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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 27.11.2012, 3 Sa 376/12

   
Schlagworte: Tätlichkeit, Kündigung: Tätlichkeit, Kündigung: Fristlos
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 3 Sa 376/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.11.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 28.06.2012, 9 Ca 702/12
   

Ak­ten­zei­chen:
3 Sa 376/12
9 Ca 702/12
ArbG Ko­blenz
Ent­schei­dung vom 27.11.2012

Te­nor:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz vom 28.06.2012 - 9 Ca 702/12 - wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen, hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung.

Der am 26. März 1963 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und sechs in sei­nem Haus­halt le­ben­den Kin­dern zum Un­ter­halt ver­pflich­te­te Kläger war bei der Be­klag­ten seit dem 29. Ok­to­ber 1991 als Schweißer bzw. zu­letzt als Prüfer in der Ra­dia­to­ren­ab­tei­lung beschäftigt.

Mit Schrei­ben vom 14. Ju­ni 2007 (Bl. 47 d.A.) er­teil­te die Be­klag­te dem Kläger fol­gen­de Ab­mah­nung:

"Ab­mah­nung

Sehr ge­ehr­ter Herr A.,

am Frei­tag, den 4. Mai 2007 ha­ben Sie an Ih­rem Ar­beits­platz nach ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­nem Ar­beits­kol­le­gen die Be­herr­schung ver­lo­ren und Ih­ren Kon­tra­hen­ten mit ei­nem Faust­schlag ins Ge­sicht nicht un­er­heb­lich ver­letzt.

Theo­re­tisch wäre dies al­lei­ne Grund ge­nug ge­we­sen, Sie des­halb frist­los zu ent­las­sen.

Al­lei­ne die Tat­sa­chen, dass

a) der Geschädig­te nach Ih­rer Ent­schul­di­gung von ei­ner An­zei­ge ab­ge­se­hen hat,

b) Sie mehr­fa­cher Fa­mi­li­en­va­ter mit ho­her Ver­ant­wor­tung sind und

c) Sie in der lan­gen Zeit der Be­triebs­zu­gehörig­keit sich an­sons­ten noch nichts zu Schul­den kom­men ließen, hat uns da­zu be­wegt, von ei­ner Kündi­gung ab­zu­se­hen.

Soll­ten Sie aber in Zu­kunft noch ein ein­zi­ges Mal die Be­herr­schung ver­lie­ren und ge­gen die Be­triebs­ord­nung ver­s­toßen, wer­den Sie frist­los gekündigt.

Wir hof­fen, dass Sie Ih­re letz­te Chan­ce nut­zen und es nicht so weit kom­men las­sen."

Am 26. Ja­nu­ar 2012 ging der Mit­ar­bei­ter S. C. am Ar­beits­platz des Klägers vor­bei und sag­te zu die­sem im Vor­bei­ge­hen: "Nimm die Hände aus der Ta­sche". Dar­auf­hin nahm der Kläger ei­ne Flan­sch­auf­nah­me in die Hand und warf die­se in Rich­tung sei­nes et­wa 20 Me­ter ent­fern­ten Ar­beits­kol­le­gen C.. Bei die­sem Flansch­ver­schluss han­delt es sich um ein großes Me­tall­teil (wie auf dem vor­ge­leg­ten Fo­to dar­ge­stellt, An­la­ge B 5 zum Schrift­satz der Be­klag­ten vom 18. April 2012 = Bl. 49 d.A.) mit ei­nem Ge­wicht von ca. 5 kg. Der vom Kläger ge­wor­fe­ne Flansch kam nach ca. 20 Me­tern et­wa ne­ben dem Mit­ar­bei­ter C. zum Lie­gen (wie auf dem nach­ge­stell­ten Fo­to dar­ge­stellt, An­la­ge B 4 zum Schrift­satz der Be­klag­ten vom 18. April 2012 = Bl. 48 d.A.). Der Mit­ar­bei­ter C. zeig­te dem Kläger den sog. "Schei­ben­wi­scher" und setz­te dann eben­so wie der Kläger sei­ne Ar­beitstätig­keit fort. Die wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Vor­falls sind zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Mit Schrei­ben vom 7. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 21 bis 24 d.A.) un­ter­rich­te­te die Be­klag­te den bei ihr be­ste­hen­den Be­triebs­rat über die von ihr be­ab­sich­tig­te außer­or­dent­li­che, hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung des Klägers; we­gen der mit­ge­teil­ten Kündi­gungs­gründe wird auf das Anhörungs­schrei­ben vom 7. Fe­bru­ar 2012 Be­zug ge­nom­men. Mit Schrei­ben vom 7. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 25 d.A.) teil­te der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten mit, dass der Be­triebs­rat nach der Be­triebs­rats­sit­zung am 7. Fe­bru­ar 2012 mehr­heit­lich ge­gen die außer­or­dent­li­che Kündi­gung so­wie ge­gen die or­dent­li­che Kündi­gung des Klägers ge­stimmt ha­be und im Er­geb­nis da­her dem be­an­trag­ten Aus­spruch der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung so­wie der or­dent­li­chen Kündi­gung nicht zu­stim­me.

