ihm zu­vor als nicht exis­tent be­zeich­ne­ten In­fos und ei­nen all­ge­mein zugäng­li­chen Büro­schrank ge­han­delt ha­be), daß er bei Ver­las­sen des Ar­beits­plat­zes nicht sa­gen würde, wo er hin­ge­he. Er sei sich als ehe­ma­li­ger Markt­be­reichs­lei­ter, der 84 Mit­ar­bei­ter geführt ha­be, wie ein dum­mer Jun­ge vor­ge­kom­men. Er ha­be kei­nes­wegs ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter R zum Schlag aus­ge­holt oder die­sen be­droht. Das Gespräch sei in ei­ner an­ge­heiz­ten At­mo­sphäre ver­lau­fen. Als der Kol­le­ge R geäus­sert ha­be, „Sie als Markt­be­reichs­hei­ni wer­den ja wohl in der La­ge sein, Te­le­fon­gespräche mit Kun­den zu führen“ sei er auf­ge­sprun­gen und ha­be die Hand ge­ho­ben. Zu berück­sich­ti­gen sei in­so­weit, daß die Be­klag­te über Wo­chen und Mo­na­te nichts un­ver­sucht ge­las­sen ha­be, den Kläger zu demüti­gen und zu ver­un­si­chern. Als dar­auf­hin die Mit­ar­bei­ter V und R den Raum ver­las­sen hätten, ha­be die Ab­tei­lungs­lei­te­rin geäus­sert „Sie wis­sen, Sie krie­gen von uns kei­ner­lei Un­terstützung, Sie sind für sich selbst ver­ant­wort­lich, Sie müssen se­hen, wie Sie zu­recht kom­men“;

- schon aus dem Um­stand, daß die Be­klag­te die Ände­rungskündi­gung nicht frist­los son­dern erst 7 Wo­chen nach dem Vor­fall vom 25.8.2000 aus­ge­spro­chen ha­be, er­ge­be sich die Zu­mut­bar­keit der Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist;

- das mil­des­te Mit­tel wäre es ge­we­sen, dem Kläger die Zu­satz­be­las­tung der Lei­tung des Markt­be­reichs Z und der Haupt­geschäfts­stel­le Z wie­der zu neh­men und sei­ne Tätig­keit wie­der auf den Markt­be­reich G - Land und die Haupt­geschäfts­stel­le W zu be­schränken. Ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Be­klag­ten, den Kläger noch vor Ab­lauf der Kündi­gungs­frist als Pfändungs­sach­be­ar­bei­ter in der Rechts­ab­tei­lung zu beschäfti­gen, sei nicht er­kenn­bar und auch nicht vom Di­rek­ti­ons­recht der Be­klag­ten ge­deckt. Die­ses Vor­ge­hen ent­hal­te le­dig­lich ei­ne gra­vie­ren­de De­gra­die­rung und Demüti­gung des Klägers vor sämt­li­chen Mit­ar­bei­tern;

- ei­ne Vor­weg­nah­me der Haupt­sa­che sei durch Zif­fer 1 der einst­wei­li­gen Verfügung des­halb nicht ge­ge­ben, weil die Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung des Klägers als Pfändungs­sach­be­ar­bei­ter nur den Zeit­raum bis zum Er­laß ei­ner Ent­schei­dung in dem Ände­rungskündi­gungs­schutz­ver­fah­ren be­tref­fe. Selbst wenn ei­ne Vor­weg­nah­me der Haupt­sa­che vorläge, sei dies im In­ter­es­se des Ge­bots des ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes hin­zu­neh­men;

We­gen des wei­te­ren Par­tei­vor­brin­gens wird auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ver­hand­lung wa­ren:

Das am 20.3.2000 vom Be­klag­ten­vor­stand B ab­ge­zeich­ne­te und in der Be­ru-

12

fungs­ver­hand­lung von der Be­klag­ten über­reich­te Schrei­ben der Stell­ver­tre­te­rin E des Klägers, die am 20.3.2000 vom Be­klag­ten­vor­stand B ab­ge­zeich­ne­te und in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung von der Be­klag­ten über­reich­te, an den Per­so­nal­rat der Be­klag­ten ge­rich­te­te, nicht un­ter­zeich­ne­te In­for­ma­ti­on über Pro­ble­me mit dem Markt­be­reichs­lei­ter Z, die vom Kläger in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung über­reich­te Zu­sam­men­stel­lung sei­ner Er­kran­kun­gen in der Zeit vom 27.3. bis 25.8.2000, des­wei­te­ren die vom Kläger in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung über­reich­te, am 15.2.2001 von sei­ner Psy­cho­the­ra­peu­tin aus­ge­stell­te Be­schei­ni­gung.

Die Be­ru­fungs­kam­mer hat so­wohl den Kläger als auch den Be­klag­ten­vor­stand B zum Zwe­cke der Sach­ver­halts­aufklärung an­gehört und die vor­ma­li­ge Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lungs­lei­te­rin U der Be­klag­ten als Zeu­gin ver­nom­men. Auf ei­ne Ver­neh­mung des Zeu­gen R hat die Be­klag­te kei­nen Wert ge­legt.

 

Ent­schei­dungs­gründe

I. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig.

1. Sie ist form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

2. Die Be­klag­te ist durch das mit der Be­ru­fung an­ge­grif­fe­ne Ur­teil auch in der Haupt­sa­che und nicht nur in Be­zug auf die Kos­ten­ent­schei­dung in dem hierfür maßgeb­li­chen Zeit­punkt der Rechts­mit­tel­ein­le­gung (Schu­mann, Die Be­ru­fung in Zi­vil­sa­chen, 4. Aufl. Rn 275; Schell­ham­mer, Zi­vil­pro­zess, 8. Aufl. Rn 973 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen) be­schwert, weil die Be­klag­te auf­grund der Statt­ga­be der Kla­ge durch die­ses Ur­teil ei­nen recht­li­chen Nach­teil er­lit­ten hat (so­ge­nann­te ma­te­ri­el­le Be­schwer, vgl. Schu­mann a.a.O.,Rn 265; Schell­ham­mer a.a.O., Rn 971). Un­er­heb­lich ist in die­sem Zu­sam­men­hang (we­gen des im Zeit­punkt des Schlus­ses der münd­li­chen Ver­hand­lung des Be­ru­fungs­ge­richts fest­ste­hen­den Ab­laufs des von der einst­wei­li­gen Verfügung er­fass­ten Zeit­rah­mens) die im Streit­fall ge­ge­be­nen­falls zu stel­len­de Fra­ge, ob im Be­ru­fungs­rechts­zug noch die Möglich­keit be­steht, die ihr durch das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil zu­gefügten Rechts­nach­tei­le zu kor­ri­gie­ren. Im Zeit­punkt der Be­ru­fungs­ein­le­gung be­stand die­se Möglich­keit und nur dar­auf kommt es hier an.

3. Der Be­klag­ten fehlt aus dem eben ge­nann­ten Grund aber auch nicht das all­ge­mei­ne Rechts­schutz­bedürf­nis. Nur un­ter die­ser Vor­aus­set­zung ist ei­ne Be­ru­fung zulässig (Schu­mann a.a.O., Rn 312; Schell­ham­mer a.a.O., Rn 963; Zöller-Gum­mer, 22. Aufl., Vor § 511 Rn 9 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Das Rechts­schutz­bedürf­nis muß in Ab­wei­chung zu dem Er­for­der­nis der Be­schwer noch zum Schluss der Ver­hand­lung vor­lie­gen, auf wel­che die ge­richt­li­che Ent­schei­dung er­geht.

Auch die­se Vor­aus­set­zung ist im Streit­fall erfüllt. Dar­an ändert es nichts, daß die vom Kläger er­wirk­te einst­wei­li­ge Verfügung dar­auf be­schränkt war, die Un­wirk­sam­keit sei­ner Ver­set­zung fest­zu­stel­len und dem Be­klag­ten bis zum 31.12.2000 die Un­ter­las­sung sei­ner Beschäfti­gung mit Auf­ga­ben außer­halb der Vergütungs­grup­pe II BAT zu ver­bie­ten. Zwar kann das auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung am 15.2.2001 er­las­se­ne Be­ru­fungs­ur­teil an den durch die einst­wei­li­ge Verfügung des Ar­beits­ge­richts her­bei­geführ­ten Fol­gen für die Ge­stal­tung der Beschäfti­gung des Klägers nichts mehr ändern. Dies gilt auch, so­weit die einst­wei­li­ge Verfügung die Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung fest­ge­stellt hat, denn auch die­se Fest­stel­lung er­fass­te nur die Zeit bis zum 31.12.2000. Ab dem 1.1.2001 soll­te die Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers nicht mehr auf­grund der Ver­set­zung, son­dern auf­grund der von ihm mit ge­son­der­ter Kla­ge an­ge­grif­fe­nen Ände­rungskündi­gung er­fol-

13

gen. Durch den am 1.1.2001 ein­ge­tre­te­nen Zeit­ab­lauf ist aber die Zulässig­keit der Be­ru­fung nicht nachträglich ent­fal­len, so daß die Be­klag­te (un­ter der Vor­aus­set­zung ei­ner ursprüng­lich zulässi­gen und be­gründe­ten Be­ru­fung) zur Ver­mei­dung von Kos­ten­nach­tei­len ge­ge­be­nen­falls ge­zwun­gen ge­we­sen wäre, das Rechts­mit­tel­ver­fah­ren in der Haupt­sa­che für er­le­digt zu erklären (grund­le­gend Heint­zmann, Die Er­le­di­gung des Rechts­mit­tels, ZZP 1974 S. 199 ff; Furt­ner, Die Er­le­di­gung der Haupt­sa­che im Rechts­mit­tel­ver­fah­ren, MDR 1961 S. 188 ff). An der Fort­set­zung des zur Über­prüfung der einst­wei­li­gen Verfügung ein­ge­lei­te­ten Be­ru­fungs­ver­fah­rens be­stand für die im ers­ten Rechts­zug un­ter­le­ge­ne Be­klag­te auch nach Ab­lauf des 31.12.2000 ein recht­li­ches In­ter­es­se. In die­sem Ver­fah­ren wird in Be­zug auf ei­nen et­wai­gen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 945 ZPO zu­min­dest das Vor­han­den­seins ei­nes Verfügungs­grun­des bin­dend fest­ge­stellt (vgl. OLG Düssel­dorf, Ur­teil vom 9.11.1973, WRP 1974 S. 95; a.A. St­ein-Jo­nas-Grun­sky, 21. Aufl. § 945 Rn 32). Fer­ner gehört zu den Auf­ga­ben des Pro­zes­ses über die Be­rech­ti­gung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung die Nach­prüfung, ob die­se von An­fang an ge­recht­fer­tigt war oder nicht. Des­wei­te­ren ist das Fort­be­ste­hen der einst­wei­li­gen Verfügung ei­ne Vor­aus­set­zung für ei­nen et­wai­gen Be­stra­fungs­an­trag nach § 890 ZPO (OLG Düssel­dorf a.a.O.).

II. Die Be­ru­fung ist nur zum Teil be­gründet. So­weit das mit der Be­ru­fung an­ge­foch­te­ne Ur­teil des Ar­beits­ge­richts die Un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung fest­stellt, ist es auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

1. Das Ar­beits­ge­richt hat schon des­halb zu Un­recht die Un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung des Verfügungsklägers als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten fest­ge­stellt, weil un­abhängig da­von, wie die Anträge des Klägers zu ver­ste­hen sind und wie weit die Be­fug­nis­se des Ar­beits­ge­richts nach § 938 Abs. 1 ZPO rei­chen, im Streit­fall für ei­ne sol­che Fest­stel­lung je­den­falls kein Rechts­schutz­bedürf­nis be­steht.

a) Die­se von der Be­klag­ten an­ge­grif­fe­ne Fe­stel­lung be­ruht auf dem zu 1) ge­stell­ten An­trag des Klägers, die Be­klag­te zu ver­pflich­ten, sei­ne Ver­set­zung als Markt­be­reichs­lei­ter G - Land, Markt­be­reichs­lei­ter Z und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter Z in die Rechts­ab­tei­lung als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten auf­zu­he­ben. Der An­trag ist bezüglich sei­ner Ziel­set­zung un­klar.

aa) Je­den­falls dem Wort­laut nach ist die­ser nicht dar­auf ge­rich­tet, daß die Auf­he­bung der Ver­set­zung un­mit­tel­bar durch das Ge­richt er­fol­gen soll. Wäre dies der Fall und da­mit die Reich­wei­te des­sen, was der Kläger be­zwe­cken woll­te, erschöpft, dann lie­fe sein mit die­sem An­trag ver­folg­tes Rechts­schutz­be­geh­ren tatsächlich auf nichts an­de­res als die ge­richt­li­che Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung hin­aus. Daß der Kläger von der Be­klag­ten die Auf­he­bung der Ver­set­zung er­streb­te, kann aber auch so zu ver­ste­hen sein, daß er ei­ne Leis­tung der Be­klag­ten er­streb­te, nämlich von die­ser wie­der in den vor­he­ri­gen Stand ge­setzt und als Markt­be­reichs­lei­ter und Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter wei­ter­beschäftigt wer­den woll­te. Dafür spricht die an­sons­ten überflüssi­ge Erwähnung der vor der Ver­set­zung vom Kläger aus­geübten Tätig­keit in dem An­trag.

bb) Bei sys­te­ma­ti­scher Be­trach­tung können we­der für das ei­ne noch für das an­de­re Verständ­nis des zu 1) ge­stell­ten An­trags hin­rei­chend deut­li­che An­halts­punk­te ge­fun­den wer­den. Un­ter der Prämis­se, daß der An­trag­stel­ler grundsätz­lich ei­nen nach den Maßstäben der Rechts­ord­nung zulässi­gen und zur Durch­set­zung sei­ner In­ter­es­sen ef­fek­ti­ven Ti­tel er­strebt, spricht die Exis­tenz des vom Kläger zu 2) ge­stell­ten An­trags, der Be­klag­ten auf­zu­ge­ben, es zu un­ter­las­sen, ihm Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen, für die nicht min­des­tens ei­ne Vergütung nach BAT II vor­ge­se­hen ist, dafür, in dem An-

14

trag zu 1) kei­nen Fest­stel­lungs­an­trag zu se­hen. Der zu 2) ge­stell­te An­trag würde die in dem zu 1) ge­stell­ten An­trag be­trof­fe­nen Rechts­be­zie­hun­gen be­reits erschöpfend re­geln, wenn die­ser auf bloße Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung als Sach­be­ar­bei­ter in die Rechts­ab­tei­lung hin­aus­lie­fe, denn die­se Tätig­keit ent­spricht nach übe­rein­stim­men­dem Vor­trag der Par­tei­en nicht BAT II. Für den zu 1) ge­stell­ten An­trag bestünde we­gen des­sen Sinn­lo­sig­keit in die­sem Fal­le gar kein Rechts­schutz­bedürf­nis. Un­ter der­sel­ben Prämis­se würden sich an­de­rer­seits dann die zu 1) und 2) ge­stell­ten Anträge ge­gen­sei­tig aus­sch­ließen, wenn der An­trag zu 1) auf Durch­set­zung der Beschäfti­gung des Klägers mit der vor der Ver­set­zung wahr­ge­nom­me­nen Tätig­keit ge­rich­tet ist. Denn auch die­se ent­spricht nach übe­rein­stim­men­dem Vor­trag der Par­tei­en den Vor­aus­set­zun­gen des BAT II. Der An­trag zu 1) würde, weil er auf die Durch­set­zung ei­ner kon­kre­ten, nach BAT II zu vergüten­den Tätig­keit ge­rich­tet ist, das mit dem zu 2) ge­stell­ten An­trag ver­folg­te Rechts­schutz­ziel um­fas­sen.

cc) Auch aus der pro­zes­sua­len Ent­wick­lung der An­trag­stel­lung des Klägers und der An­trags­be­gründung läßt sich nichts zur Klärung der Ziel­rich­tung des zu 1) ge­stell­ten An­trags her­lei­ten.

Der Kläger hat sei­ne Anträge zwar zwei­mal ab­geändert, den zu 1) ge­stell­ten An­trag aber durch­ge­hend in der Fas­sung der An­trags­schrift be­las­sen. Ob­wohl das Ar­beits­ge­richt mit Be­schluss vom 1.8.2000 Be­den­ken bezüglich der An­trag­stel­lung geäus­sert und dar­auf hin­ge­wie­sen hat, daß es nach sei­ner Auf­fas­sung dem Kläger er­sicht­lich zunächst um die Wei­ter­beschäfti­gung zu den ver­ein­bar­ten Be­din­gun­gen, ggf. um die Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung ge­he, hat der Kläger kei­ne dem­ent­spre­chen­de Klar­stel­lung sei­ner Anträge her­bei­geführt. Zwar hat er den in der An­trags­schrift un­ter 3) hilfs­wei­se ge­stell­ten An­trag fest­zu­stel­len, daß der An­trag­stel­ler nicht ver­pflich­tet ist, vor ei­ner rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che die Ar­beit als Pfändungsach­be­ar­bei­ter auf­zu­neh­men, nicht wei­ter auf­recht­er­hal­ten. Die­sem An­trag lag aber ein an­de­res Rechts­schutz­ziel als dem hier frag­li­chen Fest­stel­lungs­be­geh­ren zu­grun­de. Mit ei­nem der­ar­ti­gen Fest­stel­lungs­an­trag wird die ge­richt­li­che Ab­si­che­rung ei­nes sich auf die Ar­beits­leis­tung be­zie­hen­den Zurück­be­hal­tungs­rechts ver­folgt.

dd) Die An­trags­be­gründung enthält kei­ne An­halts­punk­te dafür, daß es dem Kläger ge­ra­de auf die Wei­terführung der vor dem Aus­spruch der Ver­set­zung kon­kret aus­geübten Beschäfti­gung an­ge­kom­men ist. Sein Vor­brin­gen in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung, sach­dien­li­cher als die streit­ge­genständ­li­che Ver­set­zung wäre es ge­we­sen, ihn von sei­nen ver­tre­tungs­wei­se über­nom­me­nen Zu­satz­auf­ga­ben zu be­frei­en, be­gründet eher Zwei­fel an der Be­rech­ti­gung, den An­trag zu 1) als auf Fort­set­zung der Beschäfti­gung zu den im Zeit­punkt der Ver­set­zung be­ste­hen­den Be­din­gun­gen aus­zu­le­gen.

ee) Un­be­streit­bar kam es dem Kläger ins­ge­samt nicht nur auf die Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit sei­ner Ver­set­zung an. Dies er­gibt schon sein zu 2) ge­stell­ter Un­ter­las­sungs­an­trag, der nur un­ter der Vor­aus­set­zung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung Er­folg ha­ben kann. Dar­aus kann al­ler­dings nicht ge­schlos­sen wer­den, daß ei­ne auf die bloße Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung ge­rich­te­te Rechts­schutz­ziel­set­zung un­ter al­len Umständen aus­ge­schlos­sen war. Ein sol­cher An­trag wird je­den­falls dann re­le­vant, wenn die wei­ter­ge­hen­den Leis­tungs­anträge aus Rechts­gründen nicht zu dem gewünsch­ten Ziel führen. Un­ter der An­nah­me des Vor­lie­gens der für ei­ne auf Erfüllung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen wäre es da­nach sach­dien­lich ge­we­sen, wenn der Kläger

15

vor­ran­gig die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten auf (Wei­ter-) Beschäfti­gung in der vor der Ver­set­zung aus­geübten Po­si­ti­on, hilfs­wei­se (für den Fall, daß we­der nach dem Ar­beits­ver­trag noch aus sons­ti­gen Gründen, z.B. Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­gründen ein sol­cher Beschäfti­gungs­an­spruch be­steht) zur Un­ter­las­sung ei­ner nicht den ar­beits­ver­trag­li­chen Vor­ga­ben ent­spre­chen­den Beschäfti­gung und le­dig­lich für den Fall, daß auch die­sem Hilfs­an­trag der Er­folg ver­sagt sein würde, die Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung be­an­tragt hätte.

b) Nach­dem die Un­klar­heit der An­trag­stel­lung des Klägers nicht durch den, die­ser Rang­fol­ge im we­sent­li­chen ent­spre­chen­den, zur Stel­lung sach­dien­li­cher Anträge er­for­der­li­chen rich­ter­li­chen Hin­weis nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom 1.8.2000 be­sei­tigt wer­den konn­te, war das Ar­beits­ge­richt auch nicht nach § 938 Abs. 1 ZPO be­rech­tigt, bezüglich des An­trags zu 1) auf Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung des Klägers zu er­ken­nen.

aa) Wenn es § 938 Abs. 1 ZPO dem Ge­richt er­laubt, die zur Er­rei­chung des Zwe­ckes ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung er­for­der­li­chen An­ord­nun­gen nach frei­em Er­mes­sen zu be­stim­men, er­gibt sich dar­aus, daß der An­trag im einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren nicht eben­so präzi­se ge­stellt wer­den muß, wie es § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO im nor­ma­len Er­kennt­nis­ver­fah­ren vor­sieht. Es genügt grundsätz­lich die An­ga­be des Rechts­schutz­ziels. Ist aber ein kon­kre­ter An­trag ge­stellt, so ist das Ge­richt nach § 308 Abs. 1 ZPO an die­sen An­trag auch im Ver­fah­ren des vorläufi­gen Rechts­schut­zes ge­bun­den. Es darf dem An­trag­stel­ler zwar ein We­ni­ger nicht aber ein Mehr oder et­was an­de­res zu­spre­chen (St­ein-Jo­nas-Grun­sky a.a.O., Vor § 935 Rn 10, 11 und Zöller-Voll­kom­mer a.a.O., § 938 ZPO Rn 2 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Um­ge­kehrt hilft § 938 Abs. 1 ZPO dann nicht, wenn ein be­stimm­tes Rechts­schutz­ziel nicht er­kenn­bar ist oder die Wahl zwi­schen meh­re­ren mögli­chen Zwe­cken be­steht, die der An­trag­stel­ler mit ei­nem im einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren ge­stell­ten An­trag ver­folgt. Die Aus­wahl des Rechts­schutz­ziels darf auch un­ter Gel­tung des im Ver­fah­ren der einst­wei­li­gen Verfügung die An­for­de­run­gen nach § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO er­leich­tern­den § 938 Abs.1 ZPO nicht dem Ge­richt über­las­sen wer­den. In ei­nem sol­chen Fall ist der An­trag auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung we­gen feh­len­der Be­stimmt­heit als un­zulässig ab­zu­wei­sen. So­weit nur ei­ner von meh­re­ren Anträgen den Man­gel der Un­be­stimmt­heit auf­weist, ist der An­trag auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung so­weit es die­sen An­trag be­trifft, we­gen feh­len­der Be­stimmt­heit als un­zulässig ab­zu­wei­sen. Nach den vor­ste­hend hier­zu ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen lag ein sol­cher Fall bei dem zu 1) ge­stell­ten An­trag des Klägers vor.

bb) Selbst wenn bezüglich des An­trags zu 1) Raum für die An­wen­dung des § 938 Abs. 1 ZPO be­stan­den hätte, durf­te das Ar­beits­ge­richt als Maßnah­me im Sin­ne die­ser Vor­schrift nicht die Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit der Ver­set­zung an­ord­nen.

Wie bei der Aus­le­gung von ver­fah­rens­ein­lei­ten­den Anträgen, so ist auch bei der Er­mes­sens­ausübung nach § 938 Abs. 1 ZPO zu be­ach­ten, daß der An­trag­stel­ler grundsätz­lich ei­nen nach den Maßstäben der Rechts­ord­nung zulässi­gen und zur Durch­set­zung sei­ner In­ter­es­sen ef­fek­ti­ven Ti­tel er­strebt. Im Streit­fall mußte des­halb, un­abhängig von dem Präzi­si­ons­grad des kläger­seits ge­stell­ten An­trags, vom Ar­beits­ge­richt ne­ben den obi­gen Über­le­gun­gen zur kläge­ri­schen In­ten­ti­on berück­sich­tigt wer­den, daß die Fest­stel­lung des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­nes Rechts­verhält­nis­ses grundsätz­lich nicht voll­streck­bar ist und weil es der Sa­che nach ein be­schleu­nig­tes Haupt­sa­che­ver­fah­ren wäre, Ge­gen­stand ei­nes einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­rens al­len­falls dann sein kann, wenn es völlig un­zu­mut­bar ist, den An-

16

trag­stel­ler auf die Durchführung des Haupt­sa­che­ver­fah­rens zu ver­wei­sen (Ham­bur­gi­sches OVG, Be­schluss vom 15.7.1993 – Bs PH 1/93; St­ein-Jo­nas-Grun­sky a.a.O. Vor § 935 ZPO Rn 60 mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Ei­ne sol­che Eil­bedürf­tig­keit ist zwar an­zu­neh­men, wenn zu befürch­ten ist, daß ein Ar­beit­neh­mer oh­ne ei­ne der­ar­ti­ge Fest­stel­lungs­verfügung durch Mob­bing am Ar­beits­platz un­mit­tel­bar in sei­nem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht oder sei­ner Ge­sund­heit ver­letzt wird oder die in die­sem Zu­sam­men­hang ste­hen­de Fort­set­zung von Rechts­ver­let­zun­gen die­ser Art nicht mehr hin­nehm­bar ist. Ei­ne auf Fest­stel­lung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung ist aber nur dann zulässig, wenn sie als Mit­tel des Rechts­schut­zes nicht sub­si­diär ist. In­so­weit gilt auch im Be­reich der einst­wei­li­gen Verfügung nichts an­de­res als im or­dent­li­chen Ver­fah­ren (Ro­sen­berg-Gaul-Schil­ken, Zwangs­voll­stre­ckungs­recht, 10. Aufl. S. 785). Ei­ne auf Fest­stel­lung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung ist da­nach in der Re­gel dann aus­ge­schlos­sen, wenn ei­ne auf Leis­tung (z.B. Vor­nah­me ei­ner Hand­lung, Un­ter­las­sung) ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung in Be­tracht kommt. Dies war hier der Fall. Wie sich aus dem Fol­gen­den er­gibt, konn­te der Kläger die Be­klag­te auf Un­ter­las­sung in An­spruch neh­men.

III. So­weit sich die Be­ru­fung ge­gen die im Ur­teil an­ge­ord­ne­te Un­ter­las­sung rich­tet, dem Kläger Auf­ga­ben außer­halb der Vergütungs­grup­pe II BAT zu­zu­wei­sen, hat sie kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht ei­ne ent­spre­chen­de einst­wei­li­ge Verfügung er­las­sen.

1. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist die einst­wei­li­ge Verfügung nicht be­reits aus for­ma­len Gründen we­gen man­geln­der Voll­zie­hung auf­zu­he­ben.

a) Nach § 936 ZPO sind auf die An­ord­nung einst­wei­li­ger Verfügun­gen und das wei­te­re Ver­fah­ren die Vor­schrif­ten über die An­ord­nung von Ar­res­ten und über das Ar­rest­ver­fah­ren ent­spre­chend an­zu­wen­den, so­weit die auf § 936 ZPO fol­gen­den Vor­schrif­ten nichts Ab­wei­chen­des re­geln. Auf­grund des in­so­weit an­wend­ba­ren § 929 Abs. 2 ZPO ist die Voll­zie­hung der einst­wei­li­gen Verfügung un­statt­haft, wenn seit dem Ta­ge, an dem sie verkündet oder der Par­tei, auf de­ren Ge­such sie er­ging, zu­ge­stellt ist, ein Mo­nat ver­stri­chen ist. Des­wei­te­ren kann nach der in­so­weit eben­falls an­wend­ba­ren Vor­schrift des § 927 Abs. 1 ZPO auch nach Bestäti­gung der einst­wei­li­gen Verfügung we­gen veränder­ter Umstände de­ren Auf­he­bung be­an­tragt wer­den. Da­bei ist es all­ge­mein an­er­kannt, daß die Be­ru­fung ge­gen ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung auf veränder­te Umstände gestützt wer­den kann und daß zu den veränder­ten Umständen im Sin­ne die­ser Vor­schrift auch die Versäum­ung der Voll­zie­hungs­frist des § 929 Abs. 2 ZPO zählt (LAG Frank­furt, Ur­teil vom 10.12.1996 – 9 SaGa1383/96 -, so­wie Be­schluss vom 20.2.1990, NZA 1991 S. 30; OLG Köln, Ur­teil vom 19.3.1982, WRP 1982 S. 659; St­ein-Jo­nas-Grun­sky 21. Aufl. Bd.7/1; § 927 Rn 1 und Rn 37; Baur in Dunkl/Mo­el­ler/Baur/Feld­mei­er/We­te­kamp, Hand­buch des vorläufi­gen Rechts­schut­zes, 2. Aufl., H Rn 405 mit wei­te­ren Nach­wei­sen).

b) Im Streit­fall liegt je­doch kein Fall der Versäum­ung der Voll­zie­hungs­frist vor.

aa) Die Vor­schrift des § 929 Abs. 2 ZPO läßt of­fen, was un­ter Voll­zie­hung zu ver­ste­hen ist. In­fol­ge­des­sen wer­den in Recht­spre­chung und Schrift­tum un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen darüber ver­tre­ten, wel­che Hand­lun­gen der In­ha­ber ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung vor­neh­men muß, um der Rechts­fol­ge des § 929 Abs. 2 ZPO zu ent­ge­hen.

(1) Nach ganz über­wie­gend ver­tre­te­ner An­sicht soll für die Voll­zie­hung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung grundsätz­lich de­ren Zu­stel­lung im Par­tei­be­trieb er­for­der­lich sein

17

und zwar auch dann, wenn die­se, wie im Fall ei­ner durch Ur­teil oder im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren er­las­se­nen einst­wei­li­gen Verfügung, ih­rem Adres­sa­ten be­reits (nach §§ 317 Ab­satz 1 Satz 1, 270 Abs. 1 ZPO, 208 ff bzw. §§ 85 Abs. 2 ArbGG, 208 ff ZPO) von Amts we­gen durch das Ge­richt zu­ge­stellt wur­de. Die Amts­zu­stel­lung schei­de als Voll­zie­hungs­mit­tel aus. Zum ei­nen sei die­se Wirk­sam­keits­er­for­der­nis der nicht verkünde­ten einst­wei­li­gen Verfügung und könne des­halb nicht zu­gleich de­ren Voll­zie­hung die­nen. Zum an­de­ren feh­le der Amts­zu­stel­lung, weil sie vom Ge­richt ver­an­lasst wer­de, das spe­zi­fi­sche voll­stre­ckungs­recht­li­che Ele­ment, daß der Gläubi­ger tätig wer­de und sei­nen Wil­len kund­ge­be, von dem Ti­tel Ge­brauch zu ma­chen. Der Ge­setz­ge­ber ha­be die Voll­zie­hung dem Be­trei­ben des Gläubi­gers über­las­sen wol­len. Al­ler­dings sei die Par­tei­zu­stel­lung nicht der ein­zi­ge Weg ei­ner wirk­sa­men Voll­zie­hung. Dem Sinn und Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO, ei­ne Voll­zie­hung der einst­wei­li­gen Verfügung nach länge­rer Zeit und un­ter veränder­ten Umständen zu ver­hin­dern, sei auch dann genügt, wenn der In­ha­ber der einst­wei­li­gen Verfügung in­ner­halb der Voll­zie­hungs­frist die Fest­set­zung von Ord­nungs­mit­teln ge­gen den Verfügungs­adres­sa­ten be­an­tragt und da­mit von der einst­wei­li­gen Verfügung Ge­brauch ma­che. Auch bei ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung sei ei­ne die­sen An­for­de­run­gen ent­spre­chen­de Voll­zie­hung er­for­der­lich (BGH, Ur­teil vom 22.10.1992, NJW 1993 S. 1076 ff; BGH, Ur­teil vom 13.4.1989, NJW 1990 S. 122 ff; Thürin­ger OLG, Ur­teil vom 22.9.1999 – 2 U 821/99; Ur­teil vom 24.6.1999 – 1 U 160/99 -; LAG Hes­sen, Be­schluss vom 20.2.1990, NZA 1991 S. 30; LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 27.8.1998, BB 2000 S. 987; LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 18.10.1991 – 6 Sa 44/91 – ; LAG Ber­lin, Be­schluss vom 18.8.1987, NZA 1987 S. 825; MK-Hein­ze, 1. Aufl. § 939 ZPO Rn 37 ff; St­ein-Jo­nas-Grun­sky, 21. Aufl. Bd. 7/1, § 938 ZPO Rn 30; Baur a.a.O, H Rn 395 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen aus Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung). Nach in­so­weit ab­wei­chen­den Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 2.11.1995 (NJW 1996 S. 198 ff) soll die Zu­stel­lung ei­ner Un­ter­las­sungs­verfügung im Par­tei­be­trieb nur dann als Voll­zie­hung genügen, wenn die Verfügung be­reits die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln enthält, an­de­ren falls wer­de sie erst mit der Zu­stel­lung der nachträglich er­wirk­ten Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung voll­zo­gen.

(2) Nach an­de­rer Auf­fas­sung soll § 929 Abs. 2 ZPO grundsätz­lich nicht auf den Fall ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung an­wend­bar sein. Ei­ne sol­che einst­wei­li­ge Verfügung sei der Voll­zie­hung nicht zugäng­lich. Da § 936 ZPO le­dig­lich ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung der Ar­rest­vor­schrif­ten for­de­re, könne den Ei­gen­ar­ten der je­wei­li­gen An­ord­nung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung Rech­nung ge­tra­gen wer­den. Die durch Ur­teil aus­ge­spro­che­ne Un­ter­las­sungs­verfügung er­lan­ge mit der Ur­teils­verkündung, die durch Be­schluss ge­trof­fe­ne Un­ter­las­sungs­verfügung mit der vom Gläubi­ger nach §§ 922 Abs. 2, 166 ff ZPO zu ver­an­las­sen­den Zu­stel­lung Wirk­sam­keit und ver­lan­ge so­for­ti­ge Be­ach­tung. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Zwangs­voll­stre­ckung schei­de auf­grund der Ei­gen­art der auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung aus. Der ti­tu­lier­te Un­ter­las­sungs­an­spruch selbst könne nur erfüllt oder ver­letzt, aber nicht voll­streckt wer­den. Der Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO, die als­bal­di­ge Durch­set­zung der im Eil­ver­fah­ren er­wirk­ten einst­wei­li­gen An­ord­nung si­cher­zu­stel­len, lau­fe da­her ins Lee­re (OLG Ol­den­burg, Ur­teil vom 12.3.1992, OLGZ 1992 S. 467 ff; OLG Cel­le in ständi­ger Rspr., zu­letzt Ur­teil vom 29.5.1990, NJW-RR 1990 S. 1088; LAG Hamm, Be­schluss vom 7.8.1987, NZA 1987 S. 825, 826; OLG Ham­burg, Ur­teil vom 1.3.1973, BB 1973 S. 1189; We­ber, Die Voll­zie­hung einst­wei­li­ger Verfügun­gen auf Un­ter­las­sung, DB 1981 S. 877 ff im Er­geb­nis eben­so LAG Hamm, Ur­teil vom 12.12.1986, MDR 1987 S. 961 für den Fall rechts­ge­stal­ten­der einst­wei­li­ger Verfügun­gen).

18

(3) Sch­ließlich soll nach ei­ner wei­te­ren An­sicht § 929 Abs. 2 ZPO auch dann kei­ne An­wen­dung fin­den, wenn sich der Schuld­ner ei­ner durch Ur­teil er­las­se­nen, ei­ne be­stimm­te Hand­lung ge­bie­ten­den einst­wei­li­gen Verfügung nach Verkündung des Ur­teils frei­wil­lig oder auch ge­zwun­ge­ner­maßen fügt. (LAG Hamm, Ur­teil vom 6.7.1982 – 11 Sa 402/82 -). Das glei­che soll auch dann gel­ten, wenn – wie es bei ei­nem An­spruch auf Beschäfti­gung der Fall ist – die Ver­wirk­li­chung der einst­wei­li­gen Verfügung ein ge­mein­sa­mes Han­deln von Gläubi­ger und Schuld­ner vor­aus­setzt und der Gläubi­ger sei­ne Mit­wir­kungs­hand­lung er­bracht hat. An­ge­sichts der Erfüllung der einst­wei­li­gen Verfügung er­wei­se sich die Ein­lei­tung von Voll­stre­ckungs­maßnah­men als überflüssig. Dem­zu­fol­ge sei es ei­ne überflüssi­ge Förme­lei, dem Gläubi­ger dann trotz­dem ei­ne Par­tei­zu­stel­lung der einst­wei­li­gen Verfügung ab­zu­for­dern. Je­den­falls sei die Be­ru­fung auf die Nicht­ein­hal­tung der Voll­zie­hungs­frist rechts­mißbräuch­lich (LAG Ber­lin, Ur­teil vom 10.6.1985, LA­GE § 929 ZPO Nr. 2).

(4) Wenn die auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung be­reits mit der An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln nach § 890 ZPO für den Fall ih­rer Nicht­be­fol­gung ver­bun­den war, sol­len nach An­sicht des LAG Ham­burg we­gen der so­fort ein­ge­tre­te­nen Ver­bind­lich­keit des Ver­bots und des durch die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln ent­stan­de­nen Voll­stre­ckungs­drucks wei­te­re Maßnah­men des Gläubi­gers nicht er­for­der­lich sein, um auf die Be­ach­tung der einst­wei­li­gen Verfügung durch den Schuld­ner hin­zu­wir­ken, ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung des § 929 Abs. 2 ZPO und da­mit Voll­zie­hungs­hand­lun­gen des Gläubi­gers in der Mo­nats­frist, ins­be­son­de­re die Zu­stel­lung der einst­wei­li­gen Verfügung im Par­tei­be­trieb dann aus­ge­schlos­sen sein (Be­schluss vom 28.3.1995, LA­GE § 929 ZPO Nr.3). Das LAG Ber­lin be­jaht zwar grundsätz­lich ein Bedürf­nis für die Voll­zie­hung durch Par­tei­zu­stel­lung, will in die­sem Fall aber die frist­gemäße Voll­zie­hung be­reits dar­aus her­lei­ten, daß der Verfügungskläger kei­nen vorläufi­gen Voll­zie­hungs­ver­zicht erklärt ha­be (Be­schluss vom 12.11.1997 – 3 Ta 15/97 -). Auch nach Voll­kom­mer soll trotz der sei­ner Auf­fas­sung nach im Re­gel­fall zur frist­wah­ren­den Voll­zie­hung der einst­wei­li­gen Verfügung er­for­der­li­chen Par­tei­zu­stel­lung die amts­we­gi­ge Zu­stel­lung ei­ner Un­ter­las­sungs­verfügung mit Straf­an­dro­hung nach § 890 Abs. 2 ZPO aus­rei­chend sein, wenn nach den Umständen an der Ernst­lich­keit des Klägers kein Zwei­fel be­ste­he und ei­ne zusätz­li­che Par­tei­zu­stel­lung auf ei­ne bloße For­ma­lität hin­aus­lie­fe (Zöller-Voll­kom­mer, 22. Aufl. § 929 ZPO Rn 12). Dem­ge­genüber steht das OLG Stutt­gart auf dem Stand­punkt, daß ein die Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung be­reits ent­hal­ten­des Verfügungs­ur­teil be­reits durch die vom Ge­richt be­wirk­te Amts­zu­stel­lung im Sin­ne des § 929 Abs.2 ZPO voll­zo­gen wer­de (Ur­teil vom 28.4.1997, NJW-RR 1998 S. 623; Ur­teil vom 20.8.1993, OLGZ 1994 S. 365, in dem al­ler­dings be­reits auf den Er­laß des Ur­teils ab­ge­stellt wird).

bb) We­der kann der Auf­fas­sung, die Voll­zie­hung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung nach § 929 Abs. 2 ZPO er­for­de­re (zu­min­dest zum Zwe­cke der Klar­stel­lung des Be­ginns der Haf­tung nach § 945 ZPO) grundsätz­lich die Par­tei­zu­stel­lung (so­ge­nann­te Voll­zie­hungs­zu­stel­lung), noch kann der Auf­fas­sung zu­stimmt wer­den, im Fall ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung sei die An­wen­dung des § 929 Abs. 2 ZPO aus­ge­schlos­sen. Die zur Recht­fer­ti­gung die­ser Auf­fas­sun­gen ge­ge­be­nen Be­gründun­gen ste­hen nicht im Ein­klang mit der Sys­te­ma­tik des Ge­set­zes, teil­wei­se be­ru­hen sie auf in­kon­se­quen­ter Ge­dan­kenführung.

(1) Dreh- und An­gel­punkt der Über­le­gun­gen ist die Fra­ge, was das Ge­setz mit dem Be­griff „Voll­zie­hung“ in § 929 Abs. 2 ZPO meint. Nach der amt­li­chen Be­gründung zum Ent­wurf ei­ner CPO soll­te de­ren § 754 Abs. 2 (heu­te § 929 Abs. 2 ZPO) der Be­schränkung der Voll­streck­bar­keit auf ei­ne kur­ze Frist die­nen (Hahn-Ste­ge­mann, Die ge­sam­ten Ma­te­ria­li­en zur CPO, 2. Aufl. 1881, 1. Abt. S. 476). Der Bun­des­ge­richts-

19

hof hat in sei­nem Ur­teil vom 22.10.1992 (a.a.O. S. 1077) zunächst ar­gu­men­tiert, da in § 928 ZPO be­stimmt sei, daß auf die Voll­zie­hung des Ar­res­tes die Vor­schrif­ten über die Zwangs­voll­stre­ckung ent­spre­chend an­zu­wen­den sei­en und dies gemäß § 936 ZPO für die einst­wei­li­ge Verfügung ent­spre­chend gel­te, lie­ge es na­he, daß das Ge­setz un­ter „Voll­zie­hung“ die Zwangs­voll­stre­ckung des Ar­res­tes und der einst­wei­li­gen Verfügung ver­ste­he. In sei­nem Ur­teil vom 2.11.1995 (a.a.O. S. 198) hat der Bun­des­ge­richts­hof sich dann dar­auf fest­ge­legt, daß das Ge­setz un­ter Voll­zie­hung die Zwangs­voll­stre­ckung aus dem Ar­rest und der einst­wei­li­gen Verfügung ver­ste­he. Dem ist zu­zu­stim­men. Im Sprach­ge­brauch der ZPO ist „Voll­zie­hung“ die ge­set­zes­tech­ni­sche Be­zeich­nung für die Zwangs­voll­stre­ckung im Ar­rest- und einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren (Zöller-Voll­kom­mer, 22. Aufl., § 928 ZPO Rn 2 mit wei­te­ren Nach­wei­sen; We­ber, DB 1981 S. 877). Die Voll­zie­hung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung setzt da­nach vor­aus, daß de­ren In­ha­ber aus ihr die Zwangs­voll­stre­ckung ein­lei­tet. Da­bei rich­ten sich die je­weils vor­zu­neh­men­den Voll­stre­ckungs­ak­te nach dem In­halt der einst­wei­li­gen Verfügung (Zöller-Voll­kom­mer a.a.O Rn 8). In sei­nem Ur­teil vom 13.4.1989 (a.a.O. S. 124) hat der BGH aus­geführt, die Voll­zie­hung ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung be­stim­me sich da­her grundsätz­lich nach § 890 ZPO. Un­ter der Prämis­se, daß auch Un­ter­las­sungs­ge­bo­te der Voll­zie­hung und da­mit der Zwangs­voll­stre­ckung fähig sind, hat der Bun­des­ge­richts­hof in sei­nem Ur­teil vom 13.4.1989 (a.a.O.) des­wei­te­ren an­ge­nom­men, der nach § 929 Abs. 2 ZPO er­for­der­li­chen Voll­zie­hung sei genügt, wenn in­ner­halb der ein­mo­na­ti­gen Voll­zie­hungs­frist die Fest­set­zung von Ord­nungs­mit­teln (nach § 890 ZPO) ge­gen den Verfügungskläger be­an­tragt wer­de. Auch dem ist grundsätz­lich bei­zu­pflich­ten. Al­ler­dings ist dies prak­tisch nicht re­le­vant, wie sich aus den nach­fol­gen­den Ent­schei­dungs­gründen er­gibt.

Der darüber­hin­aus in der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs (Ur­teil vom 22.10.1992 a.a.O., S. 1077, Ur­teil vom 13.4.1989, a.a.O. S. 124) zum Aus­druck ge­kom­me­nen Auf­fas­sung, zur Voll­zie­hung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung genüge auch de­ren Par­tei­zu­stel­lung, oh­ne daß wei­te­re Voll­stre­ckungs­maßnah­men hin­zu­tre­ten müssen, kann al­ler­dings nicht ge­folgt wer­den. In die­sem, in wei­ten Tei­len der Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur wie ein Dog­ma ver­foch­te­nen Stand­punkt liegt ein sys­te­ma­ti­scher Wi­der­spruch zu der An­nah­me, un­ter Voll­zie­hung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung im Sin­ne des § 929 Abs. 2 ZPO sei de­ren Zwangs­voll­stre­ckung zu ver­ste­hen. Un­ter die­ser Vor­aus­set­zung ist die die­ses Dog­ma auf­recht­er­hal­ten­de Recht­spre­chung nicht halt­bar. Nicht nur die Amts­zu­stel­lung ist kei­ne Maßnah­me der Voll­zie­hung, d.h. der Voll­stre­ckung im Ver­fah­ren des Ar­res­tes und der einst­wei­li­gen Verfügung, auch die Par­tei­zu­stel­lung ist dies nicht. Für den Ar­rest be­steht hierüber auch Ei­nig­keit (St­ein-Jo­nas-Grun­sky, 21. Aufl., § 929 ZPO Rn 10 mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die Zu­stel­lung ist, von der Aus­nah­me des § 929 Abs. 3 ZPO ab­ge­se­hen, nach § 750 Abs. 1 ZPO le­dig­lich Vor­aus­set­zung dafür, daß mit der Zwangs­voll­stre­ckung be­gon­nen wer­den darf. Da­bei spielt es kei­ne Rol­le, ob die­se Vor­aus­set­zung der Zwangs­voll­stre­ckung wie im Fall der durch verkünde­tes Ur­teil nach §§ 317 Ab­satz 1 Satz 1, 270 Abs. 1 ZPO oder im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren er­las­se­nen einst­wei­li­gen Verfügun­gen auf­grund § 85 Abs. 2 ArbGG durch Amts­zu­stel­lung oder im Fall der oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung durch Be­schluss er­las­se­nen einst­wei­li­gen Verfügung gemäß § 922 Abs. 2 ZPO durch Par­tei­zu­stel­lung er­folgt. Ei­ne Vor­aus­set­zung der Zwangs­voll­stre­ckung kann nicht zu­gleich selbst schon Mit­tel der Zwangs­voll­stre­ckung sein, wie We­ber (a.a.O. S. 877) zu­tref­fend fest­stellt. Ob das den zu­letzt ge­nann­ten Ur­tei­len des Bun­des­ge­richts­hofs nach­fol­gen­de Ur­teil vom 2.11.1995 (a.a.O.) den Kern der Pro­ble­ma­tik in der er­for­der­li­chem Klar­heit be­sei­tigt hat, muß an­ge­sichts der nach­fol­gend wört­lich wie­der­ge­ge­be­nen, drei un­ter­schied­li­che Aus­sa­gen ent­hal­ten­den Pas­sa­ge (a.a.O. S. 199) be­zwei­felt wer­den:

20

„Die zur Wirk­sam­keit der Be­schluss­verfügung er­for­der­li­che Par­tei­zu­stel­lung ( § 922 Abs. 2 ZPO) stellt nach ei­ner in Recht­spre­chung und Schrift­tum ver­brei­te­ten, auch vom Bun­des­ge­richts­hof ge­bil­lig­ten Auf­fas­sung zu­gleich ei­ne Voll­zie­hungs­hand­lung im Sin­ne des § 929 Abs. 2 ZPO dar. Im Re­gel­fall lei­tet der Gläubi­ger mit der Par­tei­zu­stel­lung die Voll­stre­ckung aus der Un­ter­las­sungs­verfügung ein. Enthält der zu­ge­stell­te Ti­tel al­lein das Un­ter­las­sungs­ge­bot, oh­ne An­dro­hung der in § 890 Abs. 1 ZPO vor­ge­se­he­nen Ord­nungs­mit­tel, ist das je­doch nicht der Fall“.

Verkürzt ge­sagt heißt dies: 1. Die Par­tei­zu­stel­lung ist (zu­gleich) ei­ne Voll­zie­hungs­hand­lung. 2. Die Par­tei­zu­stel­lung ist im Re­gel­fall ei­ne Voll­zie­hungs­hand­lung (Ein­lei­tung der Voll­stre­ckung). 3. Die Par­tei­zu­stel­lung ist nur dann ei­ne Voll­zie­hungs­hand­lung, wenn sie mit der An­dro­hung ei­nes Ord­nungs­mit­tels ver­bun­den ist. Die Ent­schei­dung des BGH vom 2.11.1995 (a.a.O.) enthält da­nach au­gen­schein­lich ei­ne durch Her­ab­stu­fung der im Hin­blick auf § 929 Abs. 2 ZPO der Par­tei­zu­stel­lung bis­lang bei­ge­mes­se­nen Be­deu­tung ei­ne ver­schlei­er­te Kor­rek­tur der Ur­tei­le vom 22.10.1992 und 13.4.1989 (je­weils a.a.O.). Sie be­deu­tet im Er­geb­nis nicht an­de­res, als daß auch nun­mehr nach Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­hofs die Par­tei­zu­stel­lung al­lein nicht zur Voll­zie­hung ei­ner Un­ter­las­sungs­verfügung genügt, son­dern die dem Schuld­ner zu­ge­stell­te Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung das für die Voll­zie­hung nach § 929 Abs. 2 ZPO maßgeb­li­che Kri­te­ri­um ist. Da­mit kommt auch dem vom Bun­des­ge­richts­hof in sei­nem Ur­teil vom 13.4.1989 für das Vor­lie­gen ei­ner Voll­zie­hung im Sin­ne des § 929 Abs. 2 ZPO an­ge­ge­be­nen Bei­spiel ei­nes An­trags auf Fest­set­zung von Ord­nungs­mit­teln in die­sem Zu­sam­men­hang kei­ne Be­deu­tung mehr zu, weil die­ser un­zwei­fel­haf­ten Voll­zie­hungs­maßnah­me im­mer be­reits ei­ne Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung vor­an­ge­gan­gen sein muß.

Auch un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stan­des, daß die Vor­schrif­ten der Zwangs­voll­stre­ckung nach § 928 ZPO auf die Voll­zie­hung nur ent­spre­chend an­wend­bar sind, wäre die Par­tei­zu­stel­lung kei­ne Voll­zie­hungs­maßnah­me. Die Zwangs­voll­stre­ckung ist die staat­li­che Tätig­keit zur Durch­set­zung ei­nes voll­streck­ba­ren Ti­tels, sei es durch Mit­tel, die den Wil­len des Schuld­ners beu­gen sol­len, sei es durch un­mit­tel­ba­ren, von dem Wil­len des Schuld­ners ab­se­hen­den Zwang. Wenn von ent­spre­chen­der An­wen­dung die­ser Vor­schrif­ten im Ver­fah­ren der einst­wei­li­gen Verfügung die Re­de ist, können des­halb zur frist­ge­rech­ten Voll­zie­hung nach § 929 Abs. 2 ZPO nur sol­che Hand­lun­gen des Gläubi­gers in Be­tracht kom­men, die da­zu be­stimmt sind, ei­ne die Ausführung der einst­wei­li­gen Verfügung be­zwe­cken­de staat­li­che Maßre­gel aus­zulösen. Der Par­tei­zu­stel­lung fehlt da­nach - ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten - eben­so wie der Amts­zu­stel­lung das „spe­zi­fisch voll­stre­ckungs­recht­li­che Ele­ment“. Hierfür reicht die mit­tels der Par­tei­zu­stel­lung an den Adres­sa­ten ge­rich­te­te Kund­ga­be, von dem Ti­tel Ge­brauch zu ma­chen, nicht aus. Da­mit wird we­der die Be­fol­gung des Ti­tels si­cher­ge­stellt, noch die die­sem Zwe­cke die­nen­de staat­li­che Zwangs­maßre­ge­lung ein­ge­lei­tet. Das Ge­setz ver­langt in § 929 Abs. 2 ZPO aber un­mißverständ­lich frist­gemäße Voll­zie­hung (Voll­stre­ckung).

Dafür, daß die Par­tei­zu­stel­lung eben­so wie die Amts­zu­stel­lung nur Wirk­sam­keits­zu­stel­lung und nicht zu­gleich Voll­zie­hungs­maßnah­me (sog. Voll­zie­hungs­zu­stel­lung) sein kann, spricht auch die ei­ne Aus­nah­me des § 750 Abs. 1 ZPO ent­hal­ten­de Vor­schrift des § 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO, die aus­drück­lich zwi­schen Voll­zie­hung und Zu­stel­lung un­ter­schei­det. Nach die­ser Vor­schrift ist die Voll­zie­hung vor der Zu­stel­lung des Ar­res­tes (der einst­wei­li­gen Verfügung) an den Schuld­ner zulässig. Hätte der Ge­setz­ge­ber die Par­tei­zu­stel­lung als zulässi­ges Voll­zie­hungs­mit­tel an­ge­se­hen, wür-

21

de die­ser Satz über­haupt kei­nen Sinn er­ge­ben. Kon­kre­ti­siert auf das Voll­zie­hungs­mit­tel der Par­tei­zu­stel­lung müßte er dann nämlich lau­ten: „Da­nach ist die Par­tei­zu­stel­lung vor der (Par­tei)Zu­stel­lung des Ar­res­tes (der einst­wei­li­gen Verfügung) an den Schuld­ner zulässig“ (eben­so We­ber a.a.o.; OLG Ham­burg, Ur­teil vom 1.3.1973 S. 1189). Dar­aus folgt, daß die Par­tei­zu­stel­lung selbst dann kei­ne vom Ge­setz als zulässig er­ach­te­te Maßnah­me der Voll­zie­hung sein kann, wenn der Be­griff „Voll­zie­hung“ ent­ge­gen der von der Kam­mer ge­teil­ten, in Übe­rein­stim­mung mit den Ge­set­zes­mo­ti­ven be­find­li­chen Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­hofs (Ur­teil vom 22.10.1992, a.a.O.) ei­ne völlig an­de­re Be­deu­tung als die ge­set­zes­tech­ni­sche Be­zeich­nung für die Zwangs­voll­stre­ckung im Ar­rest- und einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren hätte. Die vor­ste­hen­de Über­le­gung wäre nur da­durch zu um­ge­hen, daß die An­wend­bar­keit des § 929 Abs. 3 ZPO im Ver­fah­ren der einst­wei­li­gen Verfügung für den Fall aus­ge­schlos­sen wird, daß die Voll­zie­hung durch Par­tei­zu­stel­lung er­folgt (St­ein-Jo­nas-Grun­sky a.a.o. § 938 ZPO Rn 31). Es gibt je­doch kei­ner­lei An­halts­punk­te dafür, daß der Ge­setz­ge­ber die An­wend­bar­keit des § 929 Abs. 3 ZPO im einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren von der Art der gewähl­ten Voll­zie­hungs­maßnah­me abhängig ma­chen woll­te. Ei­ne an­de­re Fra­ge ist es, ob ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung des § 929 Abs. 3 ZPO bei den oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung durch Be­schluss er­ge­hen­den einst­wei­li­gen Verfügun­gen in den Fällen aus­schei­det, in de­nen (wie bei ei­ner Un­ter­las­sungs­verfügung) ih­re Be­fol­gung vor­aus­setzt, daß der Schuld­ner die Möglich­keit ha­ben muß, von ihr Kennt­nis zu neh­men. In­so­weit ist die In­ter­es­sen­la­ge an­ders als bei dem vom Ge­setz un­mit­tel­bar ge­re­gel­ten Fall des Ar­rests. Die­se Fra­ge braucht im Streit­fall nicht ent­schie­den zu wer­den, weil hier die einst­wei­li­ge Verfügung auf­grund münd­li­cher Ver­hand­lung durch Ur­teil er­las­sen wur­de und es der Be­klag­ten des­halb durch An­we­sen­heit im Verkündungs­ter­min möglich war, von ih­rem Er­lass Kennt­nis zu neh­men.

