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Arbeitsrechtlicher Sonderweg der Kirchen bleibt
09.09.2015. Ende 2012 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen festgeschrieben, dass das Kirchenarbeitsrecht nach wie vor Tarifverträge vermeiden kann (sog. dritter Weg) und dass daher Streiks gegen kirchliche Arbeitgeber, die dem dritten Weg folgen, verboten bleiben (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/360 Streiks in kirchlichen Einrichtungen auch bei Anwendung des dritten Wegs)..
Allerdings gilt das Streikverbot im Kirchenarbeitsrecht nur, wenn die Gewerkschaften stärker als bisher in die kircheninterne Fortschreibung von Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) eingebunden sind. Daraufhin haben die Kirchen "nachgebessert" und den Gewerkschaften eine stärkere Position in ihren Arbeitsvertragskommissionen eingeräumt.
Der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di war das zu wenig, sie fordert nach wie vor ein Streikrecht in kirchliche Einrichtungen. Daher legte sie Verfassungsbeschwerde gegen das o.g. BAG-Urteil ein. Damit ist vor kurzem gescheitert: BVerfG, Beschluss vom 15.07.2015, 2 BVR 2292/13.
- Dauerstreit zwischen Kirche und Gewerkschaften: Streikfreiheit vs. kirchliches Selbstbestimmungsrecht
- Das Grundsatzurteil des BAG vom 20.11.2012: Streiks gegen kirchlichen Arbeitgeber sind auch bei Anwendung des dritten Wegs nicht immer unzulässig
- Karlsruher Richter weisen Ver.di-Verfassungsbeschwerde zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen als unzulässig zurück
Dauerstreit zwischen Kirche und Gewerkschaften: Streikfreiheit vs. kirchliches Selbstbestimmungsrecht
Die in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) garantierte Koalitionsfreiheit gibt Gewerkschaften das Recht, die „Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ frei von staatlicher Einflussnahme zu regeln. Und da Tarifverhandlungen ohne Streiks nicht funktionieren, ist auch die Streikfreiheit durch das Koalitionsgrundrecht geschützt.
Was den Gewerkschaften das Koalitionsgrundrecht ist, ist den Kirchen ihr Selbstbestimmungsrecht gemäß Art.140 GG in Verbindung mit Art.137 Weimarer Reichsverfassung (WRV). Diese Vorschriften erlauben es den Kirchen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht umfasst auch das Recht zu entscheiden, ob die Rechtsbeziehungen zwischen Kirche und Arbeitnehmern
- einseitig durch kirchliche Weisungen geregelt werden soll (sog. „erster Weg“), oder ob
- hier Tarifverträge angewandt werden sollen („zweiter Weg“), oder ob
- hier Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) gelten sollen, die ähnliche Regelungen wie Tarifverträge enthalten, aber von innerkirchlichen Kommissionen ohne Gewerkschaftsbeteiligung geschaffen werden („dritter Weg“).
Die katholischen Kirche und die meisten evangelischen Landeskirchen haben sich für den dritten Weg entschieden, d.h. sie und ihre karitativen Einrichtungen (Caritas, Diakonie) wenden AVR an. Da AVR nicht wie Tarifverträge mit den Gewerkschaften ausgehandelt, sondern von innerkirchlichen Kommissionen festgeschrieben werden, schließen sich Streikrecht und dritter Weg nach Ansicht der Kirchen gegenseitig aus.
Diese Position hat das BAG in seiner o.g. Grundsatzentscheidung vom November 2012 zwar abgesegnet, aber von einigen Bedingungen abhängig gemacht, die kirchliche Arbeitgeber zuvor erfüllen müssen. Sie können sich letztlich vom Streikrecht freikaufen, wenn sie die Gewerkschaften stärker in die Arbeit ihrer arbeitsrechtlichen Kommissionen einbinden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/360 Streiks in kirchlichen Einrichtungen auch bei Anwendung des dritten Wegs).
Das Grundsatzurteil des BAG vom 20.11.2012: Streiks gegen kirchlichen Arbeitgeber sind auch bei Anwendung des dritten Wegs nicht immer unzulässig
Im Streitfall hatten die Evangelische Kirche von Westfalen, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, deren Diakonische Werke und weitere vier diakonische Einrichtungen sowie ein Zusammenschluss mehrerer Diakonischer Werke gegen die ver.di geklagt, weil diese im Jahr 2009 gegen kirchliche Einrichtungen Warnstreiks geführt hatte.
Vor dem Arbeitsgericht Bielefeld hatte die Klage der kirchlichen Arbeitgeber Erfolg (Urteil vom 03.03.2010, 3 Ca 2958/09), wohingegen sie vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm scheiterte, d.h. das LAG gab der ver.di Recht (LAG Hamm, Urteil vom 13.01.2011, 8 Sa 788/10).