Die Be­klag­te kündig­te so­dann das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 8. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 5 d.A.) frist­los, hilfs­wei­se frist­ge­recht zum nächst­zulässi­gen Ter­min. Das dem Kläger am glei­chen Tag über­ge­be­ne Kündi­gungs­schrei­ben vom 8. Fe­bru­ar 2012 ist vom Geschäftsführer der Be­klag­ten, Herrn H., so­wie dem Pro­ku­ris­ten der Be­klag­ten, Herrn L., un­ter­zeich­net.

Ge­gen die­se Kündi­gung wen­det sich der Kläger mit sei­ner am 20. Fe­bru­ar 2012 beim Ar­beits­ge­richt Ko­blenz ein­ge­gan­ge­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

Er hat vor­ge­tra­gen, die von der Be­klag­ten an­geführ­ten Kündi­gungs­gründe würden we­der ei­ne außer­or­dent­li­che noch ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung recht­fer­ti­gen. Der ihm mit der Ab­mah­nung vom 14. Ju­ni 2007 ge­mach­te Vor­wurf, er ha­be den Mit­ar­bei­ter ei­ner an­de­ren Fir­ma mit ei­nem Faust­schlag ins Ge­sicht ver­letzt, sei un­rich­tig. Im Übri­gen könne die­se Ab­mah­nung auch aus recht­li­chen Gründen we­gen des Zeit­ab­laufs von na­he­zu fünf Jah­ren kei­ne Wir­kung mehr zu sei­nen Las­ten ent­fal­ten. Im Zu­sam­men­hang mit dem Vor­fall vom 26. Ja­nu­ar 2012 sei zu berück­sich­ti­gen, dass sich seit vie­len Mo­na­ten bzw. so­gar Jah­ren ein­gebürgert hätte, dass Herr C. ver­su­che, ihn durch ständi­ge anzügli­che Be­mer­kun­gen in se­xu­el­ler Hin­sicht zu ärgern. Er ha­be auf die von ihm ge­schil­der­ten anzügli­chen An­spie­lun­gen und Be­lei­di­gun­gen grundsätz­lich nicht mehr re­agiert. Ver­mut­lich auf­grund der vor­an­ge­gan­ge­nen Dis­kus­sio­nen an sei­nem Ar­beits­platz mit Herrn K. und Herrn W. sei er noch so auf­ge­regt ge­we­sen, dass er in die­sem Mo­ment, als Herr C. dann er­neut die be­sag­te anzügli­che Be­mer­kung ihm ge­genüber getätigt ha­be, wütend ge­wor­den sei und dann den Flansch ähn­lich ei­nem Ke­gel aus dem Stand in Rich­tung des Herrn C. ge­schleu­dert ha­be. Zu kei­nem Zeit­punkt sei je­doch Herr C. in ir­gend­ei­ner Wei­se gefähr­det wor­den. Er ha­be das Me­tall­teil mit der lin­ken Hand ge­nom­men und die­ses ähn­lich ei­ner Be­we­gung beim Ke­geln in Rich­tung des Herrn C. be­wegt. Auf­grund der seit­lich von un­ten her durch­geführ­ten Be­we­gung wie beim Ke­geln ha­be der Flansch sich da­her auch al­len­falls in ei­ner Höhe von 50 cm in ei­ner ab­stei­gen­den Bahn be­wegt. Von ei­nem ge­ziel­ten "Wurf" könne kei­ne Re­de sein. Viel­mehr sei völlig klar ge­we­sen, dass die­ses Teil Herrn C. nie­mals würde tref­fen können. So sei der Flansch ne­ben Herrn C. zum Lie­gen ge­kom­men, oh­ne dass die­ser ei­ne Aus­weich­be­we­gung ha­be ma­chen müssen, was auch zei­ge, dass die En­er­gie längst ab­ge­baut ge­we­sen sei. Dem­ent­spre­chend ha­be Herr C. letzt­lich auch völlig un­auf­ge­regt re­agiert. Im Übri­gen hätte die Be­klag­te auf sein si­cher­lich nicht kor­rek­tes Ver­hal­ten auch mit ei­ner Ab­mah­nung re­agie­ren können. Je­den­falls müsse die vor­zu­neh­men­de In­ter­es­sen­abwägung zu sei­nen Guns­ten aus­fal­len. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Vor­trags des Klägers, ins­be­son­de­re auch hin­sicht­lich sei­ner Stel­lung­nah­me zu den wei­te­ren Kündi­gungs­vorwürfen, wird auf sei­nen Schrift­satz vom 14. Mai 2012 ver­wie­sen.