(2) Da­mit ist aber noch nichts darüber ge­sagt, ob § 929 Abs. 2 ZPO auch auf sol­che einst­wei­li­gen Verfügun­gen an­zu­wen­den ist, die ei­ner Voll­zie­hung nicht zugäng­lich sind. Da über §§ 936, 928 ZPO le­dig­lich ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung der Vor­schrif­ten über die Zwangs­voll­stre­ckung er­folgt, hat die An­wen­dung des § 929 Abs. 2 ZPO den Ei­gen­ar­ten der je­wei­li­gen einst­wei­li­gen Verfügung Rech­nung zu tra­gen. Ei­ne An­wen­dung der Vor­schrift ist des­halb nur dann aus­ge­schlos­sen, wenn selbst ei­ne an die Na­tur der je­wei­li­gen einst­wei­li­gen Verfügung an­ge­pass­te Voll­zie­hung aus­schei­det. Dies kann bei ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung aber nicht an­ge­nom­men wer­den. Der Auf­fas­sung, ei­ne auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung bedürfe kei­ner Voll­zie­hung, kann nicht ge­folgt wer­den.

Zwar las­sen sich Un­ter­las­sungs­ge­bo­te nicht durch un­mit­tel­ba­ren Zwang durch­set­zen. Sie können nur durch Wohl­ver­hal­ten erfüllt oder durch Nicht­be­ach­tung ver­letzt wer­den (so schon RG, Ur­teil vom 15.10.1897, RGZ 40 S. 384). Mit dem Bun­des­ge­richts­hof ist aber dar­auf zu ver­wei­sen, daß der Be­fol­gung von Un­ter­las­sungs­ge­bo­ten nach § 890 Abs. 1 ZPO durch mit­tel­ba­ren Zwang nach­ge­hol­fen wird, durch Verhängung von Ord­nungs­mit­teln die Ahn­dung ei­ner Zu­wi­der­hand­lung er­folgt und da­durch zu­gleich ver­sucht wird, künf­ti­ges Wohl­ver­hal­ten zu er­zwin­gen. In­dem der Gläubi­ger mit­tel­ba­ren Zwang an­wen­det, macht er von dem Un­ter­las­sungs­ti­tel Ge­brauch und bringt dar­in zum Aus­druck, daß er ei­ne Nicht­be­ach­tung nicht hin­neh­men wird (BGH, Ur­teil vom 2.11.1995 S. 199; Ur­teil vom 22.10.1992 a.a.O. S. 1077). Der Ge­setz­ge­ber selbst hat da­nach be­reits für das Kla­ge­ver­fah­ren das Mit­tel der Zwangs­voll­stre­ckung an die Na­tur des mit ih­rer Hil­fe durch­zu­set­zen­den Un­ter­las­sungs­an­spruchs an­ge­passt. Die Be­son­der­hei­ten des Ver­fah­rens der einst­wei­li­gen Verfügung er­for­dern in­so­weit kei­ne Ab­wei­chung. Die auf den Un­ter­las­sungs­an­spruch zu­ge­schnit­te-

22

ne mit­tel­ba­re Zwangs­voll­stre­ckung nach § 890 Abs. 1 ZPO ist da­nach das für einst­wei­li­ge Un­ter­las­sungs­verfügun­gen ein­schlägi­ge Voll­zie­hungs­mit­tel im Sin­ne der §§ 928, 929 ZPO. Weil die An­wen­dung des § 929 Abs. 2 ZPO ei­ne un­mit­tel­ba­re Voll­stre­ckung des Ti­tels nicht vor­aus­setzt, kann die An­wen­dung die­ser Vor­schrift nicht mit dem Ar­gu­ment der man­geln­den Voll­streck­bar­keit aus­ge­schlos­sen wer­den.

Da­mit er­weist sich das außer­halb des Sys­tems der vom Ge­setz fest­ge­leg­ten Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men ste­hen­de Kon­strukt der „Voll­zie­hungs­zu­stel­lung“ auch im Hin­blick auf das für die Fest­le­gung des Zeit­punkts des Ein­tritts der Gläubi­ger­haf­tung nach § 945 ZPO bei auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügun­gen be­ste­hen­de Klar­heits­er­for­der­nis als überflüssig. Auch § 945 ZPO macht in sei­ner ers­ten Al­ter­na­ti­ve die Voll­zie­hung der an­ge­ord­ne­ten Maßre­gel (Ar­rest oder einst­wei­li­ge Verfügung) und nicht die (im Fal­le, daß die einst­wei­li­ge Verfügung durch Ur­teil er­geht, ge­son­der­te) Par­tei­zu­stel­lung zum An­knüpfungs­punkt der Haf­tung. Nur ei­ne Gläubi­ger­hand­lung, die als zwangs­wei­se Durchführung ei­ner an­ge­ord­ne­ten Maßre­gel an­ge­se­hen wer­den kann, enthält ei­ne Voll­zie­hung im Sin­ne des § 945 ZPO (BGH, Ur­teil vom 2.11.1995 a.a.O.). Bei der auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung wird der Zeit­punkt des Ein­tritts der Haf­tung durch den Be­ginn der Voll­zie­hung nach § 890 Abs. 2 ZPO ein­deu­tig fest­ge­legt (vgl. BGH, Ur­teil vom 22.10.1992 a.a.O. S. 1079; Ur­teil vom 13.4.1989, a.a.O. S. 124). So­weit sich der Schuld­ner be­reits vor der Voll­zie­hung ei­nem wirk­sam ge­wor­de­nen Un­ter­las­sungs­ti­tel beugt, haf­tet der Gläubi­ger oh­ne­hin auch nicht in ana­lo­ger An­wen­dung der §§ 945 2. Al­ter­na­ti­ve, 717 Abs. 2 ZPO (so BGH, Ur­teil vom 4.12.1973, NJW 1974 S. 642, 644; aus­drück­lich of­fen­ge­las­sen im Ur­teil vom 22.10.1992 a.a.O. S. 1078), weil ei­ne Leis­tung zur Ab­wen­dung der Voll­stre­ckung vor­aus­setzt, daß die­se be­reits droht (BGH, Ur­teil vom 2.11.1995 a.a.O.).

Trotz der Voll­zieh­bar­keit ei­ner auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung be­darf die­se auch nicht aus Gründen des Gläubi­ger­schut­zes des­we­gen ei­ner „Voll­zie­hungs­zu­stel­lung“, weil der Schuld­ner sich bei zunächst er­fol­gen­der frei­wil­li­ger Be­fol­gung des Un­ter­las­sungs­ge­bots nach Ab­lauf der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO auf feh­len­de Voll­zie­hung be­ruft und so­dann das Un­ter­las­sungs­ge­bot wie­der mißach­tet. In ei­nem sol­chen Fal­le steht der Be­ru­fung auf die Versäum­ung der Voll­zie­hungs­frist nämlich der Ein­wand der un­zulässi­gen Rechts­ausübung nach § 242 BGB ent­ge­gen.

cc) Die für Un­ter­las­sungs­ti­tel nach § 890 Abs. 1 ZPO vor­ge­se­he­ne Voll­zie­hung be­ginnt be­reits mit der An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln. Dies gilt auch dann, wenn die An­dro­hung des Ord­nungs­mit­tels gemäß § 890 Abs. 2 ZPO be­reits in dem Un­ter­las­sungs­ti­tel ent­hal­ten ist.

(1) Be­reits die Ver­ei­nig­ten Zi­vil­se­na­te des Reichs­ge­richts ha­ben in dem Er­laß ei­ner Straf­an­dro­hung den Be­ginn der Zwangs­voll­stre­ckung ge­se­hen, wenn die­se durch ei­nen be­son­de­ren, dem Un­ter­las­sungs­ti­tel nach­fol­gen­den Be­schluss er­folgt (Be­schluss vom 20.12.1898, RGZ 42 S. 419 ff). Dem ist der Bun­des­ge­richts­hof und die wohl herr­schen­de Auf­fas­sung ge­folgt (BGH, Ur­teil vom 29.9.1978, NJW 1979 S. 217 un­ter Be­zug­nah­me auf das RG und an­de­re a.a.O; OLG Bre­men, Be­schluss vom 6.8.1970, NJW 1971 S. 58; Zöller-Stöber, 22. Aufl., § 890 Rn 12a). Zur Recht­fer­ti­gung wird an­geführt, § 890 Abs. 2 ZPO be­ru­he auf Zweckmäßig­keits­erwägun­gen, mit der im Ur­teil ent­hal­te­nen Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung sei noch nicht er­kenn­bar, ob es tatsächlich zur Zwangs­voll­stre­ckung kom­me, an­ders ver­hal­te es sich mit der nachträgli­chen An­dro­hung durch be­son­de­ren Be­schluss, die­se er­for­de­re ein be­son­de­res Ver­fah­ren, der An­trag sei an das Pro­zess­ge­richt ers­ter In­stanz als Voll­stre­ckungs­ge­richt zu rich­ten, da­bei sei der Schuld­ner an­zuhören, die­ser Be­schluss un-

23

ter­lie­ge der so­for­ti­gen Be­schwer­de, da­mit wer­de ein weit stärke­rer Zwang auf den Schuld­ner aus­geübt, als durch die im Ti­tel ent­hal­te­ne, meist rou­ti­nemäßig be­an­trag­te Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung. Nach da­von ab­wei­chen­der Auf­fas­sung (OLG Stutt­gart, Ur­teil vom 28.4.1997, NJW-RR 1998 S. 623; Ur­teil vom 20.8.1993, OLGZ 1994 S. 365, in dem be­reits auf den Er­laß des Ur­teils ab­ge­stellt wird; grundsätz­lich auch Zöller-Voll­kom­mer, a.a.O. § 929 ZPO Rn 12) soll die Zwangs­voll­stre­ckung mit der durch das Ge­richt be­wirk­ten Amts­zu­stel­lung be­gin­nen, wenn die An­dro­hung des Ord­nungs­mit­tels im Un­ter­las­sungs­ti­tel selbst ent­hal­ten ist.

(2) Die 5. Kam­mer des Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richts folgt der letzt­ge­nann­ten An­sicht. Die vom Bun­des­ge­richts­hof im we­sent­li­chen fort­geführ­te Ar­gu­men­ta­ti­on des Reichs­ge­richts ist nicht über­zeu­gend. Wenn die in § 890 Abs. 2 ZPO ge­trof­fe­nen Re­ge­lung aus­drück­lich die Auf­nah­me der Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung in den die Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tung aus­spre­chen­den Ti­tel er­laubt, dann ist das hier­zu be­fug­te Ge­richt vom Ge­setz­ge­ber für den Er­lass der Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung zum zuständi­gen Voll­stre­ckungs­or­gan be­stimmt wor­den. Dann ist nicht ein­zu­se­hen, war­um ein dem­ent­spre­chen­des Ur­teil nicht die glei­che Wir­kung ha­ben soll­te, wie ein ge­son­dert er­gan­ge­ner An­dro­hungs­be­schluss. Daß ei­nem sol­chen Ur­teil ein von ei­nem ge­son­dert er­ge­hen­den An­dro­hungs­be­schluss un­ter­schied­li­ches Ver­fah­ren und un­ter­schied­li­che Rechts­schutzmöglich­kei­ten zu­grun­de­lie­gen, hat der Ge­setz­ge­ber in Kauf ge­nom­men, an­de­ren­falls hätte er die­sem Un­ter­schied Rech­nung stel­len­de Re­ge­lun­gen ge­trof­fen. Aus ei­nem dem Un­ter­las­sungs­ti­tel nach­fol­gen­den An­dro­hungs­be­schluss kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­hofs auch nicht auf ei­nen deut­li­che­ren Wil­len des Gläubi­gers ge­schlos­sen wer­den, die Zwangs­voll­stre­ckung zu be­trei­ben. Die in die­se Rich­tung ge­hen­den Über­le­gun­gen sind spe­ku­la­tiv. Ob die im Un­ter­las­sungs­ti­tel ent­hal­te­ne Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung im Ein­zel­fall auf ei­nem rou­ti­nemäßige ge­stell­ten An­trag be­ruht, kann das Ge­richt nicht be­ur­tei­len. Ge­nau­so­gut könn­te das Ge­gen­teil be­haup­tet wer­den. Es könn­te dem Gläubi­ger mit der un­mit­tel­bar im Un­ter­las­sungs­ti­tel er­fol­gen­den Er­wir­kung ei­ner Ord­nungs­mit­te­land­ro­hung ge­ra­de dar­auf an­kom­men, dem Schuld­ner auch nicht den ge­rings­ten Zeit­spiel­raum zu be­las­sen, der ihm die Möglich­keit ver­schafft, sich sank­ti­ons­los dem Be­fehl des Ti­tels zu ent­zie­hen. Auch aus ei­nem dem Un­ter­las­sungs­ti­tel nach­fol­gen­den An­dro­hungs­be­schluss ist im übri­gen noch nicht er­kenn­bar, ob es dar­aus zu des­sen Voll­stre­ckung (Fest­set­zung des an­ge­droh­ten Ord­nungs­mit­tels) kom­men wird. Die letzt­ge­nann­ten Ar­gu­men­te des Bun­des­ge­richts­hofs ste­hen auch im Wi­der­spruch zu dem von ihm zu Recht auf­ge­stell­ten Grund­satz, daß die Be­wer­tung der Fra­ge, ob ei­ne Voll­zie­hung im Sin­ne des § 929 Abs. 2 ZPO statt­ge­fun­den hat, nicht auf Kri­te­ri­en be­ru­hen kann, die nicht for­ma­li­siert, ur­kund­lich be­legt oder eben­so leicht fest­stell­bar sind (Ur­teil vom 22.10.1992 a.a.O. S. 1079).

dd) Die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob zur Wah­rung der in § 929 Abs. 2 ZPO ge­re­gel­ten Voll­zie­hungs­frist bei ei­ner einst­wei­li­gen Un­ter­las­sungs­verfügung be­reits ein An­trag auf An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln aus­reicht, hängt da­von ab, wann die­ser An­trag ge­stellt wur­de.

(1) Nach ver­brei­te­ter An­sicht soll es zur Wah­rung der Voll­zie­hungs­frist grundsätz­lich aus­rei­chen, daß der Gläubi­ger beim zuständi­gen Voll­stre­ckungs­or­gan ei­nen An­trag auf Vor­nah­me von Voll­stre­ckungs­maßnah­men ge­stellt hat (BGH, Ur­teil vom 25.10.1990, NJW 1991 S. 496, 497; Zöller-Voll­kom­mer a.a.O. § 929 ZPO Rn 10 und St­ein-Jo­nas-Grun­sky a.a.O. § 929 ZPO Rn 12 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Nach an­de­rer Auf­fas­sung muß be­reits die Voll­zie­hung bei Frist­ab­lauf be­gon­nen ha­ben (OLG Ko­blenz, Ur­teil vom 20.2.1986, NJW-RR 1987 S. 760 mit wei­te­ren Nach­wei­sen; Baum­bach-Lau­ter­bach-Hart­mann, 58. Aufl., § 929 Rn 9, 10).

24

(2) Die 5. Kam­mer des Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt hält mit den von die­ser an­geführ­ten Ar­gu­men­ten grundsätz­lich die erst­ge­nann­te An­sicht für zu­tref­fend. Durch die An­trag­stel­lung ist der Gläubi­ger sei­ner Hand­lungs­pflicht nach § 929 Abs. 2 ZPO nach­ge­kom­men. Al­les wei­te­re ist sei­nem Ein­fluß ent­zo­gen und Sa­che des staat­li­chen Voll­stre­ckungs­or­gans. Für ei­ne dort ver­ur­sach­te Verzöge­rung darf er kei­nen Rechts­nach­teil er­lei­den. Mit Rück­sicht auf § 929 Abs. 3 ZPO, der ei­ne Voll­zie­hung vor der Zu­stel­lung des Ti­tels er­laubt, ist ei­ne Ein­schränkung je­doch in den­je­ni­gen Fällen zu ma­chen, in de­nen der An­trag auf Vor­nah­me von Voll­stre­ckungs­maßnah­men be­reits vor Ab­schluß des Er­kennt­nis­ver­fah­rens er­folgt. Hat der Gläubi­ger sei­nen An­trag be­reits während des Er­kennt­nis­ver­fah­rens ge­stellt, um die von § 890 Abs. 2 ZPO vor­ge­se­he­ne Möglich­keit der be­reits im Ur­teil er­fol­gen­den An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln wahr­zu­neh­men, dann wird da­durch die Voll­zie­hungs­frist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht ge­wahrt. Grund­vor­aus­set­zung für den Be­ginn der Zwangs­voll­stre­ckung ist das Vor­lie­gen ei­nes ge­genüber den Par­tei­en wirk­sa­men, voll­streck­ba­ren Ti­tels. Die Wah­rung der Voll­zie­hungs­frist ei­ner durch Ur­teil er­gan­ge­nen, die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln be­reits ent­hal­ten­den einst­wei­li­gen Un­ter­las­sungs­verfügung kann des­halb erst mit de­ren Amts­zu­stel­lung er­fol­gen, wenn nicht aus­nahms­wei­se nach § 929 Abs. 3 ZPO hierfür be­reits die Ur­teils­verkündung aus­reicht.

ee) Un­ter Zu­grun­de­le­gung der un­ter III.1. b) bb) – dd) ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kommt ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten ei­ne Auf­he­bung der einst­wei­li­gen Verfügung aus for­ma­len Gründen nach §§ 927 Abs. 1, 929 Abs. 2 ZPO nicht in Be­tracht, weil das Ar­beits­ge­richt auf An­trag des Klägers nach § 890 Abs. 2 ZPO die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln be­reits in dem mit der Be­ru­fung an­ge­grif­fe­nen Ur­teil vor­ge­nom­men und da­mit die Voll­zie­hung der einst­wei­li­gen Verfügung je­den­falls mit des­sen Verkündung am 11.8.2000, spätes­tens mit des­sen von Amts we­gen er­folg­ter Zu­stel­lung am 18.8.2000 be­gon­nen hat.

(1) Im Streit­fall sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 929 Abs. 3 ZPO für ei­ne be­reits vor Zu­stel­lung er­laub­te Voll­zie­hung erfüllt. Der auf die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln ge­rich­te­te An­trag des Klägers schei­det al­ler­dings aus den oben un­ter dd) (2) ge­nann­ten Gründen als An­knüpfungs­punkt für den Be­ginn der Voll­zie­hungs­frist aus. Die Voll­zie­hung der mit der Be­ru­fung an­ge­grif­fe­nen einst­wei­li­gen Verfügung be­gann im Zeit­punkt der Verkündung des Ur­teils am 11.8.2000. Ih­re von Amts we­gen er­folg­te Zu­stel­lung er­folg­te am 18.8.2000 und lag dem­zu­fol­ge in­ner­halb der in § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Ver­mei­dung der Wir­kungs­lo­sig­keit der Voll­zie­hung für die Nach­ho­lung der Zu­stel­lung ge­setz­ten einwöchi­gen Frist. Un­abhängig vom Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne vor­weg­ge­nom­me­ne Voll­zie­hung nach § 929 Abs. 3 ZPO ist die Voll­zie­hungs­frist des § 929 Abs. 2 ZPO im hier zu ent­schei­den­den Sach­ver­halt des­halb ein­ge­hal­ten, weil die Voll­zie­hung der vom Kläger er­wirk­ten Un­ter­las­sungs­verfügung spätes­tens da­durch er­folg­te, daß die­se zu­gleich ei­ne An­dro­hung von Zwangs­maßnah­men ent­hielt und der Be­klag­ten am 18.8.2000 von Amts we­gen zu­ge­stellt wur­de.

(2) Für die Wirk­sam­keit der Voll­zie­hungs­maßnah­me ist es un­er­heb­lich, daß das Ar­beits­ge­richt (ab­wei­chend von der ge­setz­li­chen Ter­mi­no­lo­gie) das für den Fall der Zu­wi­der­hand­lung ge­gen das von ihm aus­ge­spro­che­ne Un­ter­las­sungs­ge­bot an­ge­droh­te Voll­stre­ckungs­mit­tel, nicht wie von § 890 Abs. 1 ZPO für die Er­zwin­gung ei­ner Un­ter­las­sung vor­ge­se­hen, als Ord­nungs­geld son­dern als Zwangs­geld be­zeich­net hat. Der Grund­satz „fal­sa de­mons­tra­tio non no­cet“ gilt auch bei der Aus­le­gung ge­richt­li­cher Ent­schei­dun­gen. Eben­so ist es in­so­weit un­er­heb­lich, daß es das Ar­beits­ge­richt versäumt hat, für den Fall der Un­ein­bring­lich­keit des Ord­nungs­gel­des er-

25

satz­wei­se Ord­nungs­haft an­zu­dro­hen, wo­zu es von Amts we­gen ver­pflich­tet ge­we­sen wäre (BGH, Ur­teil vom 21.5.1992, NJW-RR 1992 S. 1453, 1454). Der für die Voll­zie­hung er­for­der­li­che staat­li­che Zwang be­ginnt un­abhängig da­von.

2. Der An­trag zu 2) des Klägers, der Be­klag­ten durch einst­wei­li­ge Verfügung auf­zu­ge­ben, es bis zum 31.12.2000 zu un­ter­las­sen, ihm Auf­ga­ben außer­halb der Vergütungs­grup­pe BAT II zu­zu­wei­sen, ist zulässig ge­we­sen.

a) Die Zulässig­keit die­ses An­trags schei­tert nicht an feh­len­der Be­stimmt­heit im Sin-ne der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 938 Abs. 1 ZPO.

aa) Ei­ne kon­kre­te­re Ein­gren­zung des­sen, wor­auf sich das Ver­bot er­streckt, war nicht er­for­der­lich. Zwar hätte der Kläger den An­trag un­ter ge­nau­er Be­zeich­nung der von ihm zu­letzt tatsächlich aus­geübten Tätig­kei­ten auch so fas­sen können, daß dem Be­klag­ten ver­bo­ten wird, ihn mit an­de­ren, als eben die­sen zu beschäfti­gen. Ein sol­ches Vor­ge­hen wäre aber nicht er­folg­reich, wenn ein An­spruch auf ei­ne be­stimm­te Tätig­keit nicht be­steht, weil in dem Ar­beits­ver­trag die Be­din­gun­gen der Ar­beits­leis­tung nur rah­menmäßig fest­ge­legt sind und de­ren Kon­kre­ti­sie­rung nach Ort, Zeit und In­halt dem nach bil­li­gem Er­mes­sen aus­zuüben­den Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers vor­be­hal­ten ist. Zwar kann un­abhängig da­von, ob dem ein kon­kre­ter Beschäfti­gungs­an­spruch aus dem das Ar­beits­verhält­nis be­gründen­den Ver­trag zu­grun­de­liegt, dann ein An­spruch auf die zu­letzt in­ne­ge­hab­te Stel­le be­ste­hen, wenn der Ar­beit­neh­mer nach den Umständen auf die Kon­kre­ti­sie­rung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses auf die­se Stel­le ver­trau­en durf­te (BAG, Ur­teil vom 30.10.1991, - 5 AZR 6/91 -). Auch kann ein sol­cher An­spruch dann be­rech­tigt sein, wenn der Ent­zug ei­ner be­stimm­ten Beschäfti­gung das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht des Ar­beit­neh­mers ver­letzt oder Be­stand­teil ei­ner sol­chen, et­wa durch Mob­bing her­bei­geführ­ten Ver­let­zung ist und ei­ne da­durch ge­genüber der Be­leg­schaft er­folg­te Her­abwürdi­gung nicht an­ders be­sei­tigt wer­den kann. Aber auch in die­sen Fällen bestünde ein er­heb­li­ches Er­folgs­ri­si­ko, wenn die Vor­aus­set­zun­gen für die­se Aus­nah­men im Pro­zeß nicht nach­ge­wie­sen wer­den können. Kein Kläger braucht sich auf die Stel­lung ei­nes An­trags mit frag­li­chen Er­folgs­aus­sich­ten ver­wei­sen zu las­sen. Der Stel­lung ei­nes ge­mes­sen an den tatsächli­chen Möglich­kei­ten in der Reich­wei­te ein­ge­schränk­ten An­trags ste­hen die Vor­schrif­ten über das Be­stimmt­heits­er­for­der­nis nicht ent­ge­gen. Je­der Kläger darf den für ihn als si­cher an­zu­se­hen­den Weg wählen. Ist der zur Durch­set­zung ei­nes aus Si­cher­heit­gründen be­schränk­ten Rechts­schutz­ziels ge­stell­te An­trag be­stimmt ge­nug, dann be­steht auch ein An­spruch auf ei­ne Sach­ent­schei­dung des Ge­richts.

Ge­nau so war es im Streit­fall, denn in dem zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag hat sich die Be­klag­te nur erklärt, den Kläger in die Vergütungs­grup­pe BAT II ein­zu­grup­pie­ren. Ein punkt­ge­nau­es Ein­satz­feld des Klägers war nicht fest­ge­legt. Der Kläger war auf­grund sei­nes wech­seln­den Ein­satz­fel­des außer­stan­de, die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nach­zu­wei­sen.

bb) Mit dem An­trag zu 2) liegt auch kein Fall vor, in dem sich die feh­len­de Be­stimmt­heit da­durch er­gibt, daß ein mit dem ge­stell­ten An­trag er­ge­hen­des Ur­teil zu ei­ner Fort­set­zung des Streits im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren führen würde. Der Kläger war auf­grund des bei der Be­klag­ten ver­blie­be­nen Di­rek­ti­ons­rechts, ihm ei­ne nach bil­li­gem Er­mes­sen nach BAT II zu vergüten­de Beschäfti­gung zu­zu­wei­sen, nicht in der La­ge, das von die­ser zur Erfüllung ih­rer Beschäfti­gungs­pflicht kon­kret ge­schul­de­te Ver­hal­ten zu be­stim­men. Die Be­klag­te müßte des­halb bei der Be­haup­tung ei-

26

nes Ver­s­toßes ge­gen die Un­ter­las­sungs­verfügung de­ren Ein­hal­tung zur Ab­wen­dung von Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men nach­wei­sen. Im kon­kre­ten Fall be­deu­tet dies, daß die Be­klag­te im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren den Nach­weis hätte er­brin­gen müssen, daß sie den Kläger mit ei­ner Tätig­keit beschäftigt, wel­che ei­ne Ein­grup­pie­rung nach Vergütungs­grup­pe II BAT recht­fer­tigt. Dar­in liegt aber kei­ne Fort­set­zung des Streits im Er­kennt­nis­ver­fah­ren, denn die­ser wur­de nicht darüber geführt, ob die dem Kläger nach des­sen Ver­set­zung über­tra­ge­ne Tätig­keit den Merk­ma­len die­ser Vergütungs­grup­pe ent­spricht.

b) Dem An­trag zu 2) fehl­te auch nicht das für die Zulässig­keit al­ler Kla­gen er­for­der­li­che Rechts­schutz­in­ter­es­se, weil es dem Kläger möglich ge­we­sen wäre, sein mit dem An­trag zu 2) ein­deu­tig kennt­lich ge­mach­tes Ziel, ar­beits­ver­trags­gemäß beschäftigt zu wer­den, mit ei­ner auf die Vor­nah­me ent­spre­chen­der Hand­lun­gen ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung zu ver­fol­gen. Ei­ne sol­che einst­wei­li­ge Verfügung hätte we­der ein­fa­cher noch bil­li­ger zu dem vom Kläger an­ge­streb­ten Er­folg geführt. Viel­mehr ist es ge­ra­de so, daß die auf Un­ter­las­sung ei­ner nicht ver­trags­gemäßen Beschäfti­gung ge­rich­te­te und nach § 890 Abs. 2 ZPO so­gleich mit Ord­nungs­geld­an­dro­hung ver­bun­de­ne einst­wei­li­ge Verfügung dem Ar­beit­ge­ber die Möglich­keit nimmt, zu tak­tie­ren und oh­ne das Ri­si­ko staat­li­cher Zwangs­maßnah­men ein­zu­ge­hen, bis zur Stel­lung ei­nes Zwangs­voll­stre­ckungs­an­trags den mit der einst­wei­li­gen Verfügung er­gan­ge­nen Be­fehl nicht zu be­fol­gen. Wenn es dem Ar­beit­neh­mer hier­auf an­kommt und ein Un­ter­las­sungs­an­spruch be­steht, er­weist sich die auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung durch die Möglich­keit der In­an­spruch­nah­me des § 890 Abs. 2 ZPO we­gen der für den ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht nach­hol­ba­ren ver­trags­gemäßen Beschäfti­gung als der ef­fek­ti­ve­re Weg, be­reits mit dem Er­laß ei­nes sol­chen Ur­teils un­mit­tel­bar das an­ge­streb­te Rechts­schutz­ziel zu er­rei­chen.

