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BAG, Ur­teil vom 24.02.2011, 2 AZR 636/09

   
Schlagworte: Kündigung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 636/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.02.2011
   
Leitsätze: Beruft sich der Arbeitnehmer gegenüber einer Arbeitsanweisung des Arbeitgebers auf einen ihr entgegenstehenden, ernsthaften inneren Glaubenskonflikt, kann das Beharren des Arbeitgebers auf Vertragserfüllung ermessensfehlerhaft iSv. § 106 Satz 1 GewO iVm. Art. 4 Abs. 1 GG sein. In diesem Fall stellt zwar die Weigerung des Arbeitnehmers, der Weisung nachzukommen, keine vorwerfbare Pflichtverletzung dar, kann aber geeignet sein, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers zu rechtfertigen, wenn es dem Arbeitgeber nicht ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, den Arbeitnehmer anderweit sinnvoll einzusetzen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 16.06.2008, 2 Ca 455 c/08
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.01.2009, 5 Sa 270/08
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

2 AZR 636/09

5 Sa 270/08

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 24. Fe­bru­ar 2011

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24. Fe­bru­ar 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Schmitz-Scho­le­mann,


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die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Ber­ger so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Frey und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Nie­le­bock für Recht er­kannt:

1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 20. Ja­nu­ar 2009 - 5 Sa 270/08 - auf­ge­ho­ben, so­weit es die or­dent­li­che Kündi­gung für wirk­sam er­ach­tet hat.

2. Im Um­fang der Auf­he­bung wird die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten - noch - über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen

Kündi­gung.

Der 1963 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und zwei Kin­dern zum Un­ter­halt ver

pflich­te­te Kläger trat im No­vem­ber 1995 in die Diens­te der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, die ein Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men be­treibt.

Der Kläger war zunächst als Hel­fer in der „Wasch­s­traße“ tätig. Nach de-

ren Still­le­gung wur­de er ab Ok­to­ber 2003 in dem zu­gehöri­gen Wa­ren­haus als „La­den­hil­fe“ wei­ter­beschäftigt. Dort setzt die Be­klag­te re­gelmäßig weit mehr als zehn Ar­beit­neh­mer ein.

Zu den Ar­beits­auf­ga­ben ei­ner „La­den­hil­fe“ gehört es, sämt­li­che im Ein-

kaufs­markt an­fal­len­den Auffüll- und Verräum­ar­bei­ten aus­zuführen. Die Be­klag­te, die ei­ne Spe­zia­li­sie­rung ih­rer Mit­ar­bei­ter an­strebt und die­se möglichst be­stimm­ten Be­rei­chen zu­ord­net, setz­te den Kläger zunächst im Ge­tränke­be­reich der Ab­tei­lung „All­ge­mei­ne Le­bens­mit­tel“ ein. Nach­dem der Kläger den Wunsch nach ei­nem Ar­beits­platz­wech­sel geäußert hat­te, wies sie ihm ab März 2007 Ar­bei­ten in der Frisch­wa­ren­ab­tei­lung zu. Während sei­ner dor­ti­gen Tätig-


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keit war der Kläger mehr­mals we­gen Krank­heit ar­beits­unfähig. Im An­schluss an ei­ne Ar­beits­unfähig­keit im Ja­nu­ar 2008 stell­te sie ihm ei­ne „Rück­um­set­zung“ in den Ge­tränke­be­reich in Aus­sicht. Nach ei­ner wei­te­ren Er­kran­kung wies sie ihn am 25. Fe­bru­ar 2008 münd­lich an, wie­der in der Ge­tränke­ab­tei­lung zu ar­bei­ten. Der Kläger wei­ger­te sich, der An­ord­nung Fol­ge zu leis­ten. Er be­rief sich auf sei­nen - mus­li­mi­schen - Glau­ben, der ihm den Um­gang mit Al­ko­hol und da­mit auch das Ein- und Ausräum­en al­ko­ho­li­scher Pro­duk­te ver­bie­te. Die­sen Stand­punkt be­hielt er auch nach schrift­li­cher Auf­for­de­rung zur Ar­beits­auf­nah­me im Ge­tränke­be­reich bei. Die Be­klag­te stell­te ihn dar­auf­hin für den 25. Fe­bru­ar 2008 von der Ar­beits­leis­tung frei. Kurz dar­auf leg­te der Kläger ei­ne ärzt­li­che Be­schei­ni­gung über ei­ne vor­aus­sicht­lich bis 4. März 2008 be­ste­hen­de Ar­beits­unfähig­keit vor.

Nach Anhörung des Be­triebs­rats kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­ver-

hält­nis mit Schrei­ben vom 1. März 2008 frist­los und mit ei­nem wei­te­ren Schrei­ben vom 5. März 2008 vor­sorg­lich frist­gemäß zum 30. Au­gust 2008.

Der Kläger hat Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben und gel­tend ge­macht,

die Kündi­gun­gen sei­en un­wirk­sam. Er sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, der Wei­sung vom 25. Fe­bru­ar 2008 Fol­ge zu leis­ten. Die Be­klag­te ha­be ihm die Ar­bei­ten schon nicht oh­ne Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu­wei­sen dürfen. Die Um­set­zung stel­le zu­dem ei­ne Sank­ti­on für sei­ne wie­der­holt auf­ge­tre­te­nen Er­kran­kun­gen dar. Un­abhängig da­von sei die Ar­beit im Ge­tränke­be­reich mit sei­nen Glau­bensüber­zeu­gun­gen nicht ver­ein­bar. Dar­auf ha­be die Be­klag­te Rück­sicht neh­men müssen. Ihm als gläubi­gem Mos­lem sei­en jeg­li­che Hand­lun­gen ver­bo­ten, die der ge­werb­li­chen Ver­brei­tung von Al­ko­ho­li­ka dien­ten. Das Al­ko­hol­ver­bot be­zie­he sich auch auf das Ein- und Ausräum­en von Al­ko­ho­li­ka und sei für je­den Mos­lem ver­bind­lich. Zu­min­dest er­ken­ne er die re­li­giösen Vor­ga­ben für sich als ver­bind­lich an. Er ha­be bei Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht da­mit rech­nen müssen, beim Ver­kauf al­ko­hol­hal­ti­ger Ge­tränke mit­wir­ken zu sol­len. Mit sol­chen Pro­duk­ten sei er erst­mals im Jahr 2006 nach ei­ner Re­du­zie­rung des Per­so­nal­be­stands in der Ge­tränke­ab­tei­lung in Berüh­rung ge­kom­men. Von da an ha­be er bei sei­ner Ar­beit ein schlech­tes Ge­wis­sen ge­habt. Der Kon­flikt sei für ihn schließlich un­erträglich ge­wor­den. Er ha­be sich


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ent­schie­den, künf­tig strikt sei­nen Glau­bensüber­zeu­gun­gen zu fol­gen. Die Be­klag­te könne ihm an­de­re Ar­bei­ten et­wa in den Be­rei­chen Dro­ge­rie, Obst und Gemüse, Haus­halts­wa­ren oder Back­wa­ren zu­wei­sen. Er sei auch be­reit, Ein­kaufs­wa­gen zu schie­ben. Ihm sei der Kon­takt mit Pro­duk­ten, die in ir­gend­ei­ner Wei­se Al­ko­hol ent­hiel­ten, nicht gänz­lich ver­bo­ten, son­dern nur in­so­weit, als dem Al­ko­hol Rausch­mit­tel­qua­lität zu­kom­me.