Im Ergebnis schloss sich das BAG der Meinung des LAG Hamm an und wies die Revision der kirchlichen Kläger zurück, allerdings mit einer Begründung, die vom Streikrecht der Gewerkschaften in kirchlichen Einrichtungen nicht viel übrig lässt. Denn wenn die Gewerkschaften in das Verfahren der Änderung bestehender und Schaffung neuer AVR "organisatorisch eingebunden" werden und wenn dass das Verhandlungsergebnis für die kirchlichen Arbeitgeber als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist, dann dürfen Gewerkschaften keine Streiks führen (BAG, Urteil vom 20.11.2012, 1 AZR 179/11).
Mit diesem Urteil hatte die ver.di zwar den Prozess gewonnen, doch gefiel ihr die Begründung des BAG nicht. Denn nach den Entscheidungsgründen des Gerichts besteht kein allgemeines Streikrecht für die Arbeitnehmer kirchlicher Einrichtungen. Daher zog die ver.di nach Karlsruhe, um gegen die Begründung des BAG vorzugehen.
Karlsruher Richter weisen Ver.di-Verfassungsbeschwerde zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen als unzulässig zurück
Das BVerfG wies die Verfassungsbeschwerde als unzulässig zurück.
Denn die ver.di war durch das Urteil des BAG gar nicht beschwert, so die Verfassungsrichter. Gemäß Art.93 Abs.1 Nr.4a GG und § 90 Abs.1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) kann eine Verfassungsbeschwerde aber nur von demjenigen erhoben werden, der behauptet, durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein. Fehlt es an einer solchen "Beschwer", ist eine Verfassungsbeschwerde nicht zulässig.
Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde wie hier im Streitfall gegen eine gerichtliche Entscheidung, kann sich die Beschwer im Allgemeinen nur aus der Urteilsformel der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung ergeben. Die Urteilsformel (der "Tenor") des BAG-Urteils vom November 2012 war für die ver.di aber günstig, denn das BAG wies ja die Revision der klagenden Arbeitgeber gegen das klagabweisende LAG-Urteil zurück, so dass die ver.di aufgrund des BAG-Urteils den Prozess in vollem Umfang gewonnen hatte.
Ausnahmsweise kann nach der BVerfG-Rechtsprechung eine Beschwer auch einmal aus den Urteilsgründen folgen, doch lag ein solcher Ausnahmefall hier nicht vor.
Fazit: Der Streit um das Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen ist durch das BAG-Urteil vom 20.11.2012 bis auf Weiteres entschieden, doch hat das BVerfG hierzu in der Sache selbst noch nichts gesagt. Will die ver.di die BAG-Rechtsprechung zum Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen vom BVerfG überprüfen lassen, müsste sie Einrichtungen des dritten Wegs bestreiken, obwohl diese Einrichtungen die Gewerkschaftsrechte gemäß dem o.g. BAG-Urteil seit Ende 2012 gestärkt haben. Erst dann, wenn die ver.di mit Erfolg von den bestreikten Arbeitgebern verklagt wird und der arbeitsgerichtliche Rechtsweg ausgeschöpft ist, kann der Streit ums Streikrecht erneut dem BVerfG vorgelegt werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15.07.2015, 2 BVR 2292/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.11.2012, 1 AZR 179/11
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 23.03.2011, 2 Sa 83/10
- Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 01.09.2010, 28 Ca 105/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)
- Handbuch Arbeitsrecht: Streikrecht und Kirche
- Handbuch Arbeitsrecht: Streik und Streikrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 18/262 Kirchen dürfen von Bewerbern keine Religionszugehörigkeit verlangen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/127 Arbeitsvertragsrichtlinien sind nicht zwingend
- Arbeitsrecht aktuell: 18/096 Konfession als Voraussetzung der Einstellung?
- Arbeitsrecht aktuell: 16/094 Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche bei der Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/353 Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hält am Streikverbot fest
- Arbeitsrecht aktuell: 13/012 Die zehn wichtigsten Entscheidungen zum Arbeitsrecht 2012
- Arbeitsrecht aktuell: 12/360 Streiks in kirchlichen Einrichtungen auch bei Anwendung des dritten Wegs
- Arbeitsrecht aktuell: 11/241 Arbeitsrecht und Diakonie
- Arbeitsrecht aktuell: 11/065 Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen mit Tarifbindung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/246 Streik kann auch in diakonischen Einrichtungen zulässig sein
Letzte Überarbeitung: 30. Oktober 2020
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