Der Kläger hat be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 8. Fe­bru­ar 2012 auf­gelöst wor­den ist.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat er­wi­dert, sie sei zum Aus­spruch der frist­lo­sen Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund be­rech­tigt ge­we­sen. Der Kläger ha­be be­reits zu­vor am 4. Mai 2007 nach ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­nem Ar­beits­kol­le­gen die Be­herr­schung ver­lo­ren und die­sen mit der Faust so ge­schla­gen, dass die­ser aus der Na­se ge­blu­tet ha­be. Nur im Hin­blick auf die viel­fa­chen Un­ter­halts­ver­pflich­tun­gen des Klägers und sei­ne lan­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit sei da­mals von dem an sich be­rech­tig­ten Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung ab­ge­se­hen und statt­des­sen nur ei­ne Ab­mah­nung aus­ge­spro­chen wor­den. Trotz die­ser Ab­mah­nung sei es zu dem kündi­gungs­re­le­van­ten Vor­fall am 26. Ja­nu­ar 2012 ge­kom­men. Es ha­be sich um ei­nen ge­ziel­ten Wurf des schwe­ren Me­tall­flan­sches ge­han­delt. Ent­ge­gen der Dar­stel­lung des Klägers sei der Flansch­ver­schluss nicht auf ei­ner Höhe von 50 cm über ei­ne Stre­cke von fast 20 Me­tern so­zu­sa­gen über den Bo­den "ge­ke­gelt" wor­den, weil dies tech­nisch über­haupt nicht möglich sei. Tatsächlich hätte der Flansch­ver­schluss Herrn C. tödlich tref­fen können. Der Kläger ha­be die Flan­sch­auf­nah­me mit der rech­ten Hand in vol­ler Wucht und in der of­fen­sicht­li­chen Ab­sicht ge­wor­fen, Herrn C. zu tref­fen, was nur durch des­sen Aus­wei­chen ver­hin­dert wor­den sei. Es sei nur der glück­li­chen Re­ak­ti­on des Herrn C. zu ver­dan­ken, dass die­ser nicht er­heb­lich ver­letzt wor­den sei. Auch wenn es sich um ei­ne Af­fekt­hand­lung ge­han­delt ha­ben soll­te, dürfe sich der Kläger zu ei­ner der­ar­ti­gen Gefähr­dung von Ar­beits­kol­le­gen nicht hin­reißen las­sen. Es möge sein, dass dem Be­triebs­rat Pro­vo­ka­tio­nen un­ter Kol­le­gen in ras­sis­ti­scher und/oder se­xis­ti­scher Hin­sicht be­kannt ge­we­sen sei­en. Dann hätte der Be­triebs­rat sich hier­um aber kümmern oder sie zu­min­dest ein­mal in­for­mie­ren müssen. Sie selbst ha­be hier­von kei­ne Kennt­nis ge­habt. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der 20-jähri­gen Beschäfti­gungs­zeit des Klägers könne der Vor­fall vom 26. Ja­nu­ar 2012 nicht le­dig­lich mit ei­ner Ab­mah­nung ge­ahn­det wer­den. Viel­mehr sei auch ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist un­zu­mut­bar. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Vor­trags der Be­klag­ten, ins­be­son­de­re auch zu den wei­te­ren zur Recht­fer­ti­gung der Kündi­gung an­geführ­ten Vorfälle vom 26. Ja­nu­ar 2012, wird auf ih­re Schriftsätze vom 18. April 2012 und 11. Ju­ni 2012 ver­wie­sen.