3. Der zu 2) ge­stell­te An­trag des Klägers, ist auch be­gründet ge­we­sen.

a) Die Möglich­keit, be­reits im Ver­fah­ren des vorläufi­gen Rechts­schut­zes ein nach In­halt und Rechts­wir­kung mit dem Haupt­ver­fah­ren übe­rein­stim­men­des Er­geb­nis zu er­lan­gen (sog. Be­frie­di­gungs­verfügung), ist grundsätz­lich an­er­kannt (vgl. MK-Hein­ze, 1. Aufl., Vor § 935 ZPO Rn 4 ff; St­ein-Jo­nas-Grun­sky, 21. Aufl., vor § 935 Rn 31 ff; Zöller-Voll­kom­mer, 22. Aufl. § 935 Rn 2 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen; aus der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung grund­le­gend LAG München, Ur­teil vom 19.8.1992, LA­GE § 611 Beschäfti­gungs­pflicht Nr. 32). Ob ei­ne der­ar­ti­ge einst­wei­li­ge Verfügung als Un­ter­fall des § 940 ZPO zu be­han­deln ist (z.B. Ro­sen­berg-Gaul-Schil­ken, Zwangs­voll­stre­ckungs­recht, 10. Aufl., S. 785) oder als rich­ter­li­che Rechts­fort­bil­dung selbständig ne­ben der Si­che­rungs­verfügung des § 935 ZPO und der Re­ge­lungs­verfügung des § 940 ZPO steht (z.B. St­ein-Jo­nas-Grun­sky, a.a.O. Rn 31a), spielt in der Pra­xis kei­ne Rol­le. Auch die auf Erfüllung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung, zu der als ei­ner der Haupt­an­wen­dungsfälle die Un­ter­las­sungs­verfügung zählt, un­ter­liegt in vol­lem Um­fang den Be­stim­mun­gen der §§ 935 ff ZPO. Vor­aus­set­zung für ei­ne sol­che einst­wei­li­ge Verfügung ist es, daß auf an­de­rem We­ge das ver­fas­sungs­recht­li­che Ge­bot des ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes nicht ge­wahrt wer­den kann. Dies ist im­mer dann der Fall, wenn ein in dem (schwerfälli­ge­ren) Haupt­ver­fah­ren er­ge­hen­des Ur­teil zu spät kom­men und da­durch bei dem An­trag­stel­ler ei­ne be­son­de­re Not­la­ge, ein nicht re­pa­rier­ba­rer Scha­den oder Zu­stand ent­ste­hen würde. Je­de an­de­re Sicht­wei­se würde dem Sinn und Zweck des einst­wei­li­gen Rechts­schutz­ver­fah­rens zu­wi­der­lau­fen, der ge­ra­de dar­in be­steht, es zu ver­hin­dern, daß der An­trag­stel­ler durch das Haupt­ver­fah­ren schutz­los ge­stellt würde. An­de­rer­seits muß im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren der einst­wei­li­gen Verfügung auch die Ge­fahr der Verkür-

27

zung des Rechts­schut­zes des An­trags­geg­ners berück­sich­tigt wer­den, wenn die Voll­zie­hung der auf Erfüllung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung eben­so un­um­kehr­ba­re Verhält­nis­se schafft wie ih­re Ver­wei­ge­rung. Ge­ra­de bei ei­nem Un­ter­las­sungs­an­spruch würde oh­ne Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung al­lein die Zeit­ge­bun­den­heit der Un­ter­las­sung zu sei­ner endgülti­gen Ver­ei­te­lung bezüglich der­je­ni­gen Zeiträume führen, die be­reits vor dem Er­laß ei­ner im Haupt­ver­fah­ren er­ge­hen­den Ent­schei­dung ab­ge­lau­fen sind. Würde dem­ge­genüber die einst­wei­li­ge Verfügung er­las­sen, so ist die Vor­nah­me der mit ihr ver­bo­te­nen Hand­lung häufig endgültig aus­ge­schlos­sen.

Wenn das ver­fas­sungs­recht­li­che Ge­bot des ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes nur durch ei­ne auf Erfüllung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung er­reicht wer­den kann, ist es für ih­ren Er­laß oder ih­re Ab­leh­nung da­her ent­schei­dend, wer das aus den Ver­fah­ren­s­prin­zi­pi­en des Eil­ver­fah­rens re­sul­tie­ren­de Fehl­ent­schei­dungs­ri­si­ko zu tra­gen hat. Zunächst ist die­ses Ri­si­ko so weit wie möglich zu be­gren­zen. Des­halb müssen bei einst­wei­li­gen Verfügun­gen, die auf Erfüllung ge­rich­tet sind, an die Dar­le­gung und Glaub­haft­ma­chung der für ih­ren Er­laß er­for­der­li­chen Tat­sa­chen be­son­ders stren­ge An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Kann nicht be­reits da­durch aus­ge­schlos­sen wer­den, daß sich die einst­wei­li­ge Verfügung im Haupt­ver­fah­ren als feh­ler­haft er­weist, dann muß ins­be­son­de­re berück­sich­tigt wer­den, wer in Be­zug auf die Fol­gen ei­ner Fehl­ent­schei­dung schutz­bedürf­ti­ger ist, z.B. zu wes­sen Guns­ten ei­ne ho­he Wahr­schein­lich­keit für ein Ob­sie­gen im Haupt­ver­fah­ren be­steht und wer die Fol­gen ei­ner Fehl­ent­schei­dung bes­ser kom­pen­sie­ren kann. So­weit der Er­laß oder die Ab­leh­nung der einst­wei­li­gen Verfügung für die un­ter­lie­gen­de Sei­te ma­te­ri­ell nach­tei­li­ge Fol­gen hat, kann berück­sich­tigt wer­den, daß der An­trags­geg­ner durch ei­nen ver­schul­dens­un­abhängi­gen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 945 ZPO ab­ge­si­chert ist (so im we­sent­li­chen auch St­ein-Jo­nas-Grun­sky, a.a.O. Rn 49, 49a).

Un­ter Zu­grun­de­le­gung die­ser Vor­aus­set­zun­gen ist die vom Ar­beits­ge­richt in sei­nem Ur­teil vom 11.8.2000 zu 2) er­las­se­ne einst­wei­li­gen Verfügung nicht zu be­an­stan­den.

b) Der Kläger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch dar­auf, das die­se es un­terläßt, ihm Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen, für die nicht min­des­tens ei­ne Vergütung nach BAT II vor­ge­se­hen ist, weil ei­ne an­de­re Beschäfti­gung den Kläger in sei­nem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht (Art. 1 und 2 GG) ver­let­zen würde.

aa) Seit dem Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs vom (BGH, Ur­teil vom 25.5.1954, BGHZ 13, 334 ff) ist an­er­kannt, daß das durch Art. 1 und 2 GG geschütz­te Recht auf Ach­tung der Würde und der frei­en Ent­fal­tung der Persönlich­keit den Bürger nicht nur ge­gen Ein­grif­fe der Staats­ge­walt schützt, son­dern auch ein bürger­lich-recht­li­ches von je­der­mann im Pri­vat­rechts­ver­kehr zu ach­ten­des Recht ist und den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB ge­nießt. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die An­er­ken­nung der Rechts­fi­gur des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts nicht be­an­stan­det und ent­schie­den, daß die in den Grund­rechts­nor­men ent­hal­te­ne ob­jek­ti­ve Wert­ord­nung auch auf das Pri­vat­recht ein­wirkt. Die­se Wert­ord­nung gel­te als ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­ent­schei­dung für al­le Be­rei­che des Rechts. Das Wert­sys­tem der Grund­rech­te fin­de sei­nen Mit­tel­punkt in der sich in­ner­halb der so­zia­len Ge­mein­schaft frei ent­fal­ten­den men­sch­li­chen Persönlich­keit und ih­rer Würde. Im Be­reich des Pri­vat­rechts die­ne die Rechts­fi­gur des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts vor al­lem im Be­reich der pri­va­ten Sphäre des Men­schen da­zu, die im Lau­fe der Zeit im­mer fühl­ba­rer wer­den­den ver­lie­be­nen Lücken im Persönlich­keits­schutz aus­zufüllen (BVerfG, Be­schluss vom 14.2.1973, NJW 1973 S. 1221 ff).

28

Das durch Art. 1 und 2 GG gewähr­leis­te­te all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht ist auch im be­ruf­li­chen Be­reich zu be­ach­ten (BAG, ständi­ge Rspr., z.B. Ur­tei­le vom 29.10.1997, NZA 1998 S. 307 ff; 4.4.1990, NZA 1990 S. 933 f; 15.7.1987, NZA 1988 S. 53 ff; 8.2.1984, NZA 1984 S. 225 f; Blo­mey­er in Münche­ner Hand­buch Ar­beits-recht, 2. Aufl. Bd. 1, § 97; ErfK-Die­te­rich, Art. 2 GG Rn. 77 ff je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht ist im Rah­men ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht bloß de­lik­tisch nach § 823 Abs. 1 BGB ge­genüber je­der­mann al­so auch ge­genüber Mit­ar­bei­tern geschützt, son­dern auch Ge­gen­stand der mit dem Ar­beits­ver­trag ver­bun­de­nen (Ne­ben-)pflich­ten. Ver­letzt der Ar­beit­ge­ber in­ner­halb des Ar­beits­verhält­nis­ses das Persönlich­keits­recht des Ar­beit­neh­mers, so liegt dar­in zu-gleich ein Ver­s­toß ge­gen sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten (BAG, Ur­teil vom 4.4.1990, a.a.O.). So­weit kon­kre­te ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen feh­len, be­stim­men sich die ge­gen­sei­ti­gen Rück­sichts-, Schutz- und Förder­pflich­ten nach § 242 BGB (ErfK-Diet­rich a.a.O. Rn 80). Da­nach ist der Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich ver­pflich­tet, das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht der bei ihm beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nicht selbst durch Ein­grif­fe in de­ren Persönlich­keits- oder Frei­heitsphäre zu ver­let­zen, die­se vor Belästi­gun­gen durch Mit­ar­bei­ter oder außen­ste­hen­de Drit­te, auf die er ei­nen (ver­trag­li­chen) Ein­fluß hat, zu schützen, ei­nen men­schen­ge­rech­ten Ar­beits­platz zur Verfügung zu stel­len und die Ar­beit­neh­mer­persönlich­keit zu fördern (grund­le­gend Blo­mey­er a.a.o. Rn 8 – 42). Das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht kann im Ar­beits­verhält­nis Un­ter­las­sungs- und Hand­lungs­pflich­ten auslösen. Zur Ein­hal­tung die­ser Pflich­ten kann der Ar­beit­ge­ber als Störer nicht nur dann in An­spruch ge­nom­men wer­den, wenn er selbst den Ein­griff be­geht oder steu­ert, son­dern auch dann, wenn er es un­terläßt, Maßnah­men zu er­grei­fen oder sei­nen Be­trieb so zu or­ga­ni­sie­ren, daß ei­ne Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts aus­ge­schlos­sen wird. Bei ob­jek­tiv rechts­wid­ri­gen Ein­grif­fen in sein Persönlich­keits­recht hat der Ar­beit­neh­mer ent­spre­chend den §§ 12, 862, 1004 BGB bei dro­hen­der Ver­let­zungs­ge­fahr ei­nen vor­beu­gen­den Un­ter­las­sungs­an­spruch (BAG, Ur­teil vom 8.2.1984 a.a.O.) und bei be­reits ein­ge­tre­te­ner Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung ei­nen An­spruch auf Be­sei­ti­gung von fort­wir­ken­den Be­ein­träch­ti­gun­gen und auf Un­ter­las­sung wei­te­rer Ein­grif­fe (BAG, Ur­teil vom 15.7.1987 a.a.O.). Wenn es zur Be­sei­ti­gung der Persönlich­keits­be­ein­träch­ti­gung er­for­der­lich und an­ge­mes­sen ist, kann auch die Zurück­be­hal­tung der Ar­beits­leis­tung nach § 273 Abs. 1 BGB in Be­tracht kom­men (BAG, Ur­teil vom 7.6.1973, DB 1973 S. 1605; ErfK-Die­te­rich a.a.O. Rn 82). Be­steht die Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung in der trotz un­gekündig­tem Ar­beits­verhält­nis nicht er­fol­gen­den Beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers, hat die­ser nach §§ 611, 242 BGB hier­auf ei­nen ge­richt­lich durch­setz­ba­ren An­spruch (BAG, Großer Se­nat, Ur­teil vom 27.2.1985, NZA 1985 S. 702 ff; Ur­teil vom 23.11.1988 – 5 AZR 663/87 -; Ur­teil vom 10.11.1955, BA­GE 2 S. 221ff = EzA § 611 BGB Nr. 1).

bb) Die am 20.7.2000 von der Be­klag­ten mit so­for­ti­ger Wir­kung aus­ge­spro­che­nen Ver­set­zung auf die nach BAT VIb ein­grup­pier­te Stel­le ei­nes Sach­be­ar­bei­ters für Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten be­traf den Schutz­be­reich des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts des Klägers. Des­sen Gren­zen wer­den durch die ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit be­stimmt.

(1) Mit der Ent­schei­dung des Großen Se­nats vom 27.2.1985 zur Wei­ter­beschäfti­gung während des Kündi­gungs­pro­zes­ses (a.a.O.) hat das Bun­des­ar­beits­ge­richts auch sei­ne be­reits vor­an­ge­gan­ge­ne Recht­spre­chung zu dem in Rechts­fort­bil­dung bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist an­ge­nom­me­nen ar­beits­ver­trag­li­chen Beschäfti­gungs­an­spruch bestätigt. In den Ent­schei­dungs­gründen wird da­zu aus­geführt, daß das Dienst­ver­trags­recht des BGB ei­nen sol­chen An­spruch nicht ken­ne, durch die späte­re Rechts­ent­wick­lung lücken­haft ge­wor­den sei und des­halb ei­ner Ergänzung

29

und Wei­terführung bedürfe. Das Grund­ge­setz ha­be in sei­nen Art. 1 und 2 die Würde des Men­schen und des­sen Recht auf freie Ent­fal­tung der Persönlich­keit zu zen­tra­len Wer­ten der Ver­fas­sung er­ho­ben. Das Le­ben des Ar­beit­neh­mers wer­de zu ei­nem ganz we­sent­li­chen Teil durch das Ar­beits­verhält­nis be­stimmt und ge­prägt. Sein Selbst­wert­gefühl so­wie die Ach­tung und Wertschätzung, die er in sei­ner Fa­mi­lie, bei sei­nen Freun­den und Kol­le­gen und über­haupt in sei­nem Le­bens­kreis er­fah­re, würden ent­schei­dend von der Art mit­be­stimmt, wie er sei­ne Ar­beit leis­te. Die Ar­beit in sei­nem Ar­beits­verhält­nis stel­le für den Ar­beit­neh­mer zu­gleich ei­ne we­sent­li­che Möglich­keit zur Ent­fal­tung sei­ner geis­ti­gen und körper­li­chen Fähig­kei­ten und da­mit zur Ent­fal­tung sei­ner Persönlich­keit dar. Wer­de dem Ar­beit­neh­mer die­se Möglich­keit der Persönlich­keits­ent­fal­tung durch Ar­beits­leis­tung im Rah­men sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ge­nom­men, so berühre dies sei­ne Würde als Mensch. Der ar­beits­ver­trag­li­che Beschäfti­gungs­an­spruch be­ru­he un­mit­tel­bar auf der sich für den Ar­beit­ge­ber aus § 242 BGB un­ter Berück­sich­ti­gung der ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tent­schei­dun­gen der Art. 1 und 2 GG über den Persönlich­keits­schutz er­ge­ben­den ar­beits­ver­trag­li­chen Förde­rungs­pflicht der Beschäfti­gungs­in­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers.

Die­se Recht­spre­chung ist aber nicht so zu ver­ste­hen, daß ei­ne Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts aus­schei­det, wenn bei dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer noch ir­gend ei­ne Tätig­keit ver­bleibt. Mit die­ser Fra­ge hat sich die Ent­schei­dung des Großen Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts nicht be­fasst. Das mit den vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ge­nann­ten In­hal­ten um­schrie­be­ne all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht des Ar­beit­neh­mers kann je­doch in weit­aus stärke­rem Maße als bei dem durch Kündi­gung oder Su­s­pen­die­rung ein­tre­ten­den Weg­fall der Beschäfti­gung be­trof­fen sein, wenn der Ar­beit­ge­ber, statt dem Ar­beit­neh­mer die Ar­beit weg­zu­neh­men, die­sem Tätig­kei­ten auf­er­legt, die ar­beits­ver­trag­lich nicht ge­schul­det sind. In der Ar­beits­welt sind zu­neh­mend Ten­den­zen er­kenn­bar, die mit ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Kündi­gun­gen ver­bun­de­nen Ri­si­ken da­durch zu um­ge­hen, den je­wei­li­gen Ar­beit­neh­mer da­zu zu brin­gen, sei­nen Ar­beits­platz selbst auf­zu­ge­ben. Ei­ne sol­che Vor­ge­hens­wei­se scheint von ei­ner wach­sen­den Zahl von Ar­beit­ge­bern ins­be­son­de­re dann als loh­nend an­ge­se­hen zu wer­den, wenn es um die mit ho­hem Kos­ten­ri­si­ko ver­bun­de­ne Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses von lei­ten­den Mit­ar­bei­tern geht oder die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kündi­gungs­recht­lich nicht oder nur schwer be­gründ­bar ist. Es liegt auf der Hand, daß in den Fällen, in de­nen der To­tal­ent­zug der Beschäfti­gung oder die Zu­wei­sung ei­ner be­stimm­ten Beschäfti­gung nicht bloß den Re­flex ei­ner recht­lich er­laub­ten Vor­ge­hens­wei­se dar­stellt, son­dern ziel­ge­rich­tet als Mit­tel der Zermürbung ei­nes Ar­beit­neh­mers ein­ge­setzt wird, um die­sen selbst zur Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­plat­zes zu brin­gen, erst recht ei­ne Ver­let­zung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts vor­liegt. Den Maßstab für die Be­ur­tei­lung ei­ner im Beschäfti­gungs­ent­zug lie­gen­den Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung bil­det des­halb die be­ruf­li­che Stel­lung des Ar­beit­neh­mers, so wie sie im Ar­beits­ver­trag fest­ge­legt ist oder wie sie die Par­tei­en in Übe­rein­stim­mung prak­ti­ziert ha­ben. Kann der Ar­beit­ge­ber auf­grund des Ar­beits­ver­tra­ges Ort, Zeit und In­halt der Ar­beits­leis­tung durch Ausübung sei­nes Di­rek­ti­ons-rechts be­stim­men, kommt ei­ne Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung nur bei er­mes­sens-feh­ler­haf­ter Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts in Be­tracht.

(2) Im Streit­fall wird die Schwel­le für ei­nen Ein­griff in das Persönlich­keits­recht des Klägers, so­weit dies durch die ar­beits­ver­trag­li­che Beschäfti­gung aus­gefüllt wird, durch den Ent­zug von Führungs­auf­ga­ben un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne über­schrit­ten, die nicht nach BAT II zu vergüten sind. Der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Ar­beits­ver­trag enthält zwar kei­ne Be­zeich­nung der vom Kläger wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben, son­dern nur die Ab­re­de, daß er in die Vergütungs­grup­pe BAT II ein­grup­piert wird. Aus den Umständen des Zu­stan­de­kom­mens des Ver­tra­ges, die in

30

ei­nem vor­ver­trag­li­chen Schrift­wech­sel der Par­tei­en ih­ren Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben, ist aber zu ent­neh­men, daß der Kläger An­spruch auf ei­ne nach BAT II zu vergüten­de Tätig­keit bei der Be­klag­ten hat. Der Kläger war nämlich, be­vor er sich vor 9 Jah­ren zu der Be­wer­bung bei der Be­klag­ten ent­schloß, be­reits im Raum München als Geschäfts­stel­len­lei­ter ei­ner Spar­kas­se tätig. Be­reits die­se Stel­le wur­de mit BAT IVa, al­so 4 Vergütungs­stu­fen höher als die ihm von der Be­klag­ten am 20.7.2000 durch die Ver­set­zung zu­ge­wie­se­ne Tätig­keit vergütet. Der Kläger hätte oh­ne deut­li­che be­ruf­li­che Bes­ser­stel­lung kei­nen An­laß ge­habt, von ei­ner der ge­frag­tes­ten Wohn- und Ar­beits­um­ge­bun­gen der Re­pu­blik in das ca. 500 km ent­fern­te G zu wech­seln. Er be­warb sich bei der Be­klag­ten, weil die­se für den Auf­bau der Spar­kas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on nach Führungs­mit­ar­bei­tern such­te. Die­se bot ihm am 6.8.1991 schrift­lich die Stel­le ei­nes nach BAT II be­wer­te­ten Fi­li­al­be­reichs­lei­ters an. Die­ses An­ge­bot nahm der Kläger mit Schrei­ben vom 15.8.1991 an. Die­se Schrei­ben wa­ren Grund­la­ge der durch den am 3.4.1992 ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag auf­ge­nom­me­nen Ver­trags­be­zie­hun­gen. Dar­an änder­te nichts die zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tre­te­ne Verzöge­rung der Ar­beits­auf­nah­me. Die­se be­ruh­te nicht dar­auf, daß die Par­tei­en über die Ver­trags­be­din­gun­gen un­eins wa­ren, son­dern auf Schwie­rig­kei­ten der Be­schaf­fung von Wohn­raum für den Kläger. Die Be­klag­te hat­te ge­gen ei­nen späte­ren Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses nichts ein­zu­wen­den und beschäftig­te den Kläger, wie es der ver­trag­li­chen Ver­ab­re­dung ent­sprach, in den nach­fol­gen­den Jah­ren auch in ver­schie­de­nen Po­si­tio­nen als Führungs­kraft, zu­letzt als Haupt­geschäfts­stel­len­lei­ter und Markt­be­reichs­lei­ter. Wie sich aus der Aus­sa­ge des Vor­stands B in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­gibt, war die mit dem Kläger ver­ein­bar­te Tätig­keit auch nach der Auf­fas­sung der Be­klag­ten di­rekt un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne an­ge­sie­delt. Die Be­klag­te konn­te dem Kläger im We­ge des Di­rek­ti­ons­rechts da­nach nur ei­nen sol­chen Ar­beits­platz zu­wei­sen, der die­ser Wer­tig­keit und den Tätig­keits­merk­ma­len der Vergütungs­grup­pe BAT II ent­sprach. Selbst dann wäre die Be­klag­te in ih­rer Wahl nicht frei ge­we­sen, son­dern hätte das Leis­tungs­be­stim­mungs­recht nur un­ter Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen vor­neh­men dürfen (BAG, Ur­teil vom 23.11.1988 – 5 AZR 663/87 -). Dem steht auch nicht § 12 des von den Par­tei­en für ihr Ar­beits­verhält­nis ver­ein­bar­ten BAT ent­ge­gen, der das Di­rek­ti­ons­recht über ent­ge­gen­ste­hen­de ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen hin­aus er­wei­tert. Dem Ar­beit­ge­ber des öffent­li­chen Diens­tes soll es nach die­ser Vor­schrift ermöglicht wer­den, den An­ge­stell­ten ähn­lich wie ei­nen Be­am­ten aus dienst­li­chen Not­wen­dig­kei­ten über die Dienst­stel­le (den Be­trieb) hin­aus ört­lich fle­xi­bel ein­zu­set­zen. Nicht zulässig ist aber die Ver­set­zung auf ei­nen nied­ri­ger be­wer­te­ten Ar­beits­platz. Dies gilt auch dann, wenn wie im Streit­fall die bis­he­ri­ge Vergütung wei­ter ge­zahlt wird. Der Ar­beit­neh­mer ist bis zu ei­ner rechtmäßigen an­der­wei­ti­gen Ausübung des Wei­sungs­rechts so zu beschäfti­gen, wie er vor ei­ner der Rechts­grund­la­ge ent­beh­ren­den Ver­set­zung beschäftigt wor­den ist (BAG, Ur­teil vom 14.7.1965, BA­GE 17 S. 241 ff; LAG Chem­nitz, Ur­teil vom 8.3.1996, NZA-RR 1997 S. 4 ff).

cc) Die am 20.7.2000 von der Be­klag­ten mit so­for­ti­ger Wir­kung aus­ge­spro­che­ne Ver­set­zung auf die nach BAT VIb ein­grup­pier­te Stel­le ei­nes Sach­be­ar­bei­ters für Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten führ­te auch zu ei­ner Ver­let­zung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts des Klägers, weil die­ses nicht durch über­wie­gen­de In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ein­ge­schränkt war.