Der Kläger hat be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en

durch die Kündi­gun­gen vom 1. März 2008 und 5. März 2008 nicht be­en­det wor­den ist.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf-

fas­sung ver­tre­ten, der Kläger ha­be sei­ne Ar­beits­leis­tung in vor­werf­ba­rer Wei­se be­harr­lich ver­wei­gert. Die an ihn er­gan­ge­ne Wei­sung, in der Ge­tränke­ab­tei­lung zu ar­bei­ten, sei rechtmäßig. Auf die Glau­bensüber­zeu­gun­gen des Klägers ha­be sie in­so­weit Rück­sicht ge­nom­men, als sie ihn we­der mit dem Aus­schank noch mit der Verkösti­gung al­ko­ho­li­scher Ge­tränke be­traut ha­be. Da der Kläger bis­lang die nun­mehr ver­wei­ger­ten Tätig­kei­ten ver­rich­tet ha­be, könne er sich nicht auf ei­ne Ände­rung sei­ner Ge­wis­sens­la­ge be­ru­fen. An­ge­sichts sei­ner in der Frisch­wa­ren­ab­tei­lung an­ge­fal­le­nen ho­hen Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten ha­be ih­re Wei­sung auch dem Schutz sei­ner Ge­sund­heit ge­dient. Al­ko­hol­hal­ti­ge Pro­duk­te fänden sich im Übri­gen im ge­sam­ten Wa­ren­sor­ti­ment. Sie ver­kau­fe bei­spiels­wei­se mit Al­ko­hol gefüll­te Pra­li­nen und führe im Be­reich der Mol­ke­rei­pro­duk­te oft­mals ei­ne Käse­ver­kos­tung mit Wein­pro­be durch. Ihr könne nicht zu­ge­mu­tet wer­den, den Kläger ständig in ei­ner neu­en Ab­tei­lung ein­zu­ar­bei­ten. Ein Ein­satz in der Dro­ge­rie­ab­tei­lung und im „Non­food“-Be­reich schei­de aus. Dort kämen nur Fach­kräfte mit Spe­zi­al­wis­sen zum Ein­satz.


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Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt

hat auf die Be­ru­fung des Klägers fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­lo­se Kündi­gung vom 1. März 2008 nicht be­en­det wor­den ist. Die wei­ter­ge­hen­de Be­ru­fung hat es zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen Fest­stel­lungs­an­trag hin­sicht­lich der or­dent­li­chen Kündi­gung wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs-

ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Se­nat kann man­gels aus­rei­chen­der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen nicht ab­sch­ließend ent­schei­den, ob die or­dent­li­che Kündi­gung vom 5. März 2008 so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist.

I. Die von Amts we­gen zu be­ach­ten­den Pro­zess­fort­set­zungs­vor­aus­set-
zun­gen lie­gen vor. An­ders als die Be­klag­te ge­meint hat, sind die ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne ord­nungs­gemäße Be­ru­fungs­be­gründung iSv. § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erfüllt. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge mit der Be­gründung ab­ge­wie­sen, das Ar­beits­verhält­nis sei be­reits durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung auf­gelöst wor­den. Die Be­ru­fungs­be­gründung des Klägers hat sich mit sämt­li­chen dafür tra­gen­den Erwägun­gen des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils hin­rei­chend aus­ein­an­der­ge­setzt. Ei­nes nähe­ren Ein­ge­hens auf die or­dent­li­che Kündi­gung be­durf­te es un­ter die­sen Umständen nicht (vgl. BAG 5. Ok­to­ber 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BA­GE 81, 111).

II. Auf der Grund­la­ge der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits-
ge­richts kann nicht be­ur­teilt wer­den, ob die Kündi­gung vom 5. März 2008 iSv. § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist. Der Kläger hat nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, dass er sich an das is­la­mi­sche Al­ko­hol­ver­bot ge­bun­den fühle, aus dem er ab­lei­te, auch das Einräum­en al­ko­ho­li­scher Ge­tränke un­ter­las­sen zu


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müssen. Sei­ne hier­auf gestütz­te Wei­ge­rung, im Ge­tränke­be­reich im Kon­takt mit al­ko­ho­li­schen Ge­tränken zu ar­bei­ten, be­rech­tig­te die Be­klag­te nur dann zur Kündi­gung, wenn kei­ne an­de­re, den Glau­bens­kon­flikt ver­mei­den­de und ihr den Umständen nach zu­mut­ba­re Möglich­keit ei­ner Beschäfti­gung be­stan­den hat. Da­zu, ob ei­ne sol­che Al­ter­na­ti­ve ge­ge­ben war, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen.

1. Die Kündi­gung vom 5. März 2008 ist nicht iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch

Gründe im Ver­hal­ten des Klägers be­dingt.

a) Al­ler­dings stellt die be­harr­li­che Wei­ge­rung des Ar­beit­neh­mers, ei­ne ver-
trag­lich ge­schul­de­te, rechtmäßig und da­mit wirk­sam zu­ge­wie­se­ne Ar­beit zu leis­ten, ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung dar und ist in der Re­gel ge­eig­net, je­den­falls die or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses so­zi­al zu recht­fer­ti­gen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 36, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 73; 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - zu II 2 a der Gründe mwN, BA­GE 97, 276).

Im Streit­fall hat die Be­klag­te den Kläger am 25. Fe­bru­ar 2008 an­ge-

wie­sen, wie­der im Ge­tränke­be­reich zu ar­bei­ten. Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, der Kläger ha­be sich die­ser An­ord­nung „be­harr­lich“ wi­der­setzt, ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Ein Ar­beit­neh­mer ver­wei­gert die ihm über­tra­ge­ne Ar­beit be­harr­lich, wenn er sie be­wusst und nach­hal­tig nicht leis­ten will. Das war hier der Fall. Der Kläger hat so­wohl auf die münd­li­che als auch auf die nach­fol­gen­de schrift­li­che An­ord­nung der Be­klag­ten deut­lich zu er­ken­nen ge­ge­ben, Ar­bei­ten im Ge­tränke­be­reich je­den­falls dann nicht aus­zuführen, wenn von ihm auch der Um­gang mit al­ko­hol­hal­ti­gen Ge­tränken ver­langt wer­de. Sei­ne Wei­ge­rung war endgültig.

b) Die Be­klag­te hat dem Kläger je­doch die Ar­bei­ten im Ge­tränke­be­reich,
weil und so­weit sie ihn in Glau­bens­kon­flik­te brach­ten, nicht wirk­sam nach § 106 Satz 1 Ge­wO zu­ge­wie­sen. Der Kläger hat des­halb mit sei­ner Wei­ge­rung, sie durch­zuführen, sei­ne Ver­trags­pflich­ten nicht ver­letzt.