Das Ar­beits­ge­richt Ko­blenz hat Be­weis er­ho­ben durch Ver­neh­mung der Zeu­gen C., J. und K.. Hin­sicht­lich des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me wird auf das Sit­zungs­pro­to­koll vom 28. Ju­ni 2012 (Bl. 86 bis 98 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Mit Ur­teil vom 28. Ju­ni 2012 - 9 Ca 702/12 - hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung aus­geführt, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung gemäß § 626 BGB ge­recht­fer­tigt sei. Das es­ka­lie­ren­de Ver­hal­ten des Klägers vom 26. Ja­nu­ar 2012 in Ge­stalt des un­strei­ti­gen Wer­fens der ca. 5 kg schwe­ren Flan­sch­auf­nah­me in Rich­tung sei­nes Ar­beits­kol­le­gen C. sei an sich ge­eig­net, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Nach dem Er­geb­nis der durch­geführ­ten Be­weis­auf­nah­me sei die Dar­stel­lung des Klägers, wo­nach er die Flan­sch­auf­nah­me in ca. 50 cm Höhe mit der lin­ken Hand so­zu­sa­gen aus der Hand ge­ke­gelt ha­be, wi­der­legt. An­ge­sichts der Unförmig­keit der Flan­sch­auf­nah­me wäre die­se aus Sicht der Kam­mer be­reits in kur­zer Ent­fer­nung auf den Bo­den ge­schla­gen und hätte den Zeu­gen C. gar nicht er­rei­chen können. Auf­grund des Wurfs mit der ca. 5 kg schwe­ren Flan­sch­auf­nah­me ha­be ei­ne er­heb­li­che Ge­sund­heits­gefähr­dung für Herrn C. be­stan­den. Der Wurf hätte auch dann zu ei­ner er­heb­li­chen Körper­ver­let­zung führen können, wenn le­dig­lich der Fuß oder der Knie­be­reich des Herrn C. ge­trof­fen wor­den wäre, was si­cher­lich nach­hal­ti­ge Kno­chen­brüche aus­gelöst hätte. Die ab­sch­ließend vor­zu­neh­men­de In­ter­es­sen­abwägung fal­le zu­guns­ten der Be­klag­ten aus. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der zu­guns­ten des Klägers spre­chen­den Umstände sei die aus­ge­spro­che­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung die aus Sicht der Kam­mer ein­zig zu er­war­ten­de Re­ak­ti­on der Be­klag­ten auf das Ver­hal­ten des Klägers ge­we­sen. Der Kläger ha­be nämlich ei­ne er­heb­li­che Ge­sund­heits-, wenn nicht gar Le­bens­gefähr­dung ei­nes Ar­beits­kol­le­gen in Kauf ge­nom­men. In­so­weit könne sich der Kläger auch nicht auf ein et­wai­ges dis­kri­mi­nie­ren­des Ver­hal­ten sei­nes Vor­ge­setz­ten oder sei­nes Ar­beits­kol­le­gen bzw. die dem Vor­fall vor­aus­ge­gan­ge­ne Pro­vo­ka­ti­on be­ru­fen. Ei­ne Re­ak­ti­on des Klägers auf die un­strei­ti­ge Pro­vo­ka­ti­on des Herrn C. mit­tels Wur­fes ei­ner 5 kg schwe­ren Flan­sch­auf­nah­me sei in je­dem Fall un­verhält­nismäßig ge­we­sen, was der Kläger auch oh­ne wei­te­res ha­be er­ken­nen können. Der Be­triebs­rat sei mit dem Anhörungs­schrei­ben vom 7. Fe­bru­ar 2012 ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den, so dass die Be­klag­te nach der ab­sch­ließen­den Stel­lung­nah­me des Be­triebs­ra­tes vom 7. Fe­bru­ar 2012 die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung ha­be aus­spre­chen können.

Ge­gen das ihm am 30. Ju­li 2012 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts hat der Kläger mit Schrift­satz vom 20. Au­gust 2012, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz am 21. Au­gust 2012 ein­ge­gan­gen, Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 28. Sep­tem­ber 2012, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz am 1. Ok­to­ber 2012 (Mon­tag) ein­ge­gan­gen, be­gründet.