(1) Das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht ist auch im pri­va­ten Rechts­ver­kehr nicht un­be­schränkt gewähr­leis­tet. Ein­grif­fe in die­ses Recht können durch die Wahr­neh­mung über­wie­gen­der schutzwürdi­ger In­ter­es­sen ge­recht­fer­tigt sein. Im Ein­zel­fall be­darf es da­her ei­ner Güter- und In­ter­es­sen­abwägung, um zu klären, ob dem Persönlich­keits­recht gleich­wer­ti­ge und schutzwürdi­ge In­ter­es­sen des an­de­ren ge­genüber­ste­hen

31

oder ob es die­se In­ter­es­sen über­wiegt (BAG, Ur­tei­le vom 4.4.1999 a.a.0., 15.7.1987 a.a.O., 8.2.1984 a.a.O.). Weil in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis oder bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist grundsätz­lich ein An­spruch auf ver­trags­gemäße Beschäfti­gung be­steht, ob­liegt es dem Ar­beit­ge­ber, Umstände dar­zu­le­gen und die­se im Be­strei­tens­fall im Ver­fah­ren der einst­wei­li­gen Verfügung glaub­haft zu ma­chen, im nor­ma­len Kla­ge­ver­fah­ren zu be­wei­sen, aus de­nen sich er­gibt, daß das die ar­beits­ver­trag­li­che Beschäfti­gung er­for­dern­de Persönlich­keits­recht des Ar­beit­neh­mers hin­ter über­wie­gen­den In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers zurück­tre­ten muß. Al­lein die Über­tra­gung der Auf­ga­ben des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers auf an­de­re Mit­ar­bei­ter be­gründet kein über­wie­gen­des In­ter­es­se an des­sen Nicht­beschäfti­gung (LAG München, Ur­teil vom 19.2.1992 a.a.O.). Auch Eig­nungs- und Leis­tungsmängel rei­chen hier­zu nicht aus (LAG Chem­nitz, Ur­teil vom 8.3.1996 a.a.O.). Ein über­wie­gen­des Ar­beit­ge­ber­in­ter­es­se kann beim Weg­fall der Ver­trau­ens­grund­la­ge, bei Auf­trags­man­gel oder bei ei­nem demnächst zur Kon­kur­renz ab­wan­dern­den Ar­beit­neh­mer zur Wah­rung von Be­triebs­ge­heim­nis­sen, aber auch bei Unmöglich­keit der be­an­spruch­ten Beschäfti­gung vor­lie­gen. An­de­rer­seits kann sich auf Sei­ten des Ar­beit­neh­mers das all­ge­mei­ne ide­el­le Beschäfti­gungs­in­ter­es­se im Ein­zel­fall noch durch be­son­de­re In­ter­es­sen ide­el­ler oder ma­te­ri­el­ler Art, wie Gel­tung in der Be­rufs­welt, Aus­bil­dung, Er­hal­tung von Fach­kennt­nis­sen, verstärken (BAG, Großer Se­nat a.a.O.; LAG München, a.a.O.). So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­nem den Aus­gangs­punkt für die Ent­schei­dung des Großen Se­nats vom 27.2.1985 bil­den­den Ur­teil vom 10.11.1955 (a.a.O.) ei­ne Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung be­reits dann ver­neint hat, wenn der Ar­beit­neh­mer oh­ne sein Ein­verständ­nis während ei­nes be­ste­hen­den Ver­tra­ges un­ter Fort­zah­lung des Loh­nes nur für ei­ne vorüber­ge­hen­de Zeit, z.B. während des Laufs der Kündi­gungs­frist, nicht beschäftigt wird, kann dem nach der Ent­schei­dung des Großen Se­nats vom 27.2.1985 kei­ne Be­deu­tung mehr bei­ge­mes­sen wer­den. Die­ser Auf­fas­sung kann auch nicht ge­folgt wer­den. Der Ent­zug der ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Beschäfti­gung greift im­mer in das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht des Ar­beit­neh­mers ein. Ei­ne an­de­re Fra­ge ist es, ob die­ser Ein­griff das Persönlich­keits­recht ver­letzt. Ein Recht des Ar­beit­ge­bers, den Ar­beit­neh­mer oh­ne des­sen Ein­verständ­nis nicht zu beschäfti­gen, be­steht im Ge­gen­satz zu dem ge­nann­ten Ur­teil vom 10.11.1955 nur bei Vor­lie­gen von Umständen, die ein die Beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers über­wie­gen­des In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers be­gründen. Ein über­wie­gen­des In­ter­es­se an der Nicht­beschäfti­gung läßt sich des­halb nicht le­dig­lich mit der vorüber­ge­hen­den Na­tur der Frei­stel­lung be­gründen. Das glei­che hat aus den be­reits ge­nann­ten Gründen dann zu gel­ten, wenn der Ar­beit­neh­mer für ei­ne vorüber­ge­hen­de Zeit mit an­de­ren als den ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Tätig­kei­ten beschäftigt wird.

(2) Ei­ne durch über­wie­gen­de In­ter­es­sen der Be­klag­ten ge­bo­te­ne Ein­schränkung des in den Gren­zen ei­ner nach BAT II zu vergüten­den Führungstätig­keit be­ste­hen-den all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts des Klägers lag nicht vor. Die Be­klag­te hat nicht nur kein schutzwürdi­ges In­ter­es­se, den Kläger als Sach­be­ar­bei­ter von Pfändungs­an­ge­le­gen­hei­ten nach Vergütungs­grup­pe VIb zu beschäfti­gen, die Zu­wei­sung je­der an­de­ren als ei­ner nach BAT II zu vergüten­den Tätig­keit an den Kläger ist auf der Grund­la­ge der vor­lie­gen­den Sach­ver­halts­umstände we­der als so­for­ti­ge Ver­set­zungs­maßnah­me noch nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist als Maßnah­me ei­ner Ände­rungskündi­gung durch ein schützens­wer­tes In­ter­es­se der Be­klag­ten ge­deckt.

(a) Al­lein der Um­stand, daß die Ver­set­zung des Klägers nur den vorüber­ge­hen­den Zeit­raum bis zum Ab­lauf des 31.12.2000 be­traf, zu dem die Be­klag­te ei­ne der Ver­set­zung in­halt­lich ent­spre­chen­de Ände­rungskündi­gung aus­ge­spro­chen hat­te, recht­fer­tigt nach dem oben ge­sag­ten die bis da­hin ar­beits­ver­trags­wid­ri­ge Beschäfti­gung

32

des Klägers nicht. Darüber­hin­aus würde es sich noch nicht ein­mal über ei­nen vorüber­ge­hen­den ar­beits­ver­trags­wid­ri­gen Zu­stand han­deln, denn die­ser Zu­stand wird durch den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht rechtmäßig. Es ist kein Ge­sichts­punkt denk­bar, un­ter dem die Be­klag­te für den von ihr be­an­spruch­ten Zeit­raum - ob im We­ge der Ver­set­zung oder ei­ner Ände­rungskündi­gung - das Recht hätte, von dem Kläger ei­ne Beschäfti­gung mit Auf­ga­ben zu ver­lan­gen, die nach BAT VIb, al­so 6(!) Vergütungs­grup­pen nied­ri­ger be­wer­tet sind.

(b) Die Be­klag­te kann ein schützens­wer­tes In­ter­es­se für ihr Vor­ge­hen nicht auf ih­ren Vor­trag stützen, der Kläger ha­be in der Ver­gan­gen­heit ge­zeigt, daß ihm die Eig­nung für Führungs­auf­ga­ben feh­le, dies wer­de durch die in den 7 Ab­mah­nun­gen vom 28.4.2000 und 22.5.2000 ent­hal­te­nen Vorwürfe, durch sein fürsor­ge­wid­ri­ges Ver­hal­ten ge­genüber der Mit­ar­bei­te­rin G vom 20.3.2000 und letzt­lich aus­schlag­ge­bend für sei­ne Ablösung als Führungs­mit­ar­bei­ter da­durch be­legt, daß er in ei­nem Gespräch am 25.5.2000 ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter R mit der Hand zum Schlag aus­ge­holt ha­be. So­weit die­ser Vor­trag nicht sub­stanz­los ge­blie­ben und darüber­hin­aus im Wi­der­spruch zu den dem Kläger von der Be­klag­ten selbst in der Ver­gan­gen­heit im­mer wie­der aus­ge­stell­ten Be­lo­bi­gun­gen steht, han­delt es sich ei­nes­teils um von der Be­klag­ten kon­stru­ier­te, an­de­ren­teils um an den Haa­ren her­bei­ge­zo­ge­ne Vorwürfe und bezüglich des ver­meint­lich die Ver­set­zung des Klägers auslösen­den, von der Be­klag­ten als gra­vie­ren­de Ent­glei­sung dar­ge­stell­ten Vor­falls, um ein ihr selbst zu­zu­rech­nen­des Fehl­ver­hal­ten des Klägers, aus dem sie kei­ne Rech­te her­lei­ten kann.

Die von der Be­klag­ten ins Feld geführ­ten Pflicht­verstöße des Klägers und die Fra­ge nach dem Be­ste­hen der sei­nen Beschäfti­gungs­an­spruch über­wie­gen­den schutzwürdi­gen In­ter­es­sen der Be­klag­ten können nur un­ter Ein­be­zie­hung der mit dem Jah­res­wech­sel 2000 er­folg­ten Neu­struk­tu­rie­rung der Be­klag­ten und der da­mit ver­bun­de­nen per­so­nel­len Verände­run­gen auf der Vor­stands­ebe­ne erschöpfend recht­lich gewürdigt wer­den. Die­se Würdi­gung führt zu dem Er­geb­nis, daß der Kläger von der Be­klag­ten sys­te­ma­tisch ei­ner sei­ne Men­schenwürde mißach­ten­den und persönlich­keits­zer­set­zen­den Be­hand­lung aus­ge­setzt wur­de, mit dem Ziel, ihn zu ei­nem Fehl­ver­hal­ten zu pro­vo­zie­ren, wel­ches bei iso­lier­ter Be­trach­tung zu ei­ner ri­si­ko­lo­sen Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses durch die Be­klag­te führen konn­te oder ihn durch fort­ge­setz­te Zermürbung zur frei­wil­li­gen Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­plat­zes zu brin­gen (so­ge­nann­tes „Mob­bing“).

(aa) Un­ter dem Schlag­wort „Mob­bing“ rückt ein zu­neh­mend am Ar­beits­platz zu re-gis­trie­ren­des Phämo­men in den Blick­punkt des Ar­beits­rechts. Die Zahl der Mob­bing-Op­fer wird in Deutsch­land auf 1,5 Mio geschätzt. Zehn Pro­zent der Selbst­mor­de sol­len auf Mob­bing zurück­zuführen sein (Frank­fur­ter Rund­schau vom 27.2.2001 S. 25). Der hier­durch ent­ste­hen­de Pro­duk­ti­ons­aus­fall soll in Deutsch­land bei et­wa 25 Mil­li­ar­den DM lie­gen (Blo­mey­er in Münche­ner Hand­buch Ar­beits­recht 2. Aufl., Bd. 1, § 53 Rn 28). Bis zum heu­ti­gen Ta­ge sind al­ler­dings die das Pro­blem Mob­bing be­tref­fen­den wis­sen­schaft­li­chen Ab­hand­lun­gen zahl­rei­cher als ent­spre­chen­de Ge­richts­ent­schei­dun­gen (grund­le­gend Ley­mann, Mob­bing am Ar­beits­platz und wie man sich da­ge­gen weh­ren kann, Ham­burg 1993; vgl. auch Bie­ler/Heil­mann, Ar­buR 1996 S. 430 ff; Däubler, BB 1995 S. 1347 ff; Hal­ler/Koch, NZA 1995 S. 356 ff; so­wie Blo­mey­er a.a.O. Rn 28 ff und Schaub, Ar­beits­rechts­hand­buch, 9. Aufl., § 108 Rn 57 ff je­weils mit Über­sicht über den Stand der Veröffent­li­chun­gen). Letz­te­re be­tref­fen bis­lang über­wie­gend die Fra­ge der Er­for­der­lich­keit ei­ner Be­triebs­rats­schu­lung zum The­ma Mob­bing (z.B. BAG, Be­schluss vom 15.1.1997, NZA 1997 S. 781 f). Nur in we­ni­gen Ein­z­elfällen ha­ben Ar­beits­ge­rich­te ih­re Ent­schei­dun­gen auf das Vor­lie­gen ei­nes als Mob­bing zu kenn­zeich­nen­den Ver­hal­tens gestützt (Thürin­ger LAG, Ur­teil

33

vom 15.2.2001 – 5 Sa 102/00 - und LAG Sach­sen-An­halt, Ur­teil vom 27.1.2000, -9 Sa 473/99 – Mob­bing als Grund zur frist­lo­sen Kündi­gung; ArbG Kiel, Ur­teil vom 16.1.1997 – 5d Ca 2306/96 – „Ab­mah­nungs­mob­bing“ als Pro­vo­ka­ti­ons­mit­tel zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses). Es über­wie­gen die das Vor­lie­gen von Mob­bing ab­leh­nen­den oder nicht in die recht­li­che Prüfung mit­ein­be­zie­hen­den Ur­tei­le (LAG Bre­men, Ur­teil vom 28.4.2000, - 3 Sa 284/99 – An­spruch auf Schmer­zens­geld we­gen mob­bing­be­ding­ter frei­wil­li­ger Auf­ga­be des Ar­beits­plat­zes; LAG Köln, Ur­teil vom 7.1.1998 – 2 Sa 1014/97 – Scha­dens­er­satz- und Schmer­zens­geld­an­spruch we­gen durch Mob­bing her­bei­geführ­ter psy­chi­scher Er­kran­kung; LAG Frank­furt, Ur­teil vom 26.8.1997, - 7 Sa 535/97 -, ArztR 1998 S. 146, un­be­rech­tig­te Ausübung des Rechts, we­gen Mob­bing die Ar­beits­leis­tung zurück­zu­be­hal­ten und dar­auf fol­gen­de frist­lo­se Kündi­gung). So­weit er­sicht­lich, ist es in der Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­richts­bar­keit bis­lang nicht zu ei­ner grundsätz­li­chen Klärung der im Zu­sam­men­hang mit dem Pro­blem­feld „Mob­bing“ ste­hen­den Rechts­fra­gen ge­kom­men. Ins­be­son­de­re für Ar­beit­neh­mer ist es schwer, das Vor­lie­gen sol­cher Zu­sam­menhänge nach­voll­zieh­bar dar­zu­le­gen. Noch schwie­ri­ger ist die Be­weisführung. Für die Ar­beits­ge­rich­te be­steht auf­grund des­sen die Schwie­rig­keit, das Vor­lie­gen von Mob­bing zu er­ken­nen und sei­ne Aus­wir­kun­gen in dem je­weils zur Ent­schei­dung ge­stell­ten Sach­ver­halt sach­ge­recht ein­zu­ord­nen. Da­zu be­ste­hen al­ler­dings trif­ti­ge Gründe. Bei Vor­lie­gen von als Mob­bing zu cha­rak­te­ri­sie­ren­den Ver­hal­tens­wei­sen kann ein recht­lich re­le­van­ter Sach­ver­halt ei­ne völlig an­de­re recht­li­che Be­ur­tei­lung er­for­dern als bei iso­lier­ter Be­trach­tung. Enthält der Vor­trag der Par­tei­en hierfür hin­rei­chen­de An­halts­punk­te, ist es zur Ver­mei­dung von Fehl­ent­schei­dun­gen er­for­der­lich, die­se in die recht­li­che Würdi­gung mit ein­zu­be­zie­hen.

In die­sem Zu­sam­men­hang ist klar­zu­stel­len, daß es sich bei dem Be­griff „Mob­bing“ nicht um ei­nen ju­ris­ti­schen Tat­be­stand, son­dern um ei­nen Sam­mel­be­griff für Ver­hal­tens­wei­sen han­delt, die je nach Sach­la­ge für die Be­trof­fe­nen recht­li­che, ge­sund­heit­li­che und wirt­schaft­li­che Aus­wir­kun­gen ha­ben können und mit wach­sen­der Zu­nah­me im ge­sell­schaft­li­chen Le­ben auch so­zio­lo­gi­sche Fol­gen nach sich zie­hen. Die un­ter­schied­li­chen De­fi­ni­tio­nen des Be­griffs „Mob­bing“ ent­spre­chen den un­ter­schied­li­chen wis­sen­schaft­li­chen Blick­win­keln. Für die ar­beits­recht­li­che Sicht­wei­se hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt un­ter Mob­bing das sys­te­ma­ti­sche An­fein­den, Schi­ka­nie­ren und Dis­kri­mi­nie­ren von Ar­beit­neh­mern un­ter­ein­an­der oder durch Vor­ge­setz­te ver­stan­den (Be­schluss vom 15.1.1997 a.a.O.). Dem folgt auch die 5. Kam­mer des Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richts. Die recht­li­che Ein­ord­nung die­ser Ver­hal­tens­wei­sen be­ur­teilt sich aus­sch­ließlich da­nach, ob der Tat­be­stand ei­ner Rechts­vor­schrift erfüllt ist, aus wel­cher sich die gewünsch­te Rechts­fol­ge her­lei­ten läßt. In der Re­gel geht es primär um Ver­let­zun­gen des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts, der Eh­re oder der Ge­sund­heit des Be­trof­fe­nen und dar­auf gestütz­te Ab­wehr-, Scha­dens­er­satz- und ggfs Schmer­zens­geld­ansprüche. Für den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer kom­men je nach dem, wel­che Umstände im ein­zel­nen vor­lie­gen, ob die Ver­let­zung sei­ner Rech­te von sei­nen Mit­ar­bei­tern, Vor­ge­setz­ten oder durch den Ar­beit­ge­ber selbst er­folg­te und wel­che Fol­gen er dar­aus zie­hen will, ins­be­son­de­re Ansprüche auf ver-trags­gemäße Beschäfti­gung nach §§ 611, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG, auf Un­ter­las­sung be­vor­ste­hen­der (wei­te­rer) Persönlich­keits-, Ehr- und Ge­sund­heits­ver­let­zun­gen in ent­spre­chen­der An­wen­dung der §§ 1004, 862, 12 BGB, auf Scha­dens­er­satz nach §§ 823 BGB, nach § 628 Abs. 2 BGB oder we­gen Ver­let­zung der Ne­ben-

34

pflich­ten des Ar­beits­ver­tra­ges, auf Zah­lung von Schmer­zens­geld nach § 847 BGB aber auch die Gel­tend­ma­chung ei­nes Zurück­be­hal­tungs­rechts an sei­ner Ar­beits­leis­tung nach § 273 Abs. 1 BGB in Be­tracht. Der Ar­beit­ge­ber kann je nach den Umständen mit Ab­mah­nung, Ver­set­zung und (außer­or­dent­li­cher) Kündi­gung des Mob­bers re­agie­ren, bei Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen kann er ihn auch we­gen Ver­let­zung der Ne­ben-pflich­ten aus dem Ar­beits­ver­trag auf Scha­den­er­satz in An­spruch neh­men (zu den Ein­zel­hei­ten vgl. Blo­mey­er und Schaub a.a.O.).

Die ju­ris­ti­sche Be­deu­tung der durch den Be­griff Mob­bing ge­kenn­zeich­ne­ten Sach­ver­hal­te be­steht dar­in, der Rechts­an­wen­dung Ver­hal­tens­wei­sen zugäng­lich zu ma­chen, die bei iso­lier­ter Be­trach­tung der ein­zel­nen Hand­lung die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen von An­spruchs-, Ge­stal­tungs- und Ab­wehr­rech­ten nicht oder nicht in ei­nem der Trag­wei­te des Fal­les an­ge­mes­se­nen Um­fang erfüllen können. Ei­ne die Um­schrei­bung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in sei­nem Be­schluss vom 15.1.1997 (a.a.O.) wei­ter ein­schränken­de De­fi­ni­ti­on des Mob­bings wird die­ser Be­deu­tung nicht ge­recht. Des­halb ist es ab­zu­leh­nen, wenn ge­for­dert wird (Ley­mann a.a.O. S. 21), daß die An­nah­me von Mob­bing über ei­nen länge­ren Zeit­raum, min­des­tens je­doch für ein hal­bes Jahr an­dau­ern­de Hand­lun­gen vor­aus­setzt. Das glei­che gilt für die Auf­fas­sung, das Op­fer müsse sich durch die be­tref­fen­den Hand­lun­gen dis­kri­mi­niert fühlen (Blo­mey­er a.a.O. Rn 28) oder für die An­sicht, das Mob­bing dürfe nicht bloß durch ver­steck­te Hand­lun­gen ver­wirk­licht wer­den (Bie­ler/Heil­mann, a.a.O S. 430). Die tat­be­stand­li­chen Wir­kun­gen der oben ge­nann­ten Vor­schrif­ten tre­ten abhängig von den Ge­samt­umständen des je­wei­li­gen Fal­les ein. Ein als Mob­bing zu be­zeich­nen­des Ver­hal­ten kann in­ner­halb kürzes­ter Zeit zu den schwer­wie­gends­ten Fol­gen führen (vgl. Ur­teil des Thürin­ger LAG vom 15.2.2001 – 5 Sa 102/00 – Selbst­mord­ver­such des Op­fers). Der aus sa­dis­ti­schen Mo­ti­ven han­deln­de Täter muß nicht un­be­dingt ein In­ter­es­se an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses sei­nes Op­fers ha­ben. Auf die sub­jek­ti­ven Emp­fin­dun­gen des Be­trof­fe­nen kommt es nicht an. Maßgeb­lich für ei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch ist, ob das Ver­hal­ten des Täters aus ob­jek­ti­ver Sicht das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht oder an­de­re, eben­so geschütz­te Rech­te des Op­fers ver­letzt. Auch heimtücki­sche, an­ony­me und des­halb ver­steck­te Ak­tio­nen können zur Ver­let­zung von Rech­ten führen und nur dar­auf kommt es aus der Sicht ei­ner recht­li­chen Be­wer­tung an.

An­de­rer­seits ist mitt­ler­wei­le un­ter Ar­beit­neh­mern ei­ne in­fla­ti­onäre Be­zug­nah­me auf den Be­griff „Mob­bing“ fest­zu­stel­len. Vor Ge­richt hilft die schlag­wort­ar­ti­ge Be­haup-tung des Vor­lie­gens von Mob­bing aber nicht wei­ter. Er­for­der­lich ist ein den Ab­lauf und die Ein­zel­hei­ten er­fas­sen­der Sach­vor­trag, aus dem sich die ent­spre­chen­den Rück­schlüsse zie­hen las­sen. Wenn die­ser nicht ge­leis­tet wer­den kann, ist kein Recht­schutz möglich. Die viel­fach da­durch ent­ste­hen­de Be­weis­not des Be­trof­fe­nen, daß die­ser al­lein und oh­ne Zeu­gen Ver­hal­tens­wei­sen aus­ge­setzt ist, die in die Ka­te­go­rie Mob­bing ein­zu­stu­fen sind, ist durch ei­ne Art 6 Abs. 1 der Eu­ropäischen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EM­RK) und da­mit den Grundsätzen ei­nes fai­ren und auf Waf­fen­gleich­heit ach­ten­den Ver­fah­rens ent­spre­chen­de An­wen­dung der §§ 286, 448, 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus­zu­glei­chen. Das Ge­richt darf sich bei der zur Wahr­heits­fin­dung nach § 286 Abs. 1 ZPO not­wen­di­gen Über­zeu­gungs­bil­dung nicht mit ei­ner bloßen Wahr­schein­lich­keit be­gnügen, son­dern muß sich persönli­che Ge­wißheit ver­schaf­fen (zu­letzt BGH, Be­schluß vom 9.2.1998, MDR 1989 S. 555). Aus­rei­chend ist da­bei ei­ne für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­re Ge­wißheit, die den Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet, oh­ne sie völlig aus­zu­sch­ließen (BAG, Ur­teil vom 26.8.1993, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 148 mit wei­te­ren Nach­wei­sen auf die gleich­lau­ten­de Rspr. des BGH). Da­bei muß auch die im Zwei­fel er­for­der­li­che Anhörung ei­ner Par­tei nach § 141 Abs. 1 ZPO zur Über­zeu­gungs­bil­dung berück­sich­tigt wer­den. Die­ser kann, abhängig von den Umständen des Ein­zel­falls, größere Be­deu­tung für die Er­lan­gung der er­for­der­li­chen Ge­wiss­heit des Ge­richts zu­kom­men als ei­ner Zeu­gen­aus­sa­ge. Be­deu­tung er­langt die Par­tei­anhörung vor al­lem in den Fällen, in de­nen Tat­sa­chen zu würdi­gen sind, die Ge­gen­stand ei­nes vier-Au­gen-Gesprächs oder ei­nes Te­le­fon­gesprächs sind und in de­nen der von der Ge­gen­par­tei präsen­tier­te Zeu­ge aus de­ren

35

La­ger kommt oder ei­ne sons­ti­ge In­ter­es­sen­ver­flech­tung zu befürch­ten ist und der an­de­ren Par­tei ein Zeu­ge nicht zur Verfügung steht (BGH, Ur­teil vom 9.10.1997, NJW 1998 S. 307; Thürin­ger LAG, Ur­teil vom 17.8.1998 – 8 Sa 288/98 -; OLG Karls­ru­he, Ur­teil vom 4.11.1997, MDR 1998 S. 493; OLG Zweibrücken, Ur­teil vom 18.3.1997 S. 167). Ob das zur Si­che­rung des in Art. 6 Abs. 1 EM­RK ver­an­ker­ten Prin­zips des fai­ren Ver­fah­rens ei­ne Ver­neh­mung der in Be­weis­not be­find­li­chen Par­tei nach § 448 ZPO er­for­dert (so der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in dem durch Ur­teil vom 27.10.1993 ent­schie­de­nen Fall Dom­bo Be­heer B.V./Nie­der­lan­de, NJW 1995 S. 1413 ff), kann in den Fällen da­hin­ge­stellt blei­ben, in de­nen die nach Art. 6 Abs. 1 EM­RK zu schützen­de Par­tei nicht be­weis-be­las­tet ist. Bei den un­ter dem Ge­sichts­punkt von Mob­bing zu prüfen­den Fall­ge­stal­tun­gen, wächst die Be­deu­tung ei­ner glaubwürdi­gen Aus­sa­ge der be­trof­fe­nen Par­tei im Rah­men ei­ner von Amts we­gen nach § 141 Abs. 1 ZPO durch­geführ­ten Par­tei­anhörung in dem Maße bei der ge­richt­li­chen Über­zeu­gungs­bil­dung, in dem ihr Vor­trag des Vor­lie­gens ei­ner sys­te­ma­ti­schen An­fein­dung, Schi­ka­ne und Dis­kri­mi­nie­rung durch dem­ent­spre­chen­de In­di­zi­en gestützt wird. Des­wei­te­ren ist auch in die­sen Fall­ka­te­go­ri­en zu be­ach­ten, daß die Über­zeu­gung von der Wahr­heit ei­ner Be­haup­tung nicht aus­sch­ließlich durch ei­ne Be­weis­auf­nah­me oder ei­ne von Amts we­gen er­fol­gen­de Par­tei­anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO, son­dern auch durch die Art, den Ab­lauf und den Zeit­punkt des Vor­brin­gens, durch Ver­let­zung der Wahr­heits­pflicht, Be­weis­ver­ei­te­lung, durch Hand­lun­gen und Un­ter­las­sun­gen in der münd­li­chen Ver­hand­lung und den dar­aus ent­ste­hen­den persönli­chen Ein­druck von den Par­tei­en und die Ein­be­zie­hung von Er­fah­rungssätzen, wie der Ver­kehrs­sit­te oder ein­schlägi­gen Han­dels­bräuchen, ge­bil­det oder mit be­ein­flußt wer­den kann (ständi­ge Rspr. der 5. Kam­mer des Thürin­ger LAG, vgl. Ur­teil vom 19.1.1999, LA­GE § 273 BGB Nr. 1, Zöller-Gre­ger, 22. Aufl. § 286 Rn 14 mit wei­te­ren Nach­wei­sen). In sich wi­dersprüch­li­cher oder mehr­fach wech­seln­der Vor­trag geht zu Las­ten des­sen, der ihn leis­tet (BAG, Ur­teil vom 8.5.1996, NZA 1997 S. 86 ff; Ur­teil vom 4.12.1985, NZA 1986 S. 289 f).