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aa) Auf­grund sei­nes Wei­sungs­rechts (§ 106 Ge­wO) kann der Ar­beit­ge­ber

ei­ne im Ar­beits­ver­trag nur abs­trakt um­schrie­be­ne Leis­tungs­pflicht des Ar­beits-neh­mers nach Zeit, Ort und Art der Leis­tung ein­sei­tig näher be­stim­men, so­weit die­se nicht durch Ge­setz oder Ver­trag fest­ge­legt ist. Der Re­ge­lung des § 106 Satz 1 Ge­wO kommt in­so­weit klar­stel­len­de Be­deu­tung zu (BAG 13. Ok­to­ber 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 18, AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2). Das Wei­sungs­recht darf da­bei nur nach bil­li­gem Er­mes­sen aus­geübt wer­den. Das ver­langt, dass der Ar­beit­ge­ber bei sei­ner Ent­schei­dung die we­sent­li­chen Um­stände des Ein­zel­falls ab­ge­wo­gen und die bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen an­ge­mes­sen berück­sich­tigt hat. Maßgeb­lich ist der Zeit­punkt, in dem der Ar­beit­ge­ber sei­ne Ent­schei­dung trifft (vgl. BAG 15. Sep­tem­ber 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 26 und 29, AP TVG § 1 Al­ters­teil­zeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Al­ters­teil­zeit Nr. 31). Ob die Ent­schei­dung bil­li­gem Er­mes­sen ent­spricht, un­ter­liegt nach § 106 Satz 1 Ge­wO iVm. § 315 Abs. 3 BGB der ge­richt­li­chen Kon­trol­le (BAG 19. Ja­nu­ar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 18, EzA-SD 2011 Nr. 9, 8; 25. Ok­to­ber 1989 - 2 AZR 633/88 - Rn. 41, AP BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 30).

bb) Da­nach war die Wei­sung der Be­klag­ten vom 25. Fe­bru­ar 2008 nicht

schon des­halb un­be­acht­lich, weil sie nach § 99 Be­trVG der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats be­durft hätte. Ei­ne Ver­set­zung iSv. § 99 Abs. 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG lag nicht vor. Dem Kläger wur­de mit der Über­tra­gung von Auf­ga­ben im Ge­tränke­be­reich kein an­de­rer „Ar­beits­be­reich“ im Sin­ne die­ser Re­ge­lung zu­ge­wie­sen. Der Ge­gen­stand und das Ge­samt­bild der Tätig­keit ei­ner mit ein­fa­chen Ein- und Ausräum­ar­bei­ten in der Frisch­wa­ren­ab­tei­lung beschäftig­ten La­den­hil­fe wird nicht da­durch verändert, dass die Ar­bei­ten nun­mehr in der Ge­tränke­ab­tei­lung zu ver­rich­ten sind. Dafür, dass der Ge­tränke­be­reich in­tern ei­nem ei­ge­nen „Ar­beits­re­gime“ un­terläge, fehlt es an An­halts­punk­ten (vgl. da­zu BAG 17. Ju­ni 2008 - 1 ABR 38/07 - Rn. 21 ff. mwN, AP Be­trVG 1972 § 99 Ver­set­zung Nr. 47 = EzA Be­trVG 2001 § 95 Nr. 8).

cc) Die Wei­sung war eben­so we­nig des­halb un­wirk­sam, weil sich die Be-

klag­te we­gen der Er­kran­kun­gen des Klägers ent­schlos­sen hat­te, die­sen wie­der


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im Ge­tränke­be­reich ein­zu­set­zen. Ein Ver­s­toß ge­gen das ge­setz­li­che Maßre-ge­lungs­ver­bot (§ 612a BGB) ist in­so­weit nicht er­sicht­lich. Die Ar­beits­unfähig-keits­zei­ten des Klägers sind während sei­ner Tätig­keit in der Frisch­wa­ren­ab-tei­lung an­ge­stie­gen, oh­ne dass frei­lich feststünde, sie sei­en durch die­se Tätig­keit ver­ur­sacht wor­den. Bei den übri­gen Mit­ar­bei­tern des Be­reichs sind nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts weit­aus ge­rin­ge­re Fehl­zei­ten an­ge­fal­len. Un­ter die­sen Umständen ist nicht zu er­ken­nen, dass die an­ge­streb­te Ände­rung des Ein­satz­be­reichs von sach­frem­den Mo­ti­ven ge­tra­gen ge­we­sen wäre. Näher liegt die An­nah­me, die Be­klag­te ha­be ei­ne im­mer­hin mögli­che, mit den Ar­beits­umständen in der Frisch­wa­ren­ab­tei­lung zu­sam­menhängen­de Krank­heits­ur­sa­che so­wohl im be­trieb­li­chen als auch im In­ter­es­se der Ge­sund­heit des Klägers aus­sch­ließen wol­len. Dar­auf hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend hin­ge­wie­sen.

dd) Die an­ge­ord­ne­te Tätig­keit im Ge­tränke­be­reich be­weg­te sich im ar­beits-

ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Leis­tungs­spek­trum. Die Par­tei­en ha­ben bei Sch­ließung der Wasch­s­traße im Jahr 2003 ei­nen neu­en Ar­beits­ver­trag ge­schlos­sen. Da­nach wur­de der Kläger als „La­den­hil­fe“ wei­ter­beschäftigt und war dem­ent­spre­chend grundsätz­lich ver­pflich­tet, sämt­li­che im Wa­ren­haus an­fal­len­den Hilfs­ar­bei­ten aus­zuführen. Das schließt die ihm zu­ge­wie­se­nen Ar­bei­ten ein. Mit der im Jahr 2006 auf sei­nen Wunsch er­folg­ten Um­set­zung in die Frisch­wa­ren-ab­tei­lung hat sich die Be­klag­te ih­res Rechts, ihm Ar­bei­ten im Ge­tränke­be­reich zu­zu­wei­sen, nicht be­ge­ben. Eben­so we­nig ist er­sicht­lich, dass sie zu­min­dest dar­auf ver­zich­tet hätte, ihn mit dem Ein- und Ausräum­en al­ko­hol­hal­ti­ger Ge­tränke zu be­auf­tra­gen.

ee) Die Be­klag­te hat aber bei der Ausübung ih­res Wei­sungs­rechts auf die

Glau­bensüber­zeu­gun­gen des Klägers nicht hin­rei­chend Be­dacht ge­nom­men. Ih­re Wei­sung, im Ge­tränke­be­reich zu ar­bei­ten, ent­sprach da­mit nicht bil­li­gem Er­mes­sen.