Der Kläger trägt vor, ent­ge­gen der Be­wer­tung des Ar­beits­ge­richts sei der "Wurf" nie­mals ob­jek­tiv ge­eig­net ge­we­sen, Herrn C. tatsächlich zu tref­fen oder gar zu ver­let­zen. Be­zeich­nen­der­wei­se sei auch Herr C. die­sem "Wurf" auch in kei­ner Wei­se aus­ge­wi­chen, in­dem er z.B. zur Sei­te ge­sprun­gen wäre oder sich ge­duckt oder in ei­ner an­de­ren Wei­se ei­ne Ab­wehr­hand­lung vor­ge­nom­men hätte. Auch wenn sein Ver­hal­ten falsch ge­we­sen sei, könne dar­in kei­ne Tätlich­keit zu­las­ten ei­nes Ar­beits­kol­le­gen, son­dern le­dig­lich ein völlig un­an­ge­brach­tes Ver­hal­ten ge­se­hen wer­den, wel­ches nicht den Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung als die härtes­te al­ler Maßnah­men recht­fer­ti­ge. Viel­mehr hätte es an­de­re Möglich­kei­ten ge­ge­ben, wie ei­ne Ab­mah­nung, ei­nen Ver­weis, ei­ne Ver­set­zung oder ei­ne frist­ge­rech­te Kündi­gung. We­der der Be­triebs­frie­den noch die Ar­beits­dis­zi­plin sei­en durch die­sen Vor­fall gefähr­det wor­den. Das ver­meint­li­che Op­fer ha­be we­der anläss­lich des Vor­falls selbst und auch nicht im Rah­men der Be­weis­auf­nah­me die Not­wen­dig­keit ge­se­hen, hier be­las­tend ge­genüber ihm ein­zu­wir­ken. Es ha­be sich um ei­ne Ak­ti­on von we­ni­gen Se­kun­den ge­han­delt, wel­che erst durch das an­sch­ließen­de Ver­hal­ten des Zeu­gen K. zu Wei­te­run­gen und Be­triebs­be­ein­träch­ti­gun­gen geführt ha­be, weil die­ser sich ver­an­lasst ge­se­hen hätte, die­sen Vor­fall zu nut­zen, um ihm nach dem vor­an­ge­gan­ge­nen Streit "eins aus­zu­wi­schen". Der Me­tall­flansch könne be­reits aus ob­jek­tiv na­tur­wis­sen­schaft­li­cher Sicht un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner körper­li­chen Fähig­keit nie­mals le­dig­lich ei­nen Me­ter ne­ben Herrn C. ein­ge­schla­gen sein, so dass die­se Sach­ver­halts­dar­stel­lung der Zeu­gen schlicht­weg falsch und be­reits na­tur­wis­sen­schaft­lich zu wi­der­le­gen sei. Sei­ne Hand­lung sei von Herrn C. selbst nie als gefähr­den­de Tätlich­keit, son­dern al­len­falls als ei­ne eher raue und gro­be Re­ak­ti­on auf sein ei­ge­nes Ver­hal­ten emp­fun­den wor­den. Je­den­falls hätte die In­ter­es­sen­abwägung zu dem Er­geb­nis führen müssen, dass die Be­klag­te als Ar­beit­ge­be­rin ge­hal­ten ge­we­sen wäre, mil­de­re Maßnah­men zu prüfen und ggf. in An­satz zu brin­gen. Ne­ben sei­nen So­zi­al­da­ten sei auch zu berück­sich­ti­gen, dass er sich zu­vor schon mehr­fach beim Be­triebs­rat über die ständi­gen ras­sis­ti­schen und se­xis­ti­schen Be­lei­di­gun­gen be­schwert ha­be. Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de ha­be die­se Be­schwer­den nach sei­ner Aus­sa­ge ihm ge­genüber an die Be­triebs­lei­tung wei­ter­ge­ge­ben. Auch am streit­ge­genständ­li­chen Tag sei er wie­der viel­fach und mas­siv ge­mobbt und be­lei­digt wor­den, dies zunächst von sei­nem Vor­ge­setz­ten, Herrn K., und an­sch­ließend von sei­nem Ar­beits­kol­le­gen, Herrn C.. Zwar sol­le hier­mit die letzt­lich von ihm durch­geführ­te Ak­ti­on nicht ge­recht­fer­tigt oder ent­schul­digt wer­den, weil er die­se Hand­lung zu­las­ten des Herrn C. nicht hätte ausführen dürfen. Sie sei je­doch vor dem Hin­ter­grund der ständi­gen Pro­vo­ka­tio­nen zu ver­ste­hen, wel­chen er zu­vor aus­ge­setzt ge­we­sen sei und ge­genüber de­nen er in kei­ner Wei­se durch die Be­triebs­lei­tung geschützt wor­den sei, ob­wohl der Be­triebs­lei­tung die­ser nicht hin­nehm­ba­re Zu­stand be­kannt ge­we­sen sei. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Umstände sei die aus­ge­spro­che­ne frist­lo­se Kündi­gung bei Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nicht ge­recht­fer­tigt. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die Be­ru­fungs­be­gründung vom 28. Sep­tem­ber 2012 und den Schrift­satz des Klägers vom 21. No­vem­ber 2012 ver­wie­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz vom 28. Ju­ni 2012 - 9 Ca 702/12 - ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 8. Fe­bru­ar 2012 auf­gelöst wor­den ist.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie er­wi­dert, ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 626 Abs. 1 BGB für den Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung lie­ge vor. Das Er­geb­nis der erst­in­stanz­li­chen Be­weis­auf­nah­me ha­be be­legt, dass der Wurf mit dem Flansch ent­ge­gen der Einschätzung des Klägers durch­aus ein ge­ziel­ter Wurf ge­we­sen sei, der Herrn C. nur knapp ver­fehlt ha­be. Dass Herr C. dem Wurf nicht aus­ge­wi­chen sei, möge auch dar­an ge­le­gen ha­ben, dass die­ser ent­spre­chend über­rascht ge­we­sen sei. Die Zeu­gen­aus­sa­gen hätten bestätigt, dass es rei­ner Zu­fall ge­we­sen sei, dass es vor­lie­gend nicht zu er­heb­li­chen Ver­let­zun­gen des Herrn C. ge­kom­men sei. Das Ar­beits­ge­richt ha­be zu­tref­fend ei­ne er­heb­li­che Ge­sund­heits­gefähr­dung durch das Ver­hal­ten des Klägers be­jaht. Es sei von ei­nem ge­ziel­ten Wurf, aus­geführt durch ei­ne Aus­hol­be­we­gung über den Kopf, aus­zu­ge­hen, der sein Ziel nur mehr oder we­ni­ger zufällig ver­fehlt ha­be. Das Ar­beits­ge­richt ha­be zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die durch­zuführen­de In­ter­es­sen­abwägung auch un­ter Berück­sich­ti­gung der So­zi­al­da­ten und der Beschäfti­gungs­dau­er des Klägers zu des­sen Las­ten aus­fal­len müsse. Sie könne schon auf­grund ih­rer Fürsor­ge­pflicht kei­ne wei­te­re Gefähr­dung an­de­rer Kol­le­gen durch den Kläger hin­neh­men. Selbst wenn es zu den ihr nicht be­kann­ten Pro­vo­ka­tio­nen des Klägers ge­kom­men sein soll­te, könne dies sein Ver­hal­ten nicht recht­fer­ti­gen. Ent­ge­gen der An­nah­me des Klägers ha­be we­der die Geschäfts­lei­tung noch die Per­so­nal­lei­tung von den sei­tens des Klägers be­haup­te­ten ras­sis­ti­schen/se­xis­ti­schen Äußerun­gen Kennt­nis. Un­abhängig da­von sei die Re­ak­ti­on auf Pro­vo­ka­tio­nen gleich wel­cher Art mit­tels Wur­fes ei­ner 5 kg schwe­ren Flan­sch­auf­nah­me in je­dem Fall un­verhält­nismäßig. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung der Be­klag­ten wird auf ih­re Schriftsätze vom 5. No­vem­ber 2012 und 26. No­vem­ber 2012 ver­wie­sen.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen so­wie auf den ge­sam­ten Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt so­wie be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Be­ru­fung des Klägers hat aber in der Sa­che kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ab­ge­wie­sen.