Ob ein nach ar­beits­recht­li­chem Verständ­nis für die An­nah­me von Mob­bing er­for­der-li­ches sys­te­ma­ti­sches An­fein­den, Schi­ka­nie­ren und Dis­kri­mi­nie­ren vor­liegt, hängt im­mer von den Umständen des Ein­zel­fal­les ab. Da­bei ist ei­ne Ab­gren­zung zu dem im ge­sell­schaft­li­chen Um­gang im all­ge­mei­nen übli­chen (vgl. auch Däubler a.a.O. S. 1348) oder recht­lich er­laub­tem und des­halb hin­zu­neh­men­den Ver­hal­ten er­for­der­lich. Es muß ein sys­te­ma­ti­sches Han­deln fest­ge­stellt wer­den. Dies be­deu­tet, daß ein Zu­sam­men­hang mit gleich­ge­la­ger­ten, die Rech­te des Be­trof­fe­nen be­ein­träch­ti­gen­den Ver­hal­tens­wei­sen be­ste­hen muß. Ein sol­cher Zu­sam­men­hang muß sich nicht nur aus dem zeit­li­chen Ab­lauf er­ge­ben, er er­for­dert re­gelmäßig auch ei­ne iden­ti­sche Ziel­set­zung. Von je­dem hin­zu­neh­men­de Hänse­lei­en oder Ne­cke­rei­en können den Rah­men der so­zia­len Adäquanz über­schrei­ten, wenn sie fort­ge­setzt wie­der­holt wer­den, im­mer nur den­sel­ben Mit­ar­bei­ter be­tref­fen, von die­sem er­kenn­bar nicht (mehr) als Spaß auf­ge­fasst wer­den und des­halb nicht dem Scherz son­dern nur der Schi­ka­ne die­nen. Dem­ge­genüber kann es selbst bei gro­ben Be­lei­di­gun­gen an dem für ein sys­te­ma­ti­sches Han­deln er­for­der­li­chen Zu­sam­men­hang feh­len, wenn die­se ver­ein­zelt ge­blie­ben sind, zeit­lich weit aus­ein­an­der­lie­gen oder aus an­de­ren Gründen kei­nen Be­zug zu­ein­an­der auf­wei­sen. Sol­che Hand­lun­gen un­ter­lie­gen dann nur ei­ner auf sie selbst be­schränk­ten recht­li­chen Be­ur­tei­lung. Ei­ne frei­wil­li­ge Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen (z.B. ein­ver­nehm­li­che Ver­set­zung) un­ter­bricht bei ei­nem vom Ar­beit­ge­ber ge­steu­er­ten Mob­bing die Zu­sam­men­hangs­ket­te aber nicht, wenn die­se auf Druck der zu­vor er­folg­ten Mob­bing­hand­lun­gen zu­stan­de­ge­kom­men und der Be­trof­fe­ne ei­ner Fort­set­zung der­ar­ti­ger Hand­lun­gen aus­ge­setzt ist oder auf­grund der neu­en Ar­beits­be­din­gun­gen Ge­fahr läuft, Feh­ler zu be­ge­hen, die dem Ar­beit­ge­ber die

36

Chan­ce eröff­nen, sich sei­ner oh­ne nen­nens­wer­tes (Pro­zess-) Ri­si­ko zu ent­le­di­gen. Ei­ne bei iso­lier­ter Be­trach­tung zur Wahr­neh­mung be­rech­tig­ter Ar­beit­ge­ber­in­ter­es­sen in Be­tracht kom­men­de Maßnah­me (z.B. die Zu­wei­sung be­stimm­ter Auf­ga­ben, die Er­tei­lung ei­ner Ab­mah­nung) kann sich in der Ge­samt­schau als Be­stand­teil ei­nes als Mob­bing ein­zu­ord­nen­den Zu­sam­men­hangs er­wei­sen, mit dem ein der Rechts­ord­nung zu­wi­der­lau­fen­der Zweck er­reicht wer­den soll. Mit dem Be­griff des Mob­bing im ar­beits­recht­li­chen Verständ­nis müssen da­nach fort­ge­setz­te, auf­ein­an­der auf­bau­en­de oder in­ein­an­der überg­rei­fen­de, der An­fein­dung, Schi­ka­ne oder Dis­kri­mi­nie­rung die­nen­de Ver­hal­tens­wei­sen er­fasst wer­den, die nach ih­rer Art und ih­rem Ab­lauf im Re­gel­fall ei­ner über­ge­ord­ne­ten, von der Rechts­ord­nung nicht ge­deck­ten Ziel­set­zung förder­lich sind und je­den­falls in ih­rer Ge­samt­heit das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht, oder an­de­re eben­so geschütz­te Rech­te, wie die Eh­re oder die Ge­sund­heit des Be­trof­fe­nen ver­let­zen. Ein vor­ge­fass­ter Plan ist nicht er­for­der­lich. Ei­ne Fort­set­zung des Ver­hal­tens un­ter schlich­ter Aus­nut­zung der sich je­weils bie­ten­den Ge­le­gen­hei­ten ist aus­rei­chend. Als re­le­van­te Ver­hal­tens­wei­sen kom­men ins­be­son­de­re in Be­tracht: Tätlich­kei­ten; ehr­ver­let­zen­de Hand­lun­gen; se­xu­el­le Belästi­gun­gen; Demüti­gun­gen; Dis­kri­mi­nie­run­gen; grund­lo­se Her­abwürdi­gung der Leis­tun­gen; ver­nich­ten­de Be­ur­tei­lun­gen; Iso­lie­rung; Ab­kop­pe­lung von der be­trieb­li­chen In­for­ma­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on; schi­kanöse An­wei­sun­gen, wie Zu­tei­lung nutz­lo­ser oder unlösba­rer Auf­ga­ben; Ankündi­gung oder Durchführung von be­las­ten­den Maßnah­men oh­ne Be­gründung; Durchführung von Maßnah­men, de­nen ver­gleich­ba­re Mit­ar­bei­ter nicht un­ter­wor­fen sind; sach­lich nicht be­gründ­ba­re Häufung von Ar­beits­kon­trol­len; Her­beiführung oder Auf­recht­er­hal­tung ei­nes Erklärungs­not­stands.

Zur recht­lich zu­tref­fen­den Ein­ord­nung kann dem Vor­lie­gen oder Nicht­vor­lie­gen fall­ty­pi­scher In­di­ztat­sa­chen ei­ne aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung zu­kom­men, wenn ei­ne Kon­ne­xität zu den von dem Be­trof­fe­nen vor­ge­brach­ten Mob­bing­hand­lun­gen be­steht. Da­bei han­delt es sich im we­sent­li­chen um das Be­ste­hen ei­ner er­kenn­ba­ren, sich in der Auslösung des Mob­bings wie­der­spie­geln­den Mo­ti­va­ti­on und ei­nen für Mob­bing ty­pi­schen, in der Re­gel zu­neh­mend es­ka­lie­ren­den Ge­sche­hens­ab­lauf. Darüber­hin­aus kommt auch dem sich ty­pi­scher­wei­se mit zu­neh­men­der Dau­er ver­schlech­tern­den psy­chi­schen und phy­si­schen Ge­sund­heits­zu­stand des Mob­bing­op­fers ins­be­son­de­re dann Be­deu­tung zu, wenn vor­her kei­ne ver­gleich­ba­ren ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen be­stan­den ha­ben. Im Zu­sam­men­wir­ken mit den für Mob­bing ein­schlägi­gen Ver­hal­tens­mus­tern muß das Vor­lie­gen sol­cher In­di­ka­to­ren re­gelmäßig für die Be­rech­ti­gung des Mob­bing­vor­wurfs spre­chen.

Wird das Mob­bing vom Ar­beit­ge­ber ge­lenkt, so geht es in der Re­gel dar­um, den Ar-beit­neh­mer auf kal­tem We­ge zur Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­plat­zes zu be­we­gen. Es muß da­her ge­prüft wer­den, ob der Sach­ver­halt An­halts­punk­te für ein der­ar­ti­ges Ar­beit­ge­ber­in­ter­es­se bie­tet. In der ei­ner­seits von In­for­ma­ti­on und Tech­nik und an­de­rer­seits von zu­neh­men­dem Wett­be­werbs­druck ge­prägten Ge­sell­schaft ste­hen die im­mer schnel­ler ein­tre­ten­de Über­ho­lung von be­ruf­li­chen Kennt­nis­sen und Fer­tig­kei­ten eben­so auf der Ta­ges­ord­nung, wie Fu­si­on und Über­nah­me kom­plet­ter Un­ter­neh­men. Ins­be­son­de­re letz­te­res kann im Ein­zel­fall aus Gründen der Si­cher­stel­lung der Um­set­zung neu­er Un­ter­neh­mens­po­li­ti­ken den Aus­tausch von lei­ten­den Mit­ar­bei­tern er­for­der­lich ma­chen. Im Ge­gen­satz zu der zu­neh­men­den Schnel­le­big­keit von Fak­to­ren, die das Ar­beits­le­ben be­stim­men, schützt das Kündi­gungs­recht das Ar­beits­verhält­nis in sei­nem Be­stand. Das mit der Durch­set­zung von Kündi­gun­gen ver­bun­de­ne Ver­fah­ren blo­ckiert aus Ar­beit­ge­ber­sicht viel­fach ei­ne zügi­ge An­pas­sung der Beschäfti­gungs­struk­tu­ren an wirt­schaft­li­che Er­for­der­nis­se. Ei­ne Mo­ti­va­ti­on des Ar­beit­ge­bers für die Ziel­set­zung, das vom Ge­setz vor­ge­schrie­be­ne Ver­fah­ren zur Be­en­di­gung oder Abände­rung von Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen durch Mob­bing zu

37

um­ge­hen, liegt viel­fach auch dar­in, daß der von be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer sich den Vor­stel­lun­gen zur Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses wi­der­setzt oder vom Ar­beit­ge­ber oder sei­nen Ver­tre­tern fa­vo­ri­sier­te Pro­jek­te nicht hin­rei­chend un­terstützt hat oder aus sons­ti­gen Gründen auffällig ge­wor­den ist. In der Re­gel set­zen die Mob­bing­hand­lun­gen zeit­gleich mit dem auslösen­den Er­eig­nis oder mit nur kur­zer Zeit­verzöge­rung ein.

Rich­tet sich das Mob­bing ge­gen Ar­beits­kol­le­gen oder Vor­ge­setz­te, spie­len oft Neid, Mißgunst, Angst um den ei­ge­nen Ar­beits­platz, be­din­gungs­lo­ses Kar­rie­re­stre­ben, als nicht aus­rei­chend er­ach­te­te so­zia­le An­pas­sung des Op­fers aber auch schlicht sa­dis­ti­sche oder ras­sis­ti­sche Mo­ti­ve ei­ne Rol­le. Ein un­mit­tel­ba­rer Auslöser kann in je­dem Ver­hal­ten des Mob­bing­op­fers lie­gen, wel­ches bei dem Täter Neid und Mißgunst pro­vo­ziert, den An­schein der Gefähr­dung des Ar­beits­plat­zes oder der Kar­rie­re er­weckt, ei­ne aus Sicht der Be­leg­schaft nicht mehr hin­nehm­ba­re Ei­genständig­keit verkörpert. Bei der durch Sa­dis­mus oder Ras­sis­mus be­gründe­ten Mo­ti­va­ti­on reicht oft die schlich­te Exis­tenz des Op­fers.

Der Ge­sche­hens­ab­lauf von Mob­bing ist ty­pi­scher­wei­se ge­prägt durch ei­ne im Ver­lauf er­fol­gen­de quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve Zu­nah­me des auf das Op­fer aus­geübten Drucks. Kann ein Kom­pro­miss nicht ge­fun­den wer­den, nach­dem die Kon­flik­tur­sa­che ge­setzt ist, er­folgt in der Re­gel ei­ne In­ten­si­vie­rung der zunächst auf ein­zel­ne Ge­mein­hei­ten und Un­verschämt­hei­ten be­schränk­ten Ver­hal­tens­wei­sen bis hin zu ei­ner der­ar­ti­gen Häufung der oben bei­spiels­wei­se be­zeich­ne­ten Ver­hal­tens­wei­sen, daß das Op­fer ei­nem re­gel­rech­ten Psy­cho­ter­ror aus­ge­setzt ist. Re­agiert die be­trof­fe­ne Per­son zunächst noch mit Igno­rie­ren, An­pas­sungs­ver­su­chen oder Versöhnungs­an­ge­bo­ten, wird sie im wei­te­ren Ver­lauf häufig ver­su­chen, dem Druck durch kur­ze Aus­zei­ten (Er­kran­kun­gen) zu be­geg­nen. Mit zu­neh­men­der Dau­er stellt sich in der Re­gel ei­ne Ver­schlech­te­rung der see­li­schen und körper­li­chen Ge­sund­heit ein, die über Schlaf­lo­sig­keit, Erschöpfun­gen, psy­cho­so­ma­ti­sche Störun­gen, De­pres­sio­nen, trau­ma­ti­schen Ängs­ten und ernst­haf­ten körper­li­chen Er­kran­kun­gen, im Ein­zel­fall bis zum Selbst­mord(ver­such) führen können (Ley­mann a.a.O. S. 59 ff; zu­sam­men­fas­send Hei­ler/Biel­mann a.a.O. S. 430 f). Denk­bar ist al­ler­dings auch ein wech­sel­sei­ti­ger Es­ka­la­ti­ons­pro­zess, der kei­ne kla­re Ein­ord­nung ei­ner Täter-Op­fer-Be­zie­hung zuläßt (Hei­ler/Biel­mann, a.a.O. S. 432) und des­halb der An­nah­me des Mob­bings ent­ge­gen­steht. Die In­di­ka­ti­on ei­nes recht­lich re­le­van­ten Mob­bings setzt al­ler­dings nicht vor­aus, daß der Be­trof­fe­ne al­le Pha­sen durch­lau­fen hat. Im Ein­zel­fall kann es auch zu ei­ner er­heb­li­chen Verkürzung der Ak­ti­ons- und Re­ak­ti­ons­abläufe kom­men, oh­ne daß des­halb die In­dizwir­kung entfällt.

(bb) Un­ter Zu­grun­de­le­gung der vor­ste­hen­den Erwägun­gen sind die dem Kläger aus­ge­spro­che­ne Ver­set­zung eben­so wie die vor­aus­ge­gan­ge­nen Ab­mah­nun­gen Be­stand­teil ei­ner als Mob­bing ein­zu­stu­fen­den, ab dem 21.3.2000 durch fort­ge­setz­tes Han­deln sys­te­ma­tisch her­bei­geführ­ten schwe­ren Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung der Be­klag­ten. Die­se steht ei­ner iso­lier­ten Würdi­gung der zur Be­gründung der Ver­set­zungs­ent­schei­dung her­an­ge­zo­ge­nen Ver­feh­lun­gen des Klägers und ins­ge­samt der Fest­stel­lung von die ar­beits­ver­trags­gemäße Beschäfti­gung über­wie­gen­den schutzwürdi­gen In­ter­es­sen ent­ge­gen.

Im Streit­fall lie­gen sei­tens des Ar­beit­ge­bers nicht nur An­halts­punk­te, son­dern ei­ne of­fen erklärte Ab­sicht, den Ar­beit­neh­mer zur Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­plat­zes zu be­we­gen, vor. Dar­auf, ob hierfür ei­ne be­rech­tig­te Ur­sa­che vor­liegt, kommt es nicht an. Auch wenn dies der Fall wäre, be­rech­tigt dies nicht zur An­wen­dung recht­lich un­zulässi­ger Me­tho­den. Gleich­wohl ist das Feh­len von ei­ner be­rech­tig­ten Be­an­stan­dung

38

un­ter­lie­gen­den Ver­hal­tens­wei­sen des Klägers fest­zu­stel­len, um das vol­le Ge­wicht der von der Be­klag­ten voll­zo­ge­nen Rechts­ver­let­zung zu be­mes­sen.

Bis in das Jahr 1999 hin­ein er­brach­te der Kläger für die Be­klag­te ab­so­lut vor­bild­li-che Ar­beits­leis­tun­gen. Dies hat die Be­klag­te dem Kläger in den Dan­kes­schrei­ben vom 8.12.1994 und 13.1.1999 persönlich be­schei­nigt. Darüber­hin­aus hat sie die Leis­tun­gen des ihm un­ter­stell­ten Geschäfts­be­reichs in den Haus­mit­tei­lun­gen vom 28.3.1996, 8.1.1999, 11.1.1999, 13.1.1999 un­ter­neh­mensöffent­lich als mus­tergültig, Spit­zen­rei­ter in der Zie­l­erfüllung (Spar­kas­sen­ver­si­che­rung 124 %, Bau­spar­geschäft 135 %) bes­tes Re­sul­tat, her­aus­ge­stellt. In dem an ihn persönlich ge­rich­te­ten Dan-kes­schrei­ben hat sie dem Kläger mit­ge­teilt, daß es ihr durch das von ihm im Bau-spar­be­reich er­ziel­te Re­sul­tat ins­ge­samt möglich ge­we­sen sei, ein Re­kord­er­geb­nis zu er­rei­chen, wel­ches zum ers­ten Platz un­ter den Spar­kas­sen Thürin­gens geführt ha­be. Die Rich­tig­keit die­ser Be­lo­bi­gun­gen hat auch der Vor­stand B in sei­ner in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­folg­ten Par­tei­anhörung bestätigt. Die­ser Wertschätzung ent­sprach es, den Kläger mit dem 22.6.1999 ne­ben sei­ner Tätig­keit als Markt­be­reichs­lei­ter G - Land ver­tre­tungs­wei­se als Markt­be­reichs­lei­ter und Haupt­geschäft­stel­len­lei­ter Z mit 84 un­ter­stell­ten Mit­ar­bei­terIn­nen ein­zu­set­zen. Daß der Kläger auch bei der Kund­schaft er­heb­li­ches An­se­hen ge­noß, wird durch das Schrei­ben des Geschäftsführers des zweit­größten Ar­beit­ge­bers des Markt­be­reichs Z deut­lich, in wel­chem dem Kläger bis­her in der Lei­tungs­ebe­ne ver­miss­tes Verständ­nis und Ei­gen­in­itia­ti­ve be­schei­nigt und die Durchführung ei­ner demnächst an­ste­hen­den In­ves­ti­ti­on von ca. 17 Mio DM von dem Vor­han­den­sein sol­cher Mit­ar­bei­ter wie dem Kläger abhängig ge­macht wird. Für die Kam­mer ist auf der Ba­sis die­ser Er­kennt­nis­se auch nicht an­satz­wei­se ein Grund er­kenn­bar, der ei­nen ge­recht und wirt­schaft­lich vernünf­tig den­kend und han­deln­den Ar­beit­ge­ber zum Jah­res­wech­sel 2000 da­zu be­we­gen konn­te, ei­nen für den Auf­bau der Spar­kas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on in Ostthürin­gen der­art ver­dien­ten Mit­ar­bei­ter aus sei­nem Ar­beits­platz zu drängen.

Der Kläger hat­te des­halb nicht den ge­rings­ten An­laß, das ihm von dem zum 1.1.2000 bei der Be­klag­ten neu ein­ge­tre­te­nen Vor­stand B in dem ers­ten mit die­sem statt­ge­fun­de­nen persönli­chen Gespräch am 21.3.2000 un­ter­brei­te­te An­ge­bot ei­nes un­ter­halb der Führungs­ebe­ne lie­gen­den Ein­sat­zes an­zu­neh­men. Die von der Be­klag­ten ins­be­son­de­re in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung für die­ses An­ge­bot ge­ge­be­ne Erklärung be­legt le­dig­lich ei­ge­ne In­kom­pe­tenz. Da­nach wur­den dem Vor­stand B anläßlich sei­ner Ver­ant­wor­tungsüber­nah­me für den Sek­tor Per­so­nal im Frühjahr 2000 von den Vorständen H und W „all­ge­mei­ne“ In­for­ma­tio­nen über an­geb­lich zu­neh­men­de Kla­gen aus dem Be­reich der Mit­ar­bei­ter und der Kund­schaft über den Kläger zu­ge­spielt. In kei­nem Fall wur­den dem Vor­stand B auf­grund kon­kre­ter An­ga­ben nach­voll­zieh­ba­re Sach­ver­hal­te ge­nannt. Es er­folg­te nicht ein­mal die Nen­nung der ver­meint­li­chen Quel­len. Be­reits dies hätte das Mißtrau­en des Vor­stands B und wenn die an­de­ren Vor­stands­mit­glie­der nicht über kon­kre­te In­for­ma­tio­nen verfügt hätten auch de­ren Mißtrau­en er­we­cken müssen. In der Be­ru­fungs­ver­hand­lung räum­te der Vor­stand B ein, wei­te­re Nach­fra­gen und Re­cher­chen zur Her­kunft die­ser In­for­ma­tio­nen un­ter­las­sen zu ha­ben. Spätes­tens nach­dem ihm am 20.3.2000 von dem Vor­stand W ein an die­sen ge­rich­te­tes Schrei­ben vom 8.3.2000 der Stell­ver­tre­te­rin E des Klägers und ein oh­ne Aus­stel­ler, Da­tum und Un­ter­schrift an den Per­so­nal­rat ge­rich­te­tes Schrei­ben über­ge­ben wur­de, hätte der Vor­stand B der Sa­che auf den Grund ge­hen müssen. Das Schrei­ben der Stell­ver­tre­te­rin ent­hielt le­dig­lich de­ren Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kläger be­tref­fen­de Pau­schal­vorwürfe, die zu­min­dest des­sen Anhörung er­for­dert hätten und im Er­geb­nis al­len­falls An­laß zu ei­ner Ab­stim­mung der Kom­pe­ten­zen ge­ge­ben hätten. Das an den Per­so­nal­rat ge­rich­te­te Schrei­ben de­nun­ziert das an­geb­li­che Be­ste­hen un­erträgli­chen Fehl­ver­hal­tens des Klägers und kann

39

schon auf­grund sei­ner An­ony­mität nicht Grund­la­ge ir­gend­wel­cher Ent­schei­dun­gen sein. Die Si­che­rung ei­ner tragfähi­gen Be­ur­tei­lungs­grund­la­ge ist ein Grund­prin­zip, dem je­der Ent­schei­dungs­träger bei Ent­schei­dun­gen je­der Art ver­pflich­tet ist. An­statt ihm al­so nur ei­nen Tag später das An­ge­bot sei­ner Ent­las­sung aus dem Führungs­be­reich der Be­klag­ten zu ma­chen, hätten die Hin­ter­gründe die­ser plötz­lich ge­ballt auf­tre­ten­den, an­onym und gerüchte­wei­se aber nicht auf nach­prüfba­re Fak­ten gestütz­ten Be­schul­di­gun­gen des Klägers sorgfältig auf­geklärt wer­den müssen. Den­noch war nach den An­ga­ben des Vor­stands B in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung der kom­plet­te Vor­stand der Be­klag­ten le­dig­lich auf­grund die­ser völlig un­zu­rei­chen­den In­for­ma­ti­ons­la­ge der Mei­nung, daß der Kläger als Führungs­kraft nicht qua­li­fi­ziert war, wo­bei die Mei­nung des Vor­stands B mit­ge­prägt war durch ei­ne ge­genüber sei­nem Vor­schlag, das Woh­nungbau­kre­dit­geschäft auf die Geschäfts­stel­len zu de­zen­tra­li­sie­ren, in ei­ner Mit­ar­bei­ter­be­spre­chung am 1.2.2000 als ab­weh­rend emp­fun­de­ne Hal­tung des Klägers.

Die Ab­leh­nung des ihm vom Vor­stand B am 21.3.2000 ge­mach­ten An­ge­bots löste un­verzüglich ein durch un­mit­tel­ba­re Hand­lun­gen und ent­spre­chen­de Len­kung sei-nes Ar­beits­verhält­nis­ses durch den Vor­stand ge­gen den Kläger bis zum 24.7.2000 un­un­ter­bro­chen be­trie­be­nes Mob­bing aus:

Be­reits auf den bezüglich der Abände­rung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses er­folg­ten Wi­der­spruch re­agier­te der Vor­stand B noch in dem frag­li­chen Gespräch mit ei­nem ge­gen den Kläger ge­rich­te­ten, in sei­ner Mas­si­vität kaum noch über­biet­ba­ren Rund­um­schlag, in­dem er den Kläger nicht nur mit so­for­ti­ger Wir­kung von sei­nen bis­he­ri­gen Auf­ga­ben ent­band und zur Ab­ga­be der Schlüssel ver­an­lass­te, son­dern ihm darüber­hin­aus auch noch Gespräche mit Mit­ar­bei­tern und Kun­den ver­bot. Die Vor­nah­me die­ser Maßnah­men hat der Vor­stand B in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung bestätigt.

Be­reits in dem nach zwi­schen­zeit­li­cher Ur­laub­nah­me nächs­ten Gespräch des Vor­stands B am 24.3.2000 leg­te die Be­klag­te nach wei­te­rer Ab­leh­nung des Klägers, in ein an­de­res Tätig­keits­ge­biet zu wech­seln, ih­re Tren­nungs­ab­sicht durch die An­re­gung ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges zum 31.3.2000 of­fen. Bis da­hin be­fand sich der Kläger über die kon­kre­ten Ur­sa­chen die­ser Ge­scheh­nis­se im­mer noch im Un­kla­ren. Mit der an ihn ge­rich­te­ten Wei­sung des Vor­stands B, sich am 27.3.2000 in der Per­so­nal­ab­tei­lung bei Frau N zu mel­den und de­ren An­wei­sun­gen Fol­ge zu leis­ten, ging die Be­klag­te zu ei­ner sys­te­ma­ti­schen Ver­un­si­che­rung des Klägers über, die da­durch ge­prägt war, die­sen im Un­kla­ren über sein be­ruf­li­ches Schick­sal zu las­sen und die mit schi­ka­nie­ren­den Ver­hal­tens­wei­sen ver­bun­den war.

Die­se Stra­te­gie fand in der Fol­ge­zeit Nie­der­schlag in dem die Su­s­pen­die­rung des Klägers von sei­nen bis­he­ri­gen Auf­ga­ben bestäti­gen­den Schrei­ben der Vorstände B und W vom 27.3.2000, in dem da­von die Re­de ist, daß er in Kürze über ei­ne ihm zunächst zu über­tra­gen­de Auf­ga­be un­ter­rich­tet wer­de, die mehr als die bis­he­ri­ge Tätig­keit sei­nen Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen ent­spre­che. Der Ver­un­si­che­rung des Klägers dien­te auch die von der Be­klag­ten nicht be­strit­te­ne gleich­zei­tig er­folg­te Ankündi­gung von Ab­mah­nun­gen durch den Vor­stand B und die Auf­for­de­rung, zu den be­ab­sich­tig­ten neu­en Struk­tu­ren im Hau­se Stel­lung zu neh­men, oh­ne daß die­se dem Kläger mit­ge­teilt wur­den. Auf­grund der Vor­ent­hal­tung der die neu­en Struk­tu­ren be­tref­fen­den In­for­ma­tio­nen han­del­te es sich um ei­ne für den Kläger unlösba­re und des­halb nur der Schi­ka­ne dien­li­chen Auf­ga­be.

Nach dem bis da­hin er­folg­ten Ab­lauf ist es nicht ver­wun­der­lich, daß der Kläger be-gann, an Neu­rasthe­nie und Zer­vi­kal­neur­al­gie d.h. an psy­cho­ve­ge­ta­tiv aus­gelösten

40

Schmerz­syn­dro­men (Pschy­rem­bel, Kli­ni­sches Wörter­buch, 258. Aufl., S. 1111, 1112) zu lei­den und vom 27.3. bis 10.4.2000 ei­ne ent­spre­chen­de Ar­beits­unfähig­keit ein­trat.

Be­reits am 11.4.2000, dem ers­ten Tag der Wie­der­auf­nah­me sei­ner Tätig­keit setz­te die Be­klag­te die Ver­un­si­che­rung des Klägers fort, in dem die­se ihn oh­ne nähe­re Be­gründung nun­mehr an­wies, sich mit der The­ma­tik des Spar­kas­sen-Im­mo­bi­li­en-Cen­ters zu beschäfti­gen und sich im 2. Stock der Kre­dit­ab­tei­lung auf­zu­hal­ten. Nach­dem er die zwei dar­auf­fol­gen­den Ta­ge so be­han­delt wur­de, als sei er nicht exis­tent, in­dem er kei­ner­lei kon­kre­te An­ga­ben bezüglich sei­ner Beschäfti­gung er­hielt, er­krank­te er er­neut an den o.g. Syn­dro­men und an bio­me­cha­ni­schen Funk­ti­onsstörun­gen und war vom 14.4. bis 27.4.2000 ar­beits­unfähig ge­schrie­ben. Für die Be­klag­te war dar­aus zu er­ken­nen, daß die von ihr ein­ge­schla­ge­ne Zermürbungs­stra­te­gie an­schlug.