(1) Der Ar­beit­ge­ber muss ei­nen ihm of­fen­bar­ten und be­acht­li­chen Glau-

bens- oder Ge­wis­sens­kon­flikt des Ar­beit­neh­mers bei der Ausübung sei­nes Wei­sungs­rechts berück­sich­ti­gen. Dies setzt vor­aus, dass der Ar­beit­neh­mer dar-


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legt, ihm sei we­gen ei­ner aus ei­ner spe­zi­fi­schen Sach­la­ge fol­gen­den Ge­wis­sens­not her­aus nicht zu­zu­mu­ten, die an sich ver­trag­lich ge­schul­de­te Leis­tung zu er­brin­gen. Lässt sich aus den fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen im kon­kre­ten Fall ein die ver­wei­ger­te Ar­beit be­tref­fen­der Glau­bens- oder Ge­wis­sens­kon­flikt ab­lei­ten, so un­ter­liegt die Re­le­vanz und Ge­wich­tig­keit der Ge­wis­sens­bil­dung kei­ner ge­richt­li­chen Kon­trol­le (vgl. BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B II 5 b dd der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 War­te­zeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündi­gung Nr. 2; 24. Mai 1989 - 2 AZR 285/88 - zu B I 1 b der Gründe, BA­GE 62, 59).

(a) Das ge­bie­tet die ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung und An­wen­dung von

§ 106 Satz 1 Ge­wO. Das bei der Ausübung des Leis­tungs­be­stim­mungs­rechts zu wah­ren­de bil­li­ge Er­mes­sen wird in­halt­lich durch die Grund­rech­te des Ar­beit­neh­mers mit­be­stimmt. Kol­li­die­ren die­se mit dem Recht des Ar­beit­ge­bers, dem Ar­beit­neh­mer im Rah­men der gleich­falls grund­recht­lich geschütz­ten un­ter­neh­me­ri­schen Betäti­gungs­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) ei­ne von der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung ge­deck­te Tätig­keit zu­zu­wei­sen, sind die ge­gensätz­li­chen Rechts­po­si­tio­nen grund­rechts­kon­form aus­zu­glei­chen. Da­bei sind die kol­li­die­ren­den Grund­rech­te in ih­rer Wech­sel­wir­kung zu se­hen und so zu be­gren­zen, dass sie im Sin­ne ei­ner prak­ti­schen Kon­kor­danz für al­le Be­tei­lig­ten möglichst weit­ge­hend wirk­sam wer­den. In­so­weit gilt seit sei­nem In­kraft­tre­ten für § 106 Ge­wO nichts an­de­res als zu­vor für § 315 Abs. 1 BGB (BAG 13. Au­gust 2010 - 1 AZR 173/09 - AP GG Art. 9 Nr. 141 = EzA GG Art. 9 Nr. 100; 10. Ok­to­ber 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c der Gründe mwN, BA­GE 103, 111; AnwK-ArbR/Boecken 2. Aufl. § 106 Ge­wO Rn. 92; ErfK/Preis 11. Aufl. § 106 Ge­wO Rn. 6). Auf das un­ver­zicht­ba­re Schutz­mi­ni­mum der Glau­bens- und Be­kennt­nis­frei­heit nach Art. 4 Abs. 1 GG ist Be­dacht zu neh­men. Es ist die In­ten­sität des um­strit­te­nen Ein­griffs eben­so zu berück­sich­ti­gen wie der Um­stand, dass die Ver­trags­part­ner mit dem Ab­schluss des Ver­trags in ei­ne Be­gren­zung grund­recht­li­cher Frei­hei­ten ein­ge­wil­ligt ha­ben (vgl. BAG 10. Ok­to­ber 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c der Gründe mwN, aaO; ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 4 GG Rn. 25).


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(b) Ob und in­wie­weit der Ar­beit­ge­ber bei der Ausübung sei­nes Wei­sungs-

rechts auf die Glau­bensüber­zeu­gun­gen des Ar­beit­neh­mers Rück­sicht neh­men muss, ist da­mit ei­ne Fra­ge des Ein­zel­falls.

(aa) Wenn die Wei­sung mit fun­da­men­ta­len, unüber­wind­ba­ren Glau­bens-

über­zeu­gun­gen des Ar­beit­neh­mers kol­li­diert, wird es häufig nicht bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen, wenn der Ar­beit­ge­ber an ihr festhält und de­ren Be­fol­gung ver­langt. Das wird in der Re­gel auch bei ei­nem erst im An­schluss an ei­ne ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge Wei­sung of­fen­bar­ten Kon­flikt gel­ten. Zwar ist ei­ne Wei­sung so lan­ge, wie der Ar­beit­neh­mer ei­nen Glau­bens­kon­flikt noch nicht of­fen­bart hat, für den Ar­beit­neh­mer ver­bind­lich. Of­fen­bart aber der Ar­beit­neh­mer nach er­teil­ter Wei­sung ei­nen sol­chen erns­ten Kon­flikt, kann sich für den Ar­beit­ge­ber aus § 241 Abs. 2 BGB die Ver­pflich­tung er­ge­ben, von sei­nem Di­rek­ti­ons­recht un­ter Berück­sich­ti­gung der ent­ge­gen­ste­hen­den Be­lan­ge des Ar­beit­neh­mers er­neut Ge­brauch zu ma­chen (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 33).

(bb) Auch die Glau­bens­frei­heit ist frei­lich nicht oh­ne je­de Schran­ke

ga­ran­tiert. Be­schränkt wird sie durch kol­li­die­ren­de Grund­rech­te oder Ver­fas­sungs­aufträge (BVerfG 21. Ju­li 2009 - 1 BvR 1358/09 - Rn. 14, NJW 2009, 3151). Et­was an­de­res kann des­halb gel­ten, wenn auf Sei­ten des Ar­beit­ge­bers nicht nur sein ver­trag­lich be­gründe­tes und ak­tu­ell aus­geübtes Wei­sungs­recht als sol­ches steht, son­dern sei­ne Wei­sung wei­ter­ge­hend durch Art. 12 Abs. 1 GG oder durch an­de­re grund­recht­lich re­le­van­te Rechtsgüter geschützt ist, die ein - ggf. nur kurz­fris­ti­ges - Hint­an­stel­len der Glau­bensüber­zeu­gun­gen ge­bo­ten er­schei­nen las­sen. Auch wird der Ar­beit­ge­ber, gestützt auf Art. 12 Abs. 1 GG, uU er­war­ten und ver­lan­gen können, dass der Ar­beit­neh­mer ei­ne ge­wis­se - knap­pe - Ankündi­gungs­frist einhält, um ihm ei­ne möglichst rei­bungs­lo­se or­ga­ni­sa­to­ri­sche Um­stel­lung zu ermögli­chen und Fol­geschäden zu ver­mei­den.

(cc) Die Fra­ge, ob der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­leis­tung

trotz ei­nes erns­ten, unüber­wind­ba­ren Glau­bens- oder Ge­wis­sens­kon­flikts ver­bind­lich zu­wei­sen darf, hängt da­ge­gen nicht oh­ne Wei­te­res von der Vor­her­seh­bar­keit des Kon­flikts ab.