I. Gemäß der zu­tref­fen­den Be­gründung des Ar­beits­ge­richts, auf die gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Be­zug ge­nom­men wird, ist die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 8. Fe­bru­ar 2012 gemäß § 626 BGB ge­recht­fer­tigt. Die hier­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fungs­an­grif­fe sind un­be­gründet.

1. Das Ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass be­reits der un­strei­ti­ge Wurf des ca. 5 kg schwe­ren Me­tall­flan­sches durch den Kläger in Rich­tung sei­nes Ar­beits­kol­le­gen C. an sich ge­eig­net ist, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu recht­fer­ti­gen. Das gilt we­gen der da­mit ver­bun­de­nen Gefähr­dung des be­trof­fe­nen Ar­beits­kol­le­gen auch dann, wenn der Kläger sei­nen Kol­le­gen nicht ge­zielt tref­fen woll­te.

Ent­ge­gen der An­sicht des Klägers lässt be­reits der un­strei­ti­ge Ge­sche­hens­ab­lauf den Schluss dar­auf zu, dass auf­grund sei­nes Fehl­ver­hal­tens am 26. Ja­nu­ar 2012 ei­ne er­heb­li­che Gefähr­dung des Ar­beits­kol­le­gen C. ein­ge­tre­ten ist. Da­bei kommt es auf die ge­nau­en Ein­zel­hei­ten des von bei­den Par­tei­en be­schrie­be­nen Wurfs letzt­lich nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich an. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der Kläger un­strei­tig ein schwe­res Me­tall­teil (5 kg schwe­rer Flansch) je­den­falls mit ei­ner der­ar­ti­gen Wucht aus Wut in Rich­tung sei­nes Ar­beits­kol­le­gen ge­wor­fen hat, dass die­ses erst nach Über­win­dung ei­ner er­heb­li­chen Dis­tanz von et­wa 20 Me­tern in un­mit­tel­ba­rer Nähe des Mit­ar­bei­ters C. zum Lie­gen kam. Be­reits in die­sem un­kon­trol­lier­ten Wut­aus­bruch des Klägers liegt ei­ne er­heb­li­che Gefähr­dung des be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ters, die auf­grund der Schwe­re des Me­tall­teils bei ungüns­ti­gem Ver­lauf auch zu er­heb­li­chen Ver­let­zun­gen hätte führen können. Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass an­ge­sichts der Unförmig­keit und des Ge­wichts der Flan­sch­auf­nah­me die­se bei ei­nem bloßen "Ke­geln" im Sin­ne der Dar­stel­lung des Klägers den Mit­ar­bei­ter C. gar nicht hätte er­rei­chen können. Im Übri­gen hat das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass je­den­falls die­se - ver­harm­lo­sen­de - Dar­stel­lung des Klägers nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me wi­der­legt ist.

Das vom Ar­beits­ge­richt zu Recht als es­ka­lie­rend be­wer­te­te Fehl­ver­hal­ten des Klägers lässt sich we­der durch das vor­an­ge­gan­ge­ne Ge­sche­hen am 26. Ja­nu­ar 2012 noch durch die von ihm ge­schil­der­ten Pro­vo­ka­tio­nen bzw. Be­lei­di­gun­gen recht­fer­ti­gen oder ent­schul­di­gen. Da­von ist auch der Kläger selbst aus­ge­gan­gen. Es han­delt sich um ei­ne so schwe­re Pflicht­ver­let­zung, dass ei­ne Hin­nah­me durch die Be­klag­te of­fen­sicht­lich - auch für den Kläger er­kenn­bar - aus­ge­schlos­sen war. Dem­ent­spre­chend be­durf­te es auch kei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 15, NZA-RR 2012, 567).

2. Die Be­ru­fungs­kam­mer schließt sich auch der vom Ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­nen In­ter­es­sen­abwägung an, nach der der Be­klag­ten auf­grund des schwer­wie­gen­den Fehl­ver­hal­tens ei­ne wei­te­re Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann.