Mit Schrei­ben vom 17.4.2000, wel­ches dem Kläger am 20.4.2000, al­so noch wäh-rend sei­ner Er­kran­kung zu­ging, leg­te die Be­klag­te nach und teil­te ihm die vorüber­ge­hen­de Um­set­zung in den Im­mo­bi­li­en­be­reich so­wie die Un­ter­stel­lung un­ter die dor­ti­ge Ab­tei­lungs­lei­te­rin, die nach BAT III ein­grup­pier­te Zeu­gin U mit; al­so auch hier wie­der Auf­recht­er­hal­tung der Un­ge­wiss­heit über den wei­te­ren Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses. Gleich­zei­tig führ­te die­ses Schrei­ben zu ei­ner für al­le Mit­ar­bei­ter der Spar­kas­se er­kenn­ba­ren De­gra­die­rung des Klägers. Der zu­vor nach BAT II ein­grup­pier­te, nur dem Vor­stand un­ter­stell­te Kläger soll­te nun­mehr der mit BAT III vergüte­ten Zeu­gin U un­ter­stellt und wie ein nach BAT VII zuzüglich Verkäufer­pro­vi­si­on vergüte­ter Sach­be­ar­bei­ter ein­ge­setzt wer­den. Letz­te­res er­gibt sich aus der in­so­weit glaubwürdi­gen, weil we­der von dem Kläger noch der Be­klag­ten be­strit­te­nen Aus­sa­ge der Zeu­gin U. Bis zu die­sem Zeit­punkt ver­hielt sich der Kläger im­mer noch de­fen­siv.

Am 28.4.2000 woll­te er die ihm mit Schrei­ben vom 17.4.2000 über­tra­ge­ne Tätig­keit auf­neh­men. Auch hier zöger­te die Be­klag­te kei­nen Mo­ment. Be­reits an die­sem, dem ers­ten Tag der Wie­der­auf­nah­me sei­ner Tätig­keit, erhöhte sie den aus­geübten Druck und „feu­er­te aus al­len Roh­ren“ auf den an­ge­schla­ge­nen Kläger, in dem sie ihm mit ei­nem Schlag 4 Ab­mah­nun­gen überg­ab. Sei­nem hier­ge­gen ge­rich­te­ten Ein­wand, er sei noch nicht ein­mal zu den in den Ab­mah­nun­gen ent­hal­te­nen Vorwürfen gehört wor­den, trat sie mit der an Kälte kaum noch zu über­bie­ten­den Be­gründung ent­ge­gen, da er krank ge­we­sen sei, ha­be die nach § 13 Abs. 2 BAT vor­ge­schrie­be­ne Anhörung nicht statt­fin­den können. Das Ar­gu­ment der Be­klag­ten, die Split­tung des ei­nen Zeit­raum von 4 Mo­na­ten be­tref­fen­den ein­heit­li­chen Vor­wurfs wei­sungs­wid­ri­ger Si­cher­heits­schu­lun­gen in 4, die Mo­na­te Sep­tem­ber bis De­zem­ber 1999 be­tref­fen­de, Ab­mah­nun­gen be­ru­he auf der Rechts­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te, daß ei­ne meh­re­re Pflicht­verstöße um­fas­sen­de Ab­mah­nung bei Nich­ter­weis­lich­keit auch nur ei­ner ein­zi­gen der ab­ge­mahn­ten Pflicht­ver­let­zun­gen rechts­un­wirk­sam sei, ist an­ge­sichts des ge­sam­ten Sach­ver­halts als ein nur der Ab­len­kung von den wirk­li­chen Ab­sich­ten der Be­klag­ten die­nen­des Täuschungs­manöver zu be­ur­tei­len. Schon weil der Zweck die­ser Ab­mah­nun­gen nach den aus dem bis­he­ri­gen Ab­lauf der Ge­scheh­nis­se er­kenn­ba­ren Be­weg­gründen der Be­klag­ten zu nichts an­de­rem dien­te, als den Kläger fer­tig zu ma­chen, sind die­se rechts­un­wirk­sam. Nur der Vollständig­keit hal­ber ist dar­auf hin­zu­wei­sen, daß der in ih­nen ent­hal­te­ne Vor­wurf auch in der Sa­che un­be­gründet ist. Die Be­klag­te kann dem Kläger kein Ver­hal­ten zum Vor­wurf ma­chen, daß auf ei­ner feh­ler­haf­ten Or­ga­ni­sa­ti­on des Un­ter­neh­mens be­ruht, für wel­che der Vor­stand selbst die Ver­ant­wor­tung trägt. Der Kläger hat dar­ge­legt, daß er durch die ver­tre­tungs­wei­se gleich­zei­ti­ge Über­tra­gung der Lei­tung der Markt­be­rei­che G - Land, Z und der Haupt­geschäfts­stel­le Z vom 22.6.2000 aus Zeit­gründen nur noch in der La­ge

41

war, die Si­cher­heitschu­lun­gen im schrift­li­chen Um­lauf­ver­fah­ren durch­zuführen. Die Be­an­stan­dun­gen der Be­klag­ten fal­len al­le­samt in die­sen Zeit­raum. Der Kläger hat­te den Vor­stand W be­reits mehr­fach im Herbst 1999 dar­auf hin­ge­wie­sen, daß es ihm auf­grund der ab Ju­ni ein­ge­tre­te­nen Mehr­be­las­tun­gen nicht auch noch möglich sei, lücken­los sämt­li­che ad­mi­nis­tra­ti­ven Auf­ga­ben im Be­reich der Geschäfts­stel­len­lei­tung wahr­zu­neh­men. Auf die dies­bezügli­che Bit­te um per­so­nel­le und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ent­las­tung hat der Vor­stand nicht re­agiert. Die ver­tre­tungs­wei­se Aus­deh­nung des Ver­ant­wor­tungs­be­reichs des Klägers soll­te nach Äus­se­run­gen der Be­klag­ten vorüber­ge­hend sein. Ei­ne wie im Streit­fall 6 Mo­na­te an­dau­ern­de Ver­tre­tungs­la­ge im Be­reich der un­ter­halb des Vor­stands an­ge­sie­del­ten Führungs­ebe­ne kann un­ter Zu­grun­de­le­gung pflicht­gemäßer Un­ter­neh­mensführung nur als Or­ga­ni­sa­ti­ons­man­gel ge­wer­tet wer­den. Dem Vor­stand und nicht dem durch den recht­zei­tig er­fol­gen­den Über­las­tungs­hin­weis sorgfältig und im In­ter­es­se der Be­klag­ten han­deln­den Kläger ist es da­her an­zu­las­ten, wenn die Si­cher­heits­schu­lun­gen nicht be­stim­mungs­gemäß er­fol­gen konn­ten. Be­zeich­nen­der­wei­se hat die Be­klag­te die­se ver­meint­li­chen Fehl-leis­tun­gen des Klägers auch erst „aus der Ta­sche ge­zo­gen“, nach­dem sie dies als sach­dien­lich für ih­re nach dem 21.3.2000 ver­folg­te Ziel­set­zung, den Kläger zur Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu brin­gen, er­ach­tet hat. Es liegt auf der Hand, daß die Ar­beits­unfähig­keit des Klägers vom 2.5. bis 19.5.2000 in un­trenn­ba­rem Zu­sam­men­hang mit dem durch die Überg­a­be der Ab­mah­nun­gen er­folg­ten Fron­tal­an­griff auf sei­ne Psy­che steht.

Auch nach Ab­lauf die­ser Ar­beits­unfähig­keit ließ die Be­klag­te dem Kläger nicht den ge­rings­ten Spiel­raum zum Durch­at­men. Be­reits am Mon­tag, den 22.5.2000, dem Tag der Ar­beits­auf­nah­me, der zu­gleich sein Dienst­an­tritt in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung war, über­zog ihn die Be­klag­te mit ei­ner „Sal­ve“ wei­te­rer, auf der Ba­sis des bis­he­ri-gen Ab­laufs nur als Psy­chofol­ter zu be­zeich­nen­den Maßre­ge­lun­gen, in­dem er 3 wei­te­re Ab­mah­nun­gen er­hielt und ihm gleich­zei­tig Auf­ga­ben zu­ge­wie­sen wur­den, die in ih­rer Ge­ring­wer­tig­keit kaum noch zu un­ter­bie­ten wa­ren. Auch hier recht­fer­tig­te die Be­klag­te die Nicht­anhörung des Klägers mit der vor­aus­ge­gan­ge­nen Krank­heit. In­so­weit gilt nichts an­de­res, als das was be­reits zu den vor­aus­ge­gan­ge­nen 4 Ab­mah­nun­gen ge­sagt wur­de. Auch die­se Ab­mah­nun­gen sind be­reits des­halb rechts­un­wirk­sam, weil sie in Wirk­lich­keit nicht der zukünf­ti­gen Ein­hal­tung des ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ver­hal­tens des Klägers die­nen, son­dern sei­ner zum Zwe­cke der frei­wil­li­gen Auf­ga­be des Ar­beits­plat­zes be­trie­be­nen Zermürbung. Un­ge­ach­tet des­sen han­del­te es sich auch bei dem Ge­gen­stand die­ser Ab­mah­nun­gen um an den Haa­ren her­bei­ge­zo­ge­ne, der Sa­che nach halt­lo­se Vorwürfe. Der Vor­wurf, der Kläger ha­be im 2. Halb­jahr 1999 bis März 2000 ent­ge­gen den Vor­schrif­ten nicht in­ner­halb von 10 Ta­gen nach Er­schei­nen der Lis­te der über­zo­ge­nen Gi­ro­kon­ten die er­for­der­li­chen Stich­pro­ben­kon­trol­len durch­geführt, ist schon des­halb un­be­rech­tigt, weil die Be­klag­te durch den Kläger von des­sen ab Ju­ni 1999 be­ste­hen­den Über­las­tung wußte und kei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche oder per­so­nel­le Ab­hil­fe ge­schaf­fen hat. Im übri­gen ist das Vor­brin­gen der Be­klag­ten in­so­weit wi­dersprüchlich, denn in dem von der Stell­ver­tre­te­rin des Klägers an den Vor­stand W ge­rich­te­ten (Be­schwer­de-) Schrei­ben vom 8.3.2000 ist da­von die Re­de, daß der Kläger sehr da­mit beschäftigt sei, Feh­ler zu su­chen und Ab­ga­ben an die Re­vi­si­ons­ab­tei­lung, wel­che von ihm zur Kennt­nis zu neh­men sei­en, bis in die kleins­ten De­tails von ihm ge­prüft würden. Auch dies spricht nicht ge­ra­de dafür, daß der Kläger sei­ne Kon­troll­pflich­ten oh­ne Not d.h. schuld­haft ver­nachlässigt ha­ben würde. Der Vor­wurf, der Kläger ha­be am 7.10.1999 ei­ne Mit­ar­bei­te­rin an­ge­wie­sen, sich un­ter sei­ner Be­die­ner­num­mer am Ter­mi­nal an­zu­mel­den, um an sei­ne ei­ge­nen Kom­pe­ten­zen ge­bun­de­ne Ar­beits­vorgänge zu er­le­di­gen, kann un­abhängig da­von, ob dies ei­ne Fol­ge der von der Be­klag­ten nicht ab­geänder­ten Über­las­tung des Klägers war, nicht Ge­gen­stand ei­ner im Mai 2000 er­teil­ten Ab­mah-

42

nung sein. Der Ar­beit­ge­ber darf bis zur Ab­mah­nung ar­beits­ver­trags­wid­ri­ger Ver­hal­tens­wei­sen kei­nen Zeit­raum ver­strei­chen las­sen, nach des­sen Ab­lauf der Ar­beit­neh­mer auf die Kon­se­quenz­lo­sig­keit sei­nes Fehl­tritts ver­trau­en durf­te. Die Be­klag­te konn­te dem Kläger auch nicht zur Last le­gen, daß die­ser am 20.3.2000 ei­ne an Bron­chi­tis er­krank­te Mit­ar­bei­te­rin nicht un­mit­tel­bar auf de­ren Bit­te nach Hau­se ge­schickt, son­dern erst Ver­tre­tungs­fra­gen geklärt hat. Wenn die­se Mit­ar­bei­te­rin trotz die­ser be­reits vor­tags be­ste­hen­den Er­kran­kung zur Ar­beit er­schien, kann dem Kläger dies nicht im We­ge ei­ner Ab­mah­nung zur Last ge­legt wer­den. Das Vor­lie­gen ei­ner Dring­lich­keit, die ein un­auf­schieb­ba­res Nach­hau­se­schi­cken die­ser Mit­ar­bei­te­rin er­for­dert hätte, war für den Kläger nicht er­kenn­bar. Die Be­klag­te hat auch selbst nicht be­haup­tet, daß der Kläger die­se Mit­ar­bei­te­rin wie ge­wohnt ha­be ar­bei­ten las­sen. Wenn nicht ei­ne dem ent­ge­gen­ste­hen­de Dring­lich­keit be­steht, ist in sol­chen Fällen viel­mehr ei­ne ge­ord­ne­te Ar­beits­platzüberg­a­be sinn­voll, die ei­ne In­for­ma­ti­on des Ver­tre­ters über die lau­fen­den Geschäfte si­cher­stellt.

Die dem Kläger in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung zu­ge­wie­se­nen Auf­ga­ben und die ihm dort wi­der­fah­re­ne Be­hand­lung wa­ren dar­auf an­ge­legt, die bis­lang statt­ge­fun­de­nen Demüti­gun­gen und Schi­ka­nen fort­zu­set­zen. Die dor­ti­ge Ab­tei­lungs­lei­te­rin, die Zeu­gin U, hat in ih­rer Ver­neh­mung ein­geräumt, die dem Kläger zur Übe­r­ar­bei­tung ge­ge­be­nen Kun­den­kar­tei­kar­ten sei­en mehr oder we­ni­ger lie­gen­ge­blie­ben ge­we­sen oder nicht so be­ar­bei­tet wor­den, wie es hätte sein sol­len. Der Kläger soll­te auch die ihm über­ge­be­nen Im­mo­bi­li­en­ex­posés auf den ak­tu­el­len Stand brin­gen. Es han­del­te sich da­nach um nichts an­de­res als Aufräum­ar­bei­ten, die nicht im ent­fern­tes­ten der Wer­tig­keit der Tätig­keit ent­spra­chen, wel­che die Par­tei­en ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bart hat­ten. Zur Er­le­di­gung die­ser Aufräum­ar­bei­ten war ei­ne Abklärung der Fra­ge ei­nes wei­ter­be­ste­hen­den Kauf- oder Ver­kauf­in­ter­es­sen bei den je­wei­li­gen Kun­den er­for­der­lich. Da­mit war der Kläger bei Ein­hal­tung der Auf­ga­ben­zu­wei­sung ge­zwun­gen, an sei­ner ei­ge­nen Demüti­gung auch noch selbst mit­zu­ar­bei­ten, denn wenn er bei ei­nem von mo­na­te­lan­ger Untätig­keit der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung be­trof­fe­nen Kun­den an­rief, mußte er sich „bis auf die Kno­chen bla­mie­ren“. Die­ser von dem Kläger in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ge­schil­der­te Ein­druck be­stand völlig zu Recht. So­weit die Be­klag­te und die Zeu­gin U an­ge­ge­ben ha­ben, dem Kläger sei­en die­se Tätig­kei­ten des­halb über­tra­gen wor­den, weil dies der nor­ma­le Weg zur Ein­ar­bei­tung in die Im­mo­bi­li­en­ab­teil­lung ge­we­sen sei, wird dies von den Fest­stel­lun­gen der Kam­mer nicht ge­deckt. Wenn die Be­klag­te – wie sie und die Zeu­gin U an­ge­ge­ben ha­ben – dem Kläger wirk­lich ei­ne neue fai­re be­ruf­li­che Per­spek­ti­ve hätten eröff­nen wol­len, dann hätte sich die Ein­wei­sung in das Im­mo­bi­li­en­geschäft nicht nur auf die 45-minüti­ge Ein­wei­sung der Zeu­gin U in des­sen Grundzüge und die Überg­a­be ei­nes Leitz­ord­ners be­schränkt. Die Zeu­gin U hat in­so­weit be­kun­det, daß es sich bei die­sem Ord­ner um ein rei­nes Or­ga­ni­sa­ti­ons­buch ge­han­delt ha­be, in dem we­der be­son­de­res Fach­wis­sen ver­mit­teln­de Un­ter­la­gen noch Hin­wei­se, wie man Im­mo­bi­li­en ver­kauft, ent­hal­ten ge­we­sen sei­en. Un­strei­tig er­folg­te ei­ne wei­ter­ge­hen­de Ein­ar­bei­tung des Klägers nicht. Schon aus der Aus­sa­ge der Zeu­gin U, es wäre nicht zu­viel ge­we­sen, wenn die Mit­ar­bei­ter V und R der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung den Kläger et­was ein­ge­ar­bei­tet hätten, folgt die Rich­tig­keit der Be­haup­tung des Klägers, daß die­sem dort ei­ne Ein­ar­bei­tung ver­wei­gert wor­den ist. Die wah­re Ziel­set­zung, wel­che die Be­klag­te mit der Beschäfti­gung des Klägers in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung ver­folg­te, wird schließlich durch ihr ei­ge­nes Schrei­ben vom 27.3.2000 ent­larvt. In die­sem hat­te sie aus­geführt, daß sie dem Kläger zunächst ei­ne Auf­ga­be über­tra­gen wer­de, die mehr als die bis-he­ri­ge Tätig­keit sei­nen Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen ent­spre­che. Die Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen des Klägers la­gen aber ge­ra­de nicht im Im­mo­bi­li­en­ver­kauf. Dies an­zu­neh­men, be­stand für die Be­klag­te kei­ner­lei An­laß. In der Be­ru­fungs­ver­hand­lung hat sie auch un­strei­tig ge­stellt, daß der Kläger kei­ne Ver­triebs­er­fah­rung in die­sem Be­reich hat­te. Wenn sie

43

den nach BAT II zu vergüten­den Kläger trotz­dem mit ei­ner nach BAT VII be­wer­te­ten Tätig­keit be­trau­te, dann läßt dies nur den Rück­schluss zu, daß es ihr dar­auf an­kam, den bezüglich der frei­wil­li­gen Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhälnis­ses un­ein­sich­ti­gen Kläger so­lan­ge wei­ter zu quälen, bis die­ser dem auf ihn aus­geübten Druck nicht mehr Stand hält. Wenn es der Be­klag­ten in Wirk­lich­keit über­haupt nicht auf ei­ne den Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen ent­spre­chen­de Tätig­keit des Klägers an­kam, dann dien­te das ei­ne ent­spre­chen­de Ankündi­gung ent­hal­ten­de Schrei­ben vom 27.3.2000 nicht nur der Ver­un­si­che­rung des Klägers, son­dern auch der Kund­ga­be ei­ner vor­aus­ei­len­den Scha­den­freu­de.

In der Ab­fol­ge des­sen ist es dem Kläger nicht zur Last zu le­gen, daß er in den bei­den fol­gen­den Ta­gen sei­ne bis­lang auf Nach­gie­big­keit ge­rich­te­te Hal­tung auf­gab und die Durchführung der ihm über­tra­ge­nen Tätig­kei­ten ver­wei­ger­te. Die Be­klag­te kann dem Kläger auch nicht zum Vor­wurf ma­chen, daß die­ser während des zur Klärung der Un­stim­mig­kei­ten mit der Zeu­gin U, den Mit­ar­bei­tern V und R am 25.5.2000 geführ­ten Gesprächs un­ver­mit­telt auf­ge­sprun­gen ist und ge­genüber dem Zeu­gen R die Hand er­ho­ben hat. Es be­ste­hen schon Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Be­haup­tung der Be­klag­ten, daß die Hand­be­we­gung des Klägers da­zu dien­te, den Mit­ar­bei­ter R zu schla­gen. Auf ent­spre­chen­de Auf­for­de­rung hat der Kläger in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung mehr­mals den Be­we­gungs­ab­lauf de­mons­triert und je­des­mal die lin­ke Hand mit der nach vor­ne geöff­ne­ten Handfläche in Kopfhöhe er­ho­ben. Bei sei­ner ergänzen­den Ver­si­che­rung, nicht zu­ge­schla­gen zu ha­ben, mach­te er spon­tan ei­ne ent­spre­chen­de Be­we­gung mit der rech­ten Faust nach vor­ne. Da­nach kann zwar nicht mehr nur von ei­nem Ges­ti­ku­lie­ren des Klägers ge­spro­chen wer­den, der Wil­le zu ei­ner körper­ver­let­zen­den Hand­lung kann aber schon auf­grund der spon­tan und oh­ne Vor­be­rei­tungsmöglich­keit er­folg­ten De­mons­tra­ti­on nicht nach­ge­wie­sen wer­den. Viel­mehr ist von ei­ner rei­nen Droh­gebärde aus­zu­ge­hen. Wel­chem Ziel die­se Ak­ti­on des Klägers dien­te, kann al­ler­dings letzt­end­lich des­halb da­hin­ge­stellt blei­ben, weil es sich nach Über­zeu­gung der Kam­mer um ei­ne wil­lent­lich nicht mehr steu­er­ba­re Re-flex­be­we­gung ge­han­delt hat, die durch die vor­an­ge­gan­ge­ne Zermürbung des Klägers durch die Be­klag­te und die in die­sem Zu­sam­men­hang ste­hen­de Pro­vo­ka­ti­on des Mit­ar­bei­ters R her­bei­geführt wor­den ist. Un­strei­tig wur­de der Kläger in die­sem Gespräch mit ver­schie­de­nen, sei­ne Tätig­keit in der Im­mo­bi­li­en­ab­tei­lung be­tref­fen­den Vorwürfen über­zo­gen, die schon des­halb un­be­rech­tigt wa­ren, weil die Be­klag­te nach dem zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­den Ar­beits­ver­trag kein Recht hat­te, ihn dort zu beschäfti­gen und schon gar nicht in der ge­sche­he­nen Art und Wei­se. Wenn der Kläger vorträgt, er sei sich als ehe­ma­li­ger Markt­be­reichs­lei­ter mit 84 un­ter­stell­ten Mit­ar­bei­tern wie ein dum­mer Jun­ge vor­ge­kom­men, ist dies mehr als nach­voll­zieh­bar und be­legt das zu die­sem Zeit­punkt be­ste­hen­de Aus­maß sei­ner Demüti­gung. Un­mit­tel­ba­rer Auslöser für die Re­flex­hand­lung des Klägers war nach Über­zeu­gung der Kam­mer die Äus­se­rung des Mit­ar­bei­ters R „Sie als Markt­be­reichs-hei­ni wer­den ja wohl in der La­ge sein, Te­le­fon­gespräche mit Kun­den zu führen“, die er von die­sem als Ant­wort auf sein Ver­lan­gen er­hielt, der Mit­ar­bei­ter R sol­le ihn zur Ein­ar­bei­tung zu des­sen ge­ra­de lau­fen­den Im­mo­bi­li­en­geschäften mit­neh­men. Die­se Äußerung des Mit­ar­bei­ters R steht fest auf­grund der An­ga­ben des Klägers in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung. Der Kläger hat aus­ge­sagt, daß er sich an die­se Aus­drucks­wei­se noch ganz ge­nau er­in­ne­re. Die­se Wor­te ent­hiel­ten ei­ne of­fe­ne Be­lei­di­gung des Klägers. Daß er sich aus­ge­rech­net dar­an, an die an­de­ren Ein­zel­hei­ten des Gesprächs aber nicht mehr ge­nau er­in­nern konn­te, ist des­halb glaub­haft. Die Aus­sa­ge des Klägers ist aber auch glaubwürdig. Während der ge­sam­ten zur Aufklärung des Sach­ver­halts in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­folg­ten Anhörung des Klägers hat die­ser sich nicht ein ein­zi­ges Mal in Wi­dersprüche ver­wi­ckelt und selbst die aus sei­ner Sicht mögli­cher­wei­se zu sei­nen Las­ten wir­ken­de Hand­be­we­gung nicht zu ver­nied­li­chen ver­sucht.

44

So­weit sei­ne ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung vom 8.1.2001 un­vollständig war, hat er un­auf­ge­for­dert in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ei­ne Rich­tig­stel­lung über­reicht. Der Kern sei­ner Aus­sa­ge wur­de auch durch die Zeu­gin U bestätigt. Die­se hat al­ler­dings nur be­kun­det, der Mit­ar­bei­ter R ha­be auf das vom Kläger an ihn ge­rich­te­te Ver­lan­gen er­wi­dert, „Sie wer­den doch te­le­fo­nie­ren können oder nicht, sie wa­ren doch Markt­be­reichs­lei­ter, sie wer­den doch ver­kau­fen können“, oder so ähn­lich. In die­sem Stil ha­be sich Herr R geäußert. Dem­ge­genüber ist die Aus­sa­ge der Zeu­gin U, sie sei sich 100%ig si­cher, daß der Mit­ar­bei­ter R nicht ge­sagt ha­be, der Kläger sei doch jah­re­lang Markt­be­reichs­hei­ni ge­we­sen, un­glaubwürdig. Dies er­gibt sich zum ei­nen dar­aus, daß sie erst auf ent­spre­chen­den rich­ter­li­chen Vor­halt ein­geräumt hat, be­stimm­te Ein­zel­hei­ten könn­ten in ih­rer ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung vom 10.8.2000 feh­len. Wer in ei­ner ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung trotz der in die­ser schrift­lich bestätig­ten Be­leh­rung über die Straf­bar­keit von fal­schen oder un­vollständi­gen An­ga­ben bei dem zur recht­li­chen Be­gründung ei­ner ge­gen ei­ne Per­son ge­rich­te­ten Maßnah­me ent­schei­den­den Punkt nur die die­se Per­son be­las­ten­den Umstände wie­der­gibt, die sich zu de­ren Guns­ten aus­wir­ken­den Abläufe trotz bes­se­ren Wis­sens aber wegläßt, ist auch als späte­rer Zeu­ge in­so­weit nicht glaubwürdig. Die von der Zeu­gin U bezüglich des Ab­laufs des Gesprächs am 25.5.2000 feh­len­den Ein­zel­hei­ten hat die­se bei ih­rer Zeu­gen­aus­sa­ge nach dem dort ge­won­ne­nen Ein­druck der Kam­mer nur in ei­ner, aus ih­rer Sicht ge­genüber den In­ter­es­sen ih­res Ar­beit­ge­bers ver­tret­ba­ren Wei­se, nach­ge­holt. Dar­an ändert es nichts, daß sie ein­ge-räumt hat, auf­grund des bei die­sem Gespräch von dem Mit­ar­bei­ter R an­ge­schla­ge­ne Ton­falls ha­be sie selbst nicht da­mit ge­rech­net, daß der Kläger „cool“ blei­ben wer­de, denn da­durch hat sie ei­ne Be­lei­di­gung des Klägers durch den Zeu­gen R nicht zu­ge­ge­ben. Ge­gen die Glaubwürdig­keit der Zeu­gin spricht es auch, daß sie in Tei­len ih­rer Ver­neh­mung die Fra­gen des Ge­richts nur mit er­sicht­li­chem Wi­der­wil­len be­ant­wor­te­te und daß bei ihr An­halts­punk­te für ein ei­ge­nes In­ter­es­se am Aus­gang des Rechts­streits zu­guns­ten der Be­klag­ten be­ste­hen. Sie hat die den Kläger demüti­gen­den An­wei­sun­gen des Vor­stands oh­ne Um­schwei­fe in ih­rem Ver­ant­wor­tungs­be­reich um­ge­setzt und sie hat bei ih­rer Zeu­gen­aus­sa­ge durch den nicht näher be­gründ­ba­ren Hin­weis, in der Be­leg­schaft ha­be man es so ge­se­hen, daß es Zeit für die Ab­set­zung des Klägers ge­wor­den sei, und ei­ne dem­ent­spre­chend von ihr be­haup­te­te „Grund­stim­mung“ zu er­ken­nen ge­ge­ben, daß sie selbst von der Rich­tig­keit des Vor­ge­hens der Be­klag­ten über­zeugt war. Da­nach be­steht für die Kam­mer kein vernünf­ti­ger Zwei­fel dar­an, daß die von der Be­klag­ten als ver­such­te Tätlich­keit dar­ge­stell­te Hand­lung des Klägers das un­mit­tel­bar durch ei­ne Be­lei­di­gung des Mit­ar­bei­ters R aus­gelöste Re­sul­tat ei­ner bis da­hin über 3 Mo­na­te hin­weg be­trie­be­nen Zer­set­zung sei­ner Persönlich­keit war, wel­che früher oder später zu ei­nem der­ar­ti­gen „Durch­bren­nen der Si­che­run­gen“ führen mußte, was nach der er­kenn­ba­ren Stra­te­gie der Be­klag­ten zur Er­lan­gung ei­ner für sie vor­teil­haf­ten ar­beits­recht­li­chen Po­si­ti­on auch durch­aus nicht un­erwünscht war.