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Das ist ins­be­son­de­re dann nicht der Fall, wenn der Ar­beit­neh­mer zwar

er­ken­nen konn­te, er ver­pflich­te sich zu Ar­bei­ten, die be­stimm­ten Glau­bens­in­hal­ten der­je­ni­gen Re­li­gi­on, wel­cher er an­gehört, wi­der­spre­chen, er persönlich aber die­se Glau­bens­in­hal­te bei Ver­trags­schluss noch nicht als für sich ver­bind­lich an­ge­se­hen hat­te. Der Um­stand, dass die Möglich­keit ei­nes Glau­bens­kon­flikts in die­sem Sin­ne für den Ar­beit­neh­mer vor­her­seh­bar war, nimmt des­sen späte­rer Erklärung, er be­ru­fe sich nun­mehr auf sei­ne (geänder­te) Glau­bensüber­zeu­gung, nichts von ih­rer recht­li­chen Be­acht­lich­keit; der ak­tu­el­le Glau­bens­kon­flikt des Ar­beit­neh­mers ist nicht des­halb we­ni­ger be­deut­sam iSv. Art. 4 Abs. 1 GG. Ei­ne den Kon­flikt gleich­wohl igno­rie­ren­de Ar­beits­an­wei­sung des Ar­beit­ge­bers braucht der Ar­beit­neh­mer un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen in der Re­gel nicht zu be­fol­gen.

Ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung kann ge­bo­ten sein, wenn der Ar­beit­neh­mer bei

Ver­trags­schluss be­reits po­si­tiv wuss­te, dass er die ver­trag­lich ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen um sei­ner Glau­bensüber­zeu­gun­gen wil­len sämt­lich und von Be­ginn an nicht würde erfüllen können. Zum ei­nen kann dies zu Zwei­feln an der Ernst­haf­tig­keit sei­ner Über­zeu­gun­gen führen. Zum an­de­ren wird es ei­nem Ar­beit­neh­mer, der sich im Wis­sen um ei­nen un­ver­meid­lich auf­tre­ten­den Glau­bens­kon­flikt zur Er­brin­gung der die­sen auslösen­den Ar­bei­ten ver­pflich­tet hat, nach § 242 BGB re­gelmäßig ver­wehrt sein, sich ge­genüber ei­ner ent­spre­chen­den Ar­beits­an­wei­sung auf sei­nen Glau­ben zu be­ru­fen. Die Auf­for­de­rung zur Leis­tung ver­trags­gemäßer Ar­bei­ten ent­spricht dann trotz des of­fen­bar­ten Glau­bens­kon­flikts bil­li­gem Er­mes­sen. Mit der Wei­ge­rung, ihr nach­zu­kom­men, ver­letzt der Ar­beit­neh­mer sei­ne ver­trag­li­chen Pflich­ten.

(2) Die Neu­re­ge­lung des Leis­tungsstörungs­rechts ver­langt nicht nach

ei­nem an­de­ren rechts­sys­te­ma­ti­schen Aus­gangs­punkt für die recht­li­che Prüfung. Die­se ist wei­ter­hin im Rah­men von § 106 Ge­wO und nicht von § 275 Abs. 3 BGB vor­zu­neh­men.

Zum ei­nen kommt es auf ein re­li­giös be­gründe­tes Leis­tungs­ver­wei-

ge­rungs­recht nur an, wenn das Leis­tungs-/Erfüllungs­ver­lan­gen des Ar­beit­ge­bers bil­li­gem Er­mes­sen iSv. § 106 Satz 1 Ge­wO ent­spricht (ähn­lich


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Ka­man­ab­rou GS Za­chert, S. 400 f.; zum Mei­nungs­stand auch: ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 687; KR/Fi­scher­mei­er 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 141, 468; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 11. Aufl. § 45 Rn. 30; Stau­din­ger/Löwisch/ Cas­pers (2009) § 275 BGB Rn. 104 f.; Hens­s­ler RdA 2002, 129, 131; Ri­char­di NZA 2002, 1004, 1007; Grei­ner Ide­el­le Un­zu­mut­bar­keit S. 135 ff.). Zum an­de­ren er­ge­ben sich die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen ein Glau­bens- und Ge­wis­sen­kon­flikt für ei­ne nach dem Ar­beits­ver­trag ge­schul­de­te Leis­tung Be­deu­tung ge­win­nen kann, in je­dem Fall aus den Vor­ga­ben höher­ran­gi­gen Rechts. Die Prüfung von § 106 Ge­wO ist des­halb vor­ran­gig.

(3) Ge­mes­sen an die­sen Abwägungs­ge­sichts­punk­ten ent­sprach die Ar-

beits­an­wei­sung der Be­klag­ten nicht bil­li­gem Er­mes­sen gem. § 106 Satz 1 Ge­wO. Der vom Kläger auf­ge­zeig­te Glau­bens­kon­flikt fällt in den Schutz­be­reich des Art. 4 GG. Der Kon­flikt be­stand nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ernst­haft. Der Kläger wuss­te we­der bei dem ursprüng­li­chen Ver­trags­schluss noch bei der späte­ren Ver­tragsände­rung, dass er un­wei­ger­lich auf­tre­ten würde.

(a) Die Glau­bens­frei­heit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG gewähr­leis­tet dem Ein-

zel­nen ei­nen Rechts­raum, in dem er sich die Le­bens­form zu ge­ben ver­mag, die sei­ner Über­zeu­gung ent­spricht (BVerfG 8. No­vem­ber 1969 - 1 BvR 59/56 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 12, 1). Zu ihr gehört nicht nur die in­ne­re Frei­heit, zu glau­ben oder nicht zu glau­ben, son­dern auch das Recht des Ein­zel­nen, sein ge­sam­tes Ver­hal­ten an den Leh­ren sei­nes Glau­bens aus­zu­rich­ten und sei­ner in­ne­ren Glau­bensüber­zeu­gung gemäß zu han­deln (BVerfG 19. Ok­to­ber 1971 - 1 BvR 387/65 - zu B II 1 der Gründe mwN, BVerfGE 32, 98).

(aa) Das Grund­recht ist of­fen für die Ent­fal­tung ver­schie­de­ner Re­li­gio­nen

und Be­kennt­nis­se. Un­be­acht­lich ist die zah­lenmäßige Stärke oder Re­le­vanz ei­ner be­stimm­ten Glau­bens­hal­tung. Un­ter den Schutz­be­reich des Art. 4 GG fal­len auch Ver­hal­tens­wei­sen, die nicht all­ge­mein von den Gläubi­gen ge­teilt wer­den (BVerfG 19. Ok­to­ber 1971 - 1 BvR 387/65 - zu B II 1 der Gründe mwN, BVerfGE 32, 98). Glau­bens­frei­heit ist mehr als re­li­giöse To­le­ranz. Für ei­ne zulässi­ge Be­ru­fung auf Art. 4 GG kommt es nur dar­auf an, dass das Ver­hal­ten


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wirk­lich von ei­ner re­li­giösen Über­zeu­gung ge­tra­gen und nicht an­ders mo­ti­viert ist. An­dern­falls würde den Ge­rich­ten ei­ne Be­wer­tung von Glau­bens­hal­tun­gen oder die Prüfung von theo­lo­gi­schen Leh­ren auf­gebürdet, die sie we­der leis­ten können noch leis­ten dürfen (BAG 10. Ok­to­ber 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c aa der Gründe, BA­GE 103, 111).

(bb) Als Ge­wis­sens­ent­schei­dung ist je­de erns­te sitt­li­che, dh. an den Ka­te

go­ri­en „gut“ und „böse“ ori­en­tier­te Ent­schei­dung an­zu­se­hen, die der Ein­zel­ne in ei­ner be­stimm­ten La­ge als für sich bin­dend und un­be­dingt ver­pflich­tend in­ner­lich erfährt, so dass er ge­gen sie nicht oh­ne erns­te Ge­wis­sens­not han­deln könn­te. Die Ge­wis­sens­frei­heit über­schnei­det sich mit der Glau­bens­frei­heit in­so­weit, als sie auch das re­li­giös fun­dier­te Ge­wis­sen schützt (vgl. BVerfG 11. April 1972 - 2 BvR 75/71 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 33, 23; BVerwG 25. Au­gust 1993 - 6 C 8/91 - BVerw­GE 94, 82).

(cc) Be­ruft sich der Ar­beit­neh­mer ge­genüber ei­ner nach dem Ar­beits­ver­trag

ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung dar­auf, die Erfüllung der Ar­beits­pflicht brin­ge ihn aus re­li­giösen Gründen in Ge­wis­sens­not, trifft ihn die Dar­le­gungs­last für ei­nen kon­kre­ten und ernst­haf­ten Glau­bens­kon­flikt. Die nicht ernst­haf­te, mögli­cher­wei­se nur vor­ge­scho­be­ne Be­ru­fung auf be­stimm­te Glau­bens­in­hal­te und -ge­bo­te kann kei­ne Be­ach­tung fin­den. Auch wenn Glau­bensüber­zeu­gun­gen kei­ner Nach­prüfung an­hand von Kri­te­ri­en wie „ir­rig“, „be­acht­lich“ oder „un­be­acht­lich“ un­ter­lie­gen, muss doch er­kenn­bar sein, dass der Ar­beit­neh­mer den von ihm ins Feld geführ­ten Ge- oder Ver­bo­ten sei­nes Glau­bens ab­so­lu­te Ver­bind­lich­keit bei­misst (zur Ge­wis­sens­ent­schei­dung vgl. BAG 24. Mai 1989 - 2 AZR 285/88 - zu B I 2 b bb der Gründe, BA­GE 62, 59; sie­he auch BVerwG 25. Au­gust 1993 - 6 C 8/91 - BVerw­GE 94, 82 so­wie die sich auf die­se Ent­schei­dung be­zie­hen­de Ge­set­zes­be­gründung zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 AGG [BR-Drucks. 329/06 S. 48]). Da­zu müssen die be­tref­fen­den Ver­bo­te in Fällen der vor­lie­gen­den Art die Ar­beits­ver­wei­ge­rung ge­wis­ser­maßen „de­cken“. Ih­re kon­kre­te Reich­wei­te, was die ver­trag­li­chen Pflich­ten be­trifft, de­ren Erfüllung sie ent­ge­gen­ste­hen soll, muss sich aus den Dar­le­gun­gen des Ar­beit­neh­mers un­zwei­fel­haft er­ge­ben. Nur so


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kann der Ar­beit­ge­ber er­ken­nen, wel­chen Ge­brauch er von sei­nem Di­rek­ti­ons­recht noch ma­chen kann.

(b) Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, es ent­spre­che der ernst-
haf­ten re­li­giösen Über­zeu­gung des Klägers, dass er sich als gläubi­ger Mos­lem jeg­li­cher Mit­wir­kung am Al­ko­hol­ver­kauf zu ent­hal­ten ha­be, lässt kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen. Der Kläger hat auf­ge­zeigt, dass er sich durch ver­bind­li­che Ge-oder Ver­bo­te sei­nes Glau­bens dar­an ge­hin­dert sieht, der Wei­sung vom 25. Fe­bru­ar 2008 nach­zu­kom­men, so­weit sie ihn da­zu ver­pflich­tet, durch das Umräum­en und Be­reit­stel­len al­ko­ho­li­scher Ge­tränke an de­ren Ver­kauf mit­zu­wir­ken. Ob die­ses Verständ­nis der is­la­mi­schen Schrif­ten der herr­schen­den Glau­bens­leh­re ent­spricht, mag be­zwei­felt wer­den, ist je­doch nach dem ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­nen, sub­jek­ti­ven Ge­wis­sens­be­griff nicht ent­schei­dend. Eben­so we­nig kommt es dar­auf an, ob die Hal­tung des Klägers, sein Glau­be er­lau­be es ihm sehr wohl, mit Pro­duk­ten um­zu­ge­hen, die Al­ko­hol in „che­misch veränder­ter Form“ ent­hiel­ten, an­ge­sichts sei­nes an­sons­ten stren­gen Verständ­nis­ses des Al­ko­hol­ver­bots in sich lo­gisch und kon­se­quent ist. Die in­ne­re Dif­fe­ren­zie­rung er­scheint zu­min­dest möglich und stellt da­mit die Ernst­lich­keit des Glau­bens­kon­flikts nicht in Fra­ge. Ent­spre­chen­des gilt für den Um­stand, dass der Kläger zeit­wei­se - mögli­cher­wei­se oh­ne aus­drück­li­che Be­an­stan­dung - be­reit war, Re­ga­le mit al­ko­ho­li­schen Ge­tränken auf­zufüllen. Der Kläger hat sich dar­auf be­ru­fen, er ha­be die­sen Ein­satz zu­neh­mend als ge­wis­sens­be­las­tend emp­fun­den und sich zwi­schen­zeit­lich da­zu ent­schlos­sen, strikt nach den Vor­ga­ben sei­nes Glau­bens zu le­ben. Als ein äußeres Zei­chen hierfür kann sei­ne im Jahr 2007 geäußer­te Bit­te gel­ten, ihm an­de­re Ar­beit zu über­tra­gen, auch wenn er sei­nen Glau­bens­kon­flikt sei­ner­zeit ge­genüber der Be­klag­ten nicht aus­drück­lich of­fen­bart ha­ben soll­te.

(c) Der Kläger konn­te zwar, nach­dem er von der Be­klag­ten im Ok­to­ber
2003 als „La­den­hil­fe“ über­nom­men wur­de, nicht aus­sch­ließen, bei sei­ner Tätig­keit mit Al­ko­ho­li­ka in Berührung zu kom­men. Ab­ge­se­hen da­von, dass er ur­sprüng­lich als Hel­fer in der Wasch­s­traße ein­ge­stellt wor­den war und der Grund für die Ver­tragsände­rung in den be­trieb­li­chen Verhält­nis­sen der Be­klag­ten lag,


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ha­ben sich sei­ne jet­zi­gen re­li­giösen Über­zeu­gun­gen aber of­fen­bar erst im Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses mit länge­rem Ab­stand zum Zeit­punkt der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung ent­wi­ckelt und muss­te er über­dies nicht zwin­gend da­mit rech­nen, dass er als La­den­hil­fe in den Ver­kauf al­ko­ho­li­scher Ge­tränke ein­ge­bun­den würde.

Die Ar­beits­an­wei­sung der Be­klag­ten vom 25. Fe­bru­ar 2008 wi­der-

sprach da­mit bil­li­gem Er­mes­sen und war un­ver­bind­lich. Der Kläger hat mit sei­ner Wei­ge­rung, ihr Fol­ge zu leis­ten, sei­ne ver­trag­li­chen Pflich­ten nicht ver­letzt.

2. Ob die Kündi­gung vom 5. März 2008 iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch

Gründe in der Per­son des Klägers be­dingt ist, ver­mag der Se­nat nicht ab­sch­ließend zu be­ur­tei­len.

a) Er­gibt die Abwägung im Rah­men des § 106 Satz 1 Ge­wO, dass ei­ne
Ar­beits­an­wei­sung des Ar­beit­ge­bers nicht der Bil­lig­keit ent­spricht, braucht der Ar­beit­neh­mer ihr nicht nach­zu­kom­men. Al­ler­dings schränkt die re­li­giös be­gründe­te Be­gren­zung des Wei­sungs­rechts des Ar­beit­ge­bers den auf wirk­sam aus­geübter Ver­trags­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 GG) be­ru­hen­den In­halt des Ar­beits­ver­trags als sol­chen nicht ein. Der ver­trag­lich ver­ein­bar­te Tätig­keits­um­fang re­du­ziert sich we­gen des Glau­bens­kon­flikts nicht et­wa von vorn­her­ein auf den kon­flikt­frei­en Be­reich. Viel­mehr ist der Ar­beit­neh­mer aus persönli­chen Gründen außer­stan­de, ei­nen Teil der ver­trag­lich (wei­ter­hin) ver­spro­che­nen Leis­tun­gen zu er­brin­gen. Auf­grund die­ses Um­stands kann ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch ei­nen in sei­ner Per­son lie­gen­den Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG ge­recht­fer­tigt sein (BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu II 5 b dd der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 War­te­zeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündi­gung Nr. 2).

b) Ist der Ar­beit­neh­mer auf­grund ei­nes of­fen­bar­ten be­acht­li­chen Glau-
bens­kon­flikts teil­wei­se außer­stan­de, sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen zu erfüllen, be­rech­tigt dies den Ar­beit­ge­ber gleich­wohl nicht zur Kündi­gung, wenn er den Ar­beit­neh­mer im Be­trieb oder Un­ter­neh­men ent­we­der in­ner­halb


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des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Leis­tungs­spek­trums oder aber zu geänder­ten Ver­trags­be­din­gun­gen un­ter Ver­mei­dung des Kon­flikts sinn­voll wei­ter­beschäfti-gen kann (vgl. da­zu BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 1020/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung Nr. 31 = EzA KSchG § 1 Per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung Nr. 25; 10. Ok­to­ber 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 2 a der Gründe, BA­GE 103, 111).

c) Ob bei der Be­klag­ten ei­ne sol­che al­ter­na­ti­ve Beschäfti­gungsmöglich­keit
für den Kläger be­stand, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Fest­ge­stellt hat es le­dig­lich, dass ei­ne Beschäfti­gung des Klägers in der Dro­ge­rie­ab­tei­lung und der „Non­food“-Ab­tei­lung aus­ge­schlos­sen ge­we­sen sei, weil ihm die dafür not­wen­di­gen Fach­kennt­nis­se ge­fehlt hätten. Of­fen ist, ob die Be­klag­te den Kläger in an­de­ren Be­rei­chen des Wa­ren­hau­ses, et­wa im Be­reich „Back­wa­ren“ oder „Obst und Gemüse“ hätte ein­set­zen können. Dar­auf hat sich der Kläger aus­drück­lich be­ru­fen. Auch hat er sei­ne Be­reit­schaft zum Aus­druck ge­bracht, in der Ge­tränke­ab­tei­lung zu ar­bei­ten, wenn er von der Ver­pflich­tung aus­ge­nom­men wer­de, al­ko­ho­li­sche Ge­tränke zu beräum­en. Aus dem Um­stand, dass das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men hat, der Be­klag­ten sei es bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist durch­aus möglich und zu­mut­bar ge­we­sen, den Kläger außer­halb des Ge­tränke­be­reichs ein­zu­set­zen, kann nicht oh­ne Wei­te­res ge­schlos­sen wer­den, die­se Möglich­keit ha­be auch noch nach Frist­ab­lauf be­stan­den.

d) Ei­ner mögli­chen Wirk­sam­keit der Kündi­gung un­ter per­so­nen­be­ding­ten
Ge­sichts­punk­ten steht nicht ent­ge­gen, dass sich die Be­klag­te ge­genüber dem Be­triebs­rat nicht aus­drück­lich auf sol­che As­pek­te be­ru­fen hat. Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG hat der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat die Gründe für die Kündi­gung mit­zu­tei­len. Das um­fasst zwar auch die Mit­tei­lung darüber, ob ei­ne außer­or­dent­li­che oder or­dent­li­che Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­strebt wird (Fit­ting 25. Aufl. § 102 Be­trVG Rn. 25 mwN). Nicht er­for­der­lich ist aber, dass der Ar­beit­ge­ber die kündi­gungs­re­le­van­ten Tat­sa­chen ei­nem der Kündi­gungs­gründe des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu­ord­net. Tut er dies den­noch, bin­det ihn dies im späte­ren Kündi­gungs­schutz­pro­zess grundsätz­lich


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nicht. Er kann sich im Rah­men des dem Be­triebs­rat un­ter­brei­te­ten tatsächli­chen Kündi­gungs­sach­ver­halts auch auf an­de­re recht­li­che Ge­sichts­punk­te be­ru­fen, so­fern die mit­ge­teil­ten Tat­sa­chen die­se neu­en As­pek­te tra­gen.

e) Eben­so we­nig steht der mögli­chen Wirk­sam­keit ei­ner per­so­nen­be

ding­ten Kündi­gung ein Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot ent­ge­gen. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung des Klägers we­gen sei­ner Re­li­gi­on iSv. § 7 Abs. 1 iVm. §§ 1, 3 Abs. 1 AGG schei­det aus. Die Kündi­gung ist nicht des­halb er­folgt, weil der Kläger Mos­lem ist, son­dern weil er sich außer­stan­de sieht, be­stimm­te ver­trag­lich ein­ge­gan­ge­ne Ver­pflich­tun­gen zu erfüllen. Auch ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung liegt nicht vor. Un­abhängig da­von, ob mit ei­ner sol­chen Kündi­gung ei­ne be­son­de­re Be­nach­tei­li­gung iSv. § 3 Abs. 2 AGG ein­her­ge­hen kann, ist es je­den­falls durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt und als Mit­tel zu des­sen Er­rei­chung an­ge­mes­sen und er­for­der­lich, dass der Ar­beit­ge­ber das Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem Ar­beit­neh­mer be­en­det, der we­gen sei­ner Glau­bensüber­zeu­gun­gen sub­jek­tiv nicht in der La­ge ist, die ver­trag­lich über­nom­me­nen Auf­ga­ben zu ver­rich­ten, und an­der­wei­tig nicht ein­ge­setzt wer­den kann.

3. Dies führt zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge-

richt. Die Be­ur­tei­lung, ob ei­ne den Glau­bens­kon­flikt ver­mei­den­de Beschäfti­gungs­al­ter­na­ti­ve be­stand, ist zunächst und im We­sent­li­chen Tat­fra­ge. Da­zu wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt die nöti­gen Fest­stel­lun­gen zu tref­fen ha­ben.

a) Da­bei ist zu be­ach­ten, dass im Kündi­gungs­schutz­pro­zess der Ar­beit-

ge­ber die Vor­aus­set­zun­gen des Kündi­gungs­grun­des dar­le­gen und ggf. be­wei­sen muss. Das be­trifft auch das Feh­len ei­ner an­der­wei­ti­gen Beschäfti­gungsmöglich­keit iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG. Be­ruft sich ein Ar­beit­neh­mer dar­auf, dass es ihm aus Glau­bens­gründen nicht möglich sei, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit aus­zuführen, hat er auf Nach­fra­ge des Ar­beit­ge­bers auf­zu­zei­gen, wor­in die re­li­giösen Be­den­ken be­ste­hen und wel­che vom Ar­beits­ver­trag um­fass­ten Tätig­kei­ten ihm sei­ne re­li­giöse Über­zeu­gung ver­bie­tet, um ver­blei­ben­de Ein­satzmöglich­kei­ten prüfen zu können. Im Streit­fall gilt dies in be­son­de­rem Maße für den Um­gang mit Pro­duk­ten, die Al­ko­hol ent­hal­ten


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und außer­halb der Ge­tränke­ab­tei­lung ver­trie­ben wer­den. Die­ser ma­te­ri­ell-recht­li­chen Ob­lie­gen­heit des Ar­beit­neh­mers folgt die Dar­le­gungs­last im Pro­zess. Es ist Sa­che des sich auf ei­nen Glau­bens­kon­flikt be­ru­fen­den Ar­beit­neh­mers, zu­min­dest in Grundzügen auf­zu­zei­gen, wie er sich ei­ne mit sei­nen Glau­bensüber­zeu­gun­gen in Ein­klang ste­hen­de Beschäfti­gung im Rah­men der vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­ge­be­nen Be­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on vor­stellt. Nur dann kann zu­verlässig be­ur­teilt wer­den, ob es dem Ar­beit­ge­ber möglich und zu­mut­bar war, dem Ar­beit­neh­mer an­de­re Ar­beit zu über­tra­gen.

b) Auch die Fra­ge, wel­che An­stren­gun­gen dem Ar­beit­ge­ber mit Blick auf

ei­ne an­der­wei­ti­ge Beschäfti­gung des von ei­nem Glau­bens­kon­flikt be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer zu­mut­bar sind, un­ter­liegt der Ein­zel­fall­be­ur­tei­lung. Re­gelmäßig zu­mut­bar ist dem Ar­beit­ge­ber die Zu­wei­sung ei­ner an­de­ren Tätig­keit, wenn dem kei­ne be­trieb­li­chen Gründe, zu de­nen so­wohl wirt­schaft­li­che als auch or­ga­ni­sa­to­ri­sche Gründe zählen können, ent­ge­gen­ste­hen. Be­trieb­li­che Gründe ste­hen der Über­tra­gung ei­ner an­de­ren Tätig­keit in der Re­gel nicht ent­ge­gen, wenn ein Ar­beits­platz frei ist und Be­darf an der frag­li­chen Tätig­keit be­steht. Kann die Zu­wei­sung ei­ner an­de­ren Tätig­keit nur durch ei­nen Auf­ga­ben­tausch mit an­de­ren Ar­beit­neh­mern er­fol­gen, kann ei­ner sol­chen Maßnah­me die dem Ar­beit­ge­ber ge­genüber al­len Ar­beit­neh­mern ob­lie­gen­de Pflicht zur Rück­sicht­nah­me aus § 241 Abs. 2 BGB ent­ge­gen­ste­hen. All­ge­mein gilt, dass die Ver­pflich­tung zur Berück­sich­ti­gung ei­ner kon­flikt­ver­mei­den­den Beschäfti­gungs­al­ter­na­ti­ve vom Ar­beit­ge­ber nicht ver­langt, die Be­lan­ge des Ar­beit­neh­mers un­ter Hint­an­stel­lung ei­ge­ner schutzwürdi­ger In­ter­es­sen oder der an­de­rer Ar­beit­neh­mer durch­zu­set­zen (vgl. auch BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 27 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 33). Bei der Fra­ge, wel­che An­stren­gun­gen dem Ar­beit­ge­ber im Hin­blick auf ei­ne Um­set­zung zu­zu­mu­ten sind, kann auch die Möglich­keit, den Kon­flikt vor­her­zu­se­hen, Berück­sich­ti­gung fin­den. So wird der Ar­beit­ge­ber im Fall ei­nes vor­her­seh­ba­ren Kon­flikts nur na­he­lie­gen­de, oh­ne er­heb­li­che Schwie­rig­kei­ten durch­setz­ba­re Möglich­kei­ten ei­ner Um­set­zung er­grei­fen müssen.


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c) Als al­ter­na­ti­ve Beschäfti­gungsmöglich­keit ist auch die vom Kläger zu-

letzt aus­geübte Tätig­keit in der Frisch­wa­ren­ab­tei­lung in Be­tracht zu zie­hen. Ob der Ar­beits­platz im Kündi­gungs­zeit­punkt frei war, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Eben­so we­nig hat es geklärt, wel­che kon­kre­ten Be­las­tun­gen mit den Er­kran­kun­gen des Klägers ein­her­gin­gen. Es lässt sich des­halb nicht be­ur­tei­len, ob das be­trieb­li­che In­ter­es­se der Be­klag­ten, den Kläger nicht mehr in die­sem Be­reich ein­zu­set­zen, höher zu be­wer­ten ist als des­sen In­ter­es­se an ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung.

Kreft Ber­ger Schmitz-Scho­le­mann

Frau eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Nie­le­bock ist we­gen Ur­laubs an der Un­ter­schrift ver­hin­dert.

Kreft

Hans Frey

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