Das Ar­beits­ge­richt hat die so­zia­len Da­ten des Klägers (Un­ter­halts­pflich­ten, Le­bens­al­ter, Be­triebs­zu­gehörig­keit) bzw. die für ihn spre­chen­den Umstände, ins­be­son­de­re sei­ne langjähri­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit seit Ok­to­ber 1991, die of­fen­bar be­an­stan­dungs­freie Ver­rich­tung sei­ner ei­gent­li­chen Ar­beits­leis­tung und sei­ne schlech­ten Chan­cen auf dem Ar­beits­markt, zu­tref­fend zu sei­nen Guns­ten berück­sich­tigt. Wei­ter­hin kann zu­guns­ten des Klägers un­ter­stellt wer­den, dass es zu den von ihm ge­schil­der­ten Be­lei­di­gun­gen und Pro­vo­ka­tio­nen ge­kom­men ist und der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de sei­ne Be­schwer­den auch an die Be­triebs­lei­tung wei­ter­ge­ge­ben hat. Gleich­wohl kann der Be­klag­ten in An­be­tracht von Art und Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung ei­ne wei­te­re Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem Kläger bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist auch un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner In­ter­es­sen nicht mehr zu­ge­mu­tet wer­den. Das ag­gres­si­ve und un­be­herrsch­te Ver­hal­ten des Klägers lässt sich in sei­ner Art und In­ten­sität durch die von ihm ge­schil­der­ten Be­lei­di­gun­gen/Pro­vo­ka­tio­nen oder durch das vor­an­ge­gan­ge­ne Ge­sche­hen nicht erklären und er­scheint des­halb auch nicht in ei­nem mil­de­ren Licht. Der Kläger hat mit dem Wurf des ca. 5 kg schwe­ren Me­tall­flan­sches in Rich­tung sei­nes Ar­beits­kol­le­gen C. die­sen er­heb­lich gefähr­det. Der Be­klag­ten kann auf­grund von Art und Schwe­re der vom Kläger be­gan­ge­nen Pflicht­ver­let­zung nicht zu­ge­mu­tet wer­den, auf die­sen schwer­wie­gen­den Vor­fall le­dig­lich mit ei­ner Um­set­zung bzw. Ver­set­zung zu re­agie­ren. Die Be­klag­te hat zu Recht dar­auf ver­wie­sen, dass sie ge­genüber den an­de­ren Ar­beits­kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten ih­rer Fürsor­ge­pflicht nach­kom­men muss. Ins­be­son­de­re lässt sich nicht hin­rei­chend si­cher ver­hin­dern, dass es nicht zu ei­nem er­neu­ten Wut­aus­bruch des voll­kom­men un­be­herrscht re­agie­ren­den Klägers - ggf. auch ge­genüber an­de­ren Ar­beits­kol­le­gen - kommt. Hin­zu kommt noch, dass dem Kläger be­reits zu­vor ei­ne Ab­mah­nung mit Schrei­ben vom 14. Ju­ni 2007 we­gen des Vor­wurfs er­teilt wor­den war, dass er am 4. Mai 2007 an sei­nem Ar­beits­platz nach ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­nem Ar­beits­kol­le­gen (Herrn S.) die Be­herr­schung ver­lo­ren und die­sen mit ei­nem Faust­schlag ins Ge­sicht körper­lich an­ge­grif­fen ha­be. Der Kläger hat hier­zu im Ter­min vom 27. No­vem­ber 2012 auf Nach­fra­ge erklärt, dass er mit sei­ner Faust in die Wan­ge des Herrn S. ge­drückt ha­be, wor­auf­hin die­ser ge­blu­tet ha­be, und zwar wahr­schein­lich des­halb, weil die Wan­ge ge­gen sei­ne Zähne ge­drückt wor­den sei. Die­se Ein­las­sung des Klägers ändert nichts an der Be­wer­tung, dass er bei die­sem Vor­fall nach ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­nem Ar­beits­kol­le­gen die Be­herr­schung ver­lo­ren und die­sen körper­lich an­ge­grif­fen so­wie ver­letzt hat­te, auch wenn er die­sen nicht mit ei­nem Faust­schlag ins Ge­sicht, son­dern da­durch ver­letzt ha­ben soll­te, dass er ihm sei­ne Faust der­art fest ins Ge­sicht ge­drückt hat­te, dass die­ser ge­blu­tet hat. Anläss­lich die­ses Vor­falls wur­de der Kläger in der ihm er­teil­ten Ab­mah­nung vom 14. Ju­ni 2007 von der Be­klag­ten aus­drück­lich und un­miss­verständ­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ihm frist­los gekündigt wer­de, falls er in Zu­kunft noch ein ein­zi­ges Mal die Be­herr­schung ver­lie­ren und ge­gen die Be­triebs­ord­nung ver­s­toßen soll­te. Das Ab­mah­nungs­schrei­ben en­det mit der von der Be­klag­ten zum Aus­druck ge­brach­ten Hoff­nung, dass er sei­ne letz­te Chan­ce nut­ze und es nicht so weit kom­men las­se. Trotz des in­zwi­schen ein­ge­tre­te­nen Zeit­ab­laufs hätte dem Kläger oh­ne wei­te­res klar sein müssen, dass er sei­nen Ar­beits­platz, auf den er an­ge­sichts sei­ner so­zia­len Da­ten an­ge­wie­sen ist, aufs Spiel setzt, wenn er noch­mals nach ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung körper­lich ag­gres­siv ge­genüber Ar­beits­kol­le­gen re­agiert. Gleich­wohl ist es zu dem schwer­wie­gen­den Vor­fall am 26. Ja­nu­ar 2012 ge­kom­men, bei dem der Kläger er­neut die Ebe­ne ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung ver­las­sen und jeg­li­che Be­herr­schung ver­lo­ren hat, als er sich da­zu hin­reißen ließ, ein schwe­res Me­tall­teil in Rich­tung sei­nes Ar­beits­kol­le­gen zu wer­fen. In An­be­tracht die­ser Es­ka­la­ti­on ist der Be­klag­ten jeg­li­che wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kläger nicht mehr zu­mut­bar.

II. Das Ar­beits­ge­richt hat wei­ter­hin zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass der Be­triebs­rat vor Aus­spruch der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den ist. Hier­ge­gen hat der Kläger auch kei­ne Rügen mehr er­ho­ben.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on war nicht ver­an­lasst, weil hierfür die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vor­lie­gen.

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