Mit der dar­auf­hin mit Schrei­ben vom 2.6.2000 er­folg­ten Su­s­pen­die­rung zum 29.5.2000 bis zur Äußerung des Per­so­nal­rats zur Kündi­gung des Klägers setz­te die Be­klag­te die Ver­un­si­che­rung des Klägers über den Fort­be­stand sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort, nach­dem die­ser das ihm am 26.5.2000 durch den Vor­stands­vor­sit­zen­den R und die Per­so­nal­che­fin N ge­stell­te Ul­ti­ma­tum ab­ge­lehnt hat­te, bis zum 31.5.2000 um 9.00 Uhr Vor­schläge für ei­nen mit so­for­ti­ger Wir­kung ab­zu­sch­ließen­den Auf­he­bungs­ver­trag zu ma­chen.

Die­se Ver­un­si­che­rung verschärf­te sie durch ihr Schrei­ben vom 20.6.2000, mit wel­chem der Kläger ei­ne in­ter­ne Stel­len­aus­schrei­bung zur Be­set­zung von Führungs­po­si­tio­nen vom 24.5.2000 er­hielt. Zwar kam dar­in vor­der­gründig zum Aus­druck, daß

45

sie den Kläger nun doch wie­der für ei­ne Führungs­po­si­ti­on in Be­tracht zog. Der in dem Schrei­ben be­find­li­che Hin­weis, daß al­ler­dings die Be­wer­bungs­frist am Tag des Schrei­bens abläuft, ent­larvt auch die­ses Schrei­ben als rei­ne Quäle­rei des Klägers.

Nichts an­de­res gilt für die dem Kläger am 18.7. zum 31.12.2000 aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung, die mit dem An­ge­bot ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung als nach BAT VIb ein­grup­pier­ter Sach­be­ar­bei­ter in der Pfändungs­ab­tei­lung ver­bun­den war und letzt­end­lich die streit­ge­genständ­li­che, mit Wir­kung vom 20.7.2000 bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist un­ter Fort­zah­lung der nach BAT II ge­schul­de­ten Vergütung be­reits vor­ab er­folg­te, Ver­set­zung auf die in der Ände­rungskündi­gung be­zeich­ne­ten Stel­le. Für die­se Maßnah­men der Be­klag­ten be­stand kei­ner­lei recht­fer­ti­gen­der Grund. Die­ses Vor­ge­hen dien­te aus­sch­ließlich der Wei­ter­ver­fol­gung des Ziels, den Kläger zur Auf­ga­be sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu brin­gen. Dies folgt schon dar­aus, daß hier­in ei­ne für al­le Mit­ar­bei­ter er­kenn­ba­re, dau­er­haf­te „Su­per­de­gra­die­rung“ auf ei­ne um 6 Ge­halts­stu­fen nied­ri­ger als zu­vor bei der Be­klag­ten, und so­gar 4 Ge­halts­stu­fen nied­ri­ger als vor der Ein­stel­lung bei der Be­klag­ten vor 9 Jah­ren vom Kläger aus­geübten Tätig­keit ein­ge­lei­tet wur­de. Selbst bei ei­nem be­rech­tig­ten An­laß hätte es sich um ei­ne völlig über den Rah­men der Verhält­nismäßig­keit hin­aus­ge­hen­de Sank­ti­on ge­han­delt. Ab­ge­se­hen da­von be­legt auch die­se Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen des Klägers, daß die­sem mit der im Schrei­ben vom 27.3.2000 ent­hal­te­nen Ankündi­gung der Be­klag­ten, ihm ei­nen sei­nen Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen ent­spre­chen­den Ar­beits­platz zu­zu­wei­sen, zwi­schen den Zei­len von An­fang an ge­nau das Ge­gen­teil des­sen si­gna­li­siert wer­den soll­te, was die­ses Schrei­ben zu be­wir­ken vor­gab.

Die Kam­mer ist oh­ne In­an­spruch­nah­me me­di­zi­ni­schen Sach­ver­stands da­von über­zeugt, daß die­ser fort­ge­setz­te Psy­cho­ter­ror der Be­klag­ten die Ur­sa­che für die vom 21.7. bis 18.8.2000 durch das Auf­tre­ten von De­pres­sio­nen, Schlafstörun­gen und Ma­gen­be­schwer­den ein­ge­tre­te­ne Ar­beits­unfähig­keit des Klägers und die vom Kläger am 19.7.2000 be­gon­ne­ne psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Be­hand­lung ge­we­sen ist. Daß die Be­klag­te dem vom Kläger in­zwi­schen ein­ge­schal­te­ten Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten dann trotz die­ser Ar­beits­unfähig­keit mit Schrei­ben vom 24.7.2000 noch mit­teil­te, sie wer­de das Nich­t­er­schei­nen des Klägers an die­sem Ta­ge als Ar­beits­ver­wei­ge­rung wer­ten und dies zum An­laß neh­men, dem Kläger ei­ne wei­te­re Ab­mah­nung zu er­tei­len, so­wie dar­um bat, dem Kläger mit­zu­tei­len, daß sie auf ei­ner Ar­beits­auf­nah­me be­ste­he, do­ku­men­tiert ei­ne im Um­gang mit ei­nem Ar­beit­neh­mer kaum noch zu stei­gern­de Ver­werf­lich­keit ei­nes Han­delns, wel­ches spätes­tens zu die­sem Zeit­punkt den un­ge­ach­tet jeg­li­cher Ver­pflich­tung zur Rück­sicht­nah­me be­ste­hen­den Wil­len zur psy­chi­schen und phy­si­schen Schädi­gung des Klägers er­ken­nen läßt.

Zu­sam­men­fas­send ist da­nach fol­gen­des fest­zu­stel­len: Die Be­klag­te verfügte zu kei­ner Zeit über ei­nen Grund, sich un­ter Be­ach­tung der Be­stim­mun­gen des Kündi­gungs­schut­zes des Klägers zu ent­le­di­gen. Das von ihr seit dem 20.3.2000 ge­gen-über dem Kläger an den Tag ge­leg­te Ver­hal­ten dien­te le­dig­lich da­zu, die­sen zur Selbst­auf­ga­be sei­nes Ar­beits­plat­zes zu be­we­gen und falls die­ses Ziel nicht er­reicht wer­den würde, der Be­schaf­fung von Gründen für aus Sicht der Be­klag­ten als recht-lich ab­ge­si­chert an­zu­se­hen­den, ih­ren In­ter­es­sen wei­ter Vor­schub leis­ten­den ar­beits­recht­li­chen Maßnah­men bis hin zur Kündi­gung des Klägers. Die nerv­li­che und da­mit ge­sund­heit­li­che Zermürbung des Klägers war das von der Be­klag­ten zur Zweck­er­rei­chung gewähl­te Mit­tel. Der von den Vorständen B, R und W zum Teil ei­genhändig durch­geführ­te, zum Teil durch de­ren An­wei­sun­gen ge­lenk­te, durch Schi­ka­nen und Demüti­gun­gen auf Zer­set­zung der Persönlich­keit des Klägers ge­rich­te­te sys­te­ma­ti­sche Psy­cho­ter­ror ver­letz­te nach der Über­zeu­gung der Kam­mer nicht nur des­sen Men­schenwürde, son­dern in ei­ner die Gren­ze zur straf­ba­ren Körper­ver­let­zung be-

46

rühren­den Wei­se auch sei­ne see­li­sche und körper­li­che Ge­sund­heit. Das hier vor­lie­gen­de schwe­re Mob­bing wird bei Nicht­fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses für den 54-jähri­gen Kläger schon auf­grund des im Ban­ken­sek­tor ab­lau­fen­den Per­so­nal­ab­baus und der al­ters­be­dingt nur ein­ge­schränkt be­ste­hen­den Neu­ein­stel­lungs­chan­cen zu ei­ner kaum re­pa­ra­blen Schädi­gung führen. Von schutzwürdi­gen In­ter­es­sen der Be­klag­ten, die das von sei­nem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht um­fass­te In­ter­es­se des Klägers über­wie­gen, mit Auf­ga­ben wei­ter­beschäftigt zu wer­den, die ei­ne Ein­grup­pie­rung nach BAT II recht­fer­ti­gen, kann nach al­le­dem nicht die Re­de sein.

dd) Dem Kläger stand es frei, ob er der Wah­rung sei­nes all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts durch ei­nen auf ver­trags­gemäße Beschäfti­gung ge­rich­te­ten An­trag oder ei­nen An­trag, ei­ne ver­trags­wid­ri­ge Beschäfti­gung zu un­ter­las­sen, Gel­tung ver­schafft. Dies führt le­dig­lich zu un­ter­schied­li­chen An­spruchs­grund­la­gen bei der Rechts­fin­dung und ver­schie­de­nen Sank­tio­nen bei der voll­stre­ckungs­recht­li­chen Durch­set­zung. An der ma­te­ri­el­len Rechts­la­ge, d.h. ob sein An­spruch zu Recht be­steht, ändert sich da­durch nichts. Er hat sich dafür ent­schie­den, die Be­klag­te vor-beu­gend auf die Un­ter­las­sung der ihm durch das Ver­set­zungs­schrei­ben vom 20.7.2000 un­mit­tel­bar dro­hen­den ver­trags­wid­ri­gen Beschäfti­gung in An­spruch zu neh­men. Der Kläger hat auch nicht le­dig­lich ei­nen An­spruch auf Un­ter­las­sung der Zu­wei­sung des im Ver­set­zungs­schrei­ben be­zeich­ne­ten Ar­beits­plat­zes, son­dern – wie von ihm be­an­tragt - ei­nen darüber hin­aus­ge­hen­den An­spruch auf Un­ter­las­sung jeg­li­cher Maßnah­men der Be­klag­ten, die auf ei­ne Beschäfti­gung in ei­nem Auf­ga­ben­be­reich ge­rich­tet sind, der von sei­ner Wer­tig­keit nicht der Vergütungs­grup­pe BAT II ent­spricht.

c) Für den Kläger be­steht auch ein Verfügungs­grund zur Durch­set­zung sei­nes An-spru­ches auf ver­trags­gemäße Beschäfti­gung bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 31.12.2000 durch die von ihm be­an­trag­te einst­wei­li­ge Verfügung, ob­wohl es sich da­bei um ei­ne auf Erfüllung ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Verfügung han­delt. Die Be­klag­te kann sich dem­ge­genüber nicht mit Er­folg auf die re­strik­ti­ve Recht­spre­chung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln zu den an das Vor­lie­gen ei­nes Verfügungs­grun­des zu stel­len­den An­for­de­run­gen be­ru­fen.

(1) In dem von der Be­klag­ten in Be­zug ge­nom­me­nen Ur­teil vom 26.8.1992 (LA­GE § 940 Nr. 1) hat das LAG Köln ent­schie­den, daß die für den Er­laß ei­ner auf Rückgän-gig­ma­chung ei­ner Ver­set­zung ge­rich­te­ten einst­wei­li­gen Verfügung er­for­der­li­chen schwer­wie­gen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen nicht be­reits des­halb vor­lie­gen, weil ei­ne Beschäfti­gung mit ge­rin­ger­wer­ti­gen Auf­ga­ben im Haupt­ver­fah­ren nicht mehr rückgängig zu ma­chen wäre. Wei­ter hat es aus­geführt, ei­ne schwer­wie­gen­de Be­ein­träch­ti­gung lie­ge auch nicht dar­in, daß der Ar­beit­neh­mer bis zur Be­en­di­gung des Haupt­ver­fah­rens sei­ne be­ruf­li­chen Fer­tig­kei­ten nicht in der bis­he­ri­gen Wei­se ent­fal­ten könne und daß die neue Tätig­keit mit ge­rin­ge­rem An­se­hen ver­bun­den sei. In­so­weit sei auch das Feh­len wirt­schaft­li­cher Ein­bußen zu berück­sich­ti­gen. Die­se Recht­spre­chung hat das LAG Köln in sei­nem Ur­teil vom 24.11.1998 (– 13 Sa 940/98 -, Leit­satz in NZA 1999 S. 1008) bestätigt.

(2) Die­ser Recht­spre­chung kann sich die 5. Kam­mer des Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht an­sch­ließen. Sie führt zu ei­ner mit sei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Grund­la­gen nicht zu ver­ein­ba­ren­den Ent­wer­tung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts. Die­ses re­präsen­tiert nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (Be­schluss vom 14.2.1973, NJW 1973 S. 1221 ff) im Pri­vat­rechts­ver­kehr die zen­tra­len Nor­men des Wer­te­sys­tems der Grund­rech­te, nämlich die Ga­ran­tie der Men­schenwürde und den Schutz der sich in­ner­halb der so­zia­len Ge­mein­schaft frei ent­fal­ten­den Persönlich­keit. Die Re­le­vanz ei­ner sol­chen, schon auf­grund der Be­deu-

47

tung der ver­letz­ten Rechtsgüter als schwer­wie­gend zu be­zeich­nen­den Rechts­ver­let­zung ist nach de­ren Fest­stel­lung nicht mehr re­la­ti­vier­bar. Ist die­ses Recht im Ar­beits­verhält­nis ver­letzt, dann müssen ihm die Ar­beits­ge­rich­te auch auf ent­spre­chen­den An­trag auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung um­ge­hend Gel­tung ver­schaf­fen. Im übri­gen gilt auch hier der Grund­satz, daß das Recht dem Un­recht nicht zu wei­chen braucht.

Wenn ein Ar­beit­neh­mer im Rah­men ei­nes be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses nicht ar­beits­ver­trags­gemäß beschäftigt wird, kommt es da­nach nicht dar­auf an, ob ihm - wie im Streit­fall - vorüber­ge­hend die ursprüng­li­che Vergütung wei­ter­be­zahlt wird oder nicht. Ent­schei­dend für den Er­laß der einst­wei­li­gen Verfügung kann in die­sen Fällen ein­zig und al­lein die Fra­ge sein, wer das sich aus dem sum­ma­ri­schen Cha­rak­ter des einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­rens er­ge­ben­de Fehl­ent­schei­dungs­ri­si­ko (vgl. oben III.3.a) zu tra­gen hat. Die­ses Ri­si­ko muß die Par­tei tra­gen, de­ren Er­folg-saus­sich­ten im Haupt­ver­fah­ren an­zu­zwei­feln sind. Im Streit­fall be­steht nach den von der Kam­mer ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht der ge­rings­te Zwei­fel, daß auch im Haupt­ver­fah­ren kei­ne an­de­re Ent­schei­dung in Be­tracht ge­kom­men wäre. Die Ver­wei­ge­rung der vom Kläger be­an­trag­ten einst­wei­li­gen Verfügung wäre dem­zu­fol­ge auf ei­ne rechts­staats­wid­ri­ge Rechts­schutz­ver­wei­ge­rung hin­aus­ge­lau­fen.

Für das Vor­lie­gen der mit dem Er­for­der­nis des Verfügungs­grun­des fest­zu­stel­len­den Eil­bedürf­tig­keit ist es oh­ne Be­lang, daß der Kläger im Zeit­punkt der In­an­spruch­nah­me ge­richt­li­cher Hil­fe be­reits mo­na­te­lang sein Persönlich­keits­recht ver­let­zen­de Maßre­ge­lun­gen der Be­klag­ten hin­ge­nom­men hat. Wird das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht, so wie es bei den der Ka­te­go­rie Mob­bing zu­zu­ord­nen­den Sach­ver­hal­ten der Fall ist, durch fort­ge­setzt an­dau­ern­de Hand­lun­gen ver­letzt, dann ist für die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob sich der Be­trof­fe­ne durch sein ei­ge­nes Ver­hal­ten in Wi­der­spruch zu der von ihm gel­tend ge­mach­ten Eil­bedürf­tig­keit ge­setzt hat, auf den Zeit­punkt der letz­ten, un­mit­tel­bar vor dem An­trag auf Gewährung vorläufi­gen Rechts­schut­zes lie­gen­den Ver­let­zungs­hand­lung ab­zu­stel­len. Hat sich der Be­trof­fe­ne in ei­ner sein Eil­bedürf­nis klar­stel­len­den Recht­zei­tig­keit ge­gen die­se mit ei­nem An­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung ge­wehrt, dann kann er in sein Be­geh­ren auf vorläufi­gen Rechts­schutz auch die wei­ter zurück­lie­gen­den Hand­lun­gen mit ein­be­zie­hen, wenn die­se Be­stand­teil ei­ner im Fort­set­zungs­zu­sam­men­hang mit der recht­zei­tig bekämpf­ten Hand­lung ste­hen­den Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung sind. Im Streit­fall lag zwi­schen dem vom Kläger zum An­laß der einst­wei­li­gen Verfügung ge­nom­me­nen Ver­set­zungs­schrei­ben der Be­klag­ten und der Ein­rei­chung ei­nes ent-spre­chen­den An­trags beim Ar­beits­ge­richt nach Ab­lauf der Post­lauf­zei­ten ein Zeit-raum von ei­ner Wo­che. Un­ter Berück­sich­ti­gung ei­ner an­ge­mes­se­nen Über­le­gungs­frist und der er­for­der­li­chen an­walt­li­chen Be­ra­tung liegt da­nach kein der An­nah­me von Eil­bedürf­tig­keit ent­ge­gen­ste­hen­des Ver­hal­ten des Klägers vor.

IV. So­weit sich die Be­ru­fung ge­gen die Höhe des vom Ar­beits­ge­richts fest­ge­setz­ten Ord­nungs­mit­tels rich­tet, hat die Be­ru­fung eben­falls kei­nen Er­folg.

Daß das Ar­beits­ge­richt dem als An­trag auf An­dro­hung von Ord­nungs­geld aus­zu­le-gen­den An­trag zu 3), ge­gen die Be­klag­te für je­den Tag der Zu­wi­der­hand­lung ge­gen die zu 2) be­an­trag­te Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tung ein Zwangs­geld bis zu 500,-- DM fest­zu­set­zen, nicht ge­folgt ist und statt­des­sen der Be­klag­ten für den Fall der Zu­wi­der­hand­lung in­so­weit aber oh­ne recht­li­che Kon­se­quen­zen (vgl. oben III. 1. b), ee), (2),) ein fälsch­li­cher­wei­se als Zwangs­geld be­zeich­ne­tes Ord­nungs­mit­tel an­ge­droht hat, ist nicht zu be­an­stan­den. Nach § 890 Abs. 1 und 2 ZPO muß die An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln für den Fall ei­ner je­den Zu­wi­der­hand­lung ge­gen das ge­richt­li­che Un­ter­las­sungs­ge­bot er­fol­gen. In ei­nem Ar­beits­verhält­nis stellt sich da­her die Fra­ge, wie die­ser Vor­schrift sinn­voll ent­spro­chen wer­den kann. Es macht kei­nen Sinn, ein auf Dau­er ge­rich­te­tes Schuld­verhält­nis in be­stimm­te, grundsätz­lich willkürlich fest­leg­ba­re Zu­wi­der­hand­lungs­ab­schnit­te auf­zu­split­ten. Dem Zweck der Vor­schrift, die Ein­hal­tung des ge­richt­li-

48

chen Un­ter­las­sungs­be­fehls si­cher­zu­stel­len, ist in die­sen Fällen genügt, wenn das Ord­nungs­mit­tel für den Fall der (wei­ter an­dau­ern­den) Zu­wi­der­hand­lung an­ge­droht wird. Da­bei muß das Ge­richt, wenn es zu dem Zweck, den Schuld­ner auf die mögli­chen Fol­gen ei­nes Ver­s­toßes hin­zu­wei­sen, nicht von der Möglich­keit Ge­brauch macht, le­dig­lich die in § 890 ZPO fest­ge­leg­te Art und das dort vor­ge­schrie­be­ne Höchst­maß an­zu­ge­ben (vgl. St­ein-Jo­nas-Grun­sky a.a.O. § 890 Rn 14), son­dern fall­be­zo­gen ei­ne be­stimm­te Höhe (BGH, Ur­teil vom 6.7.1995, NJW 1995 S. 3177, 3181) an­gibt, dar­auf ach­ten, daß das Ord­nungs­mit­tel auch zur Durch­set­zung des ge­richt­li­chen Un­ter­las­sungs­be­fehls ge­eig­net ist. Das be­deu­tet, daß des­sen Nicht­be­fol­gung der Kal­ku­la­ti­on des Adres­sa­ten ent­zo­gen wer­den muß. Dies ist des­halb be­deut­sam, weil bei An­dro­hung von Ord­nungs­mit­teln in Dau­er­schuld­verhält­nis­sen für den Fall der Zu­wi­der­hand­lung das Ord­nungs­mit­tel nur ein­mal verhängt, aber auch bei dem ge­rings­ten Ver­s­toß so­fort in vol­ler Höhe fest­ge­setzt wer­den kann und muß, weil an­sons­ten die Ab­schre­ckungs­wir­kung ver­fehlt würde. Da aber nach dem Erst­ver­s­toß das an­ge­droh­te Ord­nungs­mit­tel ver­braucht ist, muß die­ses so gra­vie­rend sein, daß es sich für den Adres­sa­ten des Un­ter­las­sungs­an­spruchs nicht rech­net, sich durch Be­zah­lung von der Ein­hal­tung des Un­ter­las­sungs­ge­bots frei­zu­kau­fen. Die­sen An­for­de­run­gen ist das Ar­beits­ge­richt mit der An­dro­hung ei­nes als feh­ler­haft als „Zwangs­geld“ be­zeich­ne­ten Ord­nungs­gel­des in Höhe von 50000,-- DM ge­recht ge­wor­den. Schon des­halb, weil es be­fugt war, ein den kom­plet­ten Wir­kungs­be­reich der einst­wei­li­gen Verfügung ab­de­cken­des ein­heit­li­ches Ord­nungs­geld an­zu­dro­hen, war es nicht an die für ei­ne ta­ge­wei­se Ein­tei­lung des Ord­nungs­gel­des vom Kläger an­ge­ge­be­nen Beträge ge­bun­den.

V. Der Kläger war in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung zur Ver­mei­dung von Kos­ten­nach­tei­len nicht ge­zwun­gen, ge­ge­be­nen­falls durch ei­nen im We­ge der An­schluss­be­ru­fung zu stel­len­den An­trag (Furt­ner, a.a.O., MDR 1961 S. 189) die Er­le­di­gung des An­trags auf Er­lass der einst­wei­li­gen Verfügung in der Haupt­sa­che fest­stel­len zu las­sen, weil zu die­sem Zeit­punkt der Zeit­raum, auf den sich das von ihm er­wirk­te Un­ter­las­sungs­ge­bot er­stre­cken soll­te, be­reits ab­ge­lau­fen war.

Ei­ne Er­le­di­gung der Haupt­sa­che lag im Streit­fall nicht vor. Sie setzt den Ein­tritt ei­nes Er­eig­nis­ses vor­aus, wel­ches da­zu führt, daß die ursprüng­lich zulässi­ge und be­gründe­te Kla­ge (oder der An­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung) nachträglich un­zulässig oder un­be­gründet wird (BGH, Ur­teil vom 2.3.1999, NJW 1999 S. 2516, 2517; Ur­teil vom 27.2.1992, NJW 1992 S. 2235, 2236; Zöller-Voll­kom­mer a.a.O. § 91a Rn 3 mit wei­te­ren Nach­wei­sen; Die ein­sei­ti­ge Er­le­di­gungs­erklärung im Un­ter­las­sungs­rechts­streit, WRP 1987 S. 8, 9; a.A. im Hin­blick auf das ar­beits­ge­richt­li­che Be­schluss­ver­fah­ren BAG, Be­schluss vom 23.6.1993, NZA 1993 S. 1052 ff; Be­schluss vom 26.4.1990, NZA 1990 S. 822 ff). Es muß sich da­bei um ein vom Gläubi­ger nicht selbst her­bei­geführ­tes Er­eig­nis han­deln (OLG Schles­wig, Ur­teil vom 3.9.1985 NJW-RR 1986 S. 39; OLG Ko­blenz, Be­schluss vom 7.7.1982, WRP 1982 S. 657; Furt­ner, Die Er­le­di­gung der Haupt­sa­che im Ver­fah­ren des Ar­rests und der einst­wei­li­gen Verfügung, MDR 1960 S. 453). In dem hier zur Ent­schei­dung vor­lie­gen­den Sach­ver­halt sind die­se Vor­aus­set­zun­gen nicht des­halb erfüllt, weil das Un­ter­las­sungs­ge­bot nur bis zum 31.12.2000 gel­ten soll­te. Ist dem An­trag auf Er­laß ei­ner einst­wei­li­gen Un­ter­las­sungs­verfügung vor Ein­tritt des be­an­trag­ten End­zeit­punkts statt­ge­ge­ben wor­den, dann macht des­sen Ein­tritt das Rechts­schutz­be­geh­ren des An­trag­stel­lers nicht ge­gen­stands­los, denn mehr woll­te die­ser nicht er­rei­chen. Die

49

Prüfung, ob ein Un­ter­las­sungs­an­spruch be­gründet ist, be­schränkt sich auf den durch den An­trag vor­ge­ge­be­nen Zeit­raum. Ein mit oder nach Ab­lauf die­ses Zeit­raums ein­tre­ten­des Er­eig­nis kann nicht zur Un­be­gründet­heit des durch den An­trag be­grenz­ten Un­ter­las­sungs­an­spruchs führen (eben­so OLG Düssel­dorf, Ur­teil vom 9.11.1973, WRP 1974 S. 94). Da kein über den 31.12.2000 hin­aus­ge­hen­des Un­ter­las­sungs­be­geh­ren des Klägers vor­liegt, war Ge­gen­stand der Prüfung im Streit­fall nur noch die Fra­ge, ob das Un­ter­las­sungs­ge­bot bis zum 31.12.2000 ge­recht­fer­tigt war. In­so­weit be­stand aus den be­reits oben un­ter Zif­fer I.3. an­geführ­ten Gründen auch ein Rechts­schutz­bedürf­nis des Klägers zur Fort­set­zung des Ver­fah­rens. Ob der An­sicht des OLG Düssel­dorf (a.a.O. S. 95) zu fol­gen ist, daß in der­ar­ti­gen Fällen – ab­wei­chend von den oben ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen - die Möglich­keit der Er-klärung der Haupt­sa­cheer­le­di­gung auch dann ein­zuräum­en ist, wenn der An­trag­stel­ler an der Fort­set­zung des Ver­fah­rens kein In­ter­es­se mehr hat oder in Wirk­lich­keit dann ei­ne Kla­gerück­nah­me („Pseu­do-Er­le­di­gung“, Borck a.a.O. S. 10) vor­liegt, braucht nicht ent­schie­den zu wer­den, denn der Kläger hat we­der die Er­le­di­gung der Haupt­sa­che erklärt noch ei­nen ent­spre­chen­den Fest­stel­lungs­an­trag ge­stellt.

VI. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 92 ZPO. Da­bei geht die Kam­mer für den auf Fest­stel­lung ge­rich­te­ten Teil der mit der Be­ru­fung an­ge­grif­fe­nen einst­wei­li­gen Ver-fügung von ei­nem Ge­gen­stands­wert von ei­nem hal­ben Mo­nats­ge­halt und für den auf Un­ter­las­sung ge­rich­te­ten Teil von ei­nem Ge­gen­stands­wert von ei­nem Mo­nats-ge­halt aus.

VII. Ge­gen die­ses Ur­teil ist die Re­vi­si­on nicht zulässig (§ 545 Abs. 2 ZPO).


gez. ............ gez. ................. gez. ..................

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 5 Sa 